Konstantin der Große
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Flavius Valerius Constantinus (* an einem 27. Februar zwischen 272 und 285 in Naissus, heute Niš; † 22. Mai 337), auch bekannt als Konstantin der Große oder Konstantin I., war von 306 bis 337 römischer Kaiser. Allein, das heißt ohne Mitherrscher oder Konkurrent, herrschte er jedoch erst ab 324.
Historisch bedeutend ist Konstantins Regierungszeit vor allem wegen der von ihm eingeleiteten konstantinischen Wende, mit der der Siegeszug des Christentums begann. Diese nahm ihren Ursprung in der Verwendung des Christusmonogramms in der Schlacht an der Milvischen Brücke im Jahr 312. Konstantin schrieb seinen Sieg eben diesem Monogramm zu. 313 folgte das Toleranzedikt von Mailand, das im ganzen Reich Religionsfreiheit garantierte und damit auch das Christentum erlaubte. Konstantin unterstützte das Christentum in der Folgezeit weiterhin und berief 325 das erste Konzil von Nicäa ein, um innerchristliche Streitigkeiten (arianischer Streit) beizulegen.
324/26 verlegte Konstantin den Kaisersitz in den Osten des Reiches, nach Nova Roma („Neues Rom“), das nach seinem Tode ihm zu Ehren allgemein Konstantinopel („Konstantinsstadt“) genannt wurde. Neben den historisch belegten Tatsachen gibt es viele Einzelheiten bezüglich Konstantin, die bis heute offen sind, besonders was sein Verhältnis zum Christentum betrifft.
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Leben
Jugend und der Weg zur Macht
Konstantin wurde am 27. Februar eines unbekannten Jahres in der Stadt Naissus (heute Niš in Serbien) geboren. Wahrscheinlich kam er um 280 zur Welt. Seine Eltern waren Constantius Chlorus und Helena, die Ambrosius zufolge Stallwirtin war.[1] Wie lange die Beziehung zwischen Constantius und Helena hielt, ist unklar. Konstantin hatte jedenfalls drei jüngere Halbbrüder aus der spätestens 289 geschlossenen Ehe seines Vaters mit einer Stieftochter Kaiser Maximians, Julius Constantius, Flavius Dalmatius und Flavius Hannibalianus. Darüber hinaus ist über seine Kindheit und Jugend kaum etwas bekannt. Sein Vater war wohl unter den Kaisern Aurelian und Probus Offizier gewesen und erst unter Diokletian zu politischer Bedeutung gelangt.
Nachdem Constantius 293 in Diokletians Tetrarchie Caesar (Unterkaiser) geworden war, lebte Konstantin zuerst am Hof des Seniorkaisers Diokletian und begleitete dann Galerius in den Krieg an der Donau. 305 gelang es ihm, seinen Vater in Britannien aufzusuchen, wo er sich auf dessen Feldzug gegen die Pikten und Schotten so auszeichnete, dass er nach dessen Tod am 25. Juli 306 von den Truppen zum Augustus (Oberkaiser) ausgerufen wurde. Er begnügte sich aber zunächst mit dem Caesarentitel, der ihm von Galerius, der nach Diokletians Rücktritt der ranghöchste Kaiser war, zugestanden wurde.
Damit war jedoch die tetrarchische Ordnung Diokletians durchbrochen, die trotz einiger zaghafter Restaurierungsbemühungen nicht wiederhergestellt werden konnte (siehe Kaiserkonferenz von Carnuntum 308), da nun die dynastische Idee wieder an Boden gewann. Konstantins Mitkaiser in der Tetrarchie, in die er schließlich aufgenommen wurde, waren Galerius (305–311), Severus (306–307), Maximinus Daia (308–313) und Licinius (308–324). Daneben kam es zur Usurpation von Maximians Sohn Maxentius (von den anderen nicht anerkannt, 306–312) und zur Erhebung des Domitius Alexander (Usurpator 308–309) in Africa.
307 ließ Konstantin sich von seiner ersten Frau Minervina scheiden, der Mutter seines Sohnes Crispus (305–326), und heiratete Fausta, die Tochter des mit Diokletian zurückgetretenen Kaisers Maximian. Fausta gebar ihm bis zu ihrem Tod im Jahr 326 die drei Söhne Konstantin II., Constantius II. und Constans, die nach Konstantins Tod dessen Nachfolger als Kaiser wurden, sowie die beiden Töchter Constantina und Helena. Als Caesar blieb Konstantin zuerst in seinen Provinzen Gallien und Britannien (er residierte unter anderem im damals gallischen Trier) und überließ den Mitkaisern Galerius und Severus die Bekämpfung des Maxentius und des Domitius Alexander. 309 ließ Konstantin eine neue Goldmünze prägen, den Solidus, der sich noch lange bewähren sollte.
310 zwang Konstantin Maximian, der gegen Konstantin intrigiert hatte, zum Suizid. Nach dem Tod des Galerius 311 musste er sich außerdem mit Maxentius auseinandersetzen, der zuvor Severus geschlagen und getötet hatte.
Erringung der Herrschaft im Westen
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312 marschierte Konstantin, nachdem er bereits Hispanien seinem Herrschaftsbereich angeschlossen hatte, in Italien ein. Maxentius’ Truppen waren denen Konstantins zahlenmäßig wohl überlegen; nach einem namentlich nicht bekannten Panegyriker verfügte Maxentius über 100.000 Mann, wovon sich ein Teil in Oberitalien im Raum von Turin, Verona und Segusio versammelt hatte.[2] Konstantin hingegen konnte dem gleichen Panegyricus zufolge aufgrund der gefährdeten Rheingrenze nur ein Viertel seines Gesamtheeres mitführen, also etwa 40.000 Mann. Dieses Heer setzte sich aus britannischen, gallischen und germanischen Truppen zusammen und war wesentlich kampferprobter als das italische Heer. Konstantin konnte die feindlichen Truppen bei Turin, Brescia und schließlich Verona schlagen. In der letzten Schlacht fiel auch der Prätorianerpräfekt des Maxentius, Ruricius Pompeianus. Konstantin marschierte nun nach Süden und schlug Maxentius in der Schlacht bei der Milvischen Brücke am 28. Oktober 312. Der Legende nach hatte Konstantin kurz zuvor eine Christuserscheinung bzw. Kreuzesvision. Die Berichte bei Eusebius – dessen Version wahrscheinlich auf Äußerungen Konstantins beruhen, die dieser aber erst Jahre später getätigt hat – und Lactantius widersprechen sich teils, die Kernaussage bleibt jedoch, dass Konstantin seinen Sieg mit dem Gott der Christen in Verbindung brachte.
Konstantin, der bereits vorher eher zum Monotheismus geneigt hatte (wie sein Vater hatte er den Sonnengott Sol Invictus verehrt) und das Christentum bereits seit seiner Jugend kannte, begünstigte es in der Folgezeit immer mehr. Allerdings lässt sich daraus nicht zuverlässig ableiten, ob und inwieweit er sich mit dem Glauben identifizierte. Am ehesten kann man ihn wohl als einen Verehrer des Christengottes bezeichnen, nicht aber unbedingt als Christen im eigentlichen Sinne, auch wenn nicht wenige Forscher doch eben dieser Meinung sind.[3]
313 traf Konstantin mit Licinius zusammen, dem Kaiser des Ostens. Dieser heiratete Constantia, die Lieblingsschwester Konstantins. Die beiden Kaiser verabschiedeten das Toleranzedikt von Mailand, auch Zwei-Kaiser-Edikt genannt, das das Christentum den anderen Religionen gleichstellte und somit den Christen im ganzen Reich freie Religionsausübung zusicherte. Damit wurde das Christentum aber noch keineswegs zur Staatsreligion erhoben, dies geschah erst Jahrzehnte später unter Theodosius I.
Konstantin selbst bekannte sich außerdem nicht öffentlich zum Christentum: Auf dem Konstantinsbogen, der seinen Sieg an der Milvischen Brücke feiert, fehlen zwar die meisten sonst üblichen heidnischen Motive bis auf die Siegesgöttin Viktoria und den Sonnengott, aber ebenso fehlen alle eindeutig christlichen Symbole. All dies lässt sich auf unterschiedliche Weise interpretieren, etwa so, dass Konstantin den Sieg nicht mit Sicherheit dem Gott der Christen zuschrieb, sondern eben nur einer obersten Gottheit. Möglich ist aber auch, dass Konstantin Rücksicht auf die Heiden nahm.[4] Konstantins Edikt bedeutete letztlich Freiheit der Glaubensentscheidung für alle Religionen. Er förderte aber auch das Christentum, indem er die Stellung der Bischöfe stärkte. Ebenso beschenkte er die Kirche mit Ländereien und veranlasste gemäß Eusebius das Erstellen von fünfzig Bibelabschriften für die Kirchen in Konstantinopel, da viele Bibeln während der Verfolgung zerstört worden waren. Zudem – und dies erwies sich schließlich als entscheidend – ließ Konstantin seine Söhne im christlichen Glauben erziehen. Nach 324 verschwanden auch heidnische Münzembleme, außerdem wurden zunehmend Christen mit wichtigen Ämtern betraut, womit auch die Bedeutung der traditionellen Kulte mehr und mehr schwand. Ebenso kam es zu vereinzelten Plünderungen von heidnischen Tempeln und dem Verbot privater Haruspizien.
In den folgenden Jahren wurde Konstantin mit den Problemen der Kirche in Africa konfrontiert, die sich in die traditionelle Kirche und die Donatisten gespalten hatte. Die Spaltung konnte nicht rückgängig gemacht werden, doch war das Eingreifen Konstantins in diesen Streit ein Zeichen für dessen neues Selbstverständnis, auch eine Art von Schutzfunktion über die Kirche auszuüben.
Bereits 316 gewann er im Streit mit Licinius das Illyricum. Der Hintergrund war eine gegen Konstantin gerichtete Verschwörung, die wohl von einem Offizier des Licinius, einem gewissen Senecio, angezettelt worden war. Nachdem das Komplott aufgedeckt wurde, weigerte sich Licinius aber, Senecio auszuliefern. Dies musste Konstantin aber in der Vermutung bestärken, Licinius habe sich an der Verschwörung mehr oder minder beteiligt. Konstantin rückte mit seinen gallisch-germanischen Truppen, etwa 20.000 Mann, in Illyricum ein, Licinius trat ihm bei Cibalae (heute Vinkovci) mit 35.000 Mann entgegen, unterlag aber und musste in aller Eile nach Thrakien fliehen, wo weitere Truppen standen. In der Nähe der Stadt Adrianopel kam es zu einer Schlacht, die aber unentschieden endete. Am Ende einigten sich Konstantin und Licinius, wobei letzter faktisch die gesamte Balkanhalbinsel räumen musste.
Die Spannungen, bei denen auch die Religionspolitik Konstantins eine Rolle spielte, blieben jedoch bestehen. Ab 321 datierten beide Reichshälften nicht mehr einheitlich nach den gleichen Konsuln, und 322 residierte Konstantin in Thessaloniki, also unmittelbar an der Grenze beider Machtbereiche, was Licinius sicherlich provozierte. Als Konstantin dann noch mit seinen Eliteverbänden in Licinius’ Balkanprovinz eindrang, um die bedrohte Bevölkerung für Übergriffen durch die Goten zu schützen, protestierte Licinius lautstark. Es folgte ein letztlich ergebnislos verlaufender diplomatischer Notenwechsel, 324 kam es schließlich zum offenen Kampf. Konstantin gelang es in einer kombinierten Land- und Seeoperation, Licinius’ Truppen in Thrakien zu schlagen, Licinius selbst floh zunächst nach Byzantion und dann nach Kleinasien. Seine Flotte wurde jedoch in einer Seeschlacht vernichtet und im September 324 unterlag Licinius endgültig in der Schlacht bei Chrysopolis. Licinius kapitulierte schließlich, wobei Konstantin versprach, sein Leben zu schonen. 325 wurde er dennoch von Konstantin hingerichtet. Der Grund dafür war die wohl nicht ganz unbegründete Sorge Konstantins, dass Licinius, ähnlich wie Jahre zuvor Maximian, noch immer eine potentielle Bedrohung darstellte.
Mit seinem Sieg über Licinius war Konstantin alleiniger Herrscher des Römischen Reiches. Er ließ seinen Triumph denn auch durch seinen neuen Beinamen Victor (der Sieger) feiern; damit legte er auch den heidnisch konnotierten Beinamen Invictus (der Unbesiegte) ab, der auch ein Beiname des Gottes Sol war. Konstantin stand auf dem Höhepunkt seiner Macht, und tatsächlich sollte man wohl auch den psychologischen Effekt, dass es nun endlich nur noch einen Kaiser gab, nicht unterschätzen.
Konstantins Reichspolitik als Alleinherrscher

Konstantin verlegte seine Hauptresidenz in den Osten, in die alte griechische Kolonie Byzanz (heute Istanbul), die er prächtig ausbaute und 330 feierlich einweihte. Die neue Hauptstadt wurde erst offiziell als Neu-Rom bezeichnet, aber bald Konstantinopel genannt (aus Konstantin und griechisch πόλις/polis, Stadt). Rom, schon seit Jahrzehnten nur noch pro forma Hauptstadt, verlor damit weiter an Bedeutung, wenn es auch weiterhin ein wichtiges Symbol für die Romidee blieb. Konstantins Schritt ist verständlich, da zum einen die strategische Lage der neuen Hauptstadt ungleich besser war (sie lag an einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt und war von der gefährdeten Donau- und Ostgrenze etwa gleich weit entfernt; zudem war sie besser geschützt) und die Stadt zum anderen im wirtschaftlich weitaus wichtigeren Osten lag. Allerdings wurde die Stadt erst nach einigen Jahrzehnten zur faktischen Hauptstadt des östlichen Reichsteils.
326 kam es zu einem Skandal: Konstantin ließ seinen ältesten Sohn Crispus und kurz darauf seine Frau Fausta töten. Die Erklärungen dafür variieren: Nach einer Geschichte soll Fausta Crispus beschuldigt haben, ihr nachzustellen, worauf Konstantin seinen Sohn tötete. Als er dann feststellte, dass die Anklage falsch war, tötete er auch die Urheberin der Intrige. In jedem Fall zeigte sich, dass Konstantin im Zweifelsfall nicht zögerte, zur Gewalt zu greifen.
332 schlug Konstantin die Goten und sicherte durch einen Vertrag (foedus) die Donaugrenze ab.[5] Konstantin trieb auch ansonsten zahlreiche Maßnahmen zur Stabilisierung der Grenzen voran und sicherte auch noch einmal die Rheingrenze. Die schon vorher von Diokletian eingeleitete Heeresreform wurde unter ihm weitgehend abgeschlossen. So gab es von nun an ein regelrechtes Bewegungsheer (Comitatenses) und ein Grenzheer (Limitanei). Auch das Amt des Heermeisters (Magister militum) wurde von Konstantin geschaffen, ebenso neue Hofämter, wie das Amt des quaestor sacri palatii (Leiter der Kanzlei) und des Magister officiorum (Leiter der Verwaltung). Die vorerst drei Prätorianerpräfekten entwickelten sich in der Folgezeit zu den Leitern der zivilen Verwaltungsdistrikte des Reiches.[6] Im Inneren hielt Konstantin auch an Diokletians Kurs fest (sakrale, nun freilich nicht mehr heidnisch fundierte Stellung des Kaisertums, zunehmende Bindung der Bauern an den Boden).
Kurz vor Beginn eines Feldzugs gegen die Sassaniden, vorgeblich zum Schutz der Christen in Persien, erkrankte Konstantin schwer und starb bald darauf am Pfingstfest 337 bei Nikomedia.[7] Wie es damals üblich war, hatte sich Konstantin erst kurz vor seinem Tod vom arianischen Bischof Eusebius von Nikomedia taufen lassen. Seine drei Söhne Konstantin II., Constantius II. und Constans hatte Konstantin schon früh zu Caesaren ernannt. Diesen Titel erhielt 335 auch sein Neffe Dalmatius. Doch kam es nach dem Tod Konstantins zu einem Blutbad innerhalb der Familie und einem Bruderkrieg unter den Söhnen Konstantins (siehe Säuberung von 337).
Religionspolitik als Alleinherrscher

Im Osten waren die Christen zahlreicher als in der Stadt Rom (trotzdem stellten sie auch dort eine Minderheit dar), Konstantin konnte sich daher in den letzten vierzehn Jahren seiner Regierung offen als Christ bzw. als Anhänger des Christengottes zeigen. Seine Protektion der Christen (in der modernen Forschung spricht man von der Konstantinischen Wende) gegenüber den Heiden löste zahlreiche Bekehrungen bei Hofe aus. Dennoch sind kaum Anzeichen dafür erkennbar, dass der Kaiser plante, die traditionellen Kulte zu benachteiligen oder gar zu verbieten - die gegenteiligen Behauptungen bei Eusebius von Caesarea sind von eher zweifelhafter Glaubwürdigkeit. Während die großen Kulte, die im Heer und in der Reichsverwaltung weiterhin zahlreiche Anhänger hatten, weitgehend unbehelligt blieben, ging Konstantin gegen christliche Häretiker rigoros vor. Schon 316 begann in Afrika die staatliche Bekämpfung der Donatisten und um 326 erließ Konstantin ein allgemeines Edikt gegen die Häretiker (Versammlungsverbot, Güterkonfiskation und Aufforderung zur Bekehrung zum katholischen Glauben).
Offenbar hatte der Kaiser kaum Verständnis für dogmatische und christologische Probleme, die auch seinen Nachfolgern so viele Probleme bereiten sollten. Vielmehr scheinen seine religiösen Vorstellungen noch stark den älteren paganen Traditionen verhaftet gewesen zu sein – nur dass er nun eben nicht mehr Jupiter (wie noch Diokletian) oder den Sonnengott (wie Aurelian oder sein eigener Vater) als persönlichen Schutzgott ansah, sondern eben den Gott der Christen. Von entscheidender Bedeutung für die weitere Entwicklung war aber, dass Konstantin seine Söhne und Nachfolger christlich erziehen ließ.
325 berief er das Erste Konzil von Nicäa ein, das erste ökumenische Konzil. Dieses lehnte einen von Konstantin unterstützten Kompromissvorschlag ab und wandte sich mit dem Bekenntnis von Nicäa klar gegen den Arianismus. Konstantin, der wohl weniger theologische als politische Ziele verfolgte, schickte in der Hoffnung auf eine Konsolidierung des Reiches Arius in die Verbannung. Der arianische Streit war dadurch jedoch nicht beigelegt. Unter dem Einfluss seiner Schwester Constantia und ihres arianischen Hofbischofs Eusebius von Nikomedia sowie seines Biografen Eusebius von Caesarea wechselte Konstantin die Seiten, verbannte Athanasius, den Gegenspieler des Arius, und ließ Arius aus der Verbannung zurückrufen.
Die sogenannte Konstantinische Schenkung, der zufolge Konstantin von Papst Silvester I. getauft wurde und diesem bzw. der katholischen Kirche zum Dank zahlreiche materielle und immaterielle Privilegien zugesprochen hat, ist eine Fälschung des 8./9. Jahrhunderts. Sie wurde zwar schon 1001 von Kaiser Otto III. verworfen, blieb aber bis über das Ende des Mittelalters hinaus Bestandteil des Kirchenrechts, obwohl die Unechtheit schon um 1440 von Nikolaus von Kues und Lorenzo Valla nachgewiesen wurde.
Konstantin in der Beurteilung der Nachwelt
Als bedeutende Gestalt in einer entscheidenden Epoche der Geschichte ist Konstantin sowohl von der Kirche einerseits als auch von Kirchengegnern und radikal anti-katholischen Christen andererseits instrumentalisiert worden, um unterschiedliche Sichtweisen zu begründen – dabei wurden jedoch von beiden Seiten Argumente aufgeführt, die bis heute historisch nicht belegbar sind. Offen ist z. B., was Konstantin unter Christentum verstand, ob er persönlich gläubiger Christ war und, wenn ja, seit wann, ob er theologisch auf der Seite der Trinitarier oder der Arianer stand oder letztlich gleichgültig gegenüber beiden theologischen Richtungen war. Als er kurz vor seinem Tod getauft wurde, empfing er das Sakrament jedenfalls von einem Arianer, Eusebius von Nikomedia.
Sein Biograf Eusebius von Caesarea war ihm immens dankbar für das Ende der Christenverfolgungen, die er selbst erlebt hatte, und schildert ihn als heiligen Christen mit dramatischer Bekehrung durch eine Vision vor der Schlacht an der Milvischen Brücke. Ob diese Schilderung im Kern auf ein reales Ereignis – vielleicht ein astronomisches Phänomen – zurückgeht, ist umstritten und kaum endgültig zu klären. In jedem Fall wollte Eusebius den Konstantin der Jahre nach 312 als idealen christlichen Kaiser darstellen. Doch betrachtet man den diesbezüglichen Triumphbogen und spätere Münzen, so zeigte sich Konstantin damals zumindest (noch) nicht als Christ – es gibt eher einige Hinweise auf den henotheistischen Mithras- bzw. Sonnenkult.
Jedenfalls zeigte er seine Verehrung des Christengottes im überwiegend heidnischen Westen nicht offen – im mehrheitlich christlichen Osten (und nach der Erringung der Alleinherrschaft!) stellte er sich hingegen eher als Christ dar und bezeichnete sich als Isapostolos – als den Aposteln gleich. In beiden Fällen ist offen, was Politik ist und was persönliche religiöse Überzeugung. Tatsächlich nahm Konstantin für sich weiter ein sakrales Kaisertum in Anspruch, welches jedoch auch weiterhin nicht über dem Recht stand. Seine Nachfolger schritten auf diesem Weg zum Gottesgnadentum weiter.
Konstantins Mutter, Flavia Iulia Helena Augusta, dürfte Christin gewesen sein – bei ihr gibt es viele Aktivitäten, die sich sonst kaum erklären lassen (Bau von Kirchen wie beispielsweise der berühmten Geburts- sowie der Grabeskirche, Reise ins Heilige Land, Suche nach dem Kreuz Christi usw.).
Obwohl Konstantin andere Religionen duldete und Konstantinopel sogar mit neuen Tempeln ausstatten ließ, bedeutete seine Herrschaft sowie seine – vermutlich letztlich doch am ehesten mit persönlichen Überzeugungen zu erklärende – Hinwendung zum Gott der Christen dennoch fraglos eine entscheidende Wende in der abendländischen Geschichte. Gerade weil Religion und Staat bei den Römern stets eng verknüpft waren, dauerte es nicht mehr lange, bis das Christentum zur einzigen religio licita im Imperium wurde. Dennoch bestand das Heidentum noch lange fort. Noch im frühen 6. Jahrhundert polemisierte der gebildete Heide Zosimos, Konstantin sei nur deshalb Christ geworden, weil er, besudelt mit dem Blut Unschuldiger, Vergebung gesucht habe: Weil eben nur die Christen bereit gewesen seien, dem verbrecherischen Kaiser mühelose Erlösung zu versprechen, habe er sich ihnen zugewandt.[8] Dies stellte freilich eine Verzerrung der Realität dar, da die Hinwendung zum Christentum bereits vor den düsteren Ereignissen im Jahre 326 stattfand.
In der orthodoxen Kirche wird Konstantin hingegen als Heiliger verehrt. In der katholischen Kirche ist er zwar im Kalender aufgeführt, gilt aber nicht als Heiliger – vermutlich wegen der Verlegung der Hauptstadt nach Konstantinopel. Im Byzantinischen Reich galt Konstantin als das Ideal eines gerechten und starken Herrschers. Insgesamt trugen elf byzantinische Kaiser seinen Namen.
Konstantin war jedenfalls mit Diokletian der Architekt des spätantiken römischen Staates und der Wegbereiter für das Imperium Romanum Christianum.
Siehe auch
Literatur
Quellen
Es existiert glücklicherweise eine sehr ausführliche Biografie Konstantins, die Eusebius von Caesarea verfasst hat, die sogenannte Vita Constantini. Eusebius war jedoch ein glühender Bewunderer des Kaisers, sodass sein Werk mit entsprechender Vorsicht behandelt werden muss. Ihm war vor allem daran gelegen, den Kaiser als möglichst überzeugten Christen darzustellen und zu überhöhen; allerdings ist das Werk gerade aufgrund der beigeordneten Aktenstücke (wie schon in Eusebs Kirchengeschichte), die wohl authentisch sind, von großem Wert.
Daneben sind vor allem die Bücher acht bis zehn der Kirchengeschichte Eusebs, verschiedene Panegyrici (siehe Nixon/Rodgers), Lactantius’ De mortibus persecutorum sowie das zweite Buch von Zosimos’ Historia Nea von Bedeutung, wobei der Heide Zosimos Konstantin gegenüber extrem feindlich eingestellt ist. Interessant ist außerdem die, allerdings nur als Epitome überlieferte, Kirchengeschichte des Arianers Philostorgios.[9]
- Charles E. Nixon, Barbara S. Rodgers: In Praise of Later Roman Emperors: The Panegyrici Latini. Introduction, Translation, and Historical Commentary with the Latin Text of R[oger] A. B. Mynors. UCP, Berkeley u. a. 1994, ISBN 0-520-08326-1.
- Volkmar Keil (Übs.): Quellensammlung zur Religionspolitik Konstantins des Großen (Lateinisch/Griechisch/Deutsch). Texte zur Forschung, Darmstadt 1995, ISBN 3-534-02249-1.
Sekundärliteratur
Aus der sehr umfangreichen Fachliteratur seien nur einige Beispiele genannt:
- Timothy D. Barnes: Constantine and Eusebius. Harvard University Press, Cambridge, Mass. 1981, ISBN 0-674-16530-6.
- Bruno Bleckmann: Konstantin der Große. Rowohlt, Reinbek 1996, ISBN 3-499-50556-8. (Knappe, problemorientierte Einführung mit vielen Abbildungen.)
- Alan Bowman u.a. (Hgg.): The Cambridge Ancient History 12. The Crisis of Empire, AD 193–337. University Press, Cambridge 2005, ISBN 0-521-30199-8.
- Hartwin Brandt: Konstantin der Große. Der erste christliche Kaiser. Beck, München 2006, ISBN 3-406-54058-9.
- Klaus Bringmann: Die konstantinische Wende. Zum Verhältnis von politischer und religiöser Motivation. In: Historische Zeitschrift 260 (1995), S. 21–47.
- Jakob Burckhardt: Die Zeit Constantins des Großen. Basel 1853, zahlreiche Nachdrucke; bei Gutenberg-DE. (Klassische Studie, die Konstantin eher negativ als Machtmensch bewertet.)
- Manfred Clauss: Konstantin der Große und seine Zeit. Beck, München 1996, ISBN 3-406-41042-1. (Knappe Einführung in die Thematik.)
- Johannes G. Deckers: Der Koloss des Konstantin. In: Luca Giuliani (Hrsg.): Meisterwerke der antiken Kunst. C. H. Beck Verlag, München 2005, S. 158–177, ISBN 3-406-53095-X (mit formal falscher ISBN ausgeliefert und katalogisiert, Suche über KVK möglich).
- Noel Lenski (Hg.): The Cambridge Companion to the Age of Constantine. Cambridge 2006, ISBN 0-521-52157-2. (Aufsatzsammlung, die einen guten Überblick über die Materie verschafft.)
- Ramsay MacMullen: Constantine. Dial Press, New York 1969; Nachdruck Croom Helm, London 1987. ISBN 0-7099-4685-6. (Eine der besten modernen Darstellungen.)
- Ekkehard Mühlenberg (Hg.): Die Konstantinische Wende (Veröffentlichungen der Wissenschaftlichen Gesellschaft für Theologie 13). Kaiser, Gütersloh 1998, ISBN 3-579-01814-0. (Aufsatzsammlung mit Überlegungen zu den geistigen Grundlagen der Religionspolitik Konstantins.)
- Charles M. Odahl: Constantine and the Christian Empire. London und New York 2004.
- Karen Piepenbrink: Konstantin der Große und seine Zeit (Geschichte kompakt). Wiss. Buchges., Darmstadt 2002, ISBN 3-534-15499-1. (Wie Clauss eine Einführung, allerdings etwas systematischer und mit Glossar etc.)
- Peter Weiß: Die Vision Constantins. In: Jochen Bleicken (Hrsg.): Colloquium aus Anlass des 80. Geburtstages von Alfred Heuß. Lassleben, Kallmünz 1993, S. 143–169, ISBN 3-7847-7113-0. Englische (aktualisierte) Fassung: The vision of Constantine. In: Journal of Roman archaeology 16 (2003), S. 237–259. (Wichtiger, aber sehr umstrittener Aufsatz, der Konstantins Vision auf ein natürliches astronomisches Phänomen zurückführt.)
- Joseph Vogt: Constantin der Große und sein Jahrhundert. 2. neubearb. Aufl., Bruckmann, München 1960. (Älteres Standardwerk)
Weblinks
Commons: Konstantin der Große – Bilder, Videos und/oder Audiodateien |
- Literatur von und über Konstantin der Große im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Hans A. Pohlsander: Fachwissenschaftliche Kurzbiografie (englisch) aus De Imperatoribus Romanis (inkl. Literaturangaben).
- Eintrag (mit Literaturangaben) im Biographisch-Bibliographischen Kirchenlexikon (BBKL)
- Ausstellung zu Konstantin dem Großen in Trier (2007)
Anmerkungen
- ↑ Ambrosius, De obitu Theodosii 42.
- ↑ Nixon/Rodgers, Panegyricus 12,3.
- ↑ Konstantin wandte sich wohl spätestens ab 312 dem Christentum zu, siehe etwa Barnes und Brandt. In der Forschung ist dieser Punkt aber von jeher strittig: Jacob Burckhardt sah die Hinwendung Konstantins zum Christentum als einen rein politisch kalkulierten Akt an, anders etwa Joseph Vogt oder Andreas Alföldi, die an eine echte religiöse Bekehrung Konstantins glaubten.
- ↑ Vgl. zusammenfassend Bleckmann, Konstantin der Große, S. 58ff.
- ↑ Vgl. Jörg Spielvogel, Die Gotenpolitik Kaiser Konstantins I. zwischen altrömischer Tradition und christlicher Orientierung, in: Th. Hantos/G.A. Lehmann (Hrsg.), Althistorisches Kolloquium aus Anlaß des 70. Geburtstags von Jochen Bleicken, Stuttgart 1998, S. 225–238.
- ↑ Während früher die Einrichtung der Prätorianerpräfekturen Konstantin zugeschrieben wurde, geht man heute davon aus, dass diese erst in den 360er Jahren ihre endgültige Form fanden. Einen Überblick über die Forschungsgeschichte und eine relativ aktuelle Darstellung des Forschungsstandes bietet Joachim Migl, Die Ordnung der Ämter. Prätorianerpräfektur und Vikariat in der Regionalverwaltung des Römischen Reiches von Konstantin bis zur Valentinianischen Dynastie, Frankfurt am Main 1994, ISBN 3-631-47881-X.
- ↑ Siehe dazu auch den Brief Konstantins an Schapur II.: Eusebius, Vita Constantini, 4,9–13; vgl. dazu Miriam Raub Vivian, Eusebius and Constantine’s Letter to Shapur: Its Place in the Vita Constantini, in: Studia Patristica 29, Louvain 1997, S. 164–169.
- ↑ Zosimos 2,29.
- ↑ Für einen detaillierteren Quellenüberblick siehe: Bruno Bleckmann, Sources for the History of Constantine, in: Noel Lenski, The Cambridge Companion to the Age of Constantine, S. 14ff.
Vorgänger Constantius I., Severus, Maxentius und Licinius |
Römischer Kaiser | Nachfolger Konstantin II., Constans und Constantius II. |
Personendaten | |
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NAME | Konstantin der Große |
ALTERNATIVNAMEN | Konstantin I.; Constantinus, Flavius Valerius |
KURZBESCHREIBUNG | römischer Kaiser von 306 bis 337 |
GEBURTSDATUM | um 280 |
STERBEDATUM | 22. Mai 337 |