Verbraucherinformationsgesetz
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Das seit 2002 geplante deutsche Verbraucherinformationsgesetz, ursprünglich von der Bundesministerin Renate Künast (Bündnis 90/Die Grünen) vom Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz vorgelegt, soll die Verbraucherrechte stärken und entscheidend verbessern.
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[Bearbeiten] Wichtige Inhalte
Alle Verbraucher sollen Anspruch auf Information über Produkte (Lebens- und Futtermittel sowie Wein, Kosmetika und Bedarfsgegenstände) erhalten, die den Behörden vorliegen. Die Behörden ihrerseits sollen das Recht haben, über bestimmte Sachverhalte aktiv zu informieren. Es soll künftig möglich sein, von den Behörden zu erfragen, welche Informationen über bestimmte Produkte vorliegen, beispielsweise zu deren Beschaffenheit oder Herstellungsbedingungen, ob sie Allergene enthalten, oder welche sonstigen Untersuchungsergebnisse darüber vorliegen. Behörden wiederum sollen in die Lage versetzt werden, Hinweise über Produkte weitergeben zu können, bei denen beispielsweise eine erhebliche Überschreitung von Grenzwerten festgestellt wurde oder bei denen es wissenschaftlich umstritten ist, ab welcher Konzentration ein bestimmtes Risiko besteht. Auch bei einem Verstoß gegen verbraucherschützende Vorschriften soll den Behörden gestattet sein, die Namen der Firmen bekanntzugeben, was in Deutschland bisher nicht möglich ist.
Öffentliche Warnungen und Produktrückrufe werden bisher ohne Namensnennung im Rapid Alert System for Food and Feed der Europäischen Kommission veröffentlicht. Das neue Verbraucherinformationsgesetz sieht vor, dass Behörden zukünftig auch dann die Namen von Herstellern öffentlich bekanntgeben können, wenn das Verwaltungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist, also beispielsweise die Gegenprobe in einem zweiten Labor noch nicht untersucht und bewertet wurde. Dadurch könnten sich diese Fälle zukünftig häufen. Beispiele für solche behördlich verschuldeten Lebensmittelskandale waren in der Vergangenheit die bekannten Fälle "Birkel" und "Coppenrath & Wiese". Im ungünstigsten Fall scheiden solche Unternehmen und ihre Arbeitsplätze dadurch ohne Verschulden aus dem Marktgeschehen aus.
[Bearbeiten] Entstehungsgeschichte
Trotz mehrerer Anläufe war das Gesetz mehrfach am Widerstand des CDU-geführten Bundesrats gescheitert. Im Koalitionsvertrag der Großen Koalition ist die Absicht, ein solches Gesetz zu verabschieden, enthalten. Dementsprechend hat das zuständige Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, nun geleitet von Horst Seehofer, das Verfahren erneut angestoßen. Der Bundestag hat am 29. Juni 2006 ein Verbraucherinformationsgesetz (VIG) beschlossen, das vom Bundesrat in seiner Sitzung am 22. September 2006 bestätigt wurde und in sechs Monaten in Kraft treten sollte.
Am 10. Oktober 2006 erhielt das Bundespräsidialamt das Gesetz zur Ausfertigung. Ende November 2006 wies das Bundespräsidialamt in einem Schreiben an das Bundeskanzleramt auf verfassungsrechtliche Bedenken hin und bat um Stellungnahme. In ihrer Stellungnahme, die am 4. Dezember 2006 beim Bundespräsidialamt einging, vertritt die Bundesregierung - in Übereinstimmung mit dem Bundestag und der Mehrheit des Bundesrates - die Auffassung, dass eine unzulässige Aufgabenübertragung auf die Kommunen nach Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG nicht vorliegt.
Am 8. Dezember 2006 verweigerte Bundespräsident Horst Köhler aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken die Ausfertigung. In dem gleichlautenden Schreiben des Bundespräsidenten an den Bundestag, die Bundesregierung und den Bundesrat vom 8. Dezember 2006 heißt es: "In der Verpflichtung der kommunalen Behörden, Anträge nach dem Verbraucherinformationsgesetz auf Herausgabe von Informationen zu prüfen und zu bescheiden, liegt eine Aufgabenübertragung im Sinne des Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG. Hierin sehe ich einen klaren Verstoß gegen die seit dem 1. September 2006 geltende negative Kompetenzvorschrift des Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG, der mich daran hindert, das Gesetz auszufertigen. .... Meines Erachtens kann den berechtigten Belangen des Verbraucherschutzes sehr schnell durch die erneute Verabschiedung des Gesetzes ohne die verfassungsrechtlich unzulässige Aufgabenzuweisung Rechnung getragen werden" (Bundesrats-Drucksache 584/06 vom 8. Dezember 2006).
Diese Entscheidung des Bundespräsidenten löste in der Öffentlichkeit eine große Kontroverse über Aufgaben, Stellung und Prüfungskompetenz des Bundespräsidenten aus. Juristisch beraten haben den Volkswirt Köhler in dieser Angelegenheit die Abteilungsleiterin des Bundespräsidialamtes Cornelia Quennet-Thielen und der Referatsleiter im Bundespräsidialamt Stefan Ulrich Pieper, der seit Januar 2006 den Bundespräsidenten juristisch berät.
[Bearbeiten] Bundesländer
Nach dem Scheitern des Verbraucherinformationsgesetzes im Bund sehen viele nun die Länder am Zuge. Sowohl der Deutsche Städte- und Gemeindebund, der Städtetag und der Deutschen Landkreistage äußerten sich in diesem Sinne.
Allerdings fehlen bisher Verbraucherinformationsgesetze in den meisten Bundesländern. Nur Berlin verabschiedete am 15. Mai 2003 ein solches Gesetz.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- Verbraucherinformationsgesetz Berlin
- Gesetzesantrag des Landes Niedersachsen: Entwurf eines Gesetzes über die Weitergabe von Informationen und die Nutzung von Daten zum Verbraucherschutz (Verbraucherinformationsgesetz - VerbIG), BR-Drs. 132/02 vom 14. Februar 2002.
- Gesetzentwurf der Bundesregierung: Entwurf eines Verbraucherinformationsgesetzes (VerbIG), BR-Drs. 210/02 vom 15. März 2002.
- Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: Entwurf eines Verbraucherinformationsgesetzes (VIG), BT-Drs. 16/199 vom 13. Dezember 2005.
- Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und SPD: Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Verbraucherinformation, BT-Drs. 16/1408 vom 9. Mai 2006.
- Unterrichtung des Bundesrates durch den Bundespräsidenten als BRat-Drucksache.
- Verbraucherschutzindex der Bundesländer: Zur Verbraucherpolitik auf Landesebene, im Auftrag des Verbraucherzentrale Bundesverbandes e.V.
- Presseerklärung des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz