Voluntarismus
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Als Voluntarismus (von lat. "velle" = wollen, "volunt" = sie wollen; Lehre von der Bedeutung des Willens) wird seit Anfang des 20. Jahrhunderts die Ansicht bezeichnet, dass die Willensvorgänge eine typische, für die Auffassung aller psychischen Vorgänge maßgebende Bedeutung haben. Der Begriff wurde von dem Soziologen Ferdinand Tönnies geprägt.
Vertreter des Voluntarismus gehen davon aus, dass das Wollen mit den ihm eng verbundenen Gefühlen und Affekten einen integralen Bestandteil der sozialen und psychischen Erfahrung ausmache, dessen Stellung gleichauf mit den Empfindungen und Vorstellungen liegt.
Dem Voluntarismus zu Folge sind psychische Prozesse als Prozesse in sich aufzufassen, die auf der subjektiven Reaktion des Menschen auf sein Umfeld beruhen und - wenigstens teilweise - nicht fremdbestimmt sind.
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[Bearbeiten] Voluntarismus in der Philosophiegeschichte
Schon früher gab es Philosophen, die den Willen in Abgrenzung zur Vernunft in den Mittelpunkt ihres Denkens stellten, z.B. die scholastischen Scotisten im Spätmittelalter und der frühen Neuzeit. Ein Hauptvertreter eines metaphysischen Voluntarismus war Arthur Schopenhauer (Die Welt als Wille und Vorstellung). Im Gegensatz zum philosophischen Voluntarismus stehen Determinismus und Intellektualismus.
[Bearbeiten] Voluntarismus im Marxismus
In innermarxistischen Auseinandersetzungen wird - ausgehend von der deterministischen Auffassung des Klassenkampfes - dem politischen Gegner häufig Voluntarismus vorgeworfen. So bekämpfte Rosa Luxemburg beispielsweise den so genannten Voluntarismus der polnischen Sozialistischen Partei. Mitglieder der SED bezeichneten Rudi Dutschke als Voluntaristen, weil er libertär-sozialistische Ansätze vertrat.
[Bearbeiten] Literatur
[Bearbeiten] Allgemein
- R. Eisler, Wörterbuch der Philosopischen Begriffe, 1907
[Bearbeiten] Einzeluntersuchungen
- Arthur Schopenhauer, Die Welt als Wille und Vorstellung, Bd. 1: 1818/1819, Bd. 2: 1844
- Ferdinand Tönnies, Die Tatsache des Wollens, postum
- Julio C. Vargas Bejarano, Phänomenologie des Willens. Seine Struktur, sein Ursprung und seine Funktion in Husserls Denken. Frankfurt am Main u.a.: Peter Lang 2006, ISBN 3-631-55707-8