Datumsgrenze
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Die Datumsgrenze ist die Grenze zwischen den Zeitzonen, die jedes Datum zuerst durchlaufen, und jenen, die jedes Datum zuletzt durchlaufen. Sie liegt auf der Erde in der Nähe des 180. Längengrads im Pazifischen Ozean. Die Zeitzonen direkt östlich und westlich des 180. Längengrads (UTC-12 und UTC+12) sind 24 Stunden voneinander entfernt.
Wechselt man über die Datumsgrenze von einer Zeitzone in eine andere, so müssen im Gegensatz zu anderen Zeitzonengrenzen Zeit und Datum nicht nur um einen Betrag geändert werden, der ungefähr der Änderung der geografischen Länge entspricht (ca. eine Stunde für 15°), sondern um einen ganzen Tag abzüglich dieser Zeit (im Beispiel 23 Stunden). Es muss also bei der Überschreitung der Datumsgrenze eine Reise durch alle Zeitzonen in jeweils anderer Richtung − einmal um die ganze Erde − simuliert werden. Deswegen befindet man sich nach einer Überquerung in westlicher Richtung (von Amerika nach Asien) im darauffolgenden Tag und bei einer Überquerung in östlicher Richtung im vorhergehenden Tag.
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[Bearbeiten] Notwendigkeit einer Datumsgrenze
Die Uhrzeit ist prinzipiell ausgerichtet am Gang der Sonne (Erdrotation), welche den Tagesablauf des Menschen vorgibt. Daraus ergibt sich, dass ein Ort mit einer anderen geografischen Länge eine entsprechend versetzte Uhrzeit hat. Der Versatz beträgt 1 Stunde pro 15°, da 24 Stunden 360° entsprechen.
Betrachtet man ein in sich abgeschlossenes Gebiet der Erde, so lässt sich leicht für dieses Gebiet eine einheitliche Datumsskala festlegen, die nacheinander von Ost nach West durchlaufen wird. Reist man um einen bestimmten Winkel in westliche Richtung, so muss man die Uhrzeit entsprechend reduzieren, reist man in östliche Richtung, so muss man die Uhrzeit entsprechend erhöhen. Überschreitet man bei der Reise Mitternacht, befindet man sich im nächsten bzw. vorhergehenden Tag.
Betrachtet man jedoch die Erde als Ganzes, so besteht das Problem, dass jeder Punkt sowohl durch östliche als auch durch westliche Umrundung der Erde erreicht werden kann. Zwar wäre die resultierende Uhrzeit bei jeder der beiden Umrundungen gleich, jedoch hätte man in einer der beiden Richtungen Mitternacht passiert, so dass sich ein anderer Tag ergäbe. Es gäbe also kein eindeutig definiertes Datum für den Zielpunkt. Umrundet man die Erde ganz, so hätte man sogar für den Ausgangspunkt − je nach Richtung – ein um einen Tag abweichendes Datum im Vergleich zu jenen, die am Ausgangspunkt verblieben sind.
Diese Uneindeutigkeit lässt sich nur aufheben, indem man willkürlich eine Grenze festlegt, die bei der Berechnung von Datum und Uhrzeit anhand der Längendifferenz nicht überschritten werden darf, bzw. bei deren Überschreitung ein Tag hinzugefügt oder weggenommen werden muss, so als wäre man in der anderen Richtung um die Erde gereist.
[Bearbeiten] Geschichtliche Entwicklung
Die ersten, die mit den oben beschriebenen Problemen konfrontiert waren, waren die Seefahrer unter Ferdinand Magellan, denen 1519 bis 1522 die erste Weltumsegelung gelang. Da ihnen das Phänomen noch unbekannt war, war die Verwirrung groß, als die wenigen Überlebenden des Unternehmens wieder in Spanien ankamen und trotz sorgfältiger Zählung ein um einen Tag abweichendes Datum nannten als die Daheimgebliebenen. Da die Seeleute sehr gläubig waren, war ihre größte Sorge, dass sie die heiligen Feiertage nicht richtig begangen hatten, weshalb sie in die Kirche gingen, um ihre vermeintliche schwere Sünde zu beichten. Jules Verne verwendete den gleichen Irrtum später für eine Pointe in seinem Roman In 80 Tagen um die Welt.
Nachdem die Notwendigkeit einer Datumsgrenze erkannt wurde, wurde diese in den Pazifik gelegt, da bei einer Platzierung in einem Ozean kein zusammenhängendes Gebiet zerteilt würde und der Pazifik seltener durchquert wurde als der Atlantik. Außerdem entsprach dies dem eurozentrischen Weltbild, da sich der Pazifik auf der Europa gegenüberliegenden Seite der Erde befindet.
Bei jeder Durchquerung des Pazifiks von Ost nach West oder umgekehrt musste also ein Tag addiert bzw. subtrahiert werden. Die Festlegung einer genauen Datumsgrenze wurde erst mit der Einführung der Zeitzonen notwendig.
[Bearbeiten] Verlauf der Datumsgrenze
[Bearbeiten] Tschuktschen-Halbinsel
Der 180. Längengrad verläuft überwiegend durch Gewässer, weshalb er sich auch als Datumsgrenze eignet. Die einzige Stelle, in der er Landmasse passiert, ist die zu Russland gehörende Tschuktschen-Halbinsel, welche aber vollständig zu UTC+12 gehört, so dass Russland (und damit ganz Asien) vollständig westlich der Datumsgrenze liegt.
[Bearbeiten] Zerteilte Inselgruppen
Bei der Zuordnung der Inselgruppen im Pazifik wurde nicht nur ihre Lage berücksichtigt, sondern auch ihre politische Zugehörigkeit. Da sich diese im Laufe der Jahre geändert hat, war auch die Datumsgrenze verschiedenen Änderungen unterworfen. Die Aleuten – Hoheitsgebiet der USA – liegen zwar beiderseits des 180. Längengrades, gehören aber komplett zu UTC-10. Hier ist die Datumsgrenze also westlich ausgebeult. Einige neuseeländische Inseln sorgen hingegen dafür, dass die Datumsgrenze auf der Südhalbkugel leicht in Richtung Osten verschoben ist.
[Bearbeiten] Kiribati
Lange Zeit war der mikronesische Inselstaat Kiribati, dessen winzige Eilande sich über mehrere Millionen Quadratkilometer Pazifik verteilen, durch die Datumsgrenze geteilt, was zunächst kein großes Problem darstellte.
Im Zuge der Entwicklung des Staates aber war auch hier eine Festlegung auf ein Datum nötig. Kiribati entschied sich dafür, dass es komplett westlich der Datumsgrenze liegen sollte. Dies führte zur bisher stärksten Verschiebung der Datumsgrenze Richtung Osten, die am 1. Januar 1995 wirksam wurde.
Diese Anpassung führte dazu, dass das östlichste Eiland Kiribatis offiziell der erste Teil der Welt war, der das Jahr 2000 begrüßen konnte. Werbeträchtig wurde diese Insel daher in „Millennium Island“ (deutsch etwa Jahrtausend-Insel) umbenannt.
[Bearbeiten] Philippinen
Einen ganzen Tag in der Geschichte übersprungen haben die Philippinen. Da sie engen Handel mit Mexiko betrieben, richteten sie sich nach deren Datum, befanden sich also östlich der Datumsgrenze. Als die Handelsbeziehungen mit China zunahmen, entschied man sich für eine Angleichung an die asiatischen Nachbarn. Hierdurch wurde die Datumsgrenze Richtung Westen übersprungen, wodurch die Philippinen einen ganzen Tag nicht erlebten. Montag, dem 30. Dezember 1844, folgte Mittwoch, der 1. Januar 1845.
[Bearbeiten] 24-Uhr-Linie
Neben der Datumsgrenze existiert eine weitere Grenze zwischen zwei Tagen, die 24-Uhr-Linie. Dies ist die Grenze zwischen der Zeitzone, die sich gerade in der letzten Stunde des Tages befindet, und jener, die sich in der ersten Stunde des Tages befindet. Sie „umkreist“ die Erde ständig von Osten nach Westen.
Da auf der Erde in der Nähe der Datumsgrenze Zeitzonen existieren, die 24 Stunden oder mehr Stunden auseinander liegen (siehe Abbildung), existieren auf der Erde zu jeder Zeit immer zwei Gebiete mit zwei aufeinanderfolgenden Daten. Wenn die 24-Uhr-Linie die Datumsgrenze passiert, ist eins der Gebiete aber sehr schmal. Hätte man für UTC+12 (und höher) ebenfalls UTC-12 festgelegt, dann gäbe es auf der Erde nur genau 24 ganzstündige Zeitzonen (UTC-12 bis UTC+11) und damit pro 24 Stunden eine Stunde, in der auf der ganzen Welt das gleiche Datum gilt.
[Bearbeiten] Merkspruch
Um herauszufinden, ob bei der Überquerung der Datumsgrenze ein Tag zu addieren oder zu subtrahieren ist, kann der nachfolgende Merkspruch verwendet werden:
- Von Ost nach West halt´s Datum fest,
von West nach Ost lass´ Datum los.
Ost und West beziehen sich dabei aber auf die Himmelsrichtung, in die man reist, und nicht auf die Längengrade (östlich des 180. Längengrades befindet man sich in Gebieten mit westlicher Länge und umgekehrt).