Ölfeldfahrzeug
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Der Begriff Ölfeldfahrzeug oder auch Ölfeldtruck bezeichnet eine Gruppe mitunter sehr unterschiedlicher Lkw, die für die Arbeit im Ölfeldbetrieb eingesetzt und oft auch speziell für diese konstruiert werden.
Da sich viele Ölfelder in Ländern wie den Vereinigten Arabischen Emiraten, der Türkei oder auch Russland befinden, ist für diese Fahrzeuge eine hohe Geländegängigkeit insbesondere durch Schnee und Sand oft unabdingbar.
Man kann diese Fahrzeuge grob in drei Kategorien unterteilen, in Abhängigkeit von dem Grad ihrer speziellen Konstruktion und den Aufgaben, die sie erfüllen.
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[Bearbeiten] Erste Kategorie
Die erste Kategorie, sozusagen die technisch einfachste Stufe, beinhaltet im Grunde normale Lkw, die lediglich mit Allradantrieb und gröberen Reifen von den Ölfeldbetreibern bzw. der jeweiligen zuständigen Regierung bestellt wurden. In diesem Fall müssen diese Fahrzeuge meist lediglich normal große und schwere Lasten, beispielsweise Wassercontainer, zu den Ölfeldern bringen und können dazu mehr oder minder gut ausgebaute Straßen verwenden. Abgesehen von meist Temperatur und untergrundbedingten etwas schlechteren Arbeitsumständen arbeiten diese Fahrzeuge also im Grunde wie gewöhnliche Lkw z. B. in Europa. Diese Trucks werden dann auch im Regelfall von üblichen Herstellern wie Mercedes-Benz, Volvo, MAN, Scania, Renault und ähnlichen bestellt. Abgesehen von den teilweise auch von einheimischen Sonderfirmen nachträglich montierten Sandreifen/Sumpfreifen sind diese Lkw technisch weitestgehend Serienfabrikate, Allradantrieb gehört bei vielen Herstellern ohnehin zu den Standardoptionen.
[Bearbeiten] Zweite Kategorie
Die zweite Kategorie beinhaltet von der Konstruktion her bereits wesentlich interessantere Fahrzeuge. Diese Trucks müssen meistens deutlich abgelegenere Ölfelder oder andere Einsatzgebiete anfahren, zu denen es keine oder deutlich schlechtere Straßen gibt. Zusätzlich werden diesen Fahrzeugen meist auch deutlich schwerere Lasten aufgebürdet, zum Beispiel auf Tiefladern verstaute Bulldozer zur Sandräumung oder Teile von Wohnanlagen für die Arbeiter. Aus diesen Gründen sind diese Fahrzeuge in der Regel äußerst stabil gebaut und erreichen nicht zuletzt durch die häufig verwendeten enorm großen Sandreifen Überbreite. Breiten von 3 oder auch 3,5 Meter sind eher die Regel als die Ausnahme, weswegen diese Fahrzeuge auch in Ländern mit deutlich großzügigeren Platzverhältnissen als denen Europas selten im Straßenverkehr zu sehen sind. Diese Ölfeldtrucks sind in den meisten Fällen Spezialanfertigungen, von denen es selten mehr als zehn identische Einheiten gibt. Die Hersteller fügen auf Kundenwunsch spezielle sehr schwere Achsen (z. B. von Kessler), Standardfahrerhäuser (also normale Kabinen von Mercedes-Benz, DAF etc.), gewaltige Motoren (meistens von Cummins, Caterpillar oder Mercedes-Benz) und ihren meist selbstkonstruierten Rahmen zu beeindruckenden Konstruktionen zusammen.
Diese Lkw sind üblicherweise in Haubenbauweise konstruiert, um die großen Motoren (18 Liter Hubraum und mehr sind nicht unüblich) und die für die Wüste bzw. Tundra nötige Kühlung/Heizung gut unterbringen zu können. Die allermeisten dieser Fahrzeuge haben drei angetriebene Achsen, von denen die vordere gelenkt ist. Die hinteren beiden Achsen sind meist für enorme Lasten ausgelegt (20 Tonnen Achslast pro Achse und mehr), aber auch die Frontachse ist häufig überschwer. Daraus resultiert dann auch die häufig sehr hohe Sattellast von nicht selten 50 Tonnen, was selbst die der meisten Panzertransporter in den Schatten stellt. Da manche dieser Fahrzeuge einen sehr großen Abstand zwischen der ersten und zweiten Achse haben, können sie mit wenig Umrüstungsaufwand vom Sattelschlepper zum Solotransporter umfunktioniert werden. Als Zugmaschinen sind diese Fahrzeuge mit ihren bis zu 700 PS Leistung häufig für ein Gesamtzuggewicht von über 200 Tonnen ausgelegt. Solche Lasten werden zwar auch von deutlich kleineren und leichteren Zugmaschinen z. B. von MAN in Europa bewegt, allerdings nicht abseits von gut befestigten Straßen, geschweige denn in schwerem Sand. Um diesen enormen Anforderungen gewachsen zu sein, sind diese Fahrzeuge in der Regel mit gewaltigen Sandreifen ausgestattet und haben nicht selten diverse andere Offroadeinrichtungen wie Sperren an Bord.
Interessant ist die besondere Zuverlässigkeit und Qualität, die diese Trucks besitzen müssen, denn mitten in der Wüste liegenzubleiben ist meistens wenig wünschenswert, ebensowenig wie dass wichtige Teile für einen Ölfeldbetrieb, der minütlich Umsatz macht, längere Zeit ausbleiben. Deswegen müssen die Hersteller einkalkulieren, dass ihre Konstruktionen meist über mehrere Jahrzehnte unter ungünstigen Bedingungen und in Ländern mit häufig unterdurchschnittlichen Wartungsmöglichkeiten schwerste Lasten dahin bringen müssen, wo sich nicht selten kein Geländewagen mehr hintrauen würde. Aus diesen Gründen ist dieser schmale Markt ein sehr hartes Pflaster. Mängel werden von den dünn gesäten Kunden nicht toleriert und können den Ruf eines Herstellers sogar für lange Zeit gründlich ruinieren. Aufgrund der sehr speziellen Fertigungsweise und den extrem geringen Produktionsmengen ist auch die Preiskalkulation äußerst schwierig, zumal einzelne Firmen wie z. B. Kenworth, die schon einen gefestigten Ruf haben, mitunter derart dominieren, dass sie die Preise vorgeben, die von den neuen Herstellern drastisch unterboten werden müssen, um sich zu etablieren.
Der bekannteste Hersteller dieser Fahrzeugkategorie ist die US-amerikanische Firma Kenworth mit ihrem Bestseller 953 und 953 Super, einem klassischen Ölfeldtruck mit langem Radstand, eines der wenigen Fabrikate, welches man in verschiedenen Ländern antreffen kann. Kenworth gehört zur Paccar-Gruppe und kann die eigenen Fahrzeuge auch zum Großteil aus firmeneigenen Komponenten bauen.
Nach Kenworth ist die Firma Oshkosh der größte Mitbewerber in diesem Segment. Da dieser Hersteller im Militärsektor der USA eine große Rolle spielt, hat er sehr viel Erfahrung mit Offroadfahrzeugen und baut das meiste (z. B. die Fahrerkabine) an seinen Fahrzeugen ebenfalls selbst, die Achsen aber stammen meistens von Rockwell. Oshkosh baute mit der inzwischen eingestellten J-Serie die größten Ölfeldfahrzeuge mit über 3,5 Meter Breite.
Mack ist der nächste und letzte große Mitbewerber im Bunde. Ansonsten eher für seine Zugmaschinen für die australischen Road Trains bekannt, konstruiert Mack eher selten und auch eher kleinere Ölfeldfahrzeuge.
Die belgische Firma Mol dürfte der erfolgreichste europäische Hersteller sein. Die Fahrerhäuser kommen meist von anderen Firmen, die Achsen von Kessler und die Motoren von Cummins. Die vom Design her sehr simplen Motorhauben und der Rest sind die eigentlichen Mol-Teile.
Titan ist der Name der bekanntesten deutschen Firma, die solche Trucks herstellt. Auch Titan verwendet Kessler-Achsen und fremde Fahrerhäuser (meistens Mercedes-Benz oder MAN). Nach den Erfolgen aus früheren Zeiten versucht Titan derzeit wieder vermehrt, in diesem Segment Fuß zu fassen.
Es gibt mitunter diverse ehemalige Militärkonstruktionen aus Russland, meistens von KZKT, MAZ, Volat, KrAZ oder ZIL, die für ähnliche Aufgaben wie oben beschrieben eingesetzt werden.
[Bearbeiten] Dritte Kategorie
In der dritten Kategorie sind ganz besondere Konstruktionen für Einsatzgebiete, die derart unzugänglich sind, dass sie von einem klassisch aufgebauten Lkw nichtmehr befahren werden können. Diese Fahrzeuge fahren meist auf fast schon walzenartigen Reifen, die nur durch spezielle Konstruktionsweisen überhaupt gescheit unter dem Fahrzeug angebracht sind. Diese kaum mehr als solche erkennbaren Trucks transportieren keine schweren Lasten auf Anhängern und auch ihre eigene Zuladung ist eher geringer, da es für sie besonders wichtig ist, einen niedrigen Bodendruck auszuüben. Deswegen handelt es sich hier auch nicht selten um Kettenfahrzeuge. Innerhalb dieser Fahrzeuggruppe ist es wieder eher üblich, dass es vom Hersteller fertige Modellauswahlen gibt, Spezialanfertigungen sind eher die Ausnahme. Die bekanntesten Hersteller sind die kanadische Firma Foremost und der Konkurrent Rolligon.
[Bearbeiten] Weblinks
- http://www.truckbook.de/
- http://www.titan-sf.de/
- http://www.mol.be/en/special.html
- http://www.foremost.ca/
- http://www.rolligon.com/vehicles.htm
- Bild eines Mol Desert Lion TB600/800: http://www.el-amana.com/images/truck13.jpg
- Bild eines Kenworth 963 Super die neuere, aber optisch fast identische Version des kenworth 953super: http://www.truckblog.com/gallery/drspeed/12249.jpg