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Homosexualität im Neuen Testament - Wikipedia

Homosexualität im Neuen Testament

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Wenn man über Homosexualität im Neuen Testament spricht, ist zuerst der Begriff Homosexualität zu definieren. Denn der heutige Begriff der Homosexualität und das damit verbundene Konzept von Homosexuellen als einer besonderen Gruppe von Menschen existierten zur Zeit der Abfassung der Bibel nicht. Diese Denkweisen entstanden erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts.

Das Neue Testament stellt Freundschaft zwischen zwei Personen des gleichen Geschlechts entweder gänzlich neutral oder, nach manchen Interpretationen, stark romantisierend dar (siehe den Abschnitt über das Johannes-Evangelium). Sexuelle Handlungen in diesem Kontext werden nicht erwähnt.

Sexuelle Handlungen zwischen gleichgeschlechtlichen Personen werden nur in den Paulusbriefen erwähnt und dort strikt abgelehnt. Im allgemeinen wird Sexualität im Neuen Testament nur im Rahmen einer Ehe akzeptiert und Promiskuität durchgehend strikt verurteilt.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Paulusbriefe

Im Römerbrief erwähnt Paulus den mannmännlichen Beischlaf in Bezug auf die Heiden. So wie die Menschen in ihrer Religion Geschöpfe statt den Schöpfer verehrten, habe der Schöpfer sie zur Strafe der schändlichen "Vertauschung" ihrer Leidenschaften überlassen:

Ihre Frauen vertauschten den natürlichen Verkehr mit dem widernatürlichen; ebenso gaben die Männer den natürlichen Verkehr mit der Frau auf und entbrannten in Begierde zueinander; Männer trieben mit Männern Unzucht und erhielten den ihnen gebührenden Lohn für ihre Verirrung. (Röm 1,26f EU).

Der gleichgeschlechtliche Verkehr wird als Folge, nicht als Ursache der Ablehnung Gottes dargestellt. Ob sich der erste Satz auf lesbische Sexualität oder auf männlich-weiblichen Analverkehr bezieht, ist unklar, da bei der Rede vom natürlichen Verkehr der Frauen die Präzisierung "mit Männern" fehlt.

Einige Ausleger haben die Ansicht vertreten, dass der Abschnitt des Römerbriefs (1,19 EU bis 2,1 EU, also einschließlich 1,26.27 EU) nicht aus der Hand des Apostels stamme, sondern eine spätere Einfügung sei.[1]

Neben dem Römerbrief gibt es auch zwei weitere Stellen, an denen mannmännlicher Beischlaf verurteilt wird. So heißt es im ersten Korintherbrief (und ähnlich im ersten Brief an Timotheus, 1,9f EU):

Wißt ihr denn nicht, daß Ungerechte das Reich Gottes nicht erben werden? Täuscht euch nicht! Weder Unzüchtige noch Götzendiener, weder Ehebrecher noch Lustknaben , noch Knabenschänder, noch Diebe, noch Habgierige, keine Trinker, keine Lästerer, keine Räuber werden das Reich Gottes erben. (1_Kor 6,9 EU).

Die Begriffe, die der Autor im griechischen Original benutzt, sind μαλακός (malakos eigentlich „weich“, „schwach“[2]) in der Bedeutung von „schmachtend“, „effeminiert“ und ἀρσενοκοίτης (häufiger ἀρρενοκοίτης arsenokoites/arrhenokoites, „mit-Männern-Lieger“, lat. cinaedus). Die Einheitsübersetzung (im NT ökumenisch), welche diese Bezeichnungen mit „Lustknabe“ bzw. „Knabenschänder“ übersetzt, deutet diese Begriffe altersbezogen in Richtung einer Verurteilung der Päderastie.

Diese Stellen der Paulusbriefe sind die einzigen Belegstellen des Neuen Testaments, in denen der gleichgeschlechtlichen Verkehr ausdrücklich erwähnt und verurteilt wird.

[Bearbeiten] Matthäusevangelium

Von einzelnen Autoren ist folgende Stelle aus der Bergpredigt als Verurteilung von Homophobie ausgelegt worden:

"[...] wer zu seinem Bruder sagt: Du Dummkopf!, soll dem Spruch des Hohen Rates verfallen sein; wer aber zu ihm sagt: Du (gottloser) Narr!, soll dem Feuer der Hölle verfallen sein." (Mt 5,22 EU).

Nach dieser von Bob Arthur[3] aufgestellte Hypothese,[4] ließe das Wort "raka", das im Original zu finden ist und oft unübersetzt belassen wird, Raum für andere Interpretationen als das übliche "Dummkopf". Das Wort, das normalerweise als griechische Transliteration des aramäischen reyqah ("hohl" bzw. "Hohlkopf") aufgefasst wird, könne auf die hebräisch-aramäische Wurzel rakak, "weich sein", zurückgeführt werden. Nach Arthur könne die Verwendung der weiblichen Form rakkah des entsprechenden Adjektivs die Vermutung nahe legen, Jesus habe eine schimpfliche Redewendung tadeln wollen, die einen Mann als "effeminiert" bezeichnet.

[Bearbeiten] Johannesevangelium

Wikipedia:Quellenangaben
Quellenangaben
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Im Johannesevangelium wird von einem namentlich nicht genannten Jünger stets mit der Wendung "der, den Jesus liebte" gesprochen (Joh 13,23 EU; 21,7 EU; 21,20 EU). Nach traditioneller Sicht und nach dem Schlusswort des Evangeliums (Joh 21,24 EU) handelt es sich dabei um den Evangelisten Johannes selbst. Im Mittelalter betrachtete man Jesus und Johannes (analog zu den alttestamentlichen Gestalten von David und Jonathan) als "geschworene Brüder".

In der frühen Neuzeit wurde des Öfteren auf Jesus und Johannes Bezug genommen, um die Existenz intimer Freundschaften zwischen Männern zu rechtfertigen. So antwortete beispielsweise König Jakob I. im Jahr 1617 auf die Vorwürfe des englischen Parlaments, das ihn wegen seines Verhältnisses zu George Villiers attackierte:

"Ihr könnt sicher sein, dass ich den Herzog von Buckhingham mehr als jeden anderen liebe und mehr als euch, die ihr hier versammelt seid. Ich wünsche für mich selbst zu sprechen und nicht, dass dies für einen Mangel gehalten wird, denn Jesus Christus hat dasselbe getan und daher kann ich nicht beschuldigt werden. Christus hatte seinen Sohn Johannes, und ich habe meinen George."[5]

Der methodistische Theologe Theodore Jennings hat das Johannes-Evangelium herangezogen, um die gleichgeschlechtliche Liebe gegen religiöse Angriffe zu verteidigen. In seinem 2003 erschienen Buch The Man Jesus Loved hat er unter Verweis auf das Johannesevangelim und auf andere Stellen der Evangelien die Ansicht vertreten, dass der Mann, den Jesus liebte, dessen "schwuler Freund" gewesen sei. Diese Theorie wird aber von vielen christlichen Konfessionen strikt abgelehnt.

[Bearbeiten] Judasbrief

Der dem Apostel Judas Thaddäus zugeschriebene letzte Brief des Neuen Testaments, der jedoch als pseudoepigraphisch eingeordnet wird, enthält einen Verweis auf die Sodomerzählung (Genesis 19):

Auch Sodom und Gomorrha und die umliegenden Städte sind ein Beispiel: In ähnlicher Weise wie jene trieben sie Unzucht und wollten mit Wesen anderer Art verkehren; daher werden sie mit ewigem Feuer bestraft. (Jud 1,7 EU)

Nach herkömmlicher Tradition wird das „anders geartetem Fleisch nachgehen“ dieser Vers nicht als homosexuellen Handlungen verstanden. Unter „anders geartetem Fleisch“ seien die Engeln zu verstehen und die Anspielung beziehe sich auf das Begehren der Einwohner Sodoms nach den Engeln in Gen 19,1-11 EU.[6]

[Bearbeiten] Literatur

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Weblinks

Hinweis: Die folgende Auswahl von Links und Literatur verweist auf Dokumentation, die jeweils einen bestimmten - unter Umständen nicht neutralen - Standpunkt vertreten. Die Wikipedia erhebt nicht den Anspruch, dass alle denkbaren Standpunkte in der folgenden Auswahl enthalten sind, und nimmt keine Bewertung dieser Standpunkte vor. Zur Orientierung sind nach den Links kurze Kommentare eingefügt, die die Meinung der jeweiligen Autoren andeuten.

[Bearbeiten] Anmerkungen

  1. Vgl. hierzu Hermann Detering "Die ursprüngliche Gestalt des Römerbriefes, Berlin 2003; W.C. van Manen, Universität Leiden "The Epistle to the Romans" in Encyclopaedia Biblica (New York: Macmillan, 4 Vols., 1899-1903) und Bart D. Ehrmann in "The Orthodox Corruption of Scripture".
  2. Vgl. Eintrag im malakos in: H. G. Liddell, R. Scott, A Greek-English Lexicon (beim Perseus-Project – en)
  3. (Rev.) Bob Arthur, Homosexuality and the Conservative Christian, STI Publications, 1982
  4. Auf diese Hypothese wird in der Internet Seite www.freeingthespirit.org zurückgegriffen.
  5. Rictor Norton, "Lists of Famous Homosexuals" at Gay History and Literature.
  6. Vgl.: Neue Jerusalemer Bibel (Herder 1985), Kommentar zu Jud 7.
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