Volluniversität
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Als Volluniversität bezeichnet man eine Hochschule, an der das Studium der wichtigsten wissenschaftlichen Fachbereiche möglich ist - an einer Volluniversität sind also mindestens Wirtschaftswissenschaft, Geisteswissenschaften, Ingenieurwissenschaften, Jura, Medizin, Naturwissenschaften und Theologie in Forschung und Lehre vertreten. Ist sie noch in der traditionellen Weise organisiert, verfügt sie über die entsprechenden Fakultäten. Eine Volluniversität besitzt das Recht, in all diesen Fächern Promotionen und Habilitationen durchzuführen.
Die Volluniversität unterscheidet sich damit von solchen Hochschulen, die lediglich auf einen Ausschnitt an Fächern spezialisiert sind (zum Beispiel Medizinische Hochschulen und Technische Hochschulen), in diesem Bereich aber ebenfalls über Promotions- und Habilitationsrecht verfügen.
Besonders die vielen in den sechziger und siebziger Jahren neu gegründeten Universitäten strebten lange Zeit fast sämtlich danach, "Volluniversitäten" zu werden, um als den Traditionsuniversitäten gleichwertig angesehen zu werden. Tatsächlich sind aber viele der Traditionsuniversitäten gar keine Volluniversitäten im Sinne der Definition (mehr), da ihnen ein Teil der Fächer fehlt. Nach der strengen Definition, die auch technische Fächer erfordert, gibt es nur fünf Volluniversitäten in Deutschland: Bochum, Erlangen-Nürnberg, Halle, Kiel und Rostock.
[Bearbeiten] Leitbild Volluniversität
Aus heutiger Sicht wird das "Leitbild Volluniversität" teils kritisch gesehen. Im Bestreben, den Status der Traditionsuniversitäten zu erreichen, haben viele Neugründungen ihre Mittel auf die gesamte Spannbreite der Fächer verteilt. Da ihre Ressourcen aber fast durchweg nicht etwa größer, sondern wesentlich geringer waren als die der etablierten Hochschulen, bestand das Ergebnis in der Regel in lückenhaften oder sehr kleinen Fachbereichen, die gerade eben die Kernfächer aufwiesen und kaum wissenschaftlichen Schwerpunkte ausbilden konnten - so zumindest die Kritik. In internen Diskussionen wird häufig die mangelnde Effizienz und wissenschaftliche "Schwerkraft" solcher Kleinfachbereiche beklagt. Dies gilt insbesondere für die Naturwissenschaften, weniger für die Geisteswissenschaften. Viele Universitäten bemühen sich seit Jahren um die verstärkte Ausbildung von Schwerpunkten.
Bei aller berechtigten Skepsis gegenüber Qualitätsvergleichen und Ranglisten in der Wissenschaft lässt sich in der Gesamtschau dieser Rankings doch feststellen, dass neben den sehr großen Universitäten vor allem diejenigen gut abschneiden, die ihre Ressourcen frühzeitig zur Schwerpunktbildung genutzt haben. Von den zehn im Rahmen der sogenannten "Exzellenzinitiative" als "Eliteunis" ausgewählten Hochschulen sind allein drei Technische Universitäten. Allerdings muss man hier anfügen, dass die Bewertungskriterien der Exzellenzinitiative ihre Schwerpunkte bereits auf wirschaftliche Verwertbarkeit setzt und als Auswahlkriterum u.a. der bisherige Drittmittelerwerb zählt, das heißt, das diejenigen Universitäten bevorzugt werden, die bereits Fördergelder beziehen. Hinzu kommt die einseitige Förderung der Forschung. Die Lehre wird nicht berücksichtigt. Das bedeutet der "Erfolg" als "Eliteuni" im "Exzellenzverfahren" sagt noch nichts über die Qualität der Universität im Ganzen aus.
[Bearbeiten] Spezialisierung als Alternative zur Volluniversität
Ein bekanntes Beispiel für eine erfolgreiche Spezialisierung ist die Universität Mannheim, die trotz der geringen Größe von nur 11.500 Studierenden hohe Anerkennung in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften genießt, auf die sie sich fast ausschließlich konzentriert. Erwähnt werden muss allerdings, dass diesem Trend zur Schwerpunktbildung mitunter auch recht kurzsichtig erfolgreiche kleinere Fächer geopfert werden. Zudem entspricht es dem ursprünglichen Grundgedanken einer "Universität", eine möglichst breite Bildung zu ermöglichen. Der Königsweg zur erfolgreichen Hochschule ist noch nicht gefunden worden; die Diskussion ist noch offen.