Orientalische Frage
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Als Orientalische Frage wurde im 19. Jahrhundert die Diskussion über den Fortbestand des Osmanischen Reiches bezeichnet.
Im 19. Jahrhundert wurde das vormals mächtige Osmanische Reich, das von den Medien der Zeit als kranker Mann am Bosporus persifliert wurde, durch Aufstände in den besetzten Gebieten geschwächt und wurde immer mehr zum Spielball der europäischen Mächte. In Ägypten riss der Vizekönig Muhammad Ali Pascha allmählich die Macht an sich. 1804 erhoben sich die Serben und erhielten bis 1830 eine weitgehende Autonomie. Auch die Phanariotenherrschaft in den Donaufürstentümern fand 1826 ihr Ende. In den 1820er Jahren gewann die von einigen Europäern unterstützte Unabhängigkeitsbewegung in Griechenland an Dynamik.
Die Orientalische Frage wurde ein Dauerthema der Diplomatie. Russland sah darin eine Chance, seinen Machteinfluss in Europa stärker geltend zu machen und insbesondere einen freien Zugang zum Mittelmeer über das Schwarze Meer und die Dardanellen und auf den Balkan zu bekommen. Auf dem Balkan brachte es sich als Schutzmacht der dortigen orthodoxen Christen ins Spiel. Bereits früher hatte der russische Zar vergeblich versucht, die Regierungen Österreichs und Großbritanniens für eine Aufteilung des Osmanischen Reiches zu gewinnen. Österreich sowie England und Frankreich sahen die Gefahr der russischen Expansion und tendierten daher eher dazu, ein schwaches Osmanisches Reich aufrechtzuerhalten. Sie wollten nicht, dass die Schlüsselpositionen in russische Hände fielen und unterstützten die Osmanen, um den Status quo zu erhalten und damit ihre eigene Machthoheit in Südosteuropa an den osmanischen Grenzen zu sichern. In der orientalischen Frage über Sein oder Nichtsein des Reiches waren sie der Meinung, dass das Osmanische Reich, das in jener Zeit noch immer eine gewaltige Ausdehnung besaß, erhalten werden musste. Sein Zusammenbrechen hätte ein Machtvakuum verursacht. Für Großbritannien, den zu der Zeit wichtigsten Handelspartner des Osmanischen Reiches, ging es außerdem darum, die Verbindungswege nach Indien zu kontrollieren und die Vormachtsbestrebungen Russlands in Asien zu unterbinden. Großbritannien und Russland befanden sich im Konflikt um die Vorherrschaft über das rohstoffreiche Zentralasien, dem so genannten The Great Game.
Das führte dazu, dass die Bündnisse sich je nach Situation neu zusammenfanden. Im Krimkrieg (1853-1856), der durch die russische Besetzung der Fürstentümer Walachei und Moldau ausgelöst wurde, kämpften England und Frankreich auf Seiten der Osmanen. Im Frieden von Paris ging ein Teil des 1812 von Russland gewonnenen südlichen Bessarabiens im Bereich der Donaumündung (etwa ein Viertel der Gesamtfläche) mit den Kreisen Cahul, Bolgrod und Ismail wieder zurück ans Fürstentum Moldau, das ein autonomer Staat unter Oberhoheit der Hohen Pforte war, und das Schwarze Meer wurde entmilitarisiert.
[Bearbeiten] Literatur
- German Werth: Der Krimkrieg, Frankfurt/M 1989, ISBN 3-548-34949-8.
- Karl Marx - Friedrich Engels - Werke, Berlin 1961, ISBN 3-320-00206-6
- Nicolae Jorga: Geschichte des osmanischen Reiches, Gotha 1913, ISBN 3-8218-5026-4