Wintergarten (Varieté)
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Der Wintergarten war eine von 1888 bis 1944 bestehende Varieté-Bühne am Bahnhof Friedrichstraße in Berlin-Mitte. Unter dem traditionsreichen Namen eröffnete 1992 ein Varietétheater an anderer Stelle in Berlin-Tiergarten.
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[Bearbeiten] Der erste „Wintergarten“
- 1880 An der Ecke Friedrichstraße 143–149 /Dorotheenstraße in Berlin-Mitte wird das Central-Hotel als pompöses Eckhaus eröffnet. Erbaut von Hermann von der Hude steht den Gästen ein 2000 m² großer Glaspalast mit einer riesigen Kuppel als Wintergarten zur Verfügung, der mit Brunnen, Grotten und exotischen Pflanzen ausgestattet ist. Bald finden dort prunkvolle Diners, Festveranstaltungen und Konzerte für bis zu 2.200 Gäste statt.
- 1882 In unmittelbarer Nähe eröffnet der Stadtbahnhof Friedrichstraße
- 1884 wird der Wintergarten zum Theater mit gastronomischem Angebot während der Vorstellungen. Die Idee war nicht neu. So etwas gab es an anderer Stelle bereits 1848, das Theater im Wintergarten der Gebrüder Hennig; Chausseestraße 21, nicht weit vom Hotel Central entfernt.
- 1887 Der Hotelanbau eröffnete als selbständig, betriebene Einheit unter dem offiziellen Namen „Wintergarten“
- 1888 werden erste kleine Varieté-Vorstellungen angeboten.
- 1889 Durch die Gastspiele berühmter Stars wie Saharet, Mistinguett und Yvette Guilbert wird der Wintergarten zu einem Begriff im kultivierten Berliner Nachtleben.
- 1895 Max Skladanowsky und sein Bruder sorgen am 1. November mit ihrem Bioscop für einen extravaganten Programmpunkt, der ersten öffentlichen Kinovorführung. Der Wintergarten wird neben dem Apollo-Theater (Friedrichstrasse 218, 1890–1910) das berühmeste Berliner Varieté jener Jahre.
- 1900 Berlin hat um die Jahrhundertwende etwa 80 Varietés, hier auch 'Spezialitätentheater' genannt. Es gab sie in allen Preislagen, viele als Gartentheater an der Hasenheide und am Weinbergsweg. Der Wintergarten hatte inzwischen die Spitzenstellung. Dem Zirkus ging es nicht mehr so gut, das Kabarett konnte noch nicht eigenständig existieren. Der Wintergarten bot eine bunte Mixtur des und der Besten aus Kabarett und Zirkus. Das hatte man sich im Apollo-Theater abgeschaut und klug ausgebaut. Jede Sensationsnummer, jeder Unterhaltungskünstler wurde spätestens durch einen Auftritt im Wintergarten berühmt. Stars aus Oper und Manege, virtuose Artisten und internationale Varietégrößen gastierten hier. Die Clowns Grock und Charlie Rivel, der Wunderjongleur Rastelli, wie der Entfesselungskünstler Houdini traten auf und sorgten für ein ausverkauftes Haus.
- 1920 Die „wilden“ Zwanziger, man zeigte exzentrische Mode im Parkett und originelle Talente wie die schnodderige Diseuse Claire Waldoff und der Coupletsänger Otto Reutter. Unter dem Sternenhimmel der großen Kuppel bewunderte man fliegende Trapezkünstler und auf der Bühne frivole Schönheitstänzerinnen aus Paris. Goldbetresste Mohren wiesen den Weg, das Orchester war vor der breiten Bühne in einem Graben versenkt. Der Platz auf der Terrasse, wo man während der Vorstellung auch speisen konnte, kostete sechs Mark, im Entree konnte man für eine Mark stehen. Berlin zeigte sich als internationale Hauptstadt des Vergnügens und der Wintergarten war der angesagte Treffpunkt.
- 1944 Im Januar und März treffen Bomben das Gebäude. Nach der letzten Vorstellung am 21. Juni wurde der Wintergarten durch einen weiteren Angriff total zerstört.
- 1950 wurde die Ruine des Wintergartens gesprengt.
[Bearbeiten] Wiederbelebungsversuch der Nachkriegszeit
Für wenige Jahre wurde in der „Neuen Welt“ in der Hasenheide 108–114 (Berlin-Kreuzberg) ein „Wintergarten“ betrieben, der an alte Traditionen anknüpfen sollte. Das Gebäude war jedoch zu groß und die Interessen des Publikums hatten sich gewandelt. Vielleicht hatte die zuvor als Veranstaltungsort für Catch-Kämpfe genutzte Halle in den Augen des Publikums nicht den Ruf eines eleganten Hauses.
[Bearbeiten] Der zweite „Wintergarten“
- 1992 gab es in der Potsdamer Straße 96 in Tiergarten wiederum einen Neuanfang unter dem Namen „Wintergarten“. Am 25. September eröffneten mit einer festlichen Galapremiere das von André Heller, Bernhard Paul und Peter Schwenkow neu gegründete Varieté in den traditionsreichen, völlig neu umgebauten Räumlichkeiten des Quatier Latin in der Potsdamer Straße in Berlin-Schöneberg. Die besonderen Stars waren Siegfried und Roy aus Las Vegas.
- 1993 Im April findet die erste große Gala anlässlich der Verleihung des Schallplattenpreises ECHO statt. Internationale Stars wie Phil Collins treten auf. Im gleichen Jahr erhält das Wintergarten Varieté den Kulturpreis der Berliner Boulevardzeitung B.Z.
- 1994 Eine Folge der TV-Krimiserie „Tatort“ vom SFB entsteht im Wintergarten.
- 1995 „Die Traumhochzeit“ mit Linda de Mol von RTL ist für Dreharbeiten Gast im Haus.
- 1998 Foyer und Restaurant werden aufwändig und elegant umgebaut.
- 2000 Millennium-Show „As Time Goes By“ (Regie: Bernhard Paul) wird mit gleich zwei glanzvollen Galavorstellungen gefeiert. Das Programm begleiten jeweils Robin Merrill & The Savoy Dance Orchestra und Max Raabe mit dem Palast Orchester.
- 2001/2002 Show zum Jahreswechsel „Swingle Bells“.
- 2002 Zehn Jahre neuer Wintergarten! Im Jubiläumsjahr werden insgesamt vier Programme aufgelegt, die ein Wiedersehen mit den herausragendsten Künstlern der letzten Dekade bieten.
[Bearbeiten] Siehe auch
- Wintergarten als Erweiterung eines Gebäudes
- Kabarett
- Varieté
- Scala
- Plaza
- Friedrichsbau
- Zirkus
- Max Skladanowsky
Koordinaten: 52° 30' 08" N, 13° 21' 52" O