Ovalkurs
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Ovalkurse sind permanente Motorsport-Rennstrecken, die, im Gegensatz zu Rundstrecken oder Straßenkursen, nur Kurven in eine Richtung besitzen. Die Kurven weisen außerdem eine je nach Kurs ganz unterschiedliche Überhöhung (= Banking) auf. Dadurch werden auf Ovalkursen besonders hohe Geschwindigkeiten erreicht. Diese Art von Rennstrecken sind in den USA, im Gegensatz zu Europa, sehr häufig anzutreffen. Kleinere ovale Rennbahnen, auf denen etwa Motorrad-Speedway Veranstaltungen stattfinden, sind keine Ovalkurse im engeren Sinn.
Vereinfacht kann man fast alle US-Ovalkurse nach Gesamtlänge, Radius und Überhöhung in die drei Typen Short Tracks, Speedways und Superspeedways einteilen.
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[Bearbeiten] Short Tracks
Short Tracks sind, wie der Name aufzeigt, kurze Ovale. Sie haben eine Länge von einer Meile oder weniger, mit unterschiedlich starker Kurvenüberhöhung. Strecken wie die Milwaukee Mile oder der New Hampshire International Speedway sind kaum überhöht. Bei diesen Strecken unterscheidet sich das Tempo zwischen Kurve und Gerade stark. Andere Strecken, wie z. B. die in Bristol, sind dagegen extrem überhöht.
Allgemein ist zu Short Tracks zu sagen, dass sie eine Stadion-Atmosphäre ausstrahlen, da sie zu allen Seiten von zum Teil steil aufragenden Tribünen umgeben sind. Die Zuschauer können von fast jedem Platz aus die gesamte Rennstrecke überblicken. Solche Short Tracks sind durchaus mit einem modernen Kolosseum vergleichbar.
[Bearbeiten] Speedways
Speedways sind die meistverbreitete Form der Ovalkurse. Sie haben eine Länge von etwa ein bis zwei Meilen und häufig die Form des Buchstaben D. Die Kurven sind zudem so stark erhöht, dass man sie mit "Lupfen" (im Motorsport = etwas vom Gas gehen) und damit ohne Bremseinsatz durchfahren kann. Manche der Speedways gehören zu den schnellsten und berühmtesten Rennstrecken der Welt (z. B. California Speedway in Fontana und Indianapolis Motor Speedway). Ein Fahrzeug des NASCAR Nextel Cup erreicht dabei leicht 200 Meilen pro Stunde (ca. 320 km/h) und Formelwagen der IRL und Champ Car schaffen auf diesen Kursen sogar einen Rundenschnitt von bis zu 400 km/h.
Der wohl eigenartigste Speedway ist der Darlington Raceway. Hier ist das Oval "eiförmig", d. h. die ersten beiden Kurven haben einen größeren Radius als die letzten beiden. Dieses Layout entstand, weil ein Farmer sein Grundstück nicht verkaufen wollte und die Strecke trotzdem gebaut wurde.
[Bearbeiten] Superspeedways
Die dritte Form der Ovalkurse, die Superspeedways, sind sehr selten. Hier sind die Kurse 2 Meilen und länger. Sie haben eine sehr starke Überhöhung (über 30°), so dass sie für Formelfahrzeuge aufgrund der enormen Fliehkräfte schlicht unfahrbar wären. Im NASCAR Nextel Cup wird deswegen auch der Luftmengenbegrenzer so eingestellt, dass die Fahrzeuge "nur noch" ca. 650 PS Leistung haben. Die beiden bekanntesten Kurse sind der Daytona International Speedway und der Talladega Superspeedway.
[Bearbeiten] Weitere Besonderheiten
Weiterhin unterscheiden sich die Kurse auch noch in der Anzahl ihrer Kurven. Meist haben Ovale vier Kurven, von denen man aber nur zwei wirklich wahrnimmt. Bei den Amerikanern wird eine Kurve im Regelfall unterteilt in Turn 1 und Turn 2 (bzw. Turn 3 und Turn 4). Hierbei gibt die ungerade Zahl (Turn 1 und Turn 3) die Einfahrt in eine Kurve an. Turn 2 und Turn 4 sind dagegen die Ausfahrten. Die 2. Kurve wird auf manchen Strecken aber auch als "Chute" bezeichnet, da es so besser für den Fahrer verständlich ist, welche Kurve gemeint ist. "Gekrümmte Geraden" werden als einfache Gerade hingenommen. Bei Start und Ziel befindet sich die S/F Straight, die Gegengerade ist die Backstraight. Andere Kurse, wie Indianapolis, haben zwar ebenfalls vier Kurven, aber es sind vier einzelne 90°-Kurven, die durch lange oder kurze Geraden verbunden sind.
Eine besondere Form sind Kurse mit drei Kurven sogenannte Tri-Ovals. Bei Shorttracks wie dem Phoenix International Raceway werden die Kurven einfach mit 1, 2 und 3 durchnummeriert. Die dritte Gerade hat hierbei einen besonderen Namen (meist Longstraight oder Shortstraight).Der einzige deutsche Ovalkurs ist ebenfalls ein Tri-Oval: Der Eurospeedway in der Lausitz.
Der Pocono Raceway ist eines der seltsamsten Ovale. Er gilt als Speedway, hat aber drei ganze Kurven und wird wegen seiner niedrigen Überhöhung oft als "a Roadtrack, that a Speedway is" bezeichnet.
Ovalkurse sind, besonders aus der Sicht der Akteure, eine Kunst für sich. Europäische Motorsportfans bezeichnen solche Kurse etwas voreilig gerne als "Nudeltopf", der angeblich immer gleich ist. Wenn man aber die ca. 25 verschiedenen Kurse des NASCAR Nextel Cups einmal vergleicht, bemerkt man auch als Laie, dass kein Oval dem anderen gleicht. Man fährt zwar immer nur in Linksrichtung, doch sind dabei Kurvenradius, Kurvenüberhöhung, Geradenüberhöhung, Kurvenanzahl und viele weitere Eigenheiten einer jeden Strecke zu beachten.
[Bearbeiten] Rennen auf Ovalkursen
Rennen auf ovalen Rundstrecken haben eine lange Tradition. Ursprünglich wurden gewöhnliche Pferderennbahnen auch für Automobilrennen genutzt. Noch heute finden z. B. einige Motorsport-Veranstaltungen (u. a. auch Rallye-Wertungsprüfungen) auf Trabrennbahnen statt. 1907 eröffnete die erste nur für Motorsport-Wettbewerbe gebaute Rennstrecke ,das Oval von Brooklands in Großbritannien, das zwei unterschiedlich lange und überhöhte Steilkurven aufwies. Aus einer ehemaligen Pferderennbahn in Milwaukee entstand auch ein Ovalkurs mit überhöhten Kurven und einem festen Belag. Die Milwaukee Mile entwickelte sich ab ca. 1910 und ist auch heute noch in Betrieb.
Bei den meisten Ovalkurs-Rennen spielt das so genannte Windschattenfahren eine ganz entscheidende Rolle. Gegenwind macht es den Spitzenreitern immer schwer, einen Vorsprung herauszufahren, während die nachfolgenden Fahrer in den Windschatten der Führenden leichter folgen können. Bei schnellen Ovalkursen ist aufgrund der Kurvenüberhöhung auch kein Bremsen oder Schalten erforderlich. Während ein Überholmanöver auf normalen Rundkursen meist in der Anbremszone einer Kurve stattfindet, können auf Ovalkursen die Fahrzeuge rundenlang nebeneinanderher fahren. Dadurch bleibt das Feld eng geschlossen. Von grundlegender Bedeutung ist deshalb auch die Rennstrategie. Meist wird in der frühen Phase eines Ovalrennens sprit- und reifensparend gefahren, um sich einen Boxenhalt zu ersparen. Für Boxenstopps wird dann gerne eine der relativ häufigen Renn-Neutralisierungen abgewartet, um nicht wertvolle Zeit oder gar eine Runde zu verlieren, da auf manchen Ovalen (vor allem Short Tracks) ein Boxenstopp länger als eine Rennrunde dauern kann.
Durch die Überhöhung in den Kurven kann innen und außen überholt werden. Dadurch wird dem Führenden fast unmöglich, durch Fahren einer "Kampflinie" die Kurve zuzumachen.
Die amerikanischen Rennserien NASCAR Nextel Cup (Tourenwagen) und IRL (Formelautos) fahren fast ausschließlich auf Ovalkursen. Die ebenfalls amerikanische Champ Car Series hat nur wenige Ovalrennen im Kalender (nur zwei im Jahr 2005). Daneben gibt es noch kleinere Klassen, wie die NASCAR Busch Series, die NASCAR Craftsman Truck Series oder die ARCA. Auch eine der wichtigsten Motorport-Veranstaltungen überhaupt, die Indianapolis 500, findet auf einem Ovalkurs statt. Daneben gibt es noch unzählige kleine, regionale und unbekannte Ovalserien.
Auch in Europa gibt es mit der SCSA eine Organisation, die die NASCAR als Vorbild hat. Bislang konnten sich Ovalrennen in Europa aber nicht durchsetzen.
[Bearbeiten] Weltweite Verbreitung von Ovalkursen
Ovalrennen sind vor allem in den USA sehr populär. Deshalb befinden sich die meisten Ovalkurse (z. B. alle bisher erwähnten Strecken) auch in den Vereinigten Staaten. In Europa sind der EuroSpeedway Lausitz und der Rockingham Motor Speedway zur Zeit die einzigen für bedeutende Ovalrennen geeigneten Rennstrecken. Erwähnenswert ist außerdem das historische Oval von Monza, das in den 1950ern Bestandteil der Formel-1-Läufe von Italien war. Auch die ehemals "schnellste Rennstrecke der Welt" (O-Zitat deutscher Medien Ende der 1940er), der deutsche Grenzlandring, der die Stadt Wegberg bei Mönchengladbach umschließt, ist ein eiförmig angelegtes Oval, ursprünglich mit Betonbelag gebaut.
Weitere Ovalkurse befinden sich in Motegi (Japan), Puebla (Mexiko), Welkom (Südafrika), Rafaela (Argentinien) oder Melbourne (Australien). Die Bedeutung dieser Ovale ist für den internationalen Rennsport jedoch sehr unterschiedlich: Während es in Motegi schon Rennen der Champ Cars gab, wurde in Welkom z. B. noch nie ein Ovalrennen dieser Art durchgeführt.