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Bahnradsport

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Radrennen auf einer Freiluft-Radrennbahn
Radrennen auf einer Freiluft-Radrennbahn

Als Bahnradsport bezeichnet man verschiedene Radrennen, die auf einer Radrennbahn ausgeübt werden. Der Bahnradsport gehört seit seiner Entstehung zum Programm der Olympischen Spiele. Seit 1893 werden Bahnradsport-Weltmeisterschaften ausgetragen.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Technische Besonderheiten von Bahnrädern

Bahnräder müssen vor allem die besonderen Kräfte (v.a. Beschleunigung, Richtungsänderungen und Fliehkräfte in Kurven) aushalten. Aus diesem Grunde kommt es nicht so sehr auf das Gewicht als auf die Stabilität an. Um bei der hohen Geschwindigkeit und den engen Verhältnissen auf der Bahn die Gefahr von Stürzen zu verringern, haben die Bahnräder weder Freilauf noch Bremse, der sog. starre Gang ist vorgeschrieben.

Um nicht auf einen anderen Fahrer aufzufahren, weicht man aus - vor allem nach rechts, weil durch die Bahnüberhöhung dann sofort die Geschwindigkeit verringert wird. Im Notfall kann die Geschwindigkeit auch durch „Abkontern“, d.h. Gegenhalten mit Muskelkraft gegen das sich drehende Pedal, verringert werden. Der Hauptgrund für das Fehlen des Freilaufs ist jedoch die Stabilisierung des Rades. Ein Zweirad – Motorrad oder Fahrrad – wird nicht in erster Linie durch die Lenkbewegungen in der Spur gehalten, sondern durch die Kreiselstabilisationskräfte (Gyroskopischer Effekt) der Räder. Durch den fehlenden Freilauf kommt eine dritte Stabilisierung durch die ununterbrochen sich drehenden Beinmassen (hauptsächlich Unterschenkel) des Fahrers hinzu.

Wegen des fehlenden Freilaufs ist es auch technisch undurchführbar, die Räder mit Gangschaltungen auszurüsten. Um bei bestimmten Lenkmanövern ein Aufschlagen mit den Pedalen auf die Bahn zu verhindern, ist das Tretlager der Bahnräder ca. 3 – 5 cm nach oben verlagert.

Die UCI hat genau festgelegt, wie Bahnräder aussehen müssen.

[Bearbeiten] Disziplinen

Man unterscheidet beim Bahnradsport im Wesentlichen zwischen Kurzzeit- und Ausdauer-Disziplinen.

[Bearbeiten] Kurzzeitdisziplinen

[Bearbeiten] Sprint (auch „Fliegerrennen“)

Es fahren jeweils zwei oder mehr (bis zu vier) Sportler/innen gegeneinander über eine Distanz von 1000 Meter = drei Runden (bei Bahnen mit einer Länge von 333,33 Metern, d.h. die Rundenzahl kann je nach Bahnlänge variieren). Sieger ist, wer als erster die Ziellinie überquert, wobei die Zeit unerheblich ist. Sie wird nur zu Zwecken der Zusammensetzung der Turnierpaarungen (s. u.) gemessen. Dies führt dazu, dass die Kontrahenten in der Regel während der ersten beiden Runden extrem langsam fahren und sich nur belauern, teilweise sogar Stehversuche machen. Entscheidend ist dann der - häufig explosive - Antritt und die Endschnelligkeit (bis über 70 km/h). Die Wettkämpfe werden in Turnierform ausgetragen. Die Fahrer/innen müssen sich in einer Kombination aus mehreren K.O.-Runden und Hoffnungsläufen durchsetzen. Im Finale wird dann der Gesamtsieger bzw. die Gesamtsiegerin ermittelt.

[Bearbeiten] Tandem

Das Tandemrennen ist eine Disziplin, die nach der Streichung aus dem Weltmeisterschaftsprogramm 1992 fast ganz in Vergessenheit geraten ist. Die Tendenz zu immer kürzeren Radrennbahnen macht diese Disziplin schwierig, da in den engeren Kurven der kürzeren Bahnen zu hohe Kurvendrücke auftreten. Es handelt sich prinzipiell um die Disziplin Sprint, wobei diese jedoch von zwei Fahrern auf einem zweisitzigen Tandem (Fahrrad) ausgetragen wird. Der Vordermann ist der Steuermann, während der hinten sitzende Fahrer so gut wie keine Sicht nach vorne hat und sich voll auf seinen Partner verlassen muss. Auf einem Tandem werden sehr hohe Geschwindigkeiten (bis zu 80 km/h) erreicht.

[Bearbeiten] Mannschafts- oder Team-Sprint (z. Z. nur Männer)

Früher Olympischer Sprint. Hierbei handelt es sich um einen Mannschaftssprint. Es agieren jeweils drei Fahrer als eine Mannschaft, wobei der jeweils führende nach einer Runde ausscheidet. Der Start erfolgt, wie beim Verfolgungsrennen, auf den gegenüberliegenden Geraden der Bahn, dabei wird von Anfang an maximales Tempo gefahren. Die beiden ersten Fahrer dienen dem dritten als Anfahrer, so kann der letzte Mann seine Kräfte für die letzte Runde im Windschatten schonen.

[Bearbeiten] Keirin

Eine aus Japan stammende Variante des Sprints. Keirinrennen werden mit jeweils acht Fahrern bzw. Fahrerinnen über eine Distanz von ca. 2000 m ausgetragen (variiert etwas je nach Länge der Bahn). Während der ersten zwei Drittel der Distanz fährt ein Dernyfahrer vor dem Feld her und beschleunigt langsam auf eine Geschwindigkeit von ca. 40-45 km/h. Nachdem der Dernyfahrer dann die Bahn verlassen hat, setzt der eigentliche Finalkampf ein. Während dieses Kampfes sind Berührungen zwischen den Kontrahenten im Gegensatz zum klassischen Sprint (s. o.) im begrenzten Umfang erlaubt. Je nach Teilnehmerzahl wird auch Keirin in mehreren Runden ausgetragen. Eine vorher festgelegte Anzahl an Teilnehmern erreicht dann jeweils die nächste Runde.

[Bearbeiten] Einzelzeitfahren (Männer: 1000 m; Frauen: 500 m)

Wird mit stehendem Start gefahren, d. h. der Fahrer bzw. die Fahrerin muss zunächst auf annähernd Maximalgeschwindigkeit beschleunigen und diese dann noch über 800 m bzw. über 300 m halten. Bei dieser Disziplin werden im männlichen Bereich Durchschnittsleistungen von über 1000 Watt erzielt, was nur durch den vollständigen Einsatz der unterschiedlichen Energiereserven (Muskelglykogen, Kreatinphosphat, aerober und anaerober Stoffwechsel) möglich ist. Im Ziel ist der Sportler vollständig erschöpft und seine Muskulatur stark übersäuert. Im Gegensatz zur Einerverfolgung (s. u.) startet immer nur ein/e Fahrer/in.

[Bearbeiten] Ausdauerdisziplinen

[Bearbeiten] Einer-Verfolgung (Männer: 4000 m; Frauen: 3000 m)

Es fahren immer zwei Sportler(innen) gegeneinander. Gestartet wird jeweils von den gegenüberliegenden Geraden der Bahn. Sieger/in ist, wer seinen Gegner bzw. seine Gegnerin einholt oder, falls das bis zum Ende der Distanz nicht möglich war, wer die schnellste Zeit erzielt. Auch hier wird der Gesamtsieger oder die Gesamtsiegerin über mehrere K.O.-Runden letztlich im Finale ermittelt.

[Bearbeiten] 4000 m-Mannschaftsverfolgung (z. Z. nur Männer)

Der Modus ist der gleiche wie bei der Einer-Verfolgung. Hier treten jedoch zwei Mannschaften zu je vier Fahrern gegeneinander an. Die Zeitmessung erfolgt bei Zieldurchgang des dritten Fahrers einer Mannschaft, daher kann unter Umständen ein Fahrer pro Mannschaft im Laufe des Rennens ausscheiden (z. B. wegen Erschöpfung) ohne die Siegeschancen der Mannschaft zu gefährden. Die Mannschaftsverfolgung gilt als Königsdisziplin des Bahnradsports, weil neben der Leistungsfähigkeit jedes einzelnen Mannschaftsmitglieds die perfekte Abstimmung aufeinander von entscheidender Bedeutung ist. Bis die Führungswechsel und das Hinterradfahren auf minimalem Abstand optimal durchgeführt werden ist ein erheblicher Trainingsaufwand erforderlich. Im Gegensatz zu Rennen mit Massenstart, bei denen die Fahrer mit einem Abstand von 30 cm bis über einem Meter am Hinterrad des Vorausfahrenden fahren, beträgt der ideale Abstand zwischen den Fahrern eines solchen "Viererzuges" 15 - 20 cm. Beim Führungswechsel macht man sich die Bahnüberhöhung geschickt zunutze: Der Führende schert in der Kurve nach rechts aus und verliert wegen der Überhöhung sehr schnell an Geschwindigkeit, die er aber fast vollständig aus der dann höheren Lageenergie wieder zurückgewinnt, indem er sofort wieder nach unten schwenkt und sich am Ende anschließt.

[Bearbeiten] Scratch

Relativ neue Disziplin bei der eine größere Anzahl von Fahrern bzw. Fahrerinnen gemeinsam über eine Distanz von beispielsweise 40 Runden starten. Sieger ist ganz einfach, wer als erster die Distanz beendet. Diese Rennen sind häufig stark von der Taktik geprägt. Hierbei ist oft von entscheidender Bedeutung, sich einen Rundenvorsprung zu erkämpfen.

[Bearbeiten] Punktefahren (Männer: 10 - 40 km; Frauen: 5 - 24 km)

Beim Punktefahren erfolgt nach einem Massenstart in vorher festgelegten Intervallen (z. B. alle 10 Runden) eine Punktevergabe (5, 3, 2, 1 Punkte). Die Wertung erfolgt an der Ziellinie, in der Regel wird um die Punkte im Sprint gekämpft. Rundengewinn zählt vor Punktgewinn, d. h. ein Fahrer kann durchaus sehr viel mehr Punkte haben als sein Konkurrent: Wenn dieser eine Runde herausgefahren hat, wird er trotzdem vor ihm klassiert. Bei manchen Wettbewerben (z. B. Olympische Spiele) erhalten die Fahrer statt dessen für einen Rundengewinn 20 Punkte. Sieger oder Siegerin ist dann, wer am Ende die meisten Punkte errungen hat.

[Bearbeiten] Zweier-Mannschaftsfahren (auch Madison bzw. Américaine, z.Z. nur Männer)

Dies ist die Disziplin, in der die bekannten Sechstagerennen ausgetragen werden. Das Zweier-Mannschaftsfahren wird aber auch bei offiziellen Meisterschaften und bei Olympischen Spielen ausgetragen, dann natürlich über geringere Distanz (i.d.R. 60 km). Zwei Fahrer bilden eine Mannschaft (bei Sechstagerennen, bspw. Stuttgart, früher Zürich, Rotterdam wird bzw. wurde auch in Dreier-Mannschaften gefahren). Grundsätzlich kann die Ablösung nach beliebiger Distanz erfolgen. Da jedoch i. d. R. beide Fahrer auf der Bahn bleiben, überrundet ständig der eine Fahrer den anderen und die Ablösung erfolgt aufgrund des Verhältnisses der Geschwindigkeiten – ca. 35 : 50 – etwa alle zwei bis zweieinhalb Runden. In vorher festgelegten Intervallen werden Punktewertungen ausgefahren (5, 3, 2, 1 Punkte). Sieger ist die Mannschaft mit den meisten Punkten, wobei wie beim Punktefahren (s.o.) gilt: Rundengewinn geht vor Punktgewinn, d.h. die Mannschaft mit den wenigsten Verlustrunden gewinnt, liegen mehrere Mannschaften in einer Runde, gewinnt die Mannschaft, die von diesen die meisten Punkte erzielt hat.

Eine besondere technische Schwierigkeit stellt beim Zweier-Mannschaftsfahren die Ablösung dar. Da der im Rennen befindliche Fahrer sich gewöhnlich dem ablösenden Fahrer mit sehr viel höherer Geschwindigkeit nähert, ist es effizienter, ihm den "Schwung" in irgendeiner Form mitzugeben, als die Energie wie beim Ablösen "auf Sicht" verpuffen zu lassen. Heute geschieht dies durch den sog. Schleudergriff, bei dem der vordere Fahrer sich an der ausgestreckten Hand des von hinten kommenden Fahrers "abzieht".

[Bearbeiten] Steherrennen

[Bearbeiten] Prinzip

Steherrennen sind Bahnrennen, bei denen der Radsportler hinter einem schweren Motorrad, dessen Fahrer, hier Schrittmacher genannt, auf den Fußrasten der Maschine steht, im Windschatten fährt. Dabei werden Geschwindigkeiten von teilweise über 100 km/h erzielt und auch über längere Abschnitte gehalten. Steherrennen gehen über Distanzen bis zu 100 km. Sie ziehen immer noch eine bedeutende Zahl von Zuschauern an. Zwar ist die Zuschauerresonanz nicht mehr so groß wie vor zwanzig oder dreißig Jahren, dennoch faszinieren sie immer noch viele Menschen.

Die Fahrer (Steher) sind in keiner Weise mit dem Schrittmacher verbunden. Ihre Fortbewegung erfolgt ausschließlich durch ihre Beinarbeit. Dadurch gehören Steherrennen zu einer der schwersten Leistungssportarten. Der Fahrer versucht dabei möglichst nahe an der Rolle des vor ihm fahrenden Schrittmacher-Motorrades zu bleiben, um möglichst viel Windschatten zu erhalten. Verliert er den engen Kontakt zum Schrittmacher, so kommt der Fahrer "von der Rolle".

[Bearbeiten] Herkunft und Entwicklung

Vor mehreren Jahren ist die Trennung zwischen Profi- und Amateurstehern abgeschafft worden. Durch die neu geschaffene Elite-Klasse kam es zur Vermengung von Profis und Amateuren. Daher müssen die Amateure auf höchstem Profi-Level fahren, um international bestehen zu können.

Der Begriff 'Steher' leitet sich vom englischen 'stayer' ab, d. h. jemand mit Ausdauer ('to stay' - anhalten, bleiben). Die früher übliche deutsche Entsprechung 'Dauerrennen' weist auf den selben Umstand hin. In der Frühzeit dieser Sportart, als die Kraftradtechnik noch nicht so ausgereift war, fuhren statt der Motorräder übrigens auch Fahrräder als Schrittmacher, und zwar spezielle Vierer- oder Sechserräder mit entsprechend viel Besatzung. Dabei ging es zunächst weniger um Rennen gegeneinander als um Rekorde: Geschwindigkeiten, Zeit pro Strecke und Strecke pro Zeit - oft über sehr lange Distanzen (100 km unterste Grenze) und Zeiten (24 Stunden und mehr), so dass 'to stay' bzw. 'Dauerfahren' tatsächlich wörtlich genommen werden konnte.

[Bearbeiten] Motorräder für Steherrennen

Zweizylinder-Motorrad für Steherrennen (Besonderheiten dieser Maschine: Flachriemenantrieb. Ohne Getriebe und Auspuffanlage.)
Zweizylinder-Motorrad für Steherrennen (Besonderheiten dieser Maschine: Flachriemenantrieb. Ohne Getriebe und Auspuffanlage.)

Die Motorräder für Steherrennen sind meistens von älterem Baujahr. Die Maschinen weisen etliche besondere Eigenschaften aus: Sie haben einen großvolumigen, meist einzylindrigen, niedertourigen Motor mit einem in der Halle tendenziell eher erträglichen, tiefen Klangbild. Die Drehmoment-Charakteristik des Motors erlaubt schnelles Beschleunigen aus niedrigen Drehzahlen. Die Lenker sind als Stangen weit nach hinten verlängert, um dem Schrittmacher beim Windschattengeben ein relativ bequemes Motorradfahren zu ermöglichen. Am Heck der Maschine ist eine breite kugelgelagerte Rolle als Abstandshalter angebracht. Der Radrennfahrer sollte den Radkontakt mit der Rolle - auch den kurzzeitigen Kontakt - unbedingt meiden, da es wegen der doppelten Bremswirkung dabei leicht zu Stürzen kommen kann.

[Bearbeiten] Stundenweltrekord

Die Rekordversuche für den Stundenweltrekord werden ebenfalls auf der Bahn durchgeführt. Es handelt sich um den Versuch, eine möglichst große Strecke alleine innerhalb von einer Stunde ohne Windschattengeber zu fahren. Nachdem viel mit aerodynamischen Rädern und Sitzpositionen experimentiert wurde, hat die UCI die Rekorde seit Eddy Merckx annulliert und ein Rad vorgeschrieben, das weitestgehend identisch mit dem damals verwendeten ist.

[Bearbeiten] Weblinks

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