Jungsteinzeit
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Die Jungsteinzeit oder das Neolithikum (vom griech. νεο „neu, jung“ und λιθος „Stein“) ist eine Epoche bzw. Kulturstufe der Menschheitsgeschichte. Es gibt für sie zwei unterschiedliche Definitionen:
- Nach der Qualitiät der Werkzeuge und Waffen definiert, ist es die „Kultur der polierten Steine“, gekennzeichnet durch hochwertige Geräte, bestehend aus einer sorgfältig bearbeiteten steinernen Klinge oder Spitze und einem hölzernen oder knöchernen Schaft. Bei dieser Definition gibt es kein Mesolithikum.
- Nach der Wirtschaftsform definiert, ist es produktive Wirtschaftsform mit Steingeräten, durch Ackerbau und/oder Viehzucht abgehoben vom Mesolithikum der Sammler und Jäger mit auch schon hochwertigen Geräten.
In einigen Regionen Afrikas und Südasiens lebten oder leben Bevölkerungen unterschiedlicher Kulturstufen nebeneinander.
Bei der zweiten Definition wird der Beginn der Jungsteinzeit allgemein mit dem Übergang einiger Jäger- und Sammlerkulturen in der Levante zu Viehzüchtern, (nomadisierenden) Hirten oder Ackerbauern festgesetzt, ihr Ende mit der lokal zu unterschiedlichen Zeiten einsetzenden Verwendung von Kupfer oder Zinnbronze durch diese neolithischen Kulturen. Voraus ging die Mittelsteinzeit bzw. Altsteinzeit, es folgt teilweise eine kurze nur lokal auftretende Kupfersteinzeit und dann die Bronzezeit.
Die Umstellung in der Nahrungsbeschaffung vom Sammeln, Jagen und Fischen auf Viehhaltung und Pflanzenanbau markiert einen der fundamentalen Umbrüche in der Geschichte der Menschheit; einen Prozess, der von manchen Forschern „Neolithische Revolution“ genannt wird.
Sesshaftigkeit kann mancherorts schon vor dem Beginn des Ackerbaus festgestellt werden, die Zucht von Getreidesorten setzt spätestens 11.000 v. Chr. ein. Die Zucht von Ziegen und Schafen ist im 9. Jahrtausend v. Chr. belegt (Zypern).
Durch die Nahrungsproduktion schuf der Mensch die Voraussetzung für ein mehr oder weniger stetiges Bevölkerungswachstum. Statt umherzuziehen lebten die Menschen in Dorfgemeinschaften. Statt kurzlebiger Behausungen konnte dazu übergegangen werden, solide Bauwerke aus Holz, später aus Stein bis hin zu Monumentalbauten wie dem Tempel auf dem Göbekli Tepe zu errichten. Letztenendes ermöglichte der Ackerbau auch die Anfänge einer arbeitsteiligen Gesellschaft, in der Spezialisten in der Lage waren, u. a. die Metallurgie zu entwickeln. Parallel dazu entwickelte sich räumlich getrennt die Kultur der Viehzüchter (Hirtennomaden), mit anderen Lebens- und Essgewohnheiten.
Inhaltsverzeichnis |
Definition
Der britische Anthropologe Sir John Lubbock definierte 1865 den Übergang in die Jungsteinzeit mit dem Auftreten von geschliffenen Steinartefakten (Äxten, Beilen). Später wurde das Auftreten von Keramik als wesentliches Merkmal benannt. Mitte des letzten Jahrhunderts erkannte man aber regional auch, dass es das keramiklose Neolithikum gab. Heutzutage wird der Beginn der Jungsteinzeit, Vere Gordon Childe folgend, mit dem Beginn von Sesshaftigkeit der Bevölkerung, der Züchtung von Pflanzen und der Viehhaltung gleichgesetzt (dem Übergang von der aneignenden zur produzierenden Wirtschaftsweise), auch wenn die Domestikationen nicht gleichzeitig erfolgten. Außerdem entscheidend für seine Definition ist die Herstellung von Keramik und von geschliffenen Steinen.
Vorstufen und Stufen des Neolithikums
11.500–9500 v. Chr.: Protoneolithikum (Natufien, benannt nach Fundort in der Schubka-Höhle am Natuf Wadi, der aus dem Judäischen Gebirge entspringt)
Diese Jäger und Sammlerkultur, die in der Levante und im mittleren Euphratgebirge auftrat, war zumindest saisonal sesshaft, kannte anfangs allerdings weder Viehzucht noch Getreideanbau. Ihre rundliche Häuser bauten sie in Dorfanlagen. Ihre Feuersteinwerkzeuge schliffen sie nicht, sondern schlugen sie mit anderen Steinen in die gewünschte Form. Wichtigste Fundorte: Jericho und Mureybet I A
9500–8500 v. Chr.: Pre-Pottery Neolithic A (PPNA)= präkeramisches Neolithikum A, Frühneolithikum
In dieser Kultur war es üblich, große Siedlungen aus massiver Steinarchitektur (Trockenmauerwerk) zu errichten, deren einzelne Häuser in runder Form gebaut wurden. Die Tell-Siedlung taucht in dieser Zeit zum ersten Mal auf. Die Siedlungen waren nach außen begrenzt. Sie kannten noch keine Viehzucht, also machten sie weiterhin Jagd auf Gazellen. Die Kunst dieser Zeit beschränkte sich hauptsächlich auf Idole (s. Abgott), kleine Steinskulpturen, die hauptsächlich Frauen, seltener Männer, oder Tiere darstellten. Die Plastiken stellen eine sexuelle Intention (Fruchtbarkeit) deutlich dar. Getreideanbau war zu dieser Zeit schon bekannt. Wichtigste Fundorte: Mureybet I B, II, III, Tell en Sultan.
8200–6800 v. Chr.: Pre-Pottery Neolithic B (PPNB)= präkeramisches Neolithikum B
Die Häuser dieser Zeit wurden auf rechteckigen oder quadratischen Grundrissen erbaut, ganz anders also als die Häuser der vorherigen Kulturen. Mit dieser Kultur fand die "kolonisierende Bewegung" nach Westen statt, die durch das Floß und den Einbaum auch über Wasser führte. Im Laufe dieser Zeit wurde die Tierdomestikation begonnen. Die Idole waren aus Stein oder Ton und hatten hauptsächlich Frauen als Motive, deren Köpfe anonymisiert dargestellt waren, die Geschlechtsteile dafür um so deutlicher zu erkennen waren. Vorherrschend in der Werkzeugherstellung war nun die geschliffene Steinindustrie. Erste ungebrannte Keramikwaren sind aus dieser Zeit bekannt.
6500–5500 v. Chr.: Pottery Neolithic (PN) = keramisches Neolithikum
Die Gemeinschaft bestattete ihre Toten nicht mehr innerhalb der Stadt oder sogar den eigenen Häuser, sondern extramural, d. h. außerhalb der Stadt. Nach dem Getreideanbau beginnt diese Kultur nun auch mit der Domestikation von Nutztieren, so dass die Jagd nicht mehr hauptbestandteil der Nahrungsbeschaffung sein muss. Die Keramikkunst verbreitet sich, so dass man das PN noch in drei Phasen unterteilen kann: monochrome Phase, bemalte Phase, klassische Phase.
Die Bezeichnungen sind aus dem englischen übernommen, da die Ausgrabung an den bedeutendsten Fundorten, einem Tell in Jericho und Mureybet, von englischsprachigen Wissenschaftlern unternommen wurden (Grabung von Jean Cauvin, Kathleen Kanyon und John Garstang)
Wandel der Wirtschaftsweise
Vor dem Übergang zur produzierenden Wirtschaftsweise, war eine Reihe von Entwicklungen nötig, die als proto-neolithisch bezeichnet werden. So entstanden in Palästina einige dauerhafte Siedlungen bereits vor Entwicklung der Landwirtschaft. Die unmittelbare Umgebung dieser Siedlungen bot den Bewohnern aber nur zeitweise genügende Ressourcen (ob nun Fisch, Fleisch oder Pflanzen). Der Kultivierung und dem Anbau von Getreide ging eine jahrtausendelange Nutzung entsprechender Wildvorkommen voraus; in der Levante ist diese bis 21.000 v. Chr. nachweisbar.
Entstehung der Landwirtschaft
Der Übergang zur bäuerlichen Lebensweise, also dem Wandel hin zur Kultivierung geeigneter Arten, vollzog sich in der Menschheitsgeschichte unabhängig voneinander an mindestens drei, wahrscheinlich sogar an fünf oder mehr Orten .
- definitiv (und am frühesten): im Nahen Osten
- in Südchina und in Mittelamerika
- wahrscheinlich auch: in Südamerika und in Westafrika
- möglicherweise auch: in Äthiopien, im Osten der heutigen USA und auf Neuguinea
Die Entstehung der Landwirtschaft fällt für die erstgenannten Gebiete nicht in den gleichen Zeitraum. Sie beginnt etwa 11000 v. Chr., was nicht zufällig mit dem Ende der letzten Eiszeit (Übergang Pleistozän/Holozän, etwa 11000 bis 8300 v. Chr.) übereinstimmt.
Naher Osten
Funde aus Ohalo am See Genezareth in Israel zeigen, dass bereits vor 20.000 bis 22.000 Jahren Jäger und Sammler große Mengen unterschiedlichster Gräsersorten, darunter wilder Weizen und wilde Gerste, als Nahrung nutzten. Dass darunter auch sehr kleinsamige Gräser waren, die sehr mühsam zu ernten waren, deutet darauf hin, dass einfach zugängliche Nahrung knapp war.
Der Übergang zur Landwirtschaft war – zumindest in der Levante – weniger eine „freiwillige“ Entwicklung als vielmehr eine aus der Veränderung der Umwelt resultierende Notwendigkeit zum Überleben. Die Großtierfauna (insbesondere die Gazelle) hatte diese Region schon sehr früh verlassen, weshalb in der Region zwischen oberem Euphrat und Mittelmeer vermehrt Wildgetreide auf Reibsteinen (Handmühlen) verarbeitet wurde. Die bislang ältesten Spuren von möglicherweise domestiziertem Getreide (in diesem Fall Roggen) fand man in Abu Hureira am syrischen Euphrat; sie werden auf ein Alter von 13.000 Jahren geschätzt. In dieser Zeit, dem jüngeren Dryas-Stadial, ließ eine langanhaltende Dürre einen Großteil der wilden Getreidearten abwandern, weshalb die Menschen gezielt die dürreresistentesten züchteten. Zu den wichtigsten in dieser Gegend domestizierten Getreidearten gehört Gerste und vor allem Weizen.
In den trockeneren Gebieten südlich von (Judäa und im Sinai) ging man nach dem Verschwinden der Gazellen dazu über, Wildziegen und -Schafe in Herden zu halten. Eine Domestikation der Tiere lässt sich in Beidha bereits um 11.000 v. Chr. ableiten und ab 8300 v. Chr. belegen, da zu diesem Zeitpunkt Caproviden und Boviden aber auch Cervinalen (Damtiere) mit den Menschen nach Zypern gelangten. Sie muss daher weitaus früher erfolgt sein. Anfangs wurden Schafe und Ziegen ausschließlich als Fleisch- und Felllieferanten gehalten; um 7500 v. Chr. lässt sich die Nutzung des Sekundärproduktes Milch später auch Wolle archäologisch belegen. Genetisch (Untersuchung Peltonen) weist der Beginn des Abbaus der Laktoseintoleranz, die bei allen Menschen zunächst bei 100 % lag, auf einen frühen Genuss von Tiermilch. Der Einsatz von Rindern als Zugtier vor dem Pflug ermöglichte schließlich den Übergang vom jungsteinzeitlichen Hackbau zu einer höheren Ackerbaukultur. Siehe dazu auch Geschichte des Transportwesens im Altertum.
China
Im Seengebiet am Mittellauf des Jangtse, wurde in etwa zur gleichen Zeit wie in der Levante dazu übergegangen, den ursprünglich ausschließlich gesammelten wilden Reis nach und nach zu kultivieren. Weiter flussabwärts wird in einem Gebiet mit damals feuchtwarmem subtropischem Klima von der chinesischen Forschung das Zentrum der Nassreis-Kultivierung gesehen. Im deutlich kühleren und trockeneren Norden Chinas, nördlich und südlich des Gelben Flusses, wurde einige Jahrtausende später (wahrscheinlich zwischen 5500 und 5300 v. Chr.) erstmals Hirse, vermutlich Kolbenhirse, domestiziert.
Zur Fleischgewinnung wurden in China Schweine, Hunde und Bankivahühner domestiziert. Wo der Wasserbüffel ursprünglich domestiziert wurde, ist unklar. Vermutlich fand dies aber ebenfalls in Südchina um 4000 v. Chr. statt. Ebenso wie der Auerochse im Nahen Osten sollte er besonders als Zugtier Bedeutung erlangen.
Mittelamerika
Der Beginn der Landwirtschaft in Mittelamerika hatte (anders als in der Levante und in China) praktische Gründe. So züchteten die Bewohner des Oaxacatals im Süden Mexikos bereits um 8.000 v. Chr. Gartenkürbisse, um darin Wasser von den Flussläufen zu ihren bewohnten Höhlen in den Bergen zu transportieren. Ihre Nahrung beschafften sie sich dagegen weiterhin als Jäger und Sammler. Erst um 5100 v. Chr. begann im nahegelegenen Grijalvadelta die Kultivierung einer als Nahrungsmittel bestimmten Nutzpflanze: die Teosinte, die wilde Form des Mais. Knapp tausend Jahre später, 4200 v. Chr., wurde die kultivierte Teosinte auch im Oaxacatal angebaut. Im Laufe der Zeit kamen Paprika, Sonnenblumen und Gartenbohnen zu den Anbaupflanzen hinzu.
Da es in der amerikanische Fauna an Wildtieren fehlt, die eine biologische Disposition zur Domestikation hatten, wurden außer Lama, Hund und Truthahn keine Tiere als Fleischlieferanten oder Arbeitstiere domestiziert.
Verbreitung der Landwirtschaft
Abgesehen von den wenigen Gebieten, die ebenfalls als unabhängige Geburtsstätten in Frage kommen, wurde die Landwirtschaft nirgend sonst eigenständig entwickelt, sondern aus einer der Ursprungsregionen durch Emigration importiert. In erster Linie liegt das am Fehlen geeigneter Wildpflanzen- und Tierarten in diesen Regionen. So kamen die Wildformen von heute weltweit verbreiteten Nutzpflanzen wie Weizen und Gerste ursprünglich nur in Anatolien und Syrien vor, weshalb sie nur dort domestiziert und von dort verbreitet wurden.
Naher Osten und Mittelmeerraum
Die Ackerbauern der Levante hatten sich um 8000 v. Chr. etwa im Gebiet des südlichen Anatoliens (inklusive Zyperns) bis zur persischen Golfküste ausgebreitet. Es begann eine konzentrische Expansion der Landwirtschaft, und zwar durch Migration der Bauern mit den von ihnen domestizierten Pflanzen und Tieren aus der Levante sowie dem Wissen um deren Pflege, Aufzucht und Vermehrung im Gepäck. So zeigen Vergleiche der mitochondrialen DNA (mtDNA), dass die frühen indischen Bauern näher mit den Bauern der Levante verwandt waren als mit den Jägern und Sammlern in ihrer Nachbarschaft. Ähnliches gilt für Europa, welches die Ackerbauern vor etwa 9.000 Jahren über die noch existierende Landbrücke am Bosporus kultivierten. Von Südosteuropa verbreiteten sie sich zunächst entlang der Mittelmeerküste sowie entlang der großen Flussläufe nach Ost- und Mitteleuropa. Neuere genetische Analysen von Y-Chromosomen europäischer Männer und mtDNA aus neolithischen Skeletten deuten dagegen darauf hin, dass nur die Methoden weitergegeben wurden und keine Bevölkerungsexpansion in den europäischen Raum stattfand.
Auf Zypern machte man Katzen und in Sumer und Ägypten Esel zu Haustieren und fügte die Erdmandel und die Maulbeerfeige zu den Anbaupflanzen hinzu. Die Bewohner des Industals domestizierten Sesam, die Osteuropäer dagegen Hafer und die Westeuropäer Mohn. Auf der arabischen Halbinsel wurde das Dromedar und in der heutigen Ukraine oder in Kasachstan das Pferd domestiziert.
Afrika
Ebenso können die domestizierten Pflanzen und Tiere aus dem Nahen Osten die Initialzündung für die Landwirtschaft im tropischen Westafrika gegeben haben. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass in dieser Region etwa um 5000 v. Chr. eigenständig Sorghum, Perlhirse und Afrikanischer Reis sowie Perlhühner kultiviert wurden. Es scheint jedoch eine Verbindung zwischen dieser und den Ackerbau-Regionen in Eurasien bestanden zu haben, da bspw. Sorghum schon ab etwa 2000 v. Chr. in Indien angebaut wurde. Umgekehrt fanden Rinder und Ziegen den Weg nach Westafrika, von wo aus sie schließlich durch die Wanderung der Bantu ab 3000 v. Chr. den Weg ins südliche Afrika fanden.
In Äthiopien wurden (möglicherweise sogar vor dem Eintreffen der vorderasiatischen Kulturpflanzen) Teff und Kaffee domestiziert.
Ostasien und Polynesien
Mit der um ebenfalls 3000 v. Chr. einsetzenden austronesischen Expansion verbreitete sich die Landwirtschaft mit den in Südchina kultivieren Pflanzen in Südostasien und dem Pazifischen Raum. Da ein weiteres Domestikationszentrum zwischen Indien und Südchina von der Forschung als unwahrscheinlich erachtet wird, ist China demnach auch Ursprungsort des indischen Reis. In Neuguinea dagegen waren unter Umständen bereits vor dem Eintreffen der südchinesischen Kulturpflanzen die einheimischen Jäger und Sammler dazu übergegangen, Bananen und Zuckerrohr zu nutzen. Von Nordchina aus, wo Reis ab 3000 v. Chr. angebaut wurde, verbreitete sich die Landwirtschaft binnen tausend Jahren nach Korea und schließlich sehr spät nach Japan.
Amerika
Der mesoamerikanische Ackerbau breitete sich nordwärts aus, wo er jedoch in den Wüstengebieten des heutigen Texas ein Hindernis fand. Womöglich fand die Domestizierung von Sonnenblumen, Gänsefuß, Maygrass und Erdbirne im Osten der heutigen USA daher unbeeinflusst statt. Der Kürbis, so bewiesen Gentests, wurde in insgesamt sechs verschiedenen Regionen domestiziert. Ebenso wurden zahlreiche andere Pflanzenarten mehrfach in unterschiedlichen Regionen kultiviert. In den peruanischen Anden und dem angrenzenden Amazonas-Tiefland wurden daher vermutlich eigenständig Maniok und Kartoffeln domestiziert und erst später durch Mais ergänzt.
Ebenso wie in Mittelamerika mangelte es in Südamerika an geeigneten großen Säugetieren zur Domestikation. Einzig das Lama wurde für den Lastentransport genutzt. Zur Fleischversorgung diente Charque, getrocknetes, in Streifen geschnittenes Lamafleisch und es wurden Meerschweinchen gehalten.
Sonstige
In einigen Regionen der Erde hielt die Landwirtschaft – und damit die Jungsteinzeit – nie (d. h. mindestens bis zur europäischen Kolonialzeit) Einzug. Zum einen sind dies Wüsten- und Polar-Regionen, die sich grundsätzlich nicht zur landwirtschaftlichen Nutzung eignen. Zum anderen sind es Regionen, die erstens keine zur Domestikation geeigneten Arten in ihrer Flora und Fauna boten sowie zweitens durch Wüsten oder ähnliche unwegsame Gebiete von den Entwicklungszentren der Landwirtschaft getrennt waren und daher nicht in Besitz geeigneter kultivierter Pflanzen und Tiere kamen (wie Australien). Heute sind nur noch wenige Naturvölker auf einer Entwicklungsstufe vor der Jungsteinzeit.
Archäologische Kulturen
Innerhalb der Jungsteinzeit lassen sich (deutlicher als in der Altsteinzeit) „typische“ Kulturen erkennen, die jeweils nach mehrhundertjähriger Dauer abgelöst wurden, bzw. in eine neue Phase eintraten. Die archäologischen Funde und Fundsituationen weisen innerhalb von zeitlich und regional bestimmbaren Regionen Ähnlichkeiten auf und deuten die Grenzen der einheitlichen Kulturräume an.
Mitteleuropa
Die früheste gut erforschte neolithische Kultur Mitteleuropas ist die bandkeramische Kultur (vor 7500 Jahren. Am Ende verbreitet von Moldawien bis in das Pariser Becken, im Norden bis zum Nordrand der Mittelgebirge). Parallel zu dieser vorwiegend die Löss-Landschaften besetzenden Kultur dürften sich in Enklaven, besonders aber an der Peripherie mesolithische Jäger- und Sammler gehalten haben. Die Bandkeramik wurde im Gebiet des heutigen Deutschland im westlichen Verbreitungsgebiet von der Rössener Kultur abgelöst, im Osten von der Stichbandkeramik, der Oberlauterbacher Gruppe und der Münchshöfener Kultur.
Weitere: La-Hoguette-Gruppe Trichterbecherkultur Michelsberger Kultur Schönfelder Kultur
Danubischer Raum, Südosteuropa
Im mittleren Donauraum setzte das Neolithikum mit dem Starcevo-Körös-Cris Komplex ein, in Griechenland mit der Sesklo-Kultur. Das Mittelneolithikum prägten auch die Alföld-Linearkeramik bzw. die Bükk-Kultur in Nordungarn und der Slowakei. Das Endneolithikum war in Serbien und im Banat durch die Vinča-Kultur, in Ungarn durch die Theiß-Kultur bestimmt. Am Übergang zum Mittelneolithikum bricht auf dem Balkan und im danubischen Raum die Kontinuität der Tell-Siedlungen ab.
Ägäis
Ohne direkte Traditionslinien stehen die neolithischen Funde auf der Kykladeninsel Saliagos. Weder lassen sich Vorläufer (z. B. in Anatolien) noch direkte Nachfolger in der bronzezeitlichen Kykladenkultur nachweisen.
China
- Cishan-Peiligang-Kultur
- Hemudu-Kultur (7000–3300 v. Chr.)
- Yangshao-Kultur (5000–3000 v. Chr.)
- Dawenkou-Kultur (4100–2600 v. Chr.)
- Liangzhu-Kultur (3400–2000 v. Chr.)
- Longshan-Kultur (3000–2000 v. Chr.)
Mittelamerika
Südamerika
- Valdivia-Kultur
- Aspero-Kultur
- Chinchoros-Kultur
- Chorrera-Kultur
- El Paraiso-Kultur
Varia
Der einzige bekannte Mensch aus der Endphase der Jungsteinzeit ist der Ötzi, der vor über 5000 Jahren lebte. Seine Leiche blieb als gefriergetrocknete Mumie erhalten. Er hatte typische Gerätschaften der Jungsteinzeit wie Pfeil und Bogen bei sich und trug bereits ein Kupferbeil.
Wichtige archäologische Stätten der Mittel- und Endphase der Jungsteinzeit (vor 6500 bis 4800 Jahren) und Nachfolger der Tempel auf dem Göbekli Tepe (Türkei) vor 11.000 Jahren sind die Megalithanlagen und Menhire in Carnac (Frankreich), in Skara Brae (Schottland), sowie Maltas Tempel und Newgrange und Knowth in Irland.
Technologie und Entwicklung
Die meisten Werkzeuge aus Holz, Tierknochen oder Feuerstein waren denen aus der Alt- und Mittelsteinzeit sehr ähnlich. Neu waren Beile und Äxte, die durch Sägen und Schleifen geschärft und zur Schäftung durchbohrt wurden. Ebenfalls neu war das Auftreten gebrannter Tongefäße. In den meisten Regionen traten diese meist zur Bevorratung gebrauchten Gefäße mit oder unmittelbar nach dem Entwicklung des Ackerbaus auf, in Japan dagegen aber schon weit vorher.
Mit der beginnenden Sesshaftigkeit entwickelte sich auch der Hausbau weiter. Im Gebiet der Alpen baute man Hütten auf meterhohen Stützen („Pfahlbauten“) an den Ufergebieten der Seen; eine Bauweise, die den periodischen Überflutungen der Seeufer angepasst war. Um die Dörfer baute man riesengroße Zäune (Palisaden) zum Schutz vor Wölfen oder anderen Feinden. Auch im Seengebiet des Jangtse und am Jangtse-Delta wurde auf diese Weise gebaut.
In Çatal Hüyük wurden meist rechteckige Häuser, aus Lehmziegeln und einem Holzgerippe, gebaut. Für eine sesshafte Kultur war Grundbesitz und dessen Verteidigung von großer Bedeutung; Oasenstädte wie Jericho wurden von meterhohen Mauern umgeben.
Die Entwicklung der Landwirtschaft und die daraus resultierende bessere Versorgungslage führte zu einem Anstieg der Bevölkerungszahl. Gleichzeitig spezialisierten sich Teile der Gruppe auf bestimmte Tätigkeiten. Es bildete sich eine geistige und politische Führungsschicht (Priester, Stammesoberhäupter, Fürsten).
Metalle
Während der Jungsteinzeit wurde auch die Metallbearbeitung entwickelt. Sie beschränkte sich aber auf gediegene (elementar vorkommende) Metalle wie Gold, Silber und Kupfer. Die ältesten Kupferfunde stammen aus Anatolien und dem Iran und sind über 9000 Jahre alt. Aufgrund der Metallverarbeitung wird der letzte Abschnitt der Jungsteinzeit regional begrenzt als Kupfersteinzeit bezeichnet.
Religion und Kunst
Archäologischer Blickwinkel
Durch die Entwicklung von Pflanzenbau und Tierzucht kam der Idee der Fruchtbarkeit in der Vorstellung des Menschen eine noch größere Bedeutung zu. Analog zum Säen–Reifen–Ernten wurde die Abfolge Geburt–Leben–Tod in die Glaubenswelt bedeutend. Die Stellung der Frau, als im frühen Ackerbau wesentliche Kraft stieg, analog der Rolle weiblicher Fruchtbarkeitsgottheiten in der Religion. Wie in den vorausgehenden Naturreligionen, steinzeitliche Religionen, wurden Kräfte in der umgebenden Tierwelt vermutet. Menschen-, tier- oder mischgestaltige Chimären wurden Objekte der Verehrung.
Die vielfältige und abwechslungsreiche Formung und Ornamentierung von Töpferware (Keramik) lässt Archäologen einzelne Gefäße (und damit Fundplätze) einer bestimmten Kulturgruppe zuordnen. Die Art und Weise der Keramik wird nun mitunter auch maßgebend für die Namensgebung (durch Archäologen) für die einzelnen Kulturen (bspw. Bandkeramiker).
Religionswissenschaftlicher Blickwinkel
Die Religionen der Jungsteinzeit, des nomadischen oder frühbäuerlichen Neolithikums orientieren sich an den jahreszeitlichen Rhythmen der Natur. Man war auf die Erde als Ernährerin fokussiert, begann von kultivierten Pflanzen zu leben und erfuhr dabei den Himmel als die Ordnung gebende Kraft. Die lebensweltlichen Erfahrungen aus dem Umgang mit der Erde und ihren Vegetationszyklen ließen religiöse Vorstellungen entstehen, die einem ganz anderen Muster folgten, als unsere modernen monotheistischen oder Zivil-Religionen. Sie sind auf eine von schöpferischen Kräften durchwirkte Natur voller Geistwesen und Magie bezogen und stellen noch nicht, wie die späteren Hochreligionen, den Menschen in den Mittelpunkt. Die schriftlosen, mythischen Religionen der Jungsteinzeit gehen nicht von einmaliger Schöpfung aus, kennen keinen allmächtigen Schöpfergott und kein endzeitliches Gericht, das den Einzelnen zur Rechenschaft zieht.
Die jungsteinzeitlichen Religionen sind von Erfahrungen der Wiederkehr geprägt. Leben kehrt zu seinem Anfang zurück. Dabei binden sich Tod und Leben zu einen Kreis zusammen, dessen Hälften wie Tag und Nacht oder Sommer und Winter ein Ganzes bilden. Im bäuerlichen Erfahrungshorizont wächst und reift die Vegetation im Herbst auf das Sterben zu – das Lebendige altert auf den Tod hin. Dann tritt es aus dem Tod wieder hervor, sprießt im Frühjahr aus der Dunkelheit der Erde, in die es gesunken war. Leben hat im Rahmen zyklischer Vorstellungen keinen Anfang und kein Ende, sondern folgt einem ständigen Gestaltwandel. Leben und Tod erscheinen als zwei Seinsformen, die einander bedingen und sich hervorrufen. Der Vegetationskreislauf, der die Erfahrungen bäuerlich lebender Menschen bis heute prägt, ist an die Sonne gekoppelt. Und so konnten im Neolithikum die Sonne, oder wie in den Anden die Sterne, manchmal auch der Mond, der gleichnishaft in ständigem Gestaltwandel sich rhythmisch aus sich selber erneuert, d. h. es konnte der Himmel als symbolische Größe in neolithischen Kulturen als göttlich-schöpferische Manifestationen neben der Erde erscheinen.
Literatur
Bücher
- John Lubbock: Die vorgeschichtliche Zeit erläutert durch die Überreste des Alterthums und die Sitten und Gebräuche der jetzigen Wilden, Costenoble, Jena 1874.
- Vere Gordon Childe: Der Mensch schafft sich selbst, Verlag der Kunst, Dresden 1959.
- Jared Diamond: Arm und Reich. Die Schicksale menschlicher Gesellschaften, Fischer TB, Frankfurt/Main 1998. ISBN 3-596-14967-3
- Ina Mahlstedt: Die religiöse Welt der Jungsteinzeit. Theiss, Stuttgart 2004. ISBN 3806218390
- Steven Mithen: After the ice. A global human history, 20.000-5000 BC, Weidenfeld & Nicolson, London 2003
- Ernst Probst: Deutschland in der Steinzeit. Jäger, Fischer und Bauern zwischen Nordseeküste und Alpenraum, Bertelsmann, München 1991. ISBN 3-570-02669-8
- J. Müller: Die Impresso-Kultur und die Neolithisierung des Adriaraumes, Spiess Wissenschaftsverlag, Berlin 1994.
- Jürgen E. Walkowitz: Das Megalithsyndrom. Europäische Kultplätze der Steinzeit (in: Beitraege zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas, Bd. 36), Beier und Beran, Langenweissbach 2003. ISBN 3-930036-70-3
- Jeanette Werning: Früheste Scherben, frühester Reis, früheste Hirse. Zur Neolithisierung in China, in: Jörg Eckert (Hg.): Archäologische Perspektiven. Analysen und Interpretationen im Wandel, Leidorf, Rahden/Westfalen 2003, S. 103–129. ISBN 3-89646-400-0
- Daniel Zohary und Maria Hopf: Domestication of plants in the old world. The origin and spread of cultivated plants in West Asia, Europe and the Nile Valley, Oxford University Press, Oxford 32000. ISBN 0-19-850357-1
- Dirk Raetzel-Fabian: Göttinger Typentafeln zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas – Neolithikum, selbstverlag, Göttingen 1983. Neuausgabe 2002, PDF
- R. Schreg: Keramik aus Südwestdeutschland. Eine Hilfe zur Beschreibung, Bestimmung und Datierung archäologischer Funde vom Neolithikum bis zur Neuzeit. Lehr- und Arbeitsmaterialien zur Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit, Tübingen 1998.
Artikel in Fachzeitschriften
- Bruce F. Benz: Archaeological evidence of teosinte domestication from Guilá Naquitz, Oaxaca, in: PNAS 98 (Februar 2001), S. 2104–2106. online
- Daniel G. Bradley: Genetic evidence for Near-Eastern origins of European cattle, in: Nature 410 (April 2001), S. 1088–1091.
- Lounès Chikhi: Y genetic data support the Neolithic demic diffusion model, in: PNAS 99 (August 2002), S. 11008–11013. online
- Richard Cordaux: Genetic Evidence for the Demic Diffusion of Agriculture to India, in: Science 304 (Mai 2004) S. 1125.
- Gordon Hillmann: New evidence of Lateglacial cereal cultivation at Abu Hureyra on the Euphrates, in: The Holocene 11/4 (Juli 2001), S. 383–393.
- Simcha Lev-Yadun: The Cradle of Agriculture, in: Science 288 (Juni 2000), S. 1602–1603
- Dani Nadel: Processing of wild cereal grains in the Upper Palaeolithic revealed by starch grain analysis, in: Nature 430 (August 2004), S. 670–673.
- Katharina Neumann: New Guinea. A Cradle of Agriculture, in: Science 301 (Juli 2003), S. 180–181.
- Dolores R. Piperno: Phylogenetic relationships among domesticated and wild species of Cucurbita (Cucurbitaceae) inferred from a mitochondrial gene, in: PNAS 99 (Januar 2002), S. 535–540. online
- Kevin O. Pope: Origin and Environmental Setting of Ancient Agriculture in the Lowlands of Mesoamerica, in: Science 292 (Mai 2001), S. 1370–1373.
- Bruce D. Smith: The Initial Domestication of Cucurbita pepo in the Americas 10,000 Years Ago, in: Science 276 (Mai 1997), S. 932–934.
- Melinda A. Zeder und Brian Hesse: The Initial Domestication of Goats (Capra hircus) in the Zagros Mountains 10,000 Years Ago, in: Science 287 (März 2000), S. 2254–2257.
Weblinks
- www.jungsteinsite.de Online-Fachzeitschrift zur Jungsteinzeit
- Kulturen der Steinzeit
- Zur Jungsteinzeit in Oberfranken (Landschaftsmuseum Obermain Kulmbach)
- Bilder von Großsteingräbern und Menhiren in Deutschland
Siehe auch
Neolithische Revolution, Baalberger Kultur, Homo sapiens, Höhlenmensch, Stonehenge, Woodhenge, Silbury Hill