IC-Analyse
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Die IC-Analyse (immediate constituent analysis) ist ein in der Syntax und Morphologie verwendetes Segmentierungsverfahren. Ihr Ziel ist die stufenweise Teilung von sprachlichen Äußerungen in ihre Konstituenten. Sie ist ursprünglich als ein Mittel der syntaktischen Analyse entwickelt worden, dient aber auch in der Morphologie zur distributionellen Klassifizierung von Morphemen.
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[Bearbeiten] Geschichte
Die IC-Analyse wurde im amerikanischen Strukturalismus entwickelt, der auf Leonard Bloomfield und sein Werk "Language" (1933) zurückzuführen ist. Eine Voraussetzung für seine Entwicklung war ein aufkommendes Interesse an aussterbenden Indianersprachen. Außerdem orientierte Bloomfield sich an der Methode des Behaviourismus, die sich auf das empirisch beobachtbare, physikalisch quantifizierbare Verhalten beschränkt. Das Forschungsziel war die exakte Analyse und Beschreibung von Sprachen, weshalb diese Forschungsrichtung auch als deskriptive Linguistik bezeichnet wird. Dem strukturalistischen Vorgehen liegen zwei Grundoperationen zugrunde: die Zerlegung eines sprachlichen Kontinuums und die Klassifizierung der Segmente. Die durch diese Methode ermittelten Untereinheiten bezeichnet Bloomfield als "immediate constituents" ("unmittelbare Konstituenten"), abgekürzt IC.
[Bearbeiten] Syntax
Die Segmentierung von Sätzen wird durch verschiedene syntaktische Tests, wie der Ersatz- und Verschiebeprobe, vollzogen. Wenn der zu analysierende Ausdruck im Satz frei verschiebbar ist und durch einen einfacheren Ausdruck ersetzt werden kann, gilt er als Konstituente. Der nächste Schritt ist die Klassifizierung der Konstituenten nach ihrer Funktion und Kategorie. Siehe dazu:Konstituentengrammatik.
[Bearbeiten] Beispiel
"Nada ärgert die Katze."
"(Nada)(ärgert die Katze)." > "Nada" kann z.B. durch sie ersetzt werden
"(Nada)((ärgert)(die Katze))." > "ärgert" kann z.B. durch streichelt ersetzt werden
"(Nada)((ärgert)((die)(Katze))). > "die" kann z.B. durch ihre ersetzt werden, "Katze" kann z.B. durch Mietze ersetzt werden
Nominalphrase (Subjekt) | Verbalphrase (Vollverb) | Nominalphrase (Akkusativobjekt)
[Bearbeiten] Morphologie
Morpheme (Morphem) sind die kleinsten bedeutungstragenden Einheiten der Sprache, die es, mit Hilfe der IC-Analyse, zu ermitteln gilt. Im allgemeinen Verständnis gelten Wörter als kleinste bedeutungstragende Einheiten. Verschiedene Beispiele (z.B.: "Wohnungsbaugesellschaft") zeigen jedoch, dass in Wörtern wieder andere Wörter bzw. Morpheme enthalten sein können. Diese Elemente können nicht immer als Wörter bezeichnet werden, sind aber trotzdem an der Bedeutung des ganzen Wortes beteiligt. Beispielsweise verändert das Morphem "-keit" in "Eindringlichkeit" ein Adjektiv zu einem Substantiv. Aus diesem Grund werden Wörter zerlegt, um ihre Bestandteile zu klassifizieren. Bei der Segmentierung von Wörtern in Morpheme werden die sprachliche Äußerungen in eine hierarchisch definierte Abfolge zerlegt. Es wird ermittelt wie das Wort zustandegekommen ist und die Konstituenten nach ihrer Reihnfolge, wie sie entstanden sind, in zwei Teile zerlegt. Dieses Prinzip so lange vollzogen, wie es geht, d. h. bis das Wort in seine einzelnen Morpheme segmentiert wurde. Es gilt, dass Flexionsendungen immer zuerst abgetrennt werden. Die Konstituenten sollen in möglichst vielen weiteren Umgebungen zur Bildung von Worten verwendbar sein (Möglichst große distributionelle Gleichwertigkeit). An der Bedeutung des ganzen Wortes soll hierbei mindestens ein Konstituent, von seiner Bedeutung oder grammatischen Funktion her, beteiligt sein. Ist die Segmentierung vollständig vollzogen, folgt im zweiten Schritt die Klassifizierung der ermittelten Morpheme (siehe dazu Morphologie).
Klassifizierung: (1) explizite Derivation (Suffigierung) (2) gebundenes, grammatisches Derivationssuffix (3) explizite Derivation (Suffigierung) (4) gebundenes, grammatisches Derivationssuffix (5) gebundener, lexikalischer Verbalstamm
[Bearbeiten] Literatur
Bergmann, R.; Pauly, P.; Stricker, S.: Einführung in die deutsche Sprachwissenschaft. Heidelberg 2005
Büntig, K.-D.: Einführung in die Linguistik. München 1995
Gross, H.: Einführung in die Germanistische Linguistik. München 1998
Hentschel, E.; Weydt, H.: Handbuch der deutschen Grammatik. Berlin 2003
Lühr, R.: Neuhochdeutsch. Einführung in die Sprachwissenschaft. München 2004