Hyperparathyreoidismus
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Klassifikation nach ICD-10 | ||
---|---|---|
E21.0 | Primärer Hyperparathyreoidismus | |
E21.1 | Sekundärer Hyperparathyreoidismus | |
E21.2 | Tertiärer, quartärer oder quintärer Hyperparathyreoidismus | |
ICD-10 online (WHO-Version 2006) |
Hyperparathyreoidismus (HPT) ist eine Regulationsstörung der Epithelkörperchen (Nebenschilddrüsen). Die Epithelkörperchen sind in etwa linsengroße Organe und liegen jeweils hinten am oberen und unteren Pol der Schilddrüse. Die meisten Menschen haben 4 Epithelkörperchen. Sie bilden das Parathormon, ein Hormon, welches den Kalziumspiegel im Körper reguliert.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Primärer Hyperparathyreoidismus
Die Ursache ist eine zu hohe Sekretion von Parathormon, ausgelöst durch ein Adenom oder eine Hyperplasie der Nebenschilddrüsen (Epithelkörperchen). Der erhöhte Parathormonspiegel führt zu einem gesteigerten Knochenabbau und damit zu einem erhöhten Blut-Kalzium-Wert. Der Knochen wird demineralisiert und schmerzhaft. Der Körper scheidet das Kalzium über die Niere aus, wodurch Nierensteine entstehen. Außerdem können neben Gallensteinen auch Entzündungen der Bauchspeicheldrüse auftreten (sog. "Stein-, Bein- und Magenpein"). Der Regelkreis ist an der Stelle der Nebenschilddrüsen aufgetrennt, so dass Parathormonmengen ausgeschüttet werden, die im Verhältnis zum Calciumspiegel inadäquat sind.
[Bearbeiten] Sekundärer Hyperparathyreoidismus
Ursache hier ist eine verstärkte Hormonproduktion als Reaktion auf einen erhöhten Kalziumverlust des Körpers. Durch die vermehrte Hormonproduktion kann die Kalzium-Konzentration im Blut im unteren Normalbereich liegen.
Zugrunde liegende Erkrankungen des sekundären Hyperparathyreoidismus:
- Chronische Niereninsuffizienz (typisch: Calciumspiegel niedrig, Phosphatspiegel zu hoch)
- Malassimilationssyndrom: Störung der Kalzium-Aufnahme im Darm.
- Leberzirrhose: Gestörte Umwandlung von Vitamin D3 (Cholecalciferol) in 25-Hydroxycholecalciferol in der Leber. Durch das fehlende aktive Vitamin D3 wird im Darm weniger Kalzium aufgenommen und in der Niere weniger Kalzium reabsorbiert.
- Cholestase: Durch den Mangel an Gallensäuren ist die Resorption von Vitamin D3 aus der Nahrung gestört.
- Fehlende Sonnenlichtexposition: In der Haut kann Vitamin D3 nicht mehr aus Cholesterin (bzw. 7-Dehydro-Cholesterin) gebildet werden.
[Bearbeiten] Tertiärer Hyperparathyreoidismus
Wenn über einen längeren Zeitraum ein sekundärer Hyperparathyreoidismus besteht, wird außer der Funktion der Nebenschilddrüsen auch deren Wachstum stimuliert, so dass es schließlich zu einer autonomen Überproduktion in den Epithelkörperchen kommen kann. Wie beim primären Hyperparathyreoidismus ist der Regelkreis an der Stelle der Nebenschilddrüsen aufgetrennt.
[Bearbeiten] Quartärer und quintärer Hyperparathyreoidismus
Selten sind quartäre und quintäre Formen eines Hyperparathyreoidismus. Als quartärer Hyperparathyreoidismus wird ein sekundärer Hyperparathyreoidismus auf dem Boden einer Nierenschädigung bezeichnet, wenn die Nierenschädigung ihrerseits durch einen primären Hyperparathyreoidismus verursacht worden war. Pathophysiologisch gesehen ist der Regelkreis wie beim sekundären Hyperparathyreoidismus an der Niere aufgetrennt. Als quintär wird ein Hyperparathyreoidismus bezeichnet, wenn die Entkoppelung der Parathormonsekretion aus einem oder mehreren verbliebenen Epithelkörperchen auf einem langjährigen quartären Hyperparathyreoidismus beruht.
[Bearbeiten] Symptome des Hyperparathyreoidismus
Die Symptome lassen sich in der Trias Stein-Bein-Magen-Pein zusammenfassen: Durch den erhöhten Parathormonspiegel wird Calcium aus den Knochen abgebaut, es kommt zur Osteoporose und pathologischen Frakturen. Der erhöhte Calciumspiegel im Blut wiederum führt zum Ausfällen von Calciumsteinen in der Niere, Nierenkoliken und Weichteilverkalkungen. Als besonders gefährlich werden beim primären, tertiären und quintären Hyperparathyreoidismus Ablagerungen von Calcium in Blutgefäßen und an den Herzklappen mit Anstieg des Risikos für kardiovaskuläre Erkrankungen angesehen. Außerdem wird die Gastrinproduktion angeregt, so dass es zu einer Gastritis (Magenschleimhautentzündung) kommen kann.
Neben diesen Beschwerden sind psychiatrische Erkrankungen wie schwere Depressionen häufig erstes aber in der Regel der Fälle verkanntes Symptom.
[Bearbeiten] Therapie des Hyperparathyreodismus
[Bearbeiten] Therapie des primären Hyperparathyreoidismus
Chirurgische Entfernung des (oder aller) vergrößerten Epithelkörperchens, da fast immer nur in einem eine Autonomie entsteht.
[Bearbeiten] Therapie des sekundären Hyperparathyreoidismus
Beseitigung der Grunderkrankung. Falls das nicht möglich (z. B. bei chronischem Nierenversagen), müssen alle 4 (bis 8) Epithelkörperchen entfernt und anschließend ein Teil eines Epithelkörperchens in den Unterarm autotransplantiert werden, da sonst gar keine Parathormonbildung mehr stattfinden könnte. Der sekundäre Hyperparathyreoidismus wird außerdem mit Vitamin-D-Gabe und Phosphatbindern behandelt. Ohne Therapie ist ein Übergang in einen tertiären Hyperparathyreoidismus wahrscheinlich.
[Bearbeiten] Therapie des tertiären Hyperparathyreoidismus
Wie beim sekundären, allerdings mit geringerer Erfolgswahrscheinlichkeit.
[Bearbeiten] Neueste Methoden
Seit 2004 sind Calcimimetika (z. B. Cinacalcet) verfügbar, die am kalziumsensitiven Rezeptor der Nebenschilddrüsenzelle angreifen und somit direkt die Parathormonausscheidung hemmen.
siehe auch: Hypoparathyreoidismus
[Bearbeiten] Weblinks
- http://www.ahc-consilium.at/daten/hyperparathyreoidismus.htm
- www.shpt.de - Wissenschaftliche Infos zu "sekundärem Hyperparathyreoidismus"
- http://www.insensu.de/Hyperparathyreoidismus/ mehrere Artikel zum Thema von Susanne Werkmeister, Prof. Dr.Dr. F. Spelsberg und Prof. Dr. J. Pfeilschifter.
![]() |
Bitte beachten Sie den Hinweis zu Gesundheitsthemen! |