Männerinitiation
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Männerinitiation ist eine der ältesten Ausprägungen der verschiedenen Initiationsarten. Mit diesem Begriff werden allgemein alle Herstellungsprozesse von Männlichkeit bezeichnet, denn Männlichkeit wird in traditionellen wie auch in modernen Gesellschaften nicht als Naturzustand angesehen, sondern ist in erster Linie ein soziales Konstrukt der jeweiligen Gesellschaft und muss daher im Laufe des Lebens erst errungen bzw. entwickelt werden. Da das Bild eines Mannes, bzw. die Vorstellung davon, wie ein "richtiger" Mann zu sein hat, d.h. welche Eigenschaften er besitzen muss um als "richtiger" Mann zu gelten, sehr stark abhängig von der Kultur, Tradition und vorherrschenden Religion einer Gesellschaft ist, führt dies selbst innerhalb eines Kulturkreises zu ganz unterschiedlichen Vorstellungen von einem idealen Männerbild.
Heute wird zwischen traditioneller und moderner Männerinitiation unterschieden. Beide Initiationsausprägungen haben ganz allgemein gemeinsam, das es darum geht die jungen, und bei der modernen Männerinitiation auch die älteren, Männer von der Mutter und damit dem Weiblichen ganz abzunabeln und ihnen den Weg in ein sinnerfülltes Mann-"Sein" zu weisen.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Traditionelle Männerinitiation
Traditionelle Männerinitiation entstand hauptsächlich aus zwei Gründen:
- In den traditionellen, geschlossenen Stammeskulturen der Naturvölker dienten diese Prozesse der Vermännlichung des Jungen hin zu dem in der jeweiligen Kultur anerkannten und damit vorgegebenem Männerbild, sowie den damit verbundenen Aufgaben und Pflichten der Stammesgemeinschaft gegenüber.
- In patriarchalischen, traditionellen als auch moderneren Gesellschaftsformen wird dabei das Mannsein immer im Unterschied zur Weiblichkeit und damit zur Frau aufgefasst.
Dieser Unterschied wurde in dem meisten traditionellen Stammeskulturen oft durch die mehr oder weniger verdeckte Unterdrückung des weiblichen Geschlechtes und der Darstellung des männlichen als das dem weiblichen Geschlecht Überlegenere hergestellt.
In beiden Fällen, und dies gilt besonders für die traditionellen Stammeskulturen, scheint hierbei für die Männer, bewusst oder unbewusst, die größte Gefahr von dem Weiblichen auszugehen, da in diesem prinzipiell zwei Hauptgefahren den Überlegenheitsanspruch des Männlichen in Frage stellen:
- das Männliche verdankt seiner Herkunft der weiblichen Welt. Der Mann verdankt somit sein Dasein einer Frau. Aus männlicher Sicht üben die Frauen so über die Existenz der Männer eine Macht aus.
- das Männliche ist in seiner Sexualität von der weiblichen Sexualität abhängig. Diese Abhängigkeit kann durch willentlich oder unwillentliche, psychische Beeinflussung bis hin zum Kontrollverlust über das eigene Genital gehen.
In beiden Fällen kann gerade in den traditionellen Kulturen von einer unbewussten bis hin zu einer extremen Abhängigkeitsangst des Männlichen vom Weiblichen ausgegangen werden, welche den Wunsch des Mannes nach Autonomie von der Frau bestärken.
Um diese Autonomie herzustellen, wurden daher dort wohl die ersten Initiationsriten erfunden, welche darüber hinaus oft auch gleichzeitig versuchten die typisch weiblichen Erfahrungen von monatlicher Menstruation und dem schmerzhaften sowie lebensbedrohenden Geburtsereignis für den Mann symbolisch nachzustellen. Dies führte in manchen Stammeskulturen sogar teilweise zu sehr schmerzhaften Initiationspraktiken wie z.B. Ganzkörpertätowierung, zu größeren, sichtbaren Narben führenden Hautschnitten bishin zu brutalen Körperverstümmelungen als auch homosexuellen Handlungen.
Das Ziel dieser Praktiken war es den Jungen durch physische als auch psychische Verletzungen von seinem Bewusstsein her so stark zu verändern, das er nach der Initiation psychisch nie mehr derselbe sein würde und somit nie wieder als „Junge“ und Kind seiner Mutter zu dieser und ihrer mütterlich-weiblichen Welt zurückkehren konnte.
So entwickelten sich abhängig von der jeweiligen Stammesgesellschaft sozio-kulturell verschiedene Formen von Initiationsriten zur Herstellung von Männlichkeit, welche jedoch ausnahmslos alle in ihrer Struktur und Bedeutung dem von Arnold van Gennep festgestellten Ablauf
- Trennung von der mütterlichen Welt,
- Umwandlung des Jungen durch Austreibung des Weiblichen und Wiedergeburt als Mann in einer Männergruppe,
- Angliederung und Wiederkehr in die weibliche Welt als Mann und Krieger
folgen.
Allen Stammeskulturen waren sich hierbei bewusst, das die Initiation zum Mann ein Leben lang andauerte, weshalb es auch im späteren Leben eines Mannes immer wieder bestimmte Initiationsrituale durchgeführt wurden.
Nach Richard Rohr gehört Männerinitiation zu den ältesten bekannten Systemen zur spirituellen Unterweisung von Männern, welche sich vor der sogenannten Achsenzeit (ca. 800 - 200 v.Chr.) entwickelten. Sie geht damit allen institutionellen Religionen voraus.
Diese Initiationsriten galten in nahezu allen Kulturen als besonders wichtig für das Überleben der Gemeinschaft - und im Besonderen für das Überleben der Männer. Um dies sicherzustellen wurden den Initianden während des Initiationsrituals fünf grundsätzliche Initiationswahrheiten oder -prinzipien vermittelt:
- Das Leben ist hart.
- Du bist nicht wichtig.
- In deinem Leben geht es nicht um dich.
- Du hast nicht die Kontrolle.
- Du wirst sterben.
Diesen für das Individuum grundsätzlich negativen Botschaften wurden dann, nach Ritualende und in der Folgezeit, von der Gemeinschaft und von den Ältesten direkt gegensätzlich erscheinende, positive Botschaften entgegengestellt, die dem Initianden jedoch eher unbewusst vermittelt wurden.
[Bearbeiten] Moderne Männerinitiation und Männerbewegung
In den westlichen modernen und offenen Gesellschaftskulturen dienen diese Prozesse der Einweihung meist bereits volljähriger und damit erwachsener Männer in ihre persönliche Identität und Rolle als Mann und sind für den jeweiligen „Mann“ eher auf einen tieferen Lebensinn stiftenden Aspekt als auch auf einen Nachreifungsprozess ausgerichtet.
Im Gegensatz zu den traditionellen Stammeskulturen orientiert sich die moderne Männerinitiation nicht am gängigen Männerbild der jeweiligen Gesellschaft, sondern meist an den archetypischen Männerbildern des Königs, des Kriegers, des Magiers und des Liebhabers, wie sie auch aufgrund psychologischer Studien anhand von zahlreichen Mythen und Märchen erstmalig am C.G. Jung Institute of Chicago und 1990 in dem Buch "King, Warrior, Magician, Lover. Rediscovering the Archetypes of the Mature Masculine" von Robert Moore und Douglas Gillette vorgestellt wurden. Diese männlichen Archetypen gelten heute als grundlegende, psychologische Tiefenstrukturen des Mannes und somit als Schlüssel zum Verständnis der männlichen Psyche. Sie haben der in den USA und heute auch in Europa stattfindenden Männerbewegung starke Impulse gegeben, weshalb diese auch mythopoetische Männerbewegung genannt wird.
Hierbei wurde auch festgestellt, das Männer sich bewusst oder unbewusst in einer ständigen Reaktion auf die Welt der Frauen befinden und oft ein völlig entfremdetes Selbstkonzept entwickeln. Dieses Selbstkonzept beruht darüber hinaus auf den üblichen, oft unbewusst wirkenden Rollenvorbildern der westlichen Leistungsgesellschaft, welche besonders das miteinander konkurrierende, männliche Verhalten - jedoch nur bei Erfolg - belohnt. Anders als bei Naturvölkern, sterben den statistischen Jahrbüchern Deutschlands zufolge:
- sterben Männer 6-8 Jahre früher als Frauen
- begehen Männer dreimal so häufig Selbstmord wie Frauen
- erkranken Männer häufiger an Leberzirrhose, Bluthochdruck, Bronchitis, Asthma, Tuberkulose oder am Kreislauf und Herzen.
Hauptursache scheinen die psychischen und physischen Stresswirkungen zu sein, den diese idealen Selbstkonzepte und Rollenvorbilder bei dem Versuch sie zu erreichen, hervorrufen.
Der mythopoetischen Männerforschung zufolge, brauchen Männer einen freien Raum und eine deutliche männlich-energetische Ausrichtung, um die ureigenen, individuellen und kollektiven Potentiale zu ergründen und ein neues, gesünderes Rollenvorbild zu entwickeln.
Der aktuellen Männerliteratur zufolge stellen die vier archetypischen, d.h. ursprünglichen Energien oder Kräfte gereifter, erwachsener Männlichkeit, die sowohl auf körperlicher, als auch geistiger und emotionaler Ebene wirksam werden, diese männlich-energetische Leit-Ausrichtung dar. Den Raum dagegen stellen in Deutschland für jedermann offene Männergruppen, von denen es mittlerweile in jeder größeren deutschen Stadt eine gibt, als auch mittlerweile ein nord-, mittel- und süddeutscher, jährlich stattfindender Männerkulturtag sowie mittlerweile auch von der Öffentlichkeit unterstützte oder veranstaltete Männergesundheitstage dar. Dies zeigt, das in der deutschen Männer-Gesellschaft ein grundsätzliches Umdenken stattgefunden hat.
Dabei versteht sich die mythopoetische Ausrichtung der modernen Männerbewegung nicht als Gegenkonzept zur Frauenemanzipation der 70er und 80er Jahre, und will diese und ihre Errungenschaften auch nicht umkehren oder in Frage stellen.
Stattdessen stellt sie das in der westlichen Leistungsgesellschaft alte, traditionelle Männerbild und das des "Machos" als auch das neue, als Folge der Frauenemanzipation entstandene Männerbild des "Softies" der 80er und 90er in Frage und entwirft ein eigenes Männerbild und eine eigene Männerkultur auf Basis der vier mythologisch begründeten Archetypen sowie gesicherten Erkenntnissen von wissenschaftlich, christlich als auch buddhistisch orientierten Männerforschern.
Ken Wilber (amerikanischer Philosoph) stellt dabei fest, das dieses "Zurück zu den Wurzeln" durchaus angemessen und förderlich für die Entwicklung eines neuen Männerbildes und der Männergesundheit in der westlichen Gesellschaft ist und hebt dabei hervor, das diese Männer ihre neuen Rollenvorbilder vom Raum der Rationalität aus agieren, diese aber gleichzeitig in einem "Als-ob"-Spiel für unsere moderne Kultur transzendieren.
[Bearbeiten] Einweihung in die Archetypen des Mannes
Diese archetypischen Männerbilder und Kräfte, sowie ihr dynamisches Wechselspiel und ihre Anwendung im praktischen Alltag werden meist durch mehrwöchige, intensive und gemeinschaftliche Naturerfahrungen in der Wildnis, fernab von jeder Zivilisation oder der Möglichkeit eines anderen menschlichen Kontaktes als der mit der Initiationsgruppe, vermittelt.
Nach einer schon am Wohnort des Initianden beginnenden Vorbereitungszeit beginnt dann die Heldenreise des Initianden. Heldenreise deshalb, weil die Grobstruktur des Wildnisaufenthaltes bestehend aus Abreise, Ankunft in der Wildnis, Aufenthalt und Rückkehr in die Zivilisation eng an die Abenteuerfahrt des Helden, wie sie der Mythenforscher Joseph Campbell in seinem Buch "Der Heros in tausend Gestalten" beschrieben hat, angelehnt ist.
Den Mittel- und Höhepunkt der Heldenreise sowie die Feinstruktur des Wildnisaufenthaltes ist dann das eigentliche, initiatisch wirkende Visionssuche-Ritual der Lakota-Indianer. Das Ritual wird dabei meist von Lehrern/Mentoren/Ritualältesten geleitet, die in der Tradition der "School of Lost Borders" nach Steven und Meredith Foster ausgebildet worden sind.
Während des Visionssuche oder Visionquest-Rituals verbringt der Initiand dabei vier Tage und vier Nächte allein in der Wildnis, ohne Kontakt zur Gruppe. Ziel ist dabei nicht die Isolation, sondern die bewusste Einsamkeit, was stark an die Visionssuchen der Begründer der abrahamitischen Religionen als auch buddhistischen Traditionen erinnert.
Die Tage und Nächte sowie der Ritualplatz selbst, an dem sich der Initiand während dieser Zeit in der Wildnis aufhält, werden nach den vier Archetypen z.B. nach den vier Himmelsrichtungen Nord, Süd, Ost, West strukturiert. An jedem Tag und jeder Nacht können dabei exemplarische Übungen zu den vier Archetypen, die von den Leitern angeboten werden, durchgeführt werden, um konkret sinnliche Erfahrungen mit den Archetypen sammeln zu können. Der Initiand kehrt am Ende dieser vier Tage und vier Nächte zurück und erzählt dann der begleitenden Männergruppe seine Erlebnisse, seine Heldengeschichte und seine durch die Geschichte ausgedrückte persönliche Lebensvision.
Unterstützt wird diese Form der Einweihung meist noch durch weitere vor und nach der Initiation begleitende Aktivitäten wie z.B. Männer-schwitzhütten oder Praktiken, die aus dem Schamanismus stammen.
[Bearbeiten] Initiationserfolg
Die Erfolgskriterien für eine gelungene Initiation sind je nach den Zielen oder den kulturellen Konzepten der initiierenden Gesellschaft, der Gruppe oder des Initiationsanbieters unterschiedlich.
Ziel und Erfolg der modernen männlichen Initiation ist die Einweihung des Initianden in seine männliche Identität, in das Mannsein und das bewusste Anwenden der vier männlichen, archetypischen Potentiale.
Gleichzeitig tritt, durch die neu gefundene männliche Identität ein tiefergehendes Vertrauen und eine Verbundenheit im Kreise initiierter Männern. Gleichzeitig nimmt es den Männern den Druck sich nur am Erfolg bei Frauen oder im Beruf messen zu müssen. Heterosexuelle Männerkreise fördern Männer in ihrer natürlichen Potenz sowie ihrer individuellen und sozialen Potentiale.
Der Literatur zufolge sollen später in den Geschlechterbeziehungen zwischen Mann und Frau weniger übertriebene Erwartungen und Projektionen der Männer auf die "Frau" stattfinden, was ebenfalls bei den klassischen Konfliktstoffen zu einer psychisch-physischen Entspannung führen soll. Durch die neu gefundene männliche Energie soll die erotische Spannung zwischen Mann und Frau jedoch wieder steigen.
Eine Initiation gilt als nicht gelungen, wenn sich für den Initianden nach der Initiation keine Zufriedenheit, Geborgenheit und Vertrauen im Männerkreis einstellt und der durch die Initiation erwartete "Energiegewinn" sich nicht in konkreten Erfolgen z.B. in Beziehung, Beruf, Gesundheit oder der allgemeinen Lebenssituation widerspiegelt.
[Bearbeiten] Literatur
- Arnold van Gennep, Les rites de passage (deutsch:Übergangsriten, übersetzt v. S. Schomburg-Scherff, Frankfurt a. M. 1986), 1909
- Steven Foster/Meredith Little, Visionssuche, Sinnsuche und Selbstfindung in der Wildnis, 1989, Arun Verlag, ISBN 3-935581-09-2
- Robert Bly: Eisenhans. Ein Buch über Männer. Knauer, München 1993, ISBN 3-426-84017-0
- Geseko von Lüpke und Sylvia Koch-Weser: Vision Quest, Ariston 2000, ISBN 3-7205-2164-8
- Richard Rohr: Endlich Mann Werden, übersetzt von Tilmann Haberer, Claudius Verlag München 2005, ISBN 3-532-62325-0
- Richard Rohr: Der wilde Mann - Geistliche Reden zur Männerbefreiung, Claudius Verlag München 2003, ISBN 3-532-62042-1
- Reinhold Hermann Schäfer: Männer Quest - Die Reise ins Herz des Mannes, Arun Verlag Uhlstädt-Kirchhasel, ISBN 3-927940-93-3
- Sam Keen: Feuer im Bauch - Über das Mann -Sein, Gustav Lübbe Verlag Bergisch Gladbach, ISBN 3-404-60353-2
- Robert Moore/Douglas Gilette: König, Krieger, Magier, Liebhaber - Die Stärken des Mannes, Kösel Verlag Kempten 1992, ISBN 3-466-34285-6
- Joseph Campbell: Der Heros in tausend Gestalten, Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig 1999, ISBN 3-458-34256-7
- Ken Wilber: EROS, KOSMOS, LOGOS - Eine Jahrtausend-Vision, Fischer Taschenbuch Verlag Frankfurt am Main 2001, ISBN 3-596-14974-6
[Bearbeiten] Weblinks
- Kongressveranstalter Maennerleben Gesundheitstage für Männer
- Bremer Männerkulturtag
- ARGE MANN - Arbeitsgemeinschaft zur Förderung männlicher Spiritualität nach Richard Rohr
- Forum deutschsprachiger Visionssuche-Anbieter
- C.G. Jung Institute of Chicago (englisch)
- School of Lost Borders gegründet von Steven Foster (englisch)