Homosexualität in Russland
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Homosexualität in Russland ist gesellschaftlich stark tabuisiert; homosexuelle Handlungen sind legal.
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[Bearbeiten] Das moderne Russland
[Bearbeiten] Legalität
Am 27. Mai 1993 wurden homosexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen legalisiert, und seit 1999 steht Homosexualität auch in Russland nicht mehr auf der Liste der Geisteskrankheiten.
[Bearbeiten] Antidiskriminierungsgesetze
Antidiskriminierungsgesetze bestehen nicht.
[Bearbeiten] Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften
Staatlicherseits sind homosexuelle Paare nicht anerkannt.
[Bearbeiten] Gesellschaftliche Situation
Im Februar 2006 verkündete der Großmufti von Russland Talgat Tadschuddin in Bezug auf den geplanten ersten „Moskva Pride“, Mohammed selbst habe angeordnet, Homosexuelle zu töten, da ihr Verhalten zum Ende der menschlichen Rasse führe, und man solle Homosexuelle auspeitschen, wenn sie auf die Straßen gehen sollten. Jeder normale Mensch würde dies tun - sowohl Moslems als auch Orthodoxe. Andere Geistliche haben sich von dieser harten Rhetorik distanziert, nicht jedoch von der Ablehnung der Homosexualität. Mufti Nafgulla Aschirow, zuständig für den asiatischen Teil des Landes, sprach sich gegen Gewalt aus, sagte aber auch, dass schwule Paraden keinen Platz im Leben von normalen Menschen haben sollten. Der Patriarch der Orthodoxen Kirche sagte, dass es sich bei CSDs um Kampagnen handeln würde, die die russische Nation pervertierten. Oberrabbiner Berl Lazar bezeichnete Schwule als „sexuell Perverse“ und die Parade als einen Verstoß gegen die Moral, er verglich sie mit den Mohammed-Karikaturen.
Ende April, Anfang Mai 2006 wurden mehrere Schwulenclubs in Moskau von Protestierenden besetzt. Erst nach Beschwerden, dass die Polizei nicht eingegriffen habe, wurden bei späteren Besetzungsversuchen mehrere Personen verhaftet.
Im Mai 2006 wurde in Moskau eine Versammlung für die Gleichberechtigung von homosexuellen Bürgern abgehalten. Die begleitende Parade wurde von Bürgermeister Juri Luschkow untersagt. Einige Aktivisten gingen jedoch auf die Straße und wollten am Mahnmal des Unbekannten Soldaten Blumen niederlegen. Dabei kam es zu gewalttätigen Übergriffen von rechtsextemen Gegendemonstranten und der Polizei. Ungefähr 50 Demonstranten und 20 Gegendemonstranten wurden verhaftet. Auch der Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen Volker Beck wurde dabei verletzt und festgenommen. Das Verbot der Demonstration aus Sicherheitsbedenken wurde am 22. August von einem Gericht in Moskau bestätigt. Der Bürgermeister Juri Luschkow begrüßte dies und hält die Kundgebung „vor allem aus moralischen und ethischen Gründen“ für unzulässig.[1] Auch das Berufungsgericht hat am 19. September das Verbot der Demonstration für Rechtens erklärt. Die Organisatoren wollen jetzt beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Einspruch erheben.[2]
Auch im Jahr 2007 will Luschkow die CSD-Demonstration verbieten: Es handele sich um eine „Satanshow“.[3].
[Bearbeiten] Historische Entwicklung
[Bearbeiten] Russisches Reich
Während des Russischen Reiches entwickelten Fundamentalisten und Sozialisten eine sehr sittenstrenge Ansicht bezüglich Geschlechtern und Sexualität. Viele russische Sozialisten waren der Meinung, dass private Emotionen, Interessen oder Liebe der Gesellschaft gegenüber untergeordnet sein zu hätten, um eine revolutionäre Bewegung zu schaffen, und dass freie Liebe und Homosexualität entartete Laster des Kapitalismus seien, welche nach der Revolution nicht mehr existieren würden. Unterstützt wurde die Legalisierung von Homosexualität von russischen Anarchisten und Mitte-links-Demokraten des russischen Parlaments. Jedoch war nach Meinung von Lenin, Leo Trotzki und Josef Stalin sexuelle Freiheit kein Bestandteil der Befreiung des Proletariats, sondern eine Untugend kapitalistischen Bürgertums. Freie Liebe wurde von ihnen als unvereinbar mit den Zielen des Marxismus betrachtet.
[Bearbeiten] Nach der Revolution
Nach der Russischen Revolution 1917 schaffte die kommunistische Partei alle alten Gesetze der Zaren ab, worunter auch das Verbot der Homosexualität fiel. Laut Strafgesetzbuch von 1922 und 1926 waren homosexuelle Beziehungen zwischen Erwachsenen legal, dennoch galt homosexuelles Verhalten in der Georgischen SSR, Zentralasien und Usbekistan während der 1920er Jahre als kriminelle Handlung. In einigen offiziellen Sowjetischen Dokumenten aus jener Zeit wird davon gesprochen, Homosexualität nicht als Kriminalität, sondern als heilbare Krankheit zu behandeln.
[Bearbeiten] Sowjetunion
Während der Sowjetunion besuchten Abgesandte das deutsche Institut für Sexualwissenschaft und internationale Konferenzen über menschliche Sexualität und befürworteten die Legalisierung von Homosexualität. In Sowjetrussland war es Michail Alexejewitsch Kusmin und weiteren schwulen Schriftstellern gestattet, ihre Werke mit homosexuellem Inhalt bis 1929 zu veröffentlichen. Dann erklärte die kommunistische Partei unter Stalin jedoch, dass Homosexualität keine öffentliche Thematik darstellen solle. Schwule und Lesben, die in der Russischen Regierung tätig sein wollten, mussten einen Partner des anderen Geschlechts heiraten. 1933 führte Joseph Stalin ein neues Strafgesetz ein: Nach § 121 konnte Homosexualität mit bis zu fünf Jahren Zwangsarbeit bestraft werden. Dieses Gesetz wurde bis zur Auflösung der Sowjetunion beibehalten.
Bis in die 1980er Jahre waren Schwule und Lesben verpflichtet, sich unter mehrmonatiger Einnahme von Psychopharmaka therapieren zu lassen.