Schuhleistenkeil
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Schuhleistenkeile sind geschliffene jungsteinzeitliche Geräte aus Felsgestein, die aussehen wie Leisten für Schuhe und möglicherweise als Dechselklingen verwendet wurden. Sie haben eine mehr oder weniger stark gewölbte Oberseite, während die Unterseite immer und die Seiten oft eben sind. Der Nacken, also der Teil, der der Schneide gegenüberliegt, ist meist gerade, während die Schneide breiter und deutlich gerundet ist. Sie wurden vermutlich als Dechsel geschäftet.
Drei doppelschneidige (doppelaxtförmige) Dechsel wurden in Brandgräbern von Aiterhofen, Landkreis Straubing geborgen. Darunter war mit 37,7 cm ein besonders großer (Grab 185). Es wurden auch Exemplare mit 43 cm Länge gefunden.
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[Bearbeiten] Kulturelle Einordnung
Schuhleistenkeile sind typisch für die jungsteinzeitliche Bandkeramische Kultur Mitteleuropas (5.400-4.900 v. Chr. cal.), kommem aber auch noch im Mittelneolithikum vor. Sie verschwinden nach der Stichbandkeramik bzw. der Rössener Kultur.
[Bearbeiten] Material und Verwendung
Die Archäologie geht davon aus, dass Schuhleistenkeile zur Holzbearbeitung dienten. Die Deutung als Ackergeräte (Hacken) oder für Einsätze am Hakenpflug wurde durch E. Henning (1961/65) in Experimenten widerlegt. Jürgen Weiner argumentiert überzeugend für eine Knieholmschäftung. Die Größe der Schuhleistenkeile schwankt zwischen miniaturisierten Exemplaren (10 cm), die zur Feinbearbeitung, etwa für Holgefässe (Brunnen von Kückhoven, Schleusnig) oder zur Herstellung von Holzverbindungen dienten oder mit Zwischenfutter verwendet wurden und selten, solchen bis zu 40 cm Länge, die als Werkzeug ungeeignet erscheinen weshalb bereits Pavúk (Nitra 55) eine universelle Verwendung propagiert. Als Rohmaterial wurde meist Amphibolit, seltener Pthanit (Elsass) oder Basalt verwendet. Über die Herkunft des verwendeten Amphibolits besteht keine Gewissheit, gewöhnlich werden das Fichtelgebirge oder der Böhmerwald genannt (Arps 1978).
[Bearbeiten] Fundumstände
Sie kommen zumeist unversehrt sowohl in Körpergräbern von Männern und Frauen vor. In Brandgräbern steigt der Anteil von Fragmenten, was wohl auf die Temperatureinwirkung zurückzuführen ist. Auf bandkeramischen Gräberfeldern in Bayern wurden in 86 Grabstellen 70 Schuhleistenkeile und 39 Dexel gefunden. Selten sind Schuhleistenkeile auch in Hortfunden belegt.
Vereinzelt finden sich Schuhleistenkeile im Bereich der Trichterbecherkultur Nordeuropas. Es handelt sich wohl um Importe. Ein hohes, durchlochtes Exemplar fand sich z. B. bei Molbergen im Landkreis Cloppenburg. Es hat eine Länge von 23,5 cm und eine Breite von 3,3 cm.
[Bearbeiten] Literatur
- C. Arps: Petrography and possible origin of adzes and other artefacts from prehistoric sites near Hienheim (Bavaria, Germany) and Elsloo, Sittard and Stein (Southern Limburg, The Netherlands). In: C.C. Bakels: Four Linearbandkeramik settlements and their environment: a palaeoecological study of Sittard, Stein, Elsloo and Hienheim. Analecta Praehist. Leidensia. 11, 1978, 202-228.
- Corrie C. Bakels: On the adzes of the Northwestern Linearbandkeramik. Analecta Praehist. Leidensia 15, 1987, 31-44.
- Norbert Nieszery: Linearbandkeramische Gräberfelder in Bayern. Espelkamp 1995
- Pierre Petrequin und Christian Jeunesse: La hache de pierre. Carrière vosgiennes et échanges de lames polis pendant le Néolithique (5400-2100 av. J.-C.). Editions Errance, Paris, 1995. ISBN: 2 87772 108 6
- Jürgen Weiner::,Noch ein Experiment - Zur Schäftung altneolithischer Dechselklingen. In: Staatl. Mus. Naturkde u. Vorgesch (Hrsg.): Experimentelle Archäologie in Deutschland. Arch. Mitt. Nordwestdeutschland. Beih. 4 (Oldenburg 1990), 263-278.
- Jürgen Weiner und Alfred Pawlik: Neues zu einer alten Frage. Beobachtungen und Überlegungen zur Befestigung altneolithischer Dechselklingen und zur Rekonstruktion bandkeramischer Querbeilholme. In: M. Fansa (Bearb.): Experimentelle Archäologie. Bilanz 1994. Arch. Mitt. Nordwestdeutschland. Beih. 8 (Oldenburg 1995), 111-144.
- J. Wahl und H.G. König: Anthropologisch-traumatologische Untersuchung der menschlichen Skelettreste aus dem bandkeramischen Massengrab bei Talheim, Kreis Heilbronn. Fundberichte Baden-Württemberg 12, 1987, 65-193.
- J. Lüning: Der Urwald wird mit Steinäxten gerodet., In J. Lüning (Hrsg.): Die Bandkeramiker, erste Steinzeitbauern in Deutschland. Rahden/Westf. 2005, 44-49.