Elterngeld
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Das Elterngeld ist eine steuerfinanzierte Transferzahlung für Familien mit kleinen Kindern, die am 1. Januar 2007 an die Stelle des Erziehungsgeldes getreten ist.[1] Es stellt keine dauerhafte Unterstützung dar, sondern wird nur für die 12 bis 14 Monate unmittelbar nach der Geburt des Kindes gewährt. Die Höhe des Elterngeldes richtet sich nach dem Einkommen der Eltern und dient als vorübergehender Entgeltersatz.
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[Bearbeiten] Deutschland
[Bearbeiten] Aktuelle Situation
Deutschland hat mit nur 1,3 Kindern pro Frau eine Fertilitätsrate unter dem EU-Durchschnitt, jedoch, anders als gemeinhin behauptet, nicht die niedrigste der Welt. Unter den derzeit 25 EU-Staaten liegen noch zehn darunter. Schon Mitte der 70er Jahre sank die Fertilitätsrate auf 1,4 Kinder pro Frau ab. Ideal für eine Konstanthaltung der Bevölkerungszahl ohne Zuwanderung wäre eine Fertilitätsrate von 2,1 Kindern pro Frau. Unterdurchschnittlich ist die Zahl der Geburten bei besser gebildeten und besser verdienenden Frauen, insbesondere bei Akademikerinnen, bei denen die Einkommenseinbußen bei Unterbrechung ihres Arbeitslebens durch ein Kind bisher am höchsten waren.
Um Paaren die Entscheidung für eine Familiengründung zu erleichtern, plante die SPD bereits in der 15. Legislaturperiode ein einkommensabhängiges Elterngeld nach skandinavischem Modell. Im Wahlkampf zur Bundestagswahl 2005 warb sie mit diesem Konzept um Wählerstimmen.
Im Gegensatz zu der kindbezogenen Sozialleistung Erziehungsgeld, das bei Nichtüberschreitung festgesetzter Einkommensgrenzen als monatlicher Pauschalbetrag gezahlt wird, ist das Elterngeld zu einem Großteil als eine elternbezogene Entgeltersatzleistung ausgestaltet, die sich am vorangegangenen Nettoeinkommen des betreuenden Elternteils orientiert.
Zirka vier Milliarden Euro sind alljährlich für das Elterngeld eingeplant, das bisherige Erziehungsgeld kostete nur 2,9 Milliarden. Etwa zwei Drittel des Elterngeldes werden als Lohnersatz ausgezahlt, etwa ein Drittel als Sozialleistung, um die 300-Euro-Mindestleistung zu finanzieren.
Vom skandinavischen Modell ist die Regelung übernommen worden, dass sowohl für die Mutter als auch für den Vater jeweils ein festgelegter Anteil der Elternzeit reserviert ist. Indirekt soll damit die früher als Erziehungsurlaub bezeichnete Elternzeit, die für Mütter und Väter beruflich riskant ist, auf eine kürzere Zeit gesenkt werden. Gleichzeitig wird durch das Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG), das bereits 2005 in Kraft getreten ist, ein bedarfsgerechter Aufbau von Betreuungsangeboten für Unter-Dreijährige angestrebt. Das Ziel, den Übergang vom Elterngeld in eine Kinderbetreuung zu garantieren, wird im Koalitionsvertrag der Großen Koalition bekräftigt. Er sieht vor, gegebenenfalls ein Recht auf einen Kindergartenplatz ab dem zweiten Lebensjahr einzuführen.
[Bearbeiten] Gesetzliche Regelungen
Das Elterngeldgesetz ist am 29. September 2006 vom Bundestag beschlossen worden und gilt für Geburten ab dem 1. Januar 2007.
- Für Normal- und Gutverdiener beträgt die Höhe des Elterngeldes 67 Prozent des zuvor bezogenen, wegfallenden Nettoeinkommens.
- Für Besserverdienende gilt eine Bemessungsgrenze von 2700 Euro, das heißt es werden maximal 1800 Euro Elterngeld pro Monat gezahlt.
- Für Geringverdiener ist eine oberhalb von 67 Prozent liegende Elterngeld-Summe festgelegt: pro zwei Euro unterhalb von 1000 Euro steigt der Prozentsatz jeweils um 0,1 Prozentpunkte auf maximal 100 Prozent.
- Maßgeblich für die Berechnung des Elterngeldes ist das durchschnittliche Einkommen des Antragstellers aus Erwerbsarbeit in den zwölf Monaten vor der Geburt. Für Selbständige kann auch ein größerer Zeitraum maßgeblich sein.
- Das Elterngeld wird bis zu zwölf Monate ausbezahlt und um zwei so genannte „Partnermonate“ verlängert, sofern auch der zweite Elternteil mindestens für diese beiden Monate die Elternzeit in Anspruch nimmt. Die Elterngeldmonate können auch gleichzeitig in Anspruch genommen werden.
- Alleinerziehende mit alleinigem Sorgerecht können die beiden „Partnermonate“ zusätzlich für sich beanspruchen.
- Für Mütter oder Väter ohne Einkommen, Hausfrauen/Hausmänner, Arbeitslose, Studierende oder Teilzeitbeschäftigte oberhalb der Bemessungsgrenze gibt es ein zwölfmonatiges Mindestelterngeld von 300 Euro, das nicht mit anderen Sozialleistungen, wie etwa dem Arbeitslosengeld II, verrechnet wird.
- Reduziert ein Vater oder eine Mutter nach der Geburt stundenweise die Arbeit, so darf dieses Teilzeit-Arbeitsverhältnis 30 Stunden pro Woche nicht überschreiten. Ansonsten entfällt der Anspruch auf Elterngeld.
- Der Bezugszeitraum des Elterngeldes kann auf die doppelte Zeit gestreckt werden, wenn es monatlich nur hälftig in Anspruch genommen wird.
- Wer zwei unter dreijährige oder drei unter sechsjährige Kinder hat – das Neugeborene mitgezählt – erhält einen Geschwisterbonus als Aufschlag zum Elterngeld. Dieser beträgt zehn Prozent, mindestens jedoch 75 Euro.
- Bei Mehrlingsgeburten gibt es einen Bonus in Höhe von je 300 Euro für das zweite und jedes weitere Kind.
- Das Elterngeld ist sozialabgaben- und steuerfrei, es unterliegt jedoch dem Progressionsvorbehalt.
[Bearbeiten] Krankenversicherung während des Elterngeldbezugs
Pflichtmitglieder der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) sind für die Dauer des Elterngeldbezugs kostenlos versichert.[2][3]. Freiwillige Mitglieder der GKV müssen grundsätzlich weiter Beiträge zahlen. Solange keine weiteren Einkünfte bestehen, fällt nur der Mindestsatz an, da das Elterngeld beitragsfrei ist. [4] Ist der Elterngeldbezieher verheiratet, werden die Einkünfte des Ehegatten hälftig zur Berechnung des Beitrags angerechnet. Privat Versicherte müssen ihre Beiträge selbst zahlen, der Arbeitgeber ist nicht verpflichtet, den Arbeitgeberanteil zu übernehmen. Allerdings werden ihre Krankenversicherungsbeiträge bei der Berechnung der Höhe des Elterngelds nicht vom Bruttoeinkommen abgezogen, wodurch sich eine höhere Auszahlung ergibt.[5]
[Bearbeiten] Kritik
Der Versuch, durch die beiden Partnermonate die familieninterne Aufgabenverteilung staatlich zu beeinflussen, ist nach Auffassung von Kritikern verfassungsrechtlich problematisch. Sie sehen insbesondere den Artikel 6 Absatz 2 des Grundgesetzes verletzt, der die Pflege und Erziehung der Kinder als das „natürliche Recht der Eltern“ garantiere. Außerdem schütze Art. 6 Abs. 1 GG die Entscheidung von Eheleuten über die Arbeitsteilung während der Ehe, frei von staatlicher Beeinflussung. Beiden Argumenten wird entgegengehalten, dass Artikel 3 Abs. 2 GG den Staat verpflichtet, Maßnahmen zur tatsächlichen Verwirklichung der Gleichstellung von Frauen und Männern zu treffen.
Während das Erziehungsgeld als kindbezogene Sozialleistung konzipiert war, soll das Elterngeld in erster Linie eine elternbezogene Entgeltersatzleistung sein. Für nicht Berufstätige, Geringverdiener und Studenten hat das eine teils erhebliche Verschlechterung zur Folge, da sie das monatlich 300 Euro betragende Erziehungsgeld bis zu zwei Jahre erhalten haben. Das Elterngeld wird hingegen für höchstens 12 bis 14 Monate gezahlt. Wer es zwei Jahre lang in Anspruch nehmen möchte, erhält monatlich den halben Betrag, der für Nicht-Erwerbstätige gerade mal 150 Euro ausmacht. Folglich ist das Elterngeld nur für Normal- und insbesondere Gutverdienende, die bisher aufgrund der Höhe des Einkommmens kein bzw. maximal sechs Monate Erziehungsgeld bekommen haben, sowie für diejenigen, die ein Jahr nach der Geburt eine Berufstätigkeit wiederaufehmen, eine finanzielle Verbesserung.
Kritisiert wird die Konstruktion des Elterngeldes, das keine reine Entgeltersatzleistung ist, sondern zu etwa einem Drittel als Sozialleistung gezahlt wird (Mindestelterngeld). Insbesondere die Kombinationsmöglichkeit von Arbeitslosengeld I und Elterngeld wird vom Bundesrechnungshof bemängelt und als Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz bezeichnet, genauso wie die Möglichkeit für Alleinerziehende, die „Partnermonate“ für sich in Anspruch zu nehmen. Diese Regelungen seien großzügiger, als es zur Erfüllung des Gesetzeszweckes nötig ist.
Weitere Angriffsfläche für Kritik lieferte die am Geburtstag orientierte Stichtagsregelung, mit der das Elterngeld an die Stelle des Erziehungsgeldes getreten ist. Während für Geburten bis zum 31. Dezember 2006 weiterhin Erziehungsgeld gezahlt wird, gilt das Elterngeldgesetz nur für Familien, deren Kind ab dem 1. Januar 2007 geboren wurde. Durch diese Übergangsregelung wird insbesondere für Geringverdiener der Vertrauensschutz gewährleistet, indem das bereits laufende Erziehungsgeld weiterhin bis zu 24 Monate gezahlt wird. Hingegen bedeutet dies für besser verdienende Familien, deren Kind bis Ende 2006 geboren wurde, einen erheblichen finanziellen Nachteil gegenüber der ab 2007 geltenden Gesetzeslage. Viele Medien berichteten über die Möglichkeiten und Risiken, eine bevorstehende Geburt bis ins neue Jahr zu verzögern oder sie ins alte Jahr vorzuziehen.
[Bearbeiten] Frankreich
Frankreich kündigte im September 2005 die Einführung eines monatlichen Elterngeldes von 750 Euro an. Diese Möglichkeit soll ab dem dritten Kind als Alternative zum dreijährigen Erziehungsurlaub angeboten werden; während des Erziehungsurlaubs beträgt der Lohnausgleich für Eltern lediglich 512 Euro. Das Elterngeld ist auf ein Jahr befristet.
Das Elterngeld soll Eltern, die bereits Kinder haben, mehr Zeit und mehr Geld zur Verfügung stellen. Zugleich bedeutet es für den Staat niedrigere Ausgaben, da die Unterstützungszeit kürzer ist als beim Erziehungsurlaub. Das bevölkerungspolitische Ziel des Elterngeldes ist zudem die Erhöhung der Fertilitätsrate in Frankreich von derzeit 1,9 Kindern pro Frau auf mindestens 2,1 Kinder.
[Bearbeiten] Skandinavien
In Schweden besteht ein einjähriger Anspruch auf ein Elterngeld als 80-prozentige Lohnersatzleistung. Weitere vier Monate kann ein pauschaler Grundbetrag gezahlt werden. Zusätzlich dürfen die Elternteile ihre Arbeitszeit ohne Lohnausgleich um bis zu zwei Stunden täglich verkürzen, bis das Kind acht Jahre alt ist. Die Erhöhung der Geburtenrate in Schweden wird auf diese Praxis zurückgeführt. Auch die Familienarmut wurde durch das Elterngeld gesenkt.
In Norwegen haben Eltern Anspruch auf Elterngeld für ein Jahr in Höhe von 80 Prozent des früheren Lohns oder alternativ für 42 Wochen zu 100 Prozent.
In Finnland wird Elterngeld für neun Monate und in Dänemark für mindestens sechs Monate ausbezahlt.
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – BEEG
- ↑ Broschüre des BMFSFJ zum Das Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz
- ↑ Sozialgesetzbuch V, §192
- ↑ Sozialgesetzbuch V, §224
- ↑ Nach Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz – BEEG, §2 (7) sind nur "Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung zu berücksichtigen"
[Bearbeiten] Weblinks
[Bearbeiten] Deutschland
- Bundesfamilienministerium zum Elterngeld
- Informationen zum Elterngeld bund.de
- Special zum Elterngeld von Eltern.de
- Dossier zum Elterngeld vom Personalmagazin
- Elterngeldrechner des Familienministeriums
- Elterngeld.com, Elterngeld.net, Elterngeld.de – drei Informationsportale zum Thema Elterngeld
- Elterngeld auch bei Hartz IV