Gustaf Kossinna
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Gustaf Kossinna (Kossina) (* 28. September 1858 in Tilsit; † 20. Dezember 1931 in Berlin) war Philologe und Professor der deutschen Archäologie an der Universität Berlin. Er war seinerzeit neben Carl Schuchhardt der bedeutendste Prähistoriker und Schöpfer der so genannten "Siedlungsarchäologischen Methode".
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[Bearbeiten] Leben
Kossinna studierte in Göttingen, Leipzig, Berlin und Straßburg klassische und germanische Philologie. Er war Schüler bei K. Müllenhoff, der ihn für die germanische und indogermanische Altertumskunde gewann, später wurde er unter den Eindruck von Otto Tischlers Schriften Vorgeschichtsforscher. Auch Friedrich Ratzel (ethnologische Kulturkreislehre) beeinflusste ihn.
- 1887 promovierte er "Über die ältesten hochfränkischen Sprachdenkmäler" in Straßburg.
- 1888-1892 Bibliothekar
- 1896 Vortrag in Kassel: "Die vorgeschichtliche Ausbreitung der Germanen in Deutschland"
- 1902 a.o. Professor (für deutsche Archäologie an der Universität Berlin)
- 1905 Publikation "Verzierte Eisenlanzenspitzen als Kennzeichen der Ostgermanen."
- 1909 Gründung der Deutschen Gesellschaft für Vorgeschichte, später "Gesellschaft für Deutsche Vorgeschichte" (Mannus-Gesellschaft)
- 1911 Publikation "Die deutsche Vorgeschichte, eine hervorragend nationale Wissenschaft."
- Nationalismus
- arbeitet "typisch germanische" Eigenschaften heraus
- 1913 Publikation "Der Goldfund vom Messingwerk bei Eberswalde und die goldenen Kultgefäße der Germanen."
- Konflikt mit Carl Schuchhardt
[Bearbeiten] "Siedlungsarchäologische" Methode
"Scharf umgrenzte Kulturprovinzen decken sich zu allen Zeiten mit ganz bestimmten Völkern oder Völkerstämmen." Diese Aussage Kossinnas, die sog. "lex Kossinna", bildet die Grundlage seiner siedlungsarchäologischen Methode. Sie bezog sich nicht wie die moderne Siedlungsarchäologie Jankuhnscher Prägung auf die einzelnen Ansiedlungen oder Siedlungslandschaften, sondern auf die ethnische Interpretation archäologischer Kulturgruppen, mit deren Hilfe die "völkische" Siedlungsgeschichte geschrieben wurde. Diesem nationalistischen Hintergrund verdankt die Methode ihren politischen Missbrauch insbesondere während des Nationalsozialismus.
Bei dem methodischen Ansatz der siedlungsarchäologischen Methode handelt es sich prinzipiell um einen Analogieschluss, bei dem galt, historische Zustände "nach rückwärts zu verlängern".
Schon zu Lebzeiten war Kossinnas Ansatz der Kritik ausgesetzt. Durch die politische Bedeutung seiner Forschungen im Nationalsozialismus und den enormen Einfluss seines Nachfolgers Hans Reinerth kam es jedoch zu keiner kritischen Aufarbeitung. 1941 publizierten Ernst Wahle oder auch 1944 Oscar Paret einige kritische Bemerkungen, doch folgte dem keine weitere Beschäftigung mit dem Thema, ehe Hans Jürgen Eggers in seiner Einführung in die Vorgeschichte sich sehr intensiv mit der ethnischen Deutung und ihren Problemen befasste.
Die wesentlichen Kritikpunkte sind:
- keine klare Darlegung der Methode
- keine Definition von "Volk"/ "Völkerstämme"
- keine Definition von Kulturprovinz
- Kulturen werden als monolithische Blöcke (versch. Typen/ Ornamente, anthropolog. Elemente, Grabbrauch/ Bestattungssitte) angesehen
- kein Beweis für Gleichsetzbarkeit von archäologischer Provinz und ethnischer Einheit: Die durch Kossinna angeführten frühgeschichtlichen Beispiele sind zum Großteil nicht haltbar.
- Kontinuität wird vorausgesetzt
- inkonsequente Anwendung der eigenen Methode - Argumentation mit Einzeltypen (trotz gegenteiliger Beteuerung), keine Beachtung von Grabungsbefunden
- willkürliche Unterscheidung von Handel und "Wanderung"
- keine Untersuchung der Ursachen von "Wanderungen"
- keine Materialvorlage (z.B. nur flächig gezeichnete Verbreitungskarten)
- keine Berücksichtigung von Erhaltungs- und Überlieferungsbedingungen
- unzulässige Vermischung verschiedener Disziplinen: Verbindung von Archäologie und Sprachwissenschaft/ Anthropologie
- nationalistische und teils rassistische Vorurteile, die insbesondere im Nationalsozialismus politisch ausgeschlachtet wurden.
Bei aller berechtigter Kritik ist zu bedenken, dass ähnliche methodische Ansätze auch anderswo (etwa in den USA oder Italien) entwickelt worden sind und bis heute eine wesentliche Rolle spielen - ungeachtet der Frage, ob ethnische Identitäten für das Verständnis prähistorischer Perioden überhaupt ein angemessenes Konzept darstellt.
[Bearbeiten] Publikationen (Auswahl)
- Großgartacher und Rössener Stil. Zeitschrift für Ethnologie 1908, 569 ff.
- Die deutsche Vorgeschichte, eine hervorragend nationale Wissenschaft Curt Kabitzsch Verlag (Leipzig 1912).
- Die Herkunft der Germanen. Zur Methode der Siedlungsarchäologie. Mannus-Bibliothek 6 (Würzburg 1911).
- Der Goldfund vom Messingwerk bei Eberswalde und die goldenen Kultgefäße der Germanen. Mannus-Bibliothek 12 (Würzburg 1913).
- Die deutsche Ostmark, ein Heimatboden der Germanen (Berlin 1919).
- Altgermanische Kulturhöhe. Eine Einführung in die deutsche Vor- und Frühgeschichte (Leipzig 1935).
- Ursprung und Verbreitung der Germanen in vor- und frühgeschichtlicher Zeit. (3. Aufl. Leipzig 1936).
Kossinna war der Herausgeber der Zeitschrift Mannus (1909-1942) und Begründer der Mannus-Bibliothek.
[Bearbeiten] Literatur
- Festschriften
- zum 60. Geburtstag (Hahne)
- zum 70. Geburtstag (Mannus-Ergänzungsband 6/1928)
- Nachrufe von
- Götze, Mannus 24/1932
- Jahn, NfDV 7/1931
- Seger, Prähistorische Zeitschrift (PZ) 22/19931
- L.S. Klejn: Kossinna im Abstand von 40 Jahren. In: Jahrbuch für mitteldeutsche Vorgeschichte 58, 1974, S. 7-55
- Ernst Wahle: Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen. Grenzen der frühgeschichtlichen Erkenntnis 1. In: Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften. Philologisch-Historische Klasse. 2. Abh. 1940/41. Heidelberg 1941
- Heinz Grünert: Gustaf Kossinna (1858-1931). Vom Germanisten zum Prähistoriker. Ein Wissenschaftler im Kaiserreich und in der Weimarer Republik.. Vorgeschichtliche Forschungen 22. Rahden/Westfalen 2002 ISBN 389646504X
[Bearbeiten] Weblinks
Personendaten | |
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NAME | Kossinna, Gustaf |
KURZBESCHREIBUNG | Philologe und Professor der deutschen Archäologie an der Universität Berlin |
GEBURTSDATUM | 28. September 1858 |
GEBURTSORT | Tilsit |
STERBEDATUM | 20. Dezember 1931 |
STERBEORT | Berlin |