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Wagengrab von Bell - Wikipedia

Wagengrab von Bell

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Das Wagengrab von Bell ist die letzte Ruhestätte eines Mannes aus der örtlichen Führungsschicht, welcher um 500 v. Chr. - d.h. in der späten Hallstattzeit - beigesetzt wurde.

Es wurde 1938 als Erst- und Zentralbestattung im größten Grabhügel eines Hügelgräberfeldes auf dem Gelände des heutigen Bahnhofs von Bell bei Kastellaun im Hunsrück entdeckt.

Das Grab und das zugehörige Gräberfeld "Fuchshohl" werden der "keltischen Kultur" zugeordnet, die ab Mitte des 6. Jh. v. Chr. auch in der Mittelrheinregion fassbar wird.

Das Wagengrab von Bell hat in der Archäologie einen besonderen Stellenwert gefunden, weil es eines der ältesten Zeugnisse für die Ursprünge und Entwicklung des frühlatènezeitlichen Prunkgräberbrauchs in der Mittelrheinregion ist und lange eines der wenigen frühen Wagengräber der Region war, das regulär, mit wissenschaftlichen Methoden ausgegraben und untersucht wurde. Es dürfte auch in Zukunft eine Rolle bei der Erforschung des Übergangs und des gesellschaftlichen Wandels von der Hallstattzeit zur La-Tène-Kultur in der Region spielen.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Das Wagengrab

Wagengrab am Beller Bahnhof
Wagengrab am Beller Bahnhof

In einer hölzernen Grabkammer, für damalige regionale Verhältnisse außergewöhnlich, wurde der führende Mann einer Siedlungsgemeinschaft mit einem vierrädrigen Wagen, einer bronzenen Situla (ein Wein- oder Trinkbehälter in Form eines Eimers), die aus dem Tessin importiert worden war sowie einer eisernen Lanze und einer (heute verschollenen) Fibel (Gewandspange) zur letzten Ruhe gebettet.

Bis auf die Lanze, die einheimischer Produktion sein könnte, kamen alle Beigaben wahrscheinlich aus dem Süden - entweder aus Oberitalien oder aus der in Süddeutschland und Ostfrankreich ansässigen Hallstattkultur.

In der archäologischen Diskussion wird vermutet, dass der führende Mann aus Bell damit bewußt nach dem Vorbild des damals fortschrittlichen "Nordalpinen Hallstattkreises" bestattet wurde und eine "Hallstattisierung" (d.h. eine Assimilation an die Kulturäußerungen der frühkeltischen Hallstattkultur) in der Mittelrheinregion erkennbar wird. Die eiserne Lanzenspitze zeichnete den Toten als Mann aus. Das bronzene Trinkgeschirr demonstrierte seine Zugehörigkeit zur Führungsschicht in seiner Region oder Siedlungsgemeinschaft. Die Bestattung des Toten mit seinem Wagen sowie die hölzerne Grabkammer sind Ausdruck eines wachsenden Bewußtsein von sozialer Überlegenheit und zeichnen ihn als Obersten seiner Gruppe aus.

Das Wagengrab gehört der Kulturstufe der älteren Hunsrück-Eifel-Kultur an, die überregional der Späthallstattzeit Ha D2 bzw. D3 entspricht.

[Bearbeiten] Das Umfeld

Das Wagengrab war augenscheinlich das Gründungsgrab des Hügelgräberfeldes "Fuchshohl", das 1938 noch 29 Hügel mit insgesamt mind. 41 Bestattungen ab der späten Hallstattzeit umfasste.

Wenige hundert Meter entfernt ist aus der Gemarkung Bell ein weiteres Grabhügelfeld "Alter Markt" bekannt, das 1887 und 1888 teilweise untersucht wurde. Von diesem zweiten Gräberfeld sind heute noch vier Grabhügel auf einem Sperrgebiet der Bundeswehr erhalten.

Beide Hügelgräberfelder könnten zu derselben Siedlungsgemeinschaft der Eisenzeit gehört haben. Die zugehörige eisenzeitliche Siedlung ist bisher unentdeckt.

[Bearbeiten] Die Hügelgräberfelder "Fuchshohl" und "Alter Markt

Während die 22 Grabhügel des Gräberfeldes "Alter Markt" von der Laufelder Kultur (Ha C bis Ha D2) bis in die Frühlatènezeit (Lt A) angelegt wurden (d. h. vom 6. bis mind. Ende 5. Jh. v. Chr.), wurde im Hügelgräberfeld "Fuchshohl" in der Spätthallstatt- und in der Frühlatènezeit bestattet.

Die Funde vom "Alten Markt" sind schlecht publiziert. Die zugängigen Unterlagen weisen Keramik und nur sehr selten Metallfunde aus, die in eine Zeit zwischen ca. 600 und ca. 400 v. Chr. zu datieren sind.

Lageplan
Lageplan

Das Gräberfeld "Fuchshohl" beginnt mit dem Wagengrab um - oder kurz nach - 500 v. Chr. Einige weitere Bestattungen - vor allem drei oder vier Nachbestattungen im Grabhügel mit dem Wagengrab - sind noch in die späte Hallstattzeit (d. h. die Ältere Hunsrück-Eifel-Kultur) um 500 bis 470 v. Chr. zu datieren. In den nächsten ca. 100 Jahren (der Stufe Lt A bzw. der Hunrück-Eifel-Kultur II ) wurden mindestens weitere 20 Grabhügel angelegt. Weitere 4 - 6 Grabhügel datieren nachweislich aus einer späteren Stufe der Frühlatènezeit - Lt B. (Der Rest der Hügel ist nicht sicher zu datieren.) Das Hügelgräberfeld "Fuchshohl" bricht ca. um 350 v. Chr. ab.

Anthropologische Untersuchungen der menschlichen Überreste aus dem Gräberfeld "Fuchshohl" lassen vermuten, dass die dort bestattete Gemeinschaft wahrscheinlich zu zwei - höchstens drei - eisenzeitlichen Höfen gehört haben dürfte.

Die Gräber sind - vom späthallstattzeitlichen Wagengrab abgesehen - sehr einfach ausgestattet. Meist wurden den Toten ein oder zwei keramische Gefäße beigegeben. Nur in ca. einem Drittel der Gräber sind Metallbeigaben vorhanden. Bei männlichen Bestattungen sind das meistens einzelne Lanzenspitzen, selten andere Metallgegenstände wie Teile eines Gürtels. Sehr selten wurden Teile des für die Region typischen Frauenschmucks z. B. Armringe entdeckt. - Insgesamt machen die Gräber einen recht spärlichen Eindruck. Wahrscheinlich geben sie damit ein beredtes Zeugnis von der tatsächlichen Durchschnittsbevölkerung der Region und Zeit ab.

Die Funde aus dem Wagengrab von Bell und der beiden Gräberfelder werden im Rheinischen Landesmuseum in Bonn verwahrt. Mittlerweile hat die Rekonstruktion des Wagengrabs einen festen Platz in der Dauerausstellung des Museums gefunden.

[Bearbeiten] Literatur:

  • Driehaus, J.: Zur Datierung des Gräberfeldes von Bell im Hunsrück. In: Bonner Jahrb. 166, 1976, S. 1 - 25.
  • Haffner, A.: Die westliche Hunsrück-Eifel-Kultur. Röm.-Germ.-Forsch. 36, Berlin 1977.
  • Hammes, B.: Das Wagengrab von Bell und sein Gräberfeld. In: Abenteuer Archäologie, Heft 6, 2004, S. 8 - 13. (ISSN 1615-7125)
  • Joachim, H.-E.: Ein Hügelgräberfeld der Jüngeren Hunsrück-Eifel-Kultur in Brachtendorf, Kreis Cochem. In: Bonner Jahrb. 171, 1971, S. 59 - 113.
  • Joachim, H.- E. : Der Wagen von Bell, Rhein-Hunsrück-Kreis in: Vierrädrige Wagen der Hallstattzeit - Untersuchungen zur Geschichte und Technik In: Monographien, Römisch- Germanisches Zentralmuseum Mainz 1987, S. 135-143.
  • Möller, C.: Zu Wagengräbern mit Situlen der Späthallstatt- und Frühlatènezeit am Mittelrhein. In: Berichte zur Archäologie an Mittelrhein und Mosel 5, Trier 1997. S. 117 - 130.
  • Nortmann, H.: Die Westflanke des Rheinischen Gebirges bis zum Einsetzen der "Fürstengräber". In: Ber. RGK 74, 1993, S. 199 - 258.
  • Nortmann, H.: Zwei neue Bronzesitulen aus der Eifel. In: Trierer Zeitschr. 62, 1999, S. 83 - 139.
  • Rest, W.: Das Gräberfeld von Bell im Hunsrück. In: Bonner Jahrb. 148, 1948, S. 153 - 189.
  • Wagner, W.: Hunsrückmuseum Simmern. Mit Inventar der vor- und frühgeschichtlichen Sammlung. Schriftenreihe des Hunsrückmuseums in Simmern/ Hunsrück, Nr. 7, Simmern 1993, S. 104 - 119.

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