Low-Carb
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Low-Carb (auch Low Carb, engl.: „wenig Kohlenhydrate“) ist eine umstrittene Ernährungsweise, bei der der Anteil an Kohlenhydraten in der täglichen Nahrung reduziert bzw. extrem minimiert wird, meist um eine Gewichtsreduktion zu erreichen. Die bekannteste Variante ist die Atkins-Diät.
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[Bearbeiten] Angenommene Funktionsweise
Wenn man Kohlenhydrate wie Einfachzucker, das ist unter anderem Traubenzucker, zu sich nimmt, steigt der Blutzucker-Spiegel schnell und stark an. Dies geschieht deswegen, weil der Körper diese speziellen Kohlehydrate sehr schnell aufnehmen kann. Als Reaktion darauf schüttet die Bauchspeicheldrüse verstärkt das Hormon Insulin aus, um den Blutzucker-Spiegel wieder zu senken. Dies erreicht das Insulin u. a. durch die Anlagerung von Körperfett.
Hingegen erfolgt bei Oligosacchariden (Mehrfachzuckern) die Steigerung des Blutzuckerspiegels langsamer. Dazu zählen Zweifachzucker wie der Kristallzucker und Dreifachzucker wie die Raffinose. Raffinose kann vom menschlichen Organismus nur sehr schlecht aufgenommen werden und führt daher zu keiner Änderung des Blutzuckerspiegels, wohl aber zu Blähungen im Verdauungstrakt, da verschiedene Darmbakterien die Raffinose umsetzen können. Diese Dreifachzucker sind beispielsweise Bestandteil von Bohnen.
Noch langsamer bzw. gar nicht steigt er bei Polysacchariden (Vielfachzuckern) an. Bei Stärke, die unter anderem in Nudeln, verschiedenen Getreidesorten und Reiswaren vorkommt, steigt der Blutzucker-Spiegel nur sehr langsam an. Andere Polysaccharide wie Zellulose oder Pektin zählen zu den Ballaststoffen und sind weitgehend unverdaulich.
Da diese höherwertigen Kohlehydrate vom Körper erst verschiedenartig und mit Energieaufwand in andere Substanzen umgesetzt werden müssen, ist ihre energetische Ausbeute geringer als bei Einfachzuckern.
Außerdem wird angenommen: Wenn der Blutzuckerspiegel schon durch bestimmte Kohlenhydrat-Zufuhr ausreichend hoch ist, muss der Körper keine vorhandenen Fettreserven abbauen. Kohlenhydratarme Diäten versuchen also diese Insulin-Ausschüttung möglichst gering zu halten, und die Energieversorgung des Körpers durch Körperfett zu provozieren – was dann zum Abbau der Fettreserven des Körpers führt.
Da allerdings nicht alle Kohlehydrate im Körper die gleiche Wirkung erzielen ist die Annahme der Wirkungsweise dieser Diät stark umstritten.
[Bearbeiten] Entwicklung
Populär wurde die Low-Carb-Ernährung in den 1970er Jahren durch die von Robert Atkins, einem amerikanischen Arzt, Ernährungsforscher und Publizisten, vorgeschlagene Atkins-Diät. Atkins ist nicht der Erfinder der kohlenhydratarmen Ernährung, wie oft behauptet wird. Er wertete lediglich Forschungen aus den 1950er Jahren aus und bewertete sie neu. Wolfgang Lutz, ein österreichischer Arzt, aß ab dem Frühjahr 1958 keine Kohlenhydrate mehr, was ihm sehr gut bekam. Im Jahr 1967 veröffentlichte er sein zunächst wenig beachtetes Buch „Leben ohne Brot“. Eine differenziertere Form der Low-Carb-Ernährung, die zum Beispiel auch die Qualität von Fetten miteinbezieht, hat Nicolai Worm mit seiner LOGI-Methode entwickelt.
[Bearbeiten] Low-Carb zur Gewichtsreduktion
Es gibt einige Diäten bzw. Ernährungsphilosophien, die man unter „Low-Carb“ zusammenfassen kann. Dabei wird zwar immer die Kohlenhydrat-Menge beachtet, die genaue Umsetzung weist aber einige Unterschiede auf.
[Bearbeiten] Begrenzung der täglichen Kohlenhydratmenge
Bei dieser Variante wird die Kohlenhydratmenge begrenzt, beispielsweise auf maximal 70 bis 110 g pro Tag, wobei die genaue Menge für jeden anders sein kann (Atkins-Diät). Bei Wolfgang Lutz werden sechs Broteinheiten empfohlen.
Die Zusammensetzung der Nahrung besteht bei Wolfgang Lutz, Jan Kwasniewski, A. Felix überwiegend aus tierischen Nahrungsmitteln. Der Brennstoff Kohlenhydrat wird durch den Brennstoff Fett ersetzt. Alle denaturierten, ungesunden Zucker und Stärkeprodukte sollen weitgehend weggelassen werden.
[Bearbeiten] Beachtung des Glykämischen Index bzw. der Glykämischen Last
Bei dieser Form der Low-Carb-Ernährung wird bei den Kohlenhydraten nicht nur die Menge betrachtet, sondern auch die Geschwindigkeit, mit der sie den Blutzucker erhöhen.
Lange wurde nach der Größe des Kohlenhydrat-Moleküls sortiert: Man unterschied die Monosaccharide (Einfachzucker) und die Polysaccharide (Mehrfachzucker). Mittlerweile bewertet man Kohlenhydrate aber nach dem Glykämischen Index, um zu erfahren wie schnell ein Lebensmittel den Blutzuckerspiegel erhöht (siehe GI-Liste).
Der Grund für die Beachtung der Geschwindigkeit des Blutzuckeranstiegs ist die Tatsache, dass ein schneller Anstieg des Blutzuckerspiegels zu einer starken Insulinausschüttung führt, weswegen der Blutzuckerspiegel auch schnell wieder sinkt. Dadurch bekommt man schnell wieder Hunger und fühlt sich müde.
Eine Erweiterung des Glykämischen Index ist die Glykämische Last.
Folgende „Diäten“ nutzen den GI bzw. die GL:
- Die Montignac-Methode richtet sich streng nach dem GI. Wobei sogar zwischen „sehr guten“ kohlenhydrathaltigen Lebensmitteln (GI kleiner als 30) und „guten“ Lebensmitteln (GI zwischen 30 und 50) unterschieden wird.
- Bei der Glyx-Diät wird neben dem GI auch der GL, sowie weitere positive Eigenschaften (Vitamine, Eiweißgehalt usw.) bei der Auswahl der empfohlenen Lebensmittel betrachtet.
- Die South Beach Diät nach Dr. Arthur Agatston basiert ebenfalls auf der Glyx-Formel. Hier werden die Vorzüge kohlenhydratarmer und fettarmer Ernährung miteinander kombiniert.
- Die LOGI-Methode nach Nicolai Worm nutzt vor allem den GL. Die Grundlage der LOGI-Ernährungspyramide sind Gemüse, Obst und Öle, des weiteren wird großer Wert auf eine ausreichende Eiweißversorgung gelegt.
[Bearbeiten] Low-Carb als Krankenkost
Es gibt einige Erkrankungen, die im Verdacht stehen, durch den Konsum zu vieler und falscher Kohlenhydrate ausgelöst zu werden. Dementsprechend kann ein Verzicht auf Zucker oder Lebensmittel, die eine starke Wirkung auf den Insulin- bzw. Blutzuckerspiegel haben, Linderung bringen. Menschen mit kohlenhydratbedingten Erkrankungen (Kandidose u. a.) ernähren sich kohlenhydratarm, um relativ beschwerdefrei zu leben.
[Bearbeiten] Kritik an Low-Carb
Viele Ernährungswissenschaftler kritisieren Low-Carb als Fehlernährung. Argumente gegen diese Ernährungsform folgen aus der einseitigen Ernährung auf Grund der Vermeidung von Kohlenhydraten und der in Relation dazu vermehrten Aufnahme von Eiweißen und Fetten. So kann ein erhöhter Eiweiß-Konsum zu Nierenschäden führen und eine vermehrte Fettaufnahme eine Erhöhung des Cholesterinspiegels und einen erhöhten Harnsäuregehalt mit der Gefahr von Gichtanfällen zur Folge haben. Auch die Anfälligkeit für Nierensteine soll zunehmen.
Als Gegenargument zur angenommenen Funktionsweise einer Low-Carb-Diät zur Gewichtsreduktion wird vorgebracht, dass das Depotfett als Energiespeicher im menschlichen Körper überwiegend aus dem mit der Nahrung aufgenommenen Fett stamme. Die in anderer Form dem Körper zugeführte Energie (Zucker und Eiweiß) könne aufgrund der enzymatischen Ausstattung der menschlichen Physiologie nur äußerst eingeschränkt in Fett umgewandelt werden. Demnach wäre zum Abnehmen eine Reduktion von Fett in der Nahrung sehr viel sinnvoller als die von Kohlenhydraten.
Wenn die Ernährungsweise dahingehend modifiziert wird, dass verstärkt tierische Proteine und Fette gegessen werden, so hat dies negative ökologische Auswirkungen. Das durch Tierexkremente aussgedünstete Methangas wird als wesentlicher Faktor für den weltweiten Klimawandel angesehen. Die durch den Kot ins Grundwasser gelangenden Nitrate belasten das Grundwasser. Weiterhin wird zur Produktion von einem Kilogramm tierischer Nahrung etwa die zehnfache Menge an Energie und Fläche benötigt als zur Produktion von einem Kilogramm pflanzlicher Nahrung, da die an Tiere verfütterten Pflanzen nur zu etwa 10 % in neue Biomasse umgesetzt werden können. Der Rest wird entweder wieder ausgeschieden oder zur Energiegewinnung veratmet.
[Bearbeiten] Studien
Im April 2003 veröffentlichte das Journal of American Medical Association die erste systematische Datenauswertung aus 96 relevanten Studien (2.503 Artikel erfüllten nicht die notwendigen Kriterien, wie z.B. korrekte Kontrollen oder eine Studiendauer von mehr als vier Tagen) bezüglich der Wirksamkeit und Sicherheit von Niedrig-Kohlenhydratdiäten. Gemäß dem Ergebnis dieser Meta-Auswertung gibt es keinen Hinweis auf die Wirksamkeit von Niedrig-Kohlenhydratdiäten, wie z.B. der Atkins-Diät und ihrer Spielarten (JAMA, Vol. 289 No. 14, 9. April 2003).
Seit einigen Jahren wird am Universitätsklinikum Benjamin Franklin in Berlin unter ärztlicher Kontrolle eine kohlenhydratreduzierte Diät durchgeführt. In regelmäßigen Abständen werden die Blutgase, das Cholesterin, der Blutzucker und der Grundumsatz untersucht. Außerdem werden mehrmals Glucose-Toleranztests durchgeführt, um festzustellen, wie gut die Bauchspeicheldrüse funktioniert.
[Bearbeiten] Literatur
- Fran McCullough: Living Low Carb - Leben ohne Kohlenhydrate. Novagenics Verlag, 2004, ISBN 3-88760-100-9 (aus dem Amerikanischen: Living Low Carb - The complete Guide to Long-Term Low-Carb Dieting New York, 2000
- Jan Kwasniewski: Optimal essen aus dem Polnischen, 2. Auflage 2000, ISBN 83-87534-14-5
- Wolfgang Lutz: Leben ohne Brot München-Gräfelfing, 15. Aufl. 2004, ISBN 3-88760-100-9
- Monika Berger-Lenz/Christopher Ray: Wir haben das Fettsein dicke! Die Wahrheit über ketogene Ernährung, Atkins-Diät, Low Carb und Ketarier, Faktuell Verlag, 2004, ISBN 3-98092-031-3
- Klaus Arndt: Low Carb Rezepte für die Anabole Diät - Superschlank & kerngesund durch ketogene Ernährung mit den richtigen Fettsäuren Novagenics Verlag, D-59755 Arnsberg: 2003
- Robert C. Atkins: Die neue Atkins Diät. Abnehmen ohne Hunger Goldmann, München:2004, ISBN 3-442-14113-3
- Nicolai Worm: "Syndrom X oder Ein Mammut auf den Teller!" Systemed, 2002, ISBN 978-3927372238
- Dr. Arthur Agatston: "Die South Beach Diät" Knaur, 2004, ISBN 978-3426669631