Katechismus
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Der Katechismus ist seit dem Beginn der Neuzeit ein Handbuch der Unterweisung in den Grundfragen des christlichen wurde mit dem Wort Katechismus die Taufkatechese für die Erwachsenen und seit der Einführung der Kindertaufe das Glaubensexamen der Taufpaten bezeichnet. Im Islam übernimmt diese Funktion die Schari'a.
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[Bearbeiten] Worterklärung
Das deutsche Wort "Katechisms" stammt als Lehnwort aus dem Spätlatein (catechismus, catechizare), das selbst wiederum ein Lehnwort aus dem Spätgriechischen (κατήχησις, κατηχεĩν) darstellt. Das Verb "κατηχεĩν" (aus: "κατά" = "herab" und "ηχεĩν" = "schallen, tönen") heißt in seiner Urbedeutung "von oben herab antönen, umtönen, ergötzen, bezaubern". Gebraucht wird dieses Zeitwort im Sinne von "unterrichten".
[Bearbeiten] Von der Taufkatechese zum Katechismus im Altertum
Die spätgriechischen Wörter "κατήχησις" und "κατηχεĩν" sowie die davon abstammenden spätlateinischen Lehnwörter "catechismus" und "catechizare" bezeichnen im christlichen Altertum die "mündliche (Anfangs-) Unterweisung" zunächst vor und später dann auch nach der Taufe eines Erwachsenen, wobei diese Taufkatechese in der Hauptsache die Auslegung vom Apostolischen Glaubensbekenntnis (Symbolum) sowie des Vaterunser umfaßte. Der lateinische Kirchenvater Augustinus von Hippo verwendet als erster für diese mündliche Taufkatechese im Jahr 413 das lateinische Substantiv "catechismus". Erst seit dem Beginn des Mittelalters umfaßt dann dieses spätlateinische Hauptwort "catechismus" nicht mehr nur die mündliche Taufkatechese, sondern die gesamte mündliche Unterweisung der Gläubigen in Katechese und katechetischer Predigt – darin eingeschlossen auch die Beichtkatechese.
[Bearbeiten] Geschichte des Katechismus im Mittelalter
Die Geschichte des schriftlichen Katechismus beginnt mit den Aufzeichnungen der mündlichen Katechese über die Taufstücke von Symbolum und Vaterunser, zu denen seit dem 13. Jahrhundert als weitere katechetische Lehrstücke sowohl die Zehn Gebote (Dekalog) wie auch die sieben Sakramente und noch andere Stücke hinzukommen. Zu den katechetischen Handschriften im Mittelalter gehören u. a. der "Weißenburger Katechismus" (nach 789) mit Vaterunser und Symbolum sowie das für die Hand des Beichtvaters verfaßte "Speculum ecclesiae" des Edmund von Abingdon (um 1180-1240) mit dem Dekalog. Die "Opuscula" (1256) des Thomas von Aquin über Symbolum, Vaterunser und Ave Maria, sowie Dekalog und Sakramente wurden von der Synode von Lambeth (1281) zu einem katechetischen Ganzen vereinigt. Zu den katechetischen Inkunabeln im Spätmittelalter zählen u. a. der "Aldersbacher Reimkatechismus" (ab ca. 1475) mit Symbolum, Vaterunser, Dekalog, Sakramente u. a. Ebenfalls gehören in diese Zeit die Katechismus-Tafeln aus Holz (1451; Hildesheim, St. Lamberti) und aus Papier (um 1485; Ulmer Einblattdruck; Nürnberg) beide mit Vaterunser und Ave Maria, Symbolum und Dekalog.
[Bearbeiten] Konfessionskatechismen der Neuzeit
Mit den Katechismen der Konfessionen beginnt die eigentliche Katechismusgeschichte. Aus der fast unübersehbaren Zahl der seit der Reformation in den verschiedenen christlichen Kirchen benutzten Katechismen seien hier nur die sog. Hauptkatechismen genannt, die über größere Zeiträume und Landesgrenzen hinweg für einzelne Konfessionen eine herausragende Bedeutung erlangt haben.
[Bearbeiten] Lutherische Katechismen
- Der Große Katechismus des Martin Luther mit dem Titel "Deudsch Catechismus" (Wittenberg 1529) - für den Unterricht der Kinder und Einfältigen – behandelt in der Form lehrstückhafter Darstellung die fünf Hauptstücke: Dekalog, Symbolum, Vaterunser, Taufe und Abendmahl (mit Beichte)
- Der Kleine Katechismus des Martin Luther mit dem Titel "Enchiridion. Der kleine Catechismus für die gemeine Pfarrherrn und Prediger" (Wittenberg 1529) – bringt in 44 nichtnumerierten Fragen und Antworten ebenfalls die fünf Hauptstücke: Dekalog, Symbolum, Vaterunser, Taufsakrament mit Beichte und Altarssakrament.
- Evangelischer Erwachsenenkatechismus. Kursbuch des Glaubens, hrsg. V. Werner Jentsch u. a. Gütersloh 1975
[Bearbeiten] Reformierte Katechismen
- Genfer Katechismus des Johannes Calvin mit dem Titel "Le catéchisme de l'EGLISE DE GENEVE (Genf 1542) – für Lehrer und Erwachsene – behandelt in Form von 373 Fragen und Antworten: Symbolum, Dekalog, Vaterunser und Sakramente.
- Heidelberger Katechismus mit dem Titel "Catechismus Oder Christlicher Vnderricht wie der in Kirchen vnd Schulen der Churfürstlichen Pfaltz getrieben wirdt" (Heidelberg 1563) – für Pfarrer und Lehrer gedacht - besteht aus 128 später aus 129 nichtnumerierten Fragen und Antworten und hat die Dreiteilung: 1. "Von des Menschen Elend" mit dem Doppelgebot der Liebe, 2. "Von des Menschen Erlösung" mit dem Symbolum und den Sakramenten, 3. "Von der Dankbarkeyt" mit dem Dekalog und Vaterunser.
[Bearbeiten] Anglikanischer Katechismus
- Church Catechism (1553, revidiert 1572) der Kirche von England mit dem Titel "A Catechism that is to say an Instruction to be learned of every person before he be brought to be confirmed by the Bishop" mit seinen 25 nichtnumerierten Fragen bzw. Aufforderungen und Antworten ist gegliedert in: Symbolum, Dekalog, Vaterunser und Sakramente.
[Bearbeiten] Römisch-Katholische Katechismen
- Größerer Katechismus des Petrus Canisius mit dem Titel "Summa doctrinae christianae" (Wien 1555) - für Studenten gedacht - umfaßt mit 213 Fragen und Antworten zwei Hauptteile, wobei der 1. Teil "Von der christlichen Weisheit" den Glauben mit dem Symbolum bringt, die Hoffnung mit dem Vaterunser und Ave Maria, die Liebe mit dem Dekalog und den Kirchengeboten sowie die Sakramente.
- Catechismus Romanus (Rom 1566), aufgrund eines Dekrets des Trienter Konzils verfaßt, ist für die Pfarrer bestimmt und behandelt in lehrstückhafter Form die vier Hauptstücke: Symbolum, Sakramente, Dekalog und Vaterunser.
- Holländischer Katechismus (Nijmegen 1968); dt. "Glaubensverkündigung für Erwachsene", für den die Bischöfe der Niederlande als Herausgeber zeichnen, weist eine Gliederung gemäß der christlichen Heilsgeschichte auf.
- Katholischer Erwachsenen-Katechismus. 2 Bde (1985 u. 1995), hrsg. von den Deutschen Bischofskonferenz
- Katechismus der Katholischen Kirche (1993), veröffentlicht durch Papst Johannes Paul II. Dieser für die Bischöfe der gesamten Kirche gedachte Welt-Katechismus ist in die vier katechetischen Hauptstücke: Symbolum, Sakramente, Dekalog und Vaterunser gegliedert.
[Bearbeiten] Katechismus als Buchtitel
Erst seit dem Beginn der Neuzeit ist durch den portugiesischen Bischof Diogo Ortiz de Vilhegas das lateinische Hauptwort "catechismus" als altportugiesisches Lehnwort "Cathecismo" übernommen und erstmals als Buchtitel für seine schriftliche Katechese, den "Cathecismo Pequeno" (Lissabon 1504), gewählt worden. Schon bald danach fand sowohl das lateinische Wort "Catechismus" als auch das entsprechende und der jeweils eigenen Sprache angepaßte Lehnwort Eingang in die romanischen, ja in die germanischen und slawischen Sprachen. Der lateinische Buchtitel war von Martin Luther (1529), von den Verfassern des Heidelberger Katechismus (1563), aber auch für den "Catechismus Romanus" gewählt worden, den entsprechenden französischen Buchtitel "Catéchisme" wählten Johannes Calvin (1542) und den entsprechenden englischen Buchtitel "catechisme" (1553) die Kirche von England. Allerdings wurde das Wort Katechismus während der Zeit der Reformation und Gegenreformation noch nicht der einzige und selbstverständliche Titel solcher Handbücher. So hat Martin Luther seinen Kleinen Katechismus auch als "Enchiridion" (1519) betitelt, und Petrus Canisius verwendete den Titel "Summa" (1555). Erst in späterer Zeit wurde das Wort Katechismus fast ausschließlich zum Titel des Handbuchs für ein Grundwissen, das bei der Katechese in Kirche und Elternhaus – später dazu in der Schule – als Leitfaden diente.
[Bearbeiten] Inhalt mit Gliederung und Darstellungsform
Der inhaltliche Aufbau in den Katechismen folgt entweder dem Verlauf der christlichen Heilsgeschichte wie beim Holländischen Katechismus oder der Systematik, und im letzteren Fall vor allem im Anschluß an die katechetischen Hauptstücke wie Symbolum, Vaterunser, Dekalog und Sakramente. Obgleich alle erwähnten Konfessionskatechismen die vier vorgenannten Hauptstücke bieten, spiegeln sie doch das Selbstverständnis ihrer jeweiligen Konfession wider, wobei in dem die Sakramente bestimmenden Hauptstück die größten Unterschiede zwischen den Konfessionen bestehen. Während die Katechismen der lutherischen, reformierten und anglikanischen Kirchen nur die Taufe und das Abendmahl behandeln, bringen die der römisch-katholischen und orthodoxen Kirchen sieben Sakramente bzw. Mysterien. Die Anordnung und damit zugleich verbunden die Gliederung des katechetischen Lehrstoffs in den verschiedenen Katechismen variieren. In der von Martin Luther in seinen beiden Katechismen (1529) gewählten Reihenfolge stehen der Dekalog vor dem Symbolum und das Vaterunser vor den zwei Sakramenten. Der Genfer Katechismus von Johannes Calvin und der Church Catechism bieten die Reihenfolge: Symbolum und Dekalog sowie Vaterunser und zwei Sakramente. Petrus Canisius wählte als Reihenfolge: Symbolum, Vaterunser, Dekalog und sieben Sakramente. Die Reihenfolge Symbolum, Sakramente, Dekalog und Gebet bieten sowohl der Heidelberger Katechismus wie der Catechismus Romanus, ersterer allerdings mit zwei Sakramenten und letzterer mit sieben Sakramenten. Nach der unterschiedlichen Darstellungsform spricht man von einem "Lehrstück-Katechismus", wie bei dem Großen Katechismus Martin Luthers und beim Catechismus Romanus oder von einem "Frage-und-Anwort-Katechismus" wie bei dem Kleinen Katechismus Martin Luthers, dem Genfer Katechismus von Johannes Calvin, dem Heidelberger Katechismus, dem Church Catechism und dem Katechismus des Petrus Canisius.
[Bearbeiten] Adressatenkreis
Je nach den Adressaten dieses katechetischen Handbuches kann man unterscheiden zwischen einem Lehrbuch für die Bildungsvermittler oder einem Lernbuch für die Bildungsempfänger, zwischen einem Katechismus für Kinder bzw. Jugendliche - so verfaßte z. B. Petrus Canisius seinen großen Katechismus für die studentische Jugend - oder einem Katechismus für Erwachsene – so ist z. B. der Genfer Katechismus von Johannes Calvin für Lehrer bestimmt, der Heidelberger Katechismus und Martin Luthers Kleiner Katechismus für die Geistlichen und der Catechismus Romanus für die Pfarrgeistlichen.
[Bearbeiten] Außerchristliche Katechismen
Seit 1760 wird der Buchtitel Katechismus auch für Handbücher anderer - außer-katechetischer und außer-christlicher - Gebiete gewählt, wie z. B.: Katechismus des Völkerrechts, Leipzig 1877; Katechismus des guten Tons und der feinen Sitte, Leipzig 1892; Buddhistischer Katechismus, Braunschweig 1888; Kleiner islamischer Katechismus, Ankara 1960
[Bearbeiten] Bibliographie
- Werner Chroback (Hg.): Der Katechismus von den Anfängen bis zur Gegenwart. München 1987 – ISBN 3-7954-0644-7
- Gerhard J. Bellinger, Katechismus IV. Konfessionskundlich/Ökumenisch, in: Theologische Realenzyklopädie 17 (1988), S. 738-744
- Gerhard J. Bellinger, Katechismus, in: Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Auflage Bd. V. (1996), Sp. 1311-1315
[Bearbeiten] Weblinks
Wiktionary: Katechismus – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |