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Marktkirche (Hannover)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Marktkirche um 1895.
Marktkirche um 1895.

Die ev. luth. Marktkirche St. Georgii et Jacobi ist die älteste der drei Pfarrkirchen in der Altstadt von Hannover. Der heute noch weitgehend unveränderte Neubau nach norddeutscher Backstein-Gotik stammt aus dem 14. Jahrhundert. Mit ihrem 97 Meter hohen, markanten Turm gehört die Marktkirche zu den Wahrzeichen Hannovers. Heute (2005) ist das Gotteshaus die Predigtkirche der Landesbischöfin Margot Käßmann und des Stadtsuperintendenten.


Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geschichte

Marktkirche.
Marktkirche.

Erwähnt wird sie erstmals 1238 unter dem Namen St. Georgii, an ihrer Stelle stand bereits um 1150 ein romanischer Vorgängerbau, dessen Fundamente bei Ausgrabungen 1952 entdeckt wurden. Bereits 1340 wurden die ersten farbig verglasten Fenster fertiggestellt; von 1342 datiert die Bezeichnung als „ecclesia Sanctorum Jacobi et Georgii“. Jakobus, der im Mittelalter sehr populäre Schutzpatron der Pilger und Kaufleute (spanisch: Santiago), und der Heilige Georg, einer der 14 Nothelfer und bekannt als legendärer Drachentöter, sind die Namenspatrone der Kirche. Von 1344 ist ein Spendenaufruf an die Bürger zum Kirchenbau überliefert, 1347 begann man mit der Fundamentierung des Turms, 1349 wurde die Genehmigung zum Abriss des alten Kirchenbaus (um den herum man die neue Kirche errichtete) gegeben. Etwa 1360 gilt als Jahr der Kirchenweihe und im Jahre 1368 wurde schließlich wegen Not- und Pestzeiten und daraus resultierendem Geldmangel der Bau des Kirchturms unterbrochen. Ursprünglich steiler geplant, erhielt die Turmspitze nun einen Dachreiter in Form des verkleinerten Abbilds des Turmes selbst. Im Jahre 1852 wurde das Kircheninnere durch Ludwig Droste neu bemalt und ausgestattet, wobei der Duve-Altar (s.u.) spurlos verschwand. Bei zwei Bombenangriffen im Juli und Oktober 1943 wurde die Kirche bis auf die Außenmauern und die Säulen zerstört. Der überwiegende Teil des Dachstuhls blieb wider Erwarten erhalten. Dendrochronologische Untersuchungen an den Balken ergaben eine Fällung der dazu benutzten Bäume um 1387/88. Der Wiederaufbau erfolgte 1946-1952 durch den Architekten Dieter Oesterlen, wobei der Ziegelstein vollständig freigelegt wurde.

Auf dem Marktplatz, zwischen Marktkirche und Altem Rathaus, fand am 26. Juni 1533 das historische Ereignis statt, das man als Beginn der Reformation in Hannover bezeichnen kann: der Schwur der versammelten Bürgerschaft unter ihrem 'Worthalter' Dietrich Arnsborg. Diese Szene wurde von Ferdinand Hodler in seinem etwas pathetischen Wandgemälde "Einigkeit" (1913) im Hodler-Saal des Neuen Rathauses von Hannover festgehalten.

Zu den bedeutenden Geistlichen der Marktkirche gehören:

[Bearbeiten] Maße, Material und Raumform

Glockenturm.
Glockenturm.
  • Länge der Kirche (einschließlich Turm): 61,50 m
  • Gesamtbreite: 26,60 m
  • Traufhöhe: 19 m
  • Höhe des Turms: 97,26 m (mit Wetterhahn genau 98 m)
  • An drei Giebeldreiecken des Turms sind Zeichen angebracht: an der Ostseite ein umgedrehtes Pentagramm (Drudenfuß), an der Nord- und Südseite je ein Hexagramm (Davidschild).
  • Das Material ist roter Backstein. Sockel, Gesimse, Westportal und Mauerecken des Turms bestehen aus Sandstein.
  • Raumform: Das 8 m breite Mittelschiff wird durch vier Paar kreisrunde Ziegelsteinpfeiler von den beiden je 5,40 m breiten Seitenschiffen getrennt. Im Osten sind drei Chöre an die Halle angebaut, der mittlere ist als Hauptchor etwas größer.

[Bearbeiten] Inneres

  • Der Passionsaltar, entstanden um 1480, wurde 1663 nach Einbau des (von Johann Duve gestifteten) Barockaltars beseitigt und in die Aegidienkirche verbracht. Von dort wanderte er 1856 bei Renovierung der Aegidienkirche ins Welfenmuseum, blieb deshalb im Krieg (bis auf die äußeren Flügel) unzerstört und befindet sich seit 1952 wieder in der Marktkirche.
    • Bei geöffneten Flügeln ist in 21 aus Lindenholz geschnitzten Szenen die Leidensgeschichte Jesu zu betrachten.
    • Am unteren Rand befinden sich Medaillons der Prophetenköpfe, dabei fällt als "kulturhistorisches Kuriosum" (U. Müller) der Erzvater Jakob mit Brille (4. v.l.) auf.
    • Die Rückseite zeigt Szenen aus dem Leben der beiden Kirchenpatrone Jacobus und Georgius, u.a. das Martyrium Georgs.
  • Im rechten (südlichen) Chor befindet sich eine Bronzetaufe (um 1500) aus der Aegdienkirche, im linken (nördlichen) Chor ein Messingtaufbecken.
  • Besonders schön sind die Farbverglasungen in den drei östlichen Fenstern des Hauptchors. Von den 30 Scheiben des mittleren Chorfensters stammen 20 mit Märtyrerszenen noch aus dem 14. Jahrhundert (um 1370).
  • Die Orgel mit 61 Registern in vier Manualen und einem Pedal stammt von den Orgelbauern Hammer/Beckerath (1953/54), der Prospekt von Oesterlen.
  • Das größte Geläut Niedersachsens besteht aus folgenden 11 Glocken:
  1. Christusglocke (, 10 360 kg, 1960)
  2. Großer David (, 3 800 kg, 1650)
  3. Marienglocke (, 2 462 kg, 1951)
  4. Georgenglocke (cis´, 1 800 kg, 1653)
  5. Vater-Unser-Glocke (, 1 380 kg)
  6. Morgenglocke (, 1 050 kg, 1959)
  7. Jakobusglocke (fis´, 623 kg, 1951)
  8. Taufglocke (, 358 kg, 1951)
  9. Ewigkeitsglocke (, 340 kg, 1959)
  10. Liedglocke (cis´´, 237 kg, 1951)
  11. Thomasglocke (dis´´, 140 kg, 1733)
  • Beim Wiederaufbau entstand im Tiefgeschoss der Bödekersaal, der Gemeindesaal, der nach Senior Hermann Wilhelm Bödeker, Marktkirchenpastor 1825-75, benannt wurde. Hier sind auch die Kirchenfundamente zu sehen, die, wie man beim Wiederaufbau feststellte, mehr als drei Meter in die Tiefe reichen.

[Bearbeiten] Äußeres

Martin Luther
Martin Luther
  • Die Wandmäler und Grabplatten (innen und außen) stammen überwiegend aus dem 16./17. Jahrhundert. In der Marktkirche liegen, um nur zwei bekanntere Namen zu nennen, Antonius Corvinus (gest. 1533), der Reformator Niedersachsens, und der auf dänischer Seite kämpfende Reitergeneral Hans-Michael Elias von Obentraut, (gefallen 1625 bei Seelze), letzterer das historische Urbild des Deutschen Michel.
  • Das Bronzeportal des Westeingangs (des heutigen Haupteingangs) schuf 1959 Gerhard Marcks. Es zeigt unter dem Motto discordia et concordia (Zwietracht und Eintracht) unter dem zweistämmigen Lebensbaum menschliche Grundsituationen, wobei der Bildhauer auch nicht die unmittelbare Vergangenheit Deutschlands aussparte, wie man an den Szenen mit Galgen und Panzer, Naziredner, Leichenbergen und brennenden Häusern sieht. Über allem erscheint im oberen Feld der auferstehende Christus. Das Portal ist eine Stiftung der Stadt Hannover zum 600-jährigen Bestehen der Marktkirche.
  • Über dem Westportal auf den Ecken die Skulpturen der Namenspatrone der Marktkirche: links der Heilige Georg, der Drachentöter, und rechts der Heilige Jakobus mit dem Pilgerstab. Beides Schöpfungen des Braunschweiger Bildhauers Jürgen Weber (1992). Von den früher hier stehenden Skulpturen der beiden Heiligen wurde Jakobus im Krieg zerstört, Georg im linken (nördlichen) Chor angebracht.
  • Außen am ehemaligen Südportal sind in der Höhe zwei Sonnenuhren zu sehen: rechts oben eine von 1555, links am Pfeiler die sog. „Kanonialuhr“ mit Gebetszeitenangabe, die wahrscheinlich aus der Bauzeit der Kirche stammt. Damit dürfte diese Sonnenuhr die älteste Uhr Hannovers sein.
  • Die beiden Skulpturen an den Seiten des Kirchturms stammen von dem hannoverschen Bildhauer Carl Dopmeyer und stellen an der Nordseite Hermann Wilhelm Bödeker und an der Südseite Martin Luther dar.
  • Ein paar Schritte vom Westportal in Richtung des Beginns der Kramerstraße bzw. Knochenhauerstraße führen (Kirchen-)interessierte Stadtgänger/innen übrigens zu einem Kreuz im Pflaster. Man stelle sich drauf und hat von hier aus den ""Vier-Kirchen-Blick" auf die Türme der Marktkirche, der Aegidienkirche, der Kreuzkirche und sogar der Neustädter Kirche. Diese Stelle galt schon vor 300 Jahren als eines der sieben Wahrzeichen der Stadt Hannover, die die wandernden Handwerksburschen kennen mussten.

[Bearbeiten] Lithografie

  • Rudolf Wiegmann: Sechs Ansichten von Hannover im Album von Hannover, gez. u. lith. von R. Wiegmann, Roy. Fol., Schradersche Hof-Kunsthandlung, Hannover 1836 (Leipzig, Rud. Weigel). (Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt in Halle, Signatur AB 170055.) Das Album enthält unter anderen Bildmotiven das folgende Einzelblatt von der Marktkirche:
    • Marktkirche

[Bearbeiten] Literatur

  • Arnold Nöldeke: Die Kunstdenkmäler der Provinz Hannover. 1: Regierungsbezirk Hannover. Heft 2: Stadt Hannover. Teil 1: Denkmäler des "alten" Stadtgebietes Hannover. Hannover 1932, S. 76-114 (die Marktkirche vor der Zerstörung 1943).
  • Hans Otte: Von den Kirchstühlen der Marktkirche. In: Geschichten um Hannovers Kirchen. Studien, Bilder, Dokumente. [Hrsg.:] Hans Werner Dannowski und Waldemar R. Röhrbein. Hannover: Lutherhaus-Verlag 1983, S. 152-153. ISBN 3-87502-145-2
  • Georg Schnath: Das alte Haus. Erinnerungen an eine hannoversche Jugendzeit 1898-1916. Hannover: Hahn 1998. (Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens. 118) ISBN 3-7752-5828-0 (darin das letzte Kapitel: S. 176-186: Rund um die Marktkirche)
  • Der mittelalterliche Altar der Marktkirche. Bilder, Gedanken und Betrachtungen. Hrsg. im Auftrag des Kirchenvorstandes der Ev.-luth. Marktkirchengemeinde SS. Jacobi et Georgii aus Anlass der 750-Jahrfeier d. Marktkirchengemeinde. Autoren: Heinz Behrends (u.a.).Hannover: Marktkirchengemeinde 1988. (Erhältlich in der Marktkirche oder in der Buchhandlung an der Marktkirche)
  • Marktkirche in Hannover. In: Dieter Oesterlen: Bauten und Texte 1946-1991. Tübingen: Wasmuth 1992, S. 12-19. ISBN 3-8030-0153-6 (Der Architekt Dieter Oesterlen war verantwortlich für den Wiederaufbau der Marktkirche nach 1945)
  • Ulfrid Müller: Marktkirche Hannover. Die Marktkirche St. Georgii et Jacobi in Hannover. 6., neu bearb. Aufl. [1. Aufl. 1983.] München: Dt. Kunstverlag 2003. (Große Baudenkmäler. 351) (In der Marktkirche für 3,- Euro erhältlich)
  • Helmut Knocke, Hugo Thielen: Hannover. Kunst- und Kultur-Lexikon. Handbuch und Stadtführer. 3., rev. Aufl. Hannover: Schäfer 1995, S. 112-116. ISBN 3-88746-313-7
  • Alexandra Druzynski von Boetticher: Die hannoversche Marktkirche und ihr Turm. Gütersloh: Verlag für Regionalgeschichte 2004. (Hannoversche Schriften zur Regional- und Lokalgeschichte. 18) ISBN 3-89534-558-X
  • Wolfgang Puschmann: Marktkirche St. Georgii et Jacobi. In: Hannovers Kirchen. 140 Kirchen in Stadt und Umland. Hrsg. von Wolfgang Puschmann. Hermannsburg: Ludwig-Harms-Haus 2005, S. 12 -15. ISBN 3-937301-35-6
  • Martin-G. Kunze: Marktkirche - Aegidienkirche - Kreuzkirche - Nikolaikapelle. Merkmale mittelalterlicher hannoverscher Stadtgeschichte. In: Kirchen, Klöster, Kapellen in der Region Hannover. Sascha Aust (u.a.). Fotografien von Thomas Langreder. Hannover: Lutherisches Verlagshaus 2005, S. 13 - 22. ISBN 3-7859-0924-1

[Bearbeiten] Weblinks

Koordinaten: 52° 22' 18" N, 9° 44' 6" O

Andere Sprachen
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