Spaßgesellschaft
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Spaßgesellschaft ist ein Begriff, der seit den 90er Jahren in den deutschen Feuilletons auftauchte und das Lebensgefühl von Teilen der deutschen Gesellschaft in den Jahren des vorangegangenen Börsenbooms, des sogenannten New Economy-Hypes, beschreiben sollte. Er sollte einen Lebensstil kritisieren, bei dem Konsum, Hedonismus und Lebensfreude im Vordergrund stehen, das Bemühen um gesellschaftliche Veränderungen aber in den Hintergrund tritt.
Er will eine Gesellschaft beschreiben, in der eine neugewonnene Lust am „Leute verarschen“ ein neues Verständnis von rücksichtsloser Geschäftsmoral ausdrückt, die das Ausnutzen von Naivität des Gegenübers als durchaus legitime Praxis betrachtet (Wer sich betrügen lässt, ist am Ende immer selbst dran schuld. War ja bloß Spaß.). Ein enormer Boom von Comedy bei den privaten Fernsehsendern ging mit dieser Entwicklung einher.
Der Begriff enthält wohl eine Remineszenz an den NDW-Schlager „Ich will Spaß“ von Markus (Mörl) aus dem Jahre 1982, bzw. an die nachfolgende Comedy-Verfilmung „Gib Gas, Ich will Spaß“ (mit Markus, Nena und Karl Dall). Die Spaßgesellschaft wurde damit gewissermaßen als das historische Endstadium der mit dem Bonner Machtwechsel 1982 proklamierten geistig-moralischen Wende beschrieben.
Als Protagonisten der Spaßgesellschaft gelten beispielsweise Verona Pooth (ehemals Feldbusch) und, bis zur Wahlniederlage 2002, der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle.
Vielfach wird der Begriff auch verwendet, um eine vermutete Infantilisierung der Gesellschaft zu beschreiben: Die Personen der Zielgruppe würden „kindliche“ Züge übermäßig lange ausleben und sich dem „ernsten“, „erwachsenen“, d.h. verwantwortungsbewussten Leben entziehen. Kritisiert wird auch, dass die angestrebte Selbstverwirklichung übertrieben und verantwortungslos sei.
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[Bearbeiten] Linke Perspektive
Der Begriff wurde zunächst vor allem von einigen Alt-Linken in der Tradition einer Kritik an Konsumgesellschaft und Kulturindustrie verwendet. Die Vertreter der jüngeren Generation wendeten sich jedoch zunehmend gegen ein asketisches, spaßfeindliches Politikverständnis. So wurden neue Musikrichtungen wie Techno für eine ältere, durch Rockmusik sozialisierte Linke zum Inbegriff einer unkritischen, hedonistischen Konsumhaltung in der Jugend, während sie zugleich in einer jüngeren, poststrukturalistisch geprägten urbanen Linken eher positiv aufgenommen wurden.
[Bearbeiten] Konservative Perspektive
Bald griffen auch konservative Kreise wie z. B. Teile der evangelischen Kirche den Begriff auf. Der Begriff ist auch deswegen emotional aufgeladen, weil in ihm der „klassisch-deutsche“ Anspruch auf „Tiefsinn“ ausgehebelt wird. Die Spaßgesellschaft erscheint damit als das Resultat der Amerikanisierung der Kultur. Die in ihr erreichte Verflachung wird als Triumph der Kulturindustrie im Sinne Max Horkheimers und Theodor W. Adornos bewertet.
[Bearbeiten] „Ende der Spaßgesellschaft“
Unmittelbar nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 verkündete der Journalist Peter Scholl-Latour in einem Fernsehauftritt „das Ende der Spaßgesellschaft“.
[Bearbeiten] Kritik am Begriff
Für die Kritiker des Begriffes suggeriert die einseitige Verwendung des Ausdrucks „Spaß“ in der Bedeutung „Belustigung“, dass seine Verwender damit betonen wollen, es sei moralisch verwerflich, im Leben Freude zu haben oder haben zu wollen. Auch müsse Spaß nicht gleichbedeutend mit Rücksichtslosigkeit sein. Zudem zeige das weiterhin hohe Maß an Hilfsbereitschaft, dass sich die derzeitige Gesellschaft durchaus ihrer Verantwortung bewusst sei.
[Bearbeiten] Literatur
- Peter Hahne: Schluss mit lustig, ISBN 3501051808. (Kritischer Kommentar zur Spaßgesellschaft)
[Bearbeiten] Siehe auch
- Hedonismus, Popkultur
- Hochkultur, Kulturpessimismus, Kulturindustrie
- Gesellschaftskritik
- Arbeitskult
- Freizeitgesellschaft, Erlebnisgesellschaft
- Sauglattismus