Unternehmensberater
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Unternehmensberater bieten anderen Unternehmen eine Beratung als Dienstleistung an. Oft ist das Management der Kunden (bzw. Klienten) Gegenstand der Beratung, manchmal aber auch fachliche Entscheidungen und Veränderungen wie z. B. bei speziellen Ingenieurleistungen oder Personalfragen.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Begriff
Für die Unternehmensberatung gibt es unterschiedliche Bezeichnungen:
- Wirtschaftsberatung ist keine offizielle Berufsbezeichnung mit gesetzlicher Grundlage.
- Oft wird auch der Anglizismus Consulting für die Beratung an sich und Consultancy oder Consultant für die Organisation oder Person des Beraters verwendet.
Unternehmensberater erbringen ihre Dienstleistung mit und am Kunden, weshalb häufig von "Mandat" oder "Engagement" gesprochen und die Kunden als "Klienten" oder "Mandanten" bezeichnet werden.
[Bearbeiten] Berufsbild
[Bearbeiten] Qualifikation
Die Tätigkeit des Unternehmensberaters unterliegt in Deutschland keinem Berufsschutz. Österreich bildet mit der Gewerbeordnung im europäischen Raum die einzige Ausnahme und definiert: Laut GewO § 29 sind für den Umfang der Gewerbeberechtigung insbesondere die für die Ausübung erforderlichen eigentümlichen Arbeitsvorgänge, die historische Entwicklung sowie die in den beteiligten gewerblichen Kreisen bestehenden Anschauungen und Vereinbarungen maßgebend.(Zitat WKO).
Jeder in der Unternehmensberatung Tätige kann sich Unternehmensberater nennen. Dies führt in der Praxis insbesondere im Bereich der Wirtschaftsberatung zu ungewünschten Erscheinungen: Als Unternehmensberatung getarnt werden Dienstleistungen (z.B. Versicherungen) ausgewählter Vertragspartner angeboten, was mit einem unabhängigen und objektiven Beratungsprozess wenig zu tun hat.
In Deutschland unterliegen selbstständige und qualifizierte Unternehmensberater i.d.R nicht der Gewerbeordnung, sondern üben eine freiberufliche Tätigkeit aus. Dazu gehört gemäß der in § 18 (1) EStG aufgeführten Katalogberufe (neben der Tätigkeit von Ärzten. Rechtsanwälten oder Steuerberatern) auch die selbstständige Berufstätigkeit der beratenden Volks- und Betriebswirte. Das Bild des beratenden Betriebswirtes entspricht dabei i.d.R. dem des Unternehmensberaters. Voraussetzung für eine freiberufliche Tätigkeit ist dessen Qualifikation, hier i.d.R. ein betriebswirtschaftliches Hochschulstudium und damit, dass der betreffende Selbständige "auf Grund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig wird" (§ 18 EStG). Damit ist durchaus eine Abgrenzung des Berufsbildes möglich.
Die Qualifikation zur Unternehmensberatung erlangt aus akademischer Perspektive in der Regel derjenige, welcher nach einem wirtschaftswissenschaftlichen Hochschulstudium oder einem Hochschulstudium mit betriebswirtschaftlichem Zusatzstudium eine Berufserfahrung von mindestens drei Jahren vorweisen kann oder in diesem Zeitraum als Junior Consultant in einer Unternehmensberatung tätig war. Aber auch Quereinsteiger sind in der Unternehmensberatung tätig, wenn sie genügend Berufserfahrung vorweisen können.
Als hauptberuflich beratend gilt nach Auffassung der Fachverbände, wer 150 Beratungstage jährlich nachweisen kann. Hinzu kommen Fortbildungen, die mindestens 30 Stunden im Jahr umfassen sollten.
[Bearbeiten] Beratungsgrundsätze
Unternehmensberater unterwerfen sich häufig einem Berufs- und Ehrenkodex (engl.: Code of Ethics), z. B. der Association of Management Consulting Firms (AMCF), dem Bund deutscher Unternehmensberater e.V. (BDU) oder der Fachgruppe beratende Volks- und Betriebswirte im bdvb e.V.. Diese enthalten in der Regel folgende Elemente:
- Unabhängigkeit des Unternehmensberaters von Dritten, insbesondere, wenn Entscheidungen über Lieferanten oder andere Marktpartner des Klienten anstehen.
- Objektivität der Beratung unter Berücksichtigung aller Chancen und Risiken.
- Kompetenz: Beraten wird nur in Feldern, in welchen der Unternehmensberater nachweislich Kompetenz erlangt hat.
- Vertraulichkeit: Keine der im Beratungsprozess erworbenen Kenntnisse und Informationen gelangen an Dritte.
[Bearbeiten] Ausbildung
Unternehmensberatungen beschäftigen in der Regel Hochschulabsolventen aus nahezu allen Fachrichtungen. Top-Management-Beratungen stellen in der Regel ausschließlich Absolventen von Universitäten und nicht von Fachhochschulen ein. Insbesondere bei den großen Gesellschaften sind nur zu etwa 50 % Absolventen der Betriebswirtschaftslehre zu finden. Daneben sind besonders die Studiengänge Physik, Mathematik, Psychologie und Medizin stark vertreten. Zu einem kleinen Anteil werden auch Personen mit Berufserfahrung angestellt.
In der Hochschullandschaft gibt es einige Ausbildungsangebote, die eine fachliche Eignung zur Unternehmensberatung als explizites Ziel haben. Darunter finden sich:
- Die FH Ludwigshafen bietet seit 1995 einen post-graduellen Studiengang 'International Management Consulting' mit Abschluss MBA an.
- Der Diplom-Studiengang Business Consulting (BC) der Fachhochschule Oldenburg/Ostfriesland/Wilhelmshaven stellt ein spezielles Studienangebot für die Ausbildung von Unternehmens- und Organisationsberatern in Deutschland dar. Es hat zum Ziel, betriebswirtschaftliche Kenntnisse mit sozialer Handlungskompetenz zu verzahnen.
- Aufbaustudiengänge mit Beratungsspezialisierungen, wie beispielsweise Start-up Consulting werden auch von anderen Universitäten, wie der Fernuniversität in Hagen angeboten.
[Bearbeiten] Karriere in der Beratung
Folgende Hierarchie ist in Unternehmensberatungen weltweit verbreitet. Es gibt besonders bei kleineren Beratungsunternehmen Abweichungen in den Bezeichnungen oder Stufen werden ausgelassen, da diese eine flachere Hierarchie haben. Stellenausschreibungen signalisieren durch die Wahl dieser Bezeichnungen deutlich, in welcher Gehalts- und Erfahrungsstufe Berater gesucht werden.
Stufe | Erfahrung |
(Business/Consulting)-Analyst | bis 2 Jahre |
Junior Consultant | 3 Jahre |
Consultant | 3-4 Jahre |
Senior Consultant | 5-7 Jahre |
Managing Consultant | 8 Jahre und mehr |
Principal | 10-15 Jahre |
Partner | über 15 Jahre |
Der Partner ist in der Regel auch finanziell am Unternehmen beteiligt.
[Bearbeiten] Dienstleistung Beratung
[Bearbeiten] Beratungsprozess
Der Beratungsprozess ist durch stets wiederkehrende Elemente gekennzeichnet. Einer Situationsanalyse (IST-Aufnahme) schließt sich die Zielformulierung (SOLL-Zustand) für das Beratungsprojekt an. Ab diesem Zeitpunkt ist eine Kalkulation des voraussichtlichen Beratungsaufwands möglich. Es folgen die Konzeptentwicklung, die Konzeptpräsentationen, ggf. die Mithilfe (Coaching) bei der Umsetzung (Implementation) sowie ein Maßnahmencontrolling (d.h. eine ständige Überprüfung, ob und inwieweit das gewünschte Ziel schon erreicht wurde).
Der Beratungsprozess erfordert eine Mithilfe des Kunden (bzw. Klienten). Somit stellt Unternehmensberatung eine Dienstleistung unter Einbezug des externen Faktors dar.
[Bearbeiten] Produkthaftung
Eine Art Produkthaftung besteht für Beratungsleistungen nur insofern, als nachweislich falsche Auskünfte zu Schäden führen. Da der Unternehmensberater in der Regel nicht oder nur partiell an der Umsetzung der erarbeiteten Lösungswege beteiligt ist, kann er für Ausführungsfehler in der Umsetzung ebenso wenig haftbar gemacht werden wie für Ratschläge oder Konzeptionen, die auf Fehl- oder Falschinformationen des Kunden (bzw. Klienten) basieren.
[Bearbeiten] Honorare
Die fachlich kompetente Unternehmensberatung setzt voraus, dass der Berater über eine Qualifikation verfügt, welche es ihm ermöglicht, mit dem Beratenen auf möglichst ebenbürtigem Niveau zu verhandeln. Beratung findet üblicherweise auf einer Ebene des Managements statt, da zur Umsetzung einer guten Beratungstätigkeit der Rückhalt und die Mitwirkung der Unternehmens- oder Abteilungsleitung unverzichtbar ist. Damit hat der Unternehmensberater auch einen Anspruch auf eine Vergütung, welche dem Einkommen eines mittleren Geschäftsführers oder gehobenen Abteilungsleiters gleichkommt. Hieraus ergibt sich ein Honorar, welches meist im Bereich von 800 bis 1.400 EUR pro Tag liegt. Es sind allerdings für sehr hochwertige Beraterkapazitäten Honorare von über 5.000 EUR pro Tag möglich. Die Kalkulation bzw. Rechtfertigung des Beraterhonorars begründet darauf, dass bei guter Auslastung normalerweise etwa 150 Beratungstage pro Jahr geleistet und abgerechnet werden können. Daraus ergibt sich beim Tagessatz von 1.200 EUR ein Umsatz von etwa 180.000 EUR. Das Jahresgehalt eines angestellten Unternehmensberaters liegt im Bereich von 70.000 für Junior-Berater, bis 160.000 EUR oder mehr für erfahrene Senior-Berater.
Die Preisspreizungen in der Branche liegen je nach Spezialisierung weit auseinander. Während im Jahr 2001 noch Tagessätze von über 5.000 EUR in der Strategieberatung realisierbar waren, so sind diese Tagessätze im Jahr 2006 um über 30 % im Schnitt gesunken. Das gilt auch für die Einstiegsgehälter. Ein Junior-Berater verdient im Jahre 2006 im Durchschnitt rund 35 % weniger als in den Jahren zuvor. Derzeit (2007) liegt das Anfangsgehalt bei unter 55.000 EUR.
[Bearbeiten] Beratungsrichtungen
Es lassen sich im wesentlichen mehrere Beratungsthemen unterscheiden:
- Managementberatung
- IT-Beratung
- IT-Consulting (Geschäftsprozess- / Technologie- / Infrastruktur-Beratung )
- System-Integration (Technologieberatung / Systemintegration)
- IT-Service-Provider (IT- und Prozessbetrieb)
- Personalberatung
- Personal-Recruitment > Head Hunter
- High Potential Development
- Personal Konzepte
- Training / Weiterbildung
[Bearbeiten] Beratungsinhalte
Es lassen sich im wesentlichen sehr unterschiedliche Beratungsthemen unterscheiden:
- Fusionen / Mergers (Unternehmen, Bereichen, Abteilungen)
- Auslagerungen / Outsourcing
- Umstrukturierung
- Cost Cutting (Kostensenkung)
- Einführung neuer Technologien, Arbeitsmethoden und Systeme
- Strategieentwicklung, -planung und Umsetzung
- Interim Management
- Organisationsdiagnose
[Bearbeiten] Beratungsansätze
- Prozessorientierte Beratung
- Systemische Unternehmensberatung
- Organisationsentwicklung
- Inhaltsorientierte Beratung
[Bearbeiten] Kritik & Abgrenzung
[Bearbeiten] Volkswirtschaftlich
Gerade im Rahmen der Globalisierungskritik dient die Tätigkeit von Unternehmensberatern häufig als klassisches Beispiel für einen Mangel an nachhaltiger Entwicklung und wird dementsprechend kritisiert. Es wird bemängelt, dass die Unternehmensberatung nur ihren Beraterauftrag erfüllt, dabei aber keine der potenziell negativen Folgen im betroffenen Unternehmen miterleide. Unternehmensberater verteidigen sich gegen diesen Vorwurf mit dem Hinweis, ein Chirurg würde ja auch nicht die möglichen Schmerzen im Anschluss an eine Operation selber erleiden, und dennoch käme niemand auf die Idee, ihn dafür zu kritisieren.
[Bearbeiten] Betriebswirtschaftlich
Manche Mitarbeiter von beratenen Unternehmen sind außerdem der Meinung, dass die vom Unternehmensberater eingebrachte Expertise lediglich eine Zusammenfassung und Präsentation bereits vorhandener interner Änderungsvorschläge darstelle. Die Unternehmensberatung umfasst keine Ergebnisverantwortung, so endet diese Dienstleistung vor der realen Umsetzung. Einen lösungsorientierteren Ansatz bietet hier das Interim Management.
Zusätzlich steht dabei der Vorwurf im Raum, dass die Führung eines Unternehmens die Änderungsvorschläge einer Unternehmensberatung lediglich als Vorwand verwenden könnte, um unpopuläre Ideen umzusetzen und dabei von der eigenen Verantwortung abzulenken. Dieses Verantwortungs-Outsourcing sei für beide Parteien sehr lukrativ: Die Firmenleitung entziehe sich gegen Zahlung der ureigenen Aufgabe der unternehmerischen Entscheidungsfindung, die Beratungsfirma würde großzügig für die Übernahme einer Verantwortung entlohnt, für die sie nie zur Rechenschaft gezogen werden kann.
Neben der Haftung (siehe oben) fehlen auch objektiv nachvollziehbare Qualitätsnachweise für die Beratungsleistung.
[Bearbeiten] Inhaltlich
Da jeder Unternehmensberatung nur ein begrenzter Satz an Methoden zur Verfügung steht, die auch noch von verschiedenen Managementmoden geprägt werden, ist die Gefahr des "Klonens" - einer Eins-zu-eins-Übertragung eines einzigen Konzeptes auf alle beratenen Kunden - groß. Dadurch kann die Einzigartigkeit (das Alleinstellungsmerkmal) des beratenen Unternehmen zerstört werden. Dies wird verstärkt durch:
- Das "Up or out-Konzept" der Beraterkarriere, das die Berater zwingt, finanziell erfolgreiche Projekte vorzuweisen. Tiefe Analysen, Denkpausen und kreative Arbeit können so auf der Strecke bleiben.
- Das Alumni-Netzwerk ehemaliger Mitarbeiter des Beratungsunternehmens, das bewusst geknüpft wird, um alte Kunden zu binden und Neukunden zu finden.
- Die Einstellung von Absolventen ohne tiefgehende Beruferfahrung, um diese früh auf das eigene Beratungskonzept einzuschwören.
[Bearbeiten] Bekannte Unternehmensberatungen und -berater
Größere Unternehmensberatungen, die einen Wikipediaeintrag haben, finden sich in der Kategorie Beratungsunternehmen.
Eine aktuelle Marktübersicht der größten Unternehmensberatungen erstellt alljährlich die Marktforschungsfirma Lünendonk, die dort so genannten Lünendonk-Listen.
[Bearbeiten] Studentische Unternehmensberatungen
Neben den großen Beratungsunternehmen haben sich im Umfeld von Universitäten und Fachhochschulen zahlreiche studentische Unternehmensberatungen etabliert. Diese verfolgen neben der eigentlichen Beratungsleistung den primären Zweck, Studenten die praxisnahe Anwendung des erworbenen Wissens zu ermöglichen. Ein Großteil der oben aufgezählten Beratungsbereiche wird inzwischen auch von den studentischen Unternehmensberatungen abgedeckt, allerdings tendenziell eher weniger komplexe Beratungsprojekte. Die meisten studentischen Unternehmensberatungen sind in einem der beiden bundesweiten Dachverbände (BDSU e.V. und JCNetwork e.V.) organisiert. Durch die Dachverbände oder auch durch professionelle Beratungen holen sich viele studentische Unternehmensberatungen Unterstützung für ihre Arbeit.
[Bearbeiten] Organisationen
- BDSU e.V. - Bundesverbandes Deutscher Studentischer Unternehmensberatungen
- Vereinigung beratender Betriebs- und Volkswirte e.V. (VBV)
- JCNetwork e.V. - Junior Consultant Network
- Association of Management Consultants Switzerland (ASCO)
- Fachgruppe Beratende Volks- und Betriebswirte im Bundesverband Deutscher Volks- und Betriebswirte e.V. (>100 Jahre, 12.000 Mitglieder).
- Freier Verband der Unternehmensberater und Wirtschaftsberater FVUW (Fachverband der Betriebswirte / Volkswirte / Dipl.Kfm / WP/ Buchhalter / BBH)
[Bearbeiten] Literatur
- Rainer Steppan: Versager im Dreiteiler. Wie Unternehmensberater die Wirtschaft ruinieren, Eichborn Verlag, Frankfurt am Main, Oktober 2003, ISBN 3-8218-3998-8
- Winfried Abele und Stefan Scheurer: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing. Managementberatung - Kunst, Handwerk oder Geschäft mit der Angst, Orell Füssli Verlag, Zürich 2006, ISBN 3-280-05200-9
- Thomas Leif: beraten und verkauft. McKinsey & Co. Der große Bluff der Unternehmensberater, Bertelsmann Verlag, München 2006, ISBN 978-3-570-00925-3
[Bearbeiten] Filmographie
- "grow or go". Die Architekten des "global village". Dokumentarfilm, Deutschland 2003, 94 Min., Buch: Marc Bauder, Dörte Franke, Regie: Marc Bauder, Produktion: ZDF, Das kleine Fernsehspiel, Inhaltsangabe (Vier Absolventen der EBS bei den ersten Schritten auf ihrem Weg, Unternehmensberater zu werden.)
- „Gelesen, gelacht, gelocht - Vom Irrsinn der Beraterrepublik.“ Reportage, 44 Min., Produktion: SWR, Erstsendung: 30. Mai 2005 [1] [2]
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Inhaltsangabe von „Gelesen, gelacht, gelocht“, SWR, 25. Mai 2005
- ↑ Gunnar Sohn: Besprechung von Gelesen, gelacht, gelocht, neuenachricht.de