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Tierheilpraktiker - Wikipedia

Tierheilpraktiker

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Ein Tierheilpraktiker ist eine Person, die ohne tierärztliche Approbation Behandlungen an Tieren ausübt. Die Ausübung dieses Berufes ist, anders als beim Heilpraktiker, gesetzlich nicht geregelt. Die Berufsbezeichnung „Tierheilpraktiker“ ist nicht geschützt und kann zur Zeit von jeder Person, selbst ohne jegliche fachliche Ausbildung geführt werden. So sind heute Tierheilpraktiker tätig, deren Kenntnisse auf einem Wochenendlehrgang beruhen und solche mit mehrjähriger Ausbildung, so dass der Berufsstand als sehr heterogen angesehen werden muss.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geschichte

Die Tierheilkunde ist aus dem Stand der Tierheilkundigen hervorgegangen. Die in jahrhundertelanger Entwicklung überlieferten Verfahren und das meist mündlich überlieferte praktische Wissen haben sowohl der schulmedizinischen Tierheilkunde als auch der Tierheilpraxis als Grundlage und Ausgangspunkt gedient. Erst die Neuzeit brachte die Trennung von Tierheilpraktikern und Tierärzten durch die Entstehung tierärztlicher Ausbildungsstätten. Bereits 1762 entstand die erste Schule in Lyon, gefolgt von einer Schule in Alfort bei Paris 1765. Die ersten deutschen Schulen wurden 1790 in Berlin und München gegründet. Erst seit dem 19. Jahrhundert wurde für ihren Besuch eine höhere Vorbildung verlangt, seit 1830 die Universitätsreife.

Trotz der akademischen Ausbildung von Tierärzten an veterinärmedizinischen Fakultäten hat sich der Beruf des Tierheilkundigen bis auf den heutigen Tag erhalten, und dies aus mehreren Gründen: Zum einen waren die tierärztlichen Lehrinstitute zunächst nur dazu errichtet worden, über die Einführung von Amtstierärzten die damals grassierenden Tierseuchen zu bekämpfen. Die Tierheilkundigen hatten sich jedoch in ihrer Umgebung als Behandler oft schon durch Generationen hindurch einen festen Platz erobert, den die schulmedizinisch gebildeten Tierärzte ihnen anfangs nur schwer streitig machen konnten. Mit Herausbildung des freiberuflich arbeitenden Tierarztes wurden aufgrund der besseren Behandlungserfolge mit Hilfe der modernen medizinischen Methoden die Tierheilkundigen im Laufe des 20. Jahrhunderts fast völlig verdrängt. Mit dem Renaissance alternativmedizinischer Therapieformen wurde das Angebot der Tierheilpraktiker für privat gehaltene Tiere wieder häufiger verlangt, allerdings werden solche Behandlungsmethoden mittlerweile auch von praktizierenden Tierärzten vermehrt durchgeführt. In der Nutztierhaltung und anderen ökonomisch bestimmten Bereichen spielen Tierheilpraktiker keine Rolle.

[Bearbeiten] Tätigkeitsfeld

Die Behandlung mit homöopathischen und pflanzlichen Mitteln, aber auch die Beratung der Tierhalter über Fütterungs- und Haltungsprobleme sind Zentren der beruflichen Tätigkeit. Auch wird von Tierheilpraktikern immer häufiger zusätzlich eine Behandlung durch Akupunktur und Physiotherapie angeboten. Vielfach finden ausdrücklich esoterische Diagnose- und Therapieverfahren Einsatz.

Der Tierheilpraktiker ist verpflichtet, bedenkliche Heilmittel in der Praxis nicht anzuwenden, insbesondere nicht bei der Behandlung von Tieren, die der Lebensmittelgewinnung dienen. Zudem muss er den Tierhalter auf die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Wartezeiten hinweisen.

Ein Tierheilpraktiker ist in der Ausübung seines Berufes frei. Er kann eine Behandlung ablehnen, wenn er der Überzeugung ist, dass der betreffende Tierhalter seine Sorgfaltspflicht missachtet, und ein Vertrauensverhältniss zwischen Therapeut und Tierhalter nicht besteht. Die Verpflichtung, in Notfällen zu helfen, bleibt davon unberührt.

Tierheilpraktiker unterliegen den Beschränkungen des Arzneimittelrechts und Tierschutzes. Sie dürfen keine rezeptpflichtigen Arzneimittel einsetzen und keine Impfungen vornehmen. Chirurgische Eingriffe sind ihnen untersagt, da sie aufgrund arzneimittelrechtlicher Bestimmungen keine Anästhesien durchführen dürfen, die nach dem Tierschutzgesetz für schmerzhafte Eingriffe vorgeschrieben sind.

Tierheilpraktiker bedürfen keinerlei veterinärer Ausbildung. Jedermann kann sich per Selbstakklamation zum Tierheilpraktiker ernennen und als solcher eine Praxis eröffnen. Es findet (außerhalb des Binnenkontexts) weder eine Überprüfung der fachlichen Qualifikation noch der Praxisgepflogenheiten statt, eine Kammer gibt es nicht. Tierheilpraktiker sind für ihre Maßgaben und Maßnahmen prinzipiell nicht haftbar zu machen (sofern sie sich an die o.a. und für jedermann geltenden rechtlichen Regelungen halten).

In Österreich ist die Ausübung der Tierheilkunde ohne tierärztliche Approbation seit 1992 verboten.

[Bearbeiten] Berufsordnung

Die Grundsätze, die die Mitglieder in Ausübung ihres Berufs beachten sollen (die Regelungen sind nicht verbindlich), sind in der Berufsordnung für Tierheilpraktiker zusammengefasst. Die Berufsordnung gilt als subsidiarische Rechtsnorm. Änderungen und Ergänzungen werden mit 2/3 Mehrheit durch die Versammlung der Landesverbandsvorsitzenden beschlossen.

Die Berufsordnung für Tierheilpraktiker ist allerdings nicht rechtsverbindlich. Der Grund dafür liegt darin, dass es den Beruf des Tierheilpraktikers in engerem Rechtsverständnis gar nicht gibt, mit der Folge, dass auch kein rechtliches Reglement für tierheilpraktische Erwerbstätigkeit existiert. Tierheilpraktiker sind in einem juristischen Freiraum tätig: Sie dürfen im Rahmen der für jedermann geltenden Tierschutz-, Arzneimittel- oder Seuchengesetze praktizieren, dürfen also all das, was jeder Hunde- oder Pferdehalter mit seinen Tieren auch darf, und dürfen all das nicht, was jedem sonstigen veterinärmedizinischen Laien auch untersagt ist.

[Bearbeiten] Literatur

  • Martin Fritz Brumme: Tierheilkunde in Antike und Renaissance. Historiographische Untersuchungen zur Konstituierung und Legitimierung. Habil.-Schr. Berlin, 1997.
  • Sylvia Dauborn: Lehrbuch für Tierheilpraktiker. 2. Aufl. Sonntag, Stuttgart 2004, ISBN 3-8304-9063-1 (dieses Buch ist mit Vorsicht zu genießen, da es inhaltliche Fehler enthält!)
  • Angela von den Driesch, Joris Peters: Geschichte der Tiermedizin. 5000 Jahre Tierheilkunde. 2. Aufl. Schattauer, Stuttgart u.a. 2003, ISBN 3-7945-2169-2
  • Manfred Helmut Erben: Die Behandlung von Herzerkrankungen beim Hund mit allopathischen und homöopathischen Arzneimitteln im Vergleich. Diss. München 1993
  • Colin Goldner: Vorsicht Tierheilpraktiker. „Alternativveterinäre“ Diagnose- und Behandlungsverfahren. Aschaffenburg: Alibri Verlag 2006, ISBN: 3865690041
  • Birgit Limbach: Die praktische Anwendung von Naturheilverfahren beim Tier. Homöopathie, Phytotherapie, zytoplasmatische Therapie, Akupunktur. Diss. München 1993.
  • Ingo F. Rittmeyer: Heilpraktiker werden, aber wie? Berufliche Chancen, Existenzgründung, Praxisführung, Erfahrungsberichte, Ausbildung, Fachschulen, Überprüfung, Checklisten, Adressen. Mit Tierheilpraktiker werden, aber wie? 3. Aufl. Unikat, Weilrod/Taunus 1998, ISBN 3-930634-18-X
  • Martin Schilling: Studie zur Anwendung der Compositae in der Roßarznei des 16. bis 18. Jahrhunderts. Diss. München 1995.
  • Rolf Schneider: Prüfungsfragen für Tierheilpraktiker 1. Aufl. Sonntag, Stuttgart 2006, ISBN 978-3-8304-9145-3 (empfohlen von der Kooperation deutscher Tierheilpraktiker Verbände e.V.)

[Bearbeiten] Weblinks

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