Konstantinische Schenkung
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Die Konstantinische Schenkung (lateinisch Constitutum Constantini bzw. Donatio Constantini ad Silvestrem I papam) ist eine gefälschte Urkunde, die angeblich vom Römischen Kaiser Konstantin I. ausgestellt wurde. Darin wird Papst Silvester I. und seinen sämtlichen Nachfolgern eine auf das Geistliche hingeordnete, aber auch politisch-konkret wirksame Oberherrschaft über Rom, Italien und die gesamte Westhälfte des Römischen Reichs geschenkt.
Die Päpste nutzten die Urkunde, um ihre Vormacht in der Christenheit und territoriale Ansprüche zu begründen. „Die Konstantinische Schenkung war ein Symbol für die irdische Gestalt der Kirche, kein Besitztitel für den Kirchenstaat“ (Horst Fuhrmann).
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[Bearbeiten] Inhalt
Im ersten Teil wird von der Wunderheilung des an Lepra erkrankten Konstantin berichtet, bei der dem Kaiser die Apostel Petrus und Paulus im Traum erschienen. Daraufhin habe Konstantin Papst Silvester I. aufgesucht, dessen Taufspendung ihm die Heilung brachte. (In Wirklichkeit wurde Konstantin erst auf dem Sterbebett von Bischof Eusebius von Nikomedia getauft.)
Aus Dankbarkeit, so wird im zweiten Teil erklärt, habe Konstantin dem römischen Bischof den Vorrang über alle anderen Kirchen, d.h. über die Patriarchate von Konstantinopel, Antiochia, Alexandria und Jerusalem, verliehen. Außerdem bekam der Papst die kaiserlichen Insignien und Vorrechte verliehen (das Diadem, den Purpurmantel, das Zepter und das Prozessionsrecht). Schließlich wurde ihm auch die Herrschaft über ganz Italien und den gesamten Westen überlassen und festgestellt, dass Konstantin seinen Regierungssitz von Rom nach Konstantinopel verlegt habe, damit dem Papst der Westen des Reichs überlassen bleibe.
Das gefälschte Dokument rechtfertigt somit den Anspruch der katholischen Kirche auf Ländereien und die Weisungsbefugnis über alle anderen Kirchen und verleiht dem Papst einen Rang, der dem kaiserlichen vergleichbar ist.
[Bearbeiten] Wirkung im Mittelalter und der frühen Neuzeit
Möglicherweise spielte die Konstantinische Schenkung bereits in den fünfziger Jahren des 8. Jahrhunderts eine Rolle, als Papst Stephan II. sich mit dem Frankenkönig Pippin III. verbündete und Pippin dem Papst die Herrschaft über vorher langobardische Gebiete in Mittelitalien überließ. Manche Forscher meinen aber, dass die Fälschung erst im späten achten Jahrhundert oder zu Beginn des neunten angefertigt wurde. Kaiser Otto III. bestritt 1001 ihre Rechtsgültigkeit, doch war dies nur seine persönliche Meinung und blieb folgenlos, da Otto schon im Januar 1002 starb. Von der Mitte des 11. Jahrhunderts an beriefen sich die Päpste bis zum Spätmittelalter häufig auf die Konstantinische Schenkung, sowohl zur Begründung territorialer Forderungen als auch im Konflikt mit den Patriarchen von Konstantinopel. Spätestens im 11. Jahrhundert wurde die Konstantinische Schenkung ein fester Bestandteil des Kirchenrechts. Daran änderte der Nachweis der Fälschung um 1440 zunächst nichts.
Im Mittelalter haben außer Otto III. nur Häretiker und einzelne Gegner des Papsttums in Italien die Konstantinische Schenkung verworfen. Trotz der schweren jahrhundertelangen Konflikte des Papsttums mit dem Kaisertum und seinen Streitigkeiten mit französischen und englischen Königen hat keiner dieser Herrscher versucht, die Echtheit der Urkunde zu bestreiten.
[Bearbeiten] Nachweis der Fälschung
Erst zwei Gelehrte des 15. Jahrhunderts, zuerst 1433 der deutsche Theologe und Philosoph Nikolaus von Kues in De Concordantia Catholica und dann um 1440 der italienische Humanist Lorenzo Valla wiesen nach, dass die Schenkung eine Fälschung ist. Valla zeigte mit sprachlichen Argumenten, dass das Latein der Urkunde Merkmale zeigt, die die Entstehung im frühen 4. Jahrhundert ausschließen. Außerdem wird in der Urkunde Konstantinopel unter diesem Namen erwähnt, obwohl es damals noch Byzanz hieß. Erst durch die Reformation wurde Vallas Erkenntnis weiteren Kreisen bekannt. Der Reichsritter Ulrich von Hutten gab in seinem kompromisslosen Kampf gegen den Papst Vallas Schrift De donatione Constantini ab 1521 neu heraus. Seit dem frühen 17. Jahrhundert vertrat die katholische Kirche die Auffassung, die Urkunde sei zwar gefälscht, doch habe es wirklich eine Schenkung Konstantins gegeben, und die Fälschung sei von den Griechen begangen worden, also nicht im Dienst des Papsttums. Erst im 19. Jahrhundert hat der katholische Gelehrte Ignaz Döllinger nachgewiesen, dass die Behauptung eines griechischen Ursprungs und nachträglicher Übersetzung ins Lateinische haltlos ist. Der Vatikan hat im selben Jahrhundert die Fälschung eingestanden.[1]
[Bearbeiten] Literatur
- Horst Fuhrmann: Konstantinische Schenkung und abendländisches Kaisertum. In: Deutsches Archiv für Erforschung des Mittelalters (DA) 22 (1966), S. 63ff.
- Horst Fuhrmann: Konstantinische Schenkung. In: Lexikon des Mittelalters, Bd. 5, Sp. 1385-87.
- Horst Fuhrmann: Constitutum Constantini. In: Theologische Realenzyklopädie 8 (1981), S. 196-202
- Das Constitutum Constantini (Konstantinische Schenkung). Textausgabe, hg. von Horst Fuhrmann, Hannover 1968 (MGH Font. iur. ant. 10).
- Wolfram Setz: Lorenzo Vallas Schrift gegen die konstantinische Schenkung. Zur Interpretation und Wirkungsgeschichte. Tübingen 1975 (Bibliothek des deutschen historischen Instituts in Rom 44).
- Kurt Zeillinger: Otto III. und die Konstantinische Schenkung. Ein Beitrag zur Interpretation des Diploms Kaiser Ottos III. für Papst Silvester II. (DO III. 389). In: Fälschungen im Mittelalter II, Hannover 1988 (MGH Schriften 33,II), S. 509-536.
- O. Guyotjeannin: Dictionnaire historique de la papauté, (Hrsg.) Philippe Levillain, Fayard, Paris, 2003 (ISBN 2-213-618577) ;
- N. Huyghebaert: « Une légende de fondation : le Constitutum Constantini », Le Moyen Âge, 85 (1979).
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- Text des Constitutum Constantini (Latein)