Linux-Distribution
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Das Linux-Maskottchen Tux |
Eine Linux-Distribution ist eine Zusammenstellung von hauptsächlich freier Software zum Zwecke der Weitergabe oder des kommerziellen Vertriebs. Die Distributionen enthalten neben dem eigentlichen Linux-Kernel noch weitere Software, um so den jeweiligen Ansprüchen an das Gesamtsystem besser gerecht zu werden.
Dieser Artikel gibt einen Überblick über den Aufbau von Distributionen, welche Arten es gibt und wie diese sich unterscheiden. Ein allgemeiner Überblick über die Thematik Linux selbst findet sich im Hauptartikel Linux.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Geschichte
Hauptartikel: Geschichte von Linux
Nach der Veröffentlichung des Linux-Quelltextes durch Linus Torvalds wurden verschiedene Programme für Linux angepasst, um das System zu erweitern. Da Linux von Anfang an nur als Kern eines Systems geplant war und bis heute als solcher weiterentwickelt wird, bestand von Beginn an der Bedarf an zusätzlichen Programmen für Linux, um z. B. eine grafische Oberfläche zu erhalten oder auch nur um das System einfacher zu konfigurieren und zu steuern.
Aus diesem Grund kamen die ersten Linux-Distributionen schon kurz nach der Veröffentlichung von Linux auf, als Anwender, die nicht zum direkten Entwicklerkreis gehörten, Linux zu nutzen begannen. Die ersten Distributionen hatten dabei das Ziel, das System z. B. mit der Software des GNU-Projekts zu einem arbeitsfähigen Betriebssystem zu entwickeln. Zu ihnen gehörten MCC Interim Linux, welches auf den FTP-Servern der University of Manchester im Februar 1992 veröffentlicht wurde, TAMU, das von einigen Programmierern der Texas A&M University etwa zum gleichen Zeitpunkt erstellt wurde und Softlanding Linux System (SLS).
Da keine dieser Distributionen richtig gepflegt wurde, veröffentlichte Patrick Volkerding am 16. Juli 1993 die Distribution Slackware. Sie ist die älteste heute noch aktive Linux-Distribution.
Durch die Linux-Distributionen erweiterten sich die Einsatzmöglichkeiten von Linux drastisch. Es entwickelte sich zunehmend zu einer interessanten Alternative zu proprietären Systemen wie UNIX, Microsoft Windows und Mac OS.
Die ersten Nutzer kannten UNIX von der Arbeit oder aus der Schule und hatten dementsprechende Vorkenntnisse. Sie schätzten Linux wegen der Stabilität und der Tatsache, dass sie kein Geld bezahlen mussten, wegen des Umfangs der beiliegenden Software und wegen der Möglichkeit, das System wegen der offenen Quellen eigenen Bedürfnissen anzupassen.
Waren die ersten Distributionen nur der Bequemlichkeit halber geschaffen worden, sind sie doch heute die übliche Art für Nutzer wie auch Entwickler, ein Linux-System zu installieren. Dabei werden die Linux-Distributionen heutzutage sowohl von Entwickler-Gruppen, als auch von Firmen oder gemeinnützigen Projekten entwickelt und betrieben.
[Bearbeiten] Heutige Distributionen
Viele, vor allen Dingen kleine Distributionen, werden von kleinen Projekten oder auch Einzelpersonen gewartet und entwickelt, die sich meist über das Internet koordinieren und austauschen. Größere Distributionen haben in den meisten Fällen eine Stiftung gegründet, um die Arbeit besser und gezielter verwalten und geschlossener auftreten zu können. Diese Stiftungen werden teilweise von Firmen unterstützt oder sind direkt von ihnen gegründet worden, um die Gemeinschaft der Entwickler besser an der Entwicklung der firmeneigenen Distribution zu beteiligen.
Der Einsatzbereich der Distribution kann dabei sehr unterschiedlich sein, und reicht vom Desktop-PC über Server-Installationen und Distributionen mit speziellen Netzwerkfähigkeiten bis hin zu Live-CDs oder Distributionen für Mobiltelefone, die jeweils einen ganz unterschiedlichen Funktionsumfang haben können.
Die Zusammensetzung einer üblichen Linux-Distribution für den Desktop-PC umfasst zum Beispiel:
- den Linux-Kernel, der die Basis für grundlegende Systemfunktionen bietet
- die GNU-Software, welche das grundlegende Basissystem bereitstellt, mit Kommandozeilenwerkzeugen um etwa Dateien zu be- und verarbeiten sowie weitere elementare Verwaltungswerkzeuge
- Kommandozeileninterpreter (englisch Shell genannt), aus deren Kommandozeile Anwendungen gestartet werden können
- ein X-Window-System, auf dem grafische Benutzeroberflächen laufen können
- einen Desktop oder einen Windowmanager als eine grafische Benutzeroberfläche, die eine komfortable Bedienung des Rechners im X-Window-System erlaubt
- verschiedene Anwendungsprogramme wie Office-Pakete, Editoren, E-Mailprogramme, Browser, Server-Software, Bildbetrachter/-bearbeiter und viele mehr
- Konfigurationsprogramme, um das System eigenen Bedürfnissen anzupassen, Software zu installieren und Hardware einzurichten
- Entwickler-Werkzeuge wie Compiler oder Interpreter für Programmiersprachen, die das Entwickeln von weiterer Software ermöglichen und das Arbeiten mit anderen Entwicklern und anderen Entwicklerwerkzeugen vereinfachen
- eine Vielzahl an Programmen und Software-Bibliotheken, die ein normaler Nutzer nicht sieht, die aber Dienste und Funktionalitäten bereitstellen, die von anderen Programmen genutzt werden
- ein Boot-Manager zum Starten des installierten Systems und eventueller anderer installierter Systeme
Dabei werden die meisten Distributionen in Form fertiger CD-Images im Internet bereitgestellt. Einige Distributoren verpacken ihr Angebot aber auch mit gedruckten Handbüchern oder Supportverträgen, und bieten diese kombinierten Angebote zum Verkauf an.
[Bearbeiten] Live-Systeme
Eine Besonderheit bilden dabei die Live-Systeme, die von CD, DVD und anderen Medien gebootet werden. Diese werden von extra darauf ausgerichteten Distributionen oder von bestehenden Distributionen als Zusatz zu den Installationsdatenträgern erstellt.
Live-Systeme können als vollständiges Linux gestartet werden, ohne auf die Festplatte zu schreiben und ohne die bestehende Konfiguration eines Rechners zu verändern. So kann die entsprechende Linux-Distribution gefahrlos auf einem Computer getestet werden. Livesysteme eignen sich auch hervorragend zur Datenrettung und Systemanalyse, da sie von der Konfiguration des bereits bestehenden Systems unabhängig sind und so auch von möglichen Infektionen durch Würmer und Viren nicht betroffen werden können.
[Bearbeiten] Auswahl einer passenden Linux-Distribution
Sieht man von möglichen Spezialisierungen ab, dann unterscheiden sich Linux-Distributionen primär in den folgenden Punkten:
- Installationsverhalten – welche Tools zur Installation, z. B. Partitionierungstools, sind inbegriffen
- Welche Software-Pakete werden beigelegt und verwendet (z. B. welche grafische Benutzeroberflächen werden beigelegt und wie gut werden sie von der Distribution vorkonfiguriert)?
- Welche Verwaltungswerkzeuge werden eingesetzt, um das System leichter verwaltbar zu machen?
- Wie sieht es mit vorhandener Literatur (z. B. in Form von Handbüchern) aus?
- Gibt es offiziellen Support seitens des Distributors, in welchem Umfang und zu welchen Konditionen (Preisen)?
- Wie sieht die Distributionspolitik aus, zu der auch gehört, ob proprietäre Software beigelegt/verwendet wird?
- Wird die Distribution in einem Projekt von Freiwilligen, von einer Firma oder gar von beiden gemeinsam entwickelt?
- Wird die Distribution offiziell von kommerziellen Software-Anbietern unterstützt? Gibt es z. B. die bevorzugte Firmensoftware für diese Distribution?
- Auch kann die Größe, Hilfsbereitschaft und Kenntnisse der Nutzergemeinschaft von Distribution zu Distribution erheblich variieren.
Darüber hinaus spielt für viele Nutzer auch ein Angebot der bereits von Drittanbietern an die Distribution angepassten und für diese fertig verpackten Software eine Rolle, da dies sehr unterschiedlich sein kann.
Auf eine Aufzählung oder Gegenüberstellungen der wichtigsten bzw. populärsten Distributionen wird hier aufgrund der nur schwer zu ziehenden Grenzen und der Übersichtlichkeit verzichtet. Diese Informationen finden sich stattdessen auf den Seiten Liste von Linux-Distributionen und Vergleich von Linux-Distributionen.
[Bearbeiten] Kompatibilität zwischen den Distributionen
Kurz nach dem Erscheinen der ersten Distributionen entstanden Konzepte, die Installation weiterer Software zu vereinfachen. Meist sollte Software in Form kompilierter Pakete bereitgestellt und ein Mechanismus mitgeliefert werden, der funktionelle Abhängigkeiten zwischen installierten und nachgeladenen Paketen auflösen kann.
Die entstandenen Paketmanagement-Systeme arbeiten mit je eigenen Paketformaten, zum Beispiel RPM oder deb. Viele Linux-Distributionen haben eine eigene Softwareverwaltung mit eigenen Binärpaketen, die zu anderen Distributionen teilweise inkompatibel sind.
Die Kritik am Prinzip der Linux-Distributionen setzt unter Anderem an diesem Punkt an. Da nicht jedes Software-Projekt und nicht jeder Software-Entwickler die Kenntnisse und Ressourcen hat, seine Software für jede einzelne Linux-Distribution bereitzustellen, wird oft nur der Quelltext veröffentlicht. Auch größere Anbieter kommerzieller Software können nur eine Auswahl an Distributionen bedienen. Im Umfeld von Unternehmen hat deshalb nur diese Auswahl an Distributionen eine Chance als allgemeine Arbeitsplattform. Aus dem veröffentlichten Quelltext lauffähige Anwendungen zu erzeugen ist auch für die Mehrheit nichtkommerzieller Anwender zu kompliziert. Deshalb bleiben sie meist auf die von einer Distribution mitgelieferten Software angewiesen.
Damit sich die Distributionen nicht weiter auseinanderentwickeln, wurde die Free Standards Group (heute Linux Foundation) mit dem Ziel gegründet, entsprechende Standards zwischen Distributionen zu fördern. Der Bekannteste ist die Linux Standard Base zur Förderung der binären Kompatibilität der Distributionen. Die LSB wird dabei von den verschiedenen Distributionen unterschiedlich strikt umgesetzt. Sie definiert übereinstimmende Binärschnittstellen („ABI“ genannt, für Application Binary Interface), einige Details zum inneren Aufbau und ein Paketsystem (hier RPM), das für die Installation von Drittanbieter-Software unterstützt werden muss.
Bisher (Stand Januar 2007) hat das binäre Format der LSB aber nur mäßige Verbreitung gefunden, der Großteil der für Linux angebotenen Software ist so nicht verfügbar. Weiterhin gibt es einen Dateisystem-Standard, den Filesystem Hierarchy Standard, der eine gemeinsame Benennung einiger Datei- und Verzeichnisnamen und eine übereinstimmende Struktur der Basisverzeichnisse ermöglicht und von der Linux Standard Base vorausgesetzt wird.
Weil die Standards nicht ausreichend umgesetzt wurden, kündigte im Dezember 2006 Ian Murdock, damals Technik-Chef der Free Standards Group, im Rahmen der Linux Standard Base eine weitere Initiative an, die Installation von Software zu vereinfachen. Kern des Verfahrens ist eine API, die über das Paketmanagement der jeweiligen Distribution gelegt wird. Diese API kann Standardfunktionen für das Softwarepaket bereitstellen und sie für die jeweilige Distribution umsetzen. So soll es möglich sein, Dateien und Abhängigkeiten an das distributionseigene Paketmanagementsystem weiterzugeben. [1] [2]
Darüberhinaus gibt es Lösungsansätze wie Autopackage oder Klik, die derzeit (Stand Januar 2007) faktisch aber nicht relevant sind.
[Bearbeiten] Linux-Distributionen und Windows-Installationen
Die meisten Linux-Distributionen können neben bestehenden Installationen anderer Betriebssysteme installiert werden. Beim Start gibt dann der Boot-Manager eine Auswahl, aus der der Nutzer das zu startende Betriebssystem wählt.
Es gibt aber auch Linux-Distributionen, die innerhalb einer Windows-Sitzung oder innerhalb einer Windows-Partition verwendet werden können. Dabei werden sie unter Windows wie gewöhnliche Software installiert und entweder über einen Boot-Loader in Windows gebootet oder wie ein herkömmliches Windows-Programm gestartet. Solche Distributionen sind in der Regel für Probe- und Testzwecke gedacht oder werden als technische Machbarkeitsstudie entwickelt. Da bei diesen Distributionen Windows und Linux gleichzeitig laufen, sind diese Distributionen vergleichsweise langsam. Ein weiterer Nachteil ist die meist recht geringe Paket- bzw. Programmauswahl.
[Bearbeiten] Literatur
- S. Wendzel, J. Plötner: Linux. Das distributionsunabhängige Handbuch. Galileo-Press, Bonn 2006, ISBN 3898426777
- Michael Kofler: Linux. Addison-Wesley, München 2004, ISBN 3-827-32158-1
- Volker Grassmuck: Freie Software zwischen Privat- und Gemeineigentum. Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2002, ISBN 3-893-31432-6
[Bearbeiten] Weblinks
- Distributionsübersicht mit Ranglisten auf DistroWatch.com
- Linux Distribution Chooser – ein Hilfswerkzeug für die Wahl zwischen verschiedenen verbreiteten Linux-Distributionen (englisch)
- Bundestux.de Informationen zur Linuxnutzung in der öffentlichen Verwaltung
- Mind Map of Linux distributions - eine Übersicht über den Linux-Stammbaum
- Links zum Thema „Linux-Distributionen“ im Open Directory Project
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