Jordanes
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Jordanes (auch Jornandes, Jordanis, Iordanes, Iordanis) († nach 552) war ein spätantiker, balkangotischer Gelehrter und Geschichtsschreiber des 6. Jahrhunderts.
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[Bearbeiten] Leben
Über Jordanes' Leben ist wenig bekannt. Er stammte offenbar aus dem Balkanraum und beherrschte neben Latein auch Griechisch. Aus seinem Werk geht hervor, dass er Kontakte mit der senatorischen Oberschicht des oströmischen Reiches pflegte. Bevor er sich an die Niederschrift seiner Werke machte, war er als Sekretär (notarius) eines hochrangigen römischen Generals, des magister militum per Traciam, tätig gewesen. Möglicherweise trat er später dem geistlichen Stand bei.
[Bearbeiten] Werk
Der über Italien herrschende Ostgotenkönig Theoderich der Große beauftragte um 520 den römischen Senator Cassiodorus mit einer Niederschrift der Geschichte der Goten. Diese wurde jedoch erst 533, nach dem Tod Theoderichs (526), veröffentlicht. In Kenntnis dieses Werkes, das er aber nach eigener Aussage nur drei Tage lang einsehen konnte, schrieb dann um die Jahrhundertmitte Jordanes in Konstantinopel eine eigene, wohl stark gekürzte Version und ergänzte sie durch andere Quellen und um aktuelle Ereignisse – inzwischen hatte der oströmische Kaiser Justinian I. zwei Kriege gegen die Goten geführt, und die Eroberung Italiens stand kurz vor dem Abschluss. Jordanes’ Version, De origine actibusque Getarum, kurz Getica, blieb der Nachwelt erhalten, Cassiodors Gotengeschichte hingegen ging verloren.
Jordanes’ Getica (möglicherweise abgeschlossen bis zum 31. März 551 und veröffentlicht 551/52) ist eine der wichtigsten Quellen zur gotischen Geschichte. Bei ihrer Bewertung ist jedoch zu beachten, dass politische Gründe bei ihrer Niederschrift eine Rolle spielten: Zum einen die Monopolisierung der gotischen Geschichte durch die amalischen Ostgoten. Zum anderen der Versuch, die gotische Historie nun zu einem Teil der römischen werden zu lassen. Moderne Gelehrte, besonders Christensen und Peter J. Heather, haben sehr eindringlich auf die Schwierigkeiten bei der Verwendung der Getica als Quelle für die gotische Geschichte hingewiesen.
Jordanes behauptet etwa, die Goten würden aus Skandinavien stammen (wohl in Anlehnung an Cassiodor; es handelt sich dabei um einen Topos, archäologisch findet diese These keinen Rückhalt) und seien identisch mit den den antiken Hochkulturen schon lange vertrauten Geten (ein thrakischer Volksstamm) – dieser Irrtum erklärt auch den Titel Getica. Weiterhin war er wie viele griechische und römische Geschichtsschreiber der Meinung, die Goten gehörten zum Volk der Skythen, was aber auch der Tradition der antiken Historiographie geschuldet war, nach welcher der Begriff Skythen auf fast alle barbarischen Völker angewandt wurde, die im Raum des Schwarzen Meeres auftauchten. Auch der Stammbaum der Amaler (Getica, 79) ist eine gelehrte Konstruktion. Insgesamt wird Jordanes in der jüngeren Forschung aber dennoch deutlich positiver bewertet als früher.
In Hinblick auf Textkritik und Überlieferungsgeschichte ist die Getica ein Werk mangelnder Sicherheit, was die Authentizität des uns heute Überlieferten betrifft: So ... müssen wir uns bescheiden, nicht mit Sicherheit sagen zu können, was Jordanis wirklich geschrieben hat, schrieb der Übersetzer der Getica, W. Martens, bereits 1913. An der Richtigkeit dieser Aussage hat sich bis heute leider nichts geändert.
Jordanes verfasste vor der Getica auch eine Weltchronik, an die sich eine römische Geschichte von der Zeit des Augustus bis ins 24. Regierungsjahr des oströmischen Kaisers Justinians anschloss (so genannte Historia Romana). Letztere hatte ebenfalls eine etwas ältere Vorlage, vermutlich (aber nicht sicher) das gleichnamige Werk des jüngeren Symmachus, das wie die Gotengeschichte Cassiodors heute verloren ist. Es gilt als wahrscheinlich, dass die (Historia) Romana ein konzeptionelles Ganzes mit der Getica bilden sollte.
[Bearbeiten] Literatur
[Bearbeiten] Übersetzung
- Alexander Heine (Hreg.): Jordanis Gotengeschichte nebst Auszügen aus seiner Römischen Geschichte. Übersetzt von Wilhelm Martens. Dunker, Leipzig 1884, Dyk, Leipzig 1913, Phaidon, Essen-Stuttgart 1985, 1986. ISBN 3-88851-076-7
[Bearbeiten] Forschungsliteratur
- Arne Soby Christensen: Cassiodorus, Jordanes and the History of the Goths. Studies in a Migration Myth. Museum Tusculanum Press, Kopenhagen 2002. ISBN 87-7289-710-4
- Brian Croke: Jordanes and the immediate Past. In: Historia 54, 2005, S. 473ff. ISSN 0018-2311
- Peter J. Heather: Goths and Romans. Clarendon, Oxford 1991, S. 3ff. ISBN 0-19-820535-X
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Jordanes im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Getica, lateinisch (MGH-Ausgabe)
- Getica in englischer Übersetzung
- The aims of Jordanes, aus: Historia 31 (1982), S. 223–240
Personendaten | |
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NAME | Jordanes |
ALTERNATIVNAMEN | Jornandes |
KURZBESCHREIBUNG | oströmischer Historiker |
STERBEDATUM | um 552 |