Indemnitätsvorlage
aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Mit der Annahme der Indemnitätsvorlage (lat. indemnitas, Genetiv: indemnitatis : Schadloshaltung) im September 1866 wurde noch vor Gründung des Norddeutschen Bundes der preußischen Regierung (speziell Bismarck) nachträglich vom Preußischen Abgeordnetenhaus Straflosigkeit zugebilligt. Dies bezieht sich auf den Preußischen Verfassungskonflikt von 1862.
[Bearbeiten] Vorgeschichte
Auf Grund des Dualismus zwischen Preußen und Österreich hielten Wilhelm I und Bismarck ein größeres Heer zur Behauptung der Hegemonialstellung Preußens in Deutschland für nötig. Da aber das Parlament das Budgetrecht inne hatte, für die Rüstung jedoch Geld benötigt wurde, benutzte Bismarck eine Lücke in der Verfassung, wonach der Monarch bei einer Kontroverse zwischen ihm und den beiden Kammern als Souverän die endgültige Entscheidung fällen konnte. Die erfolgreiche Durchsetzung stärkte den König gegenüber dem Parlament.
Daraufhin wurde die Heeresreform ohne Finanzeinwilligung seitens des Parlaments durchgeführt. Das Abgeordnetenhaus protestierte gegen Bismarcks Vorgehen, kündigte dem preußischen König die politische Mitarbeit auf (Maiadresse 1863), forderte vergebens die Entlassung Bismarcks und einen größeren Einfluss des Parlaments auf die Zusammensetzung der Regierung. Daraufhin löste König Wilhelm I. das Parlament unter dem Vorwurf "illegitimen Verhaltens" auf. Bismarck regiert ab diesem Zeitpunkt ohne parlamentarisch legitimiertes Budget und setzte im Deutschen Krieg die preußische Hegemonie gegen Österreich durch.
[Bearbeiten] Die Indemnitätsvorlage
Nach dem Sieg über Österreich wollte sich Bismarck im Nachhinein für sein Vorgehen in der Auseinandersetzung mit dem Abgeordnetenhaus amnestieren lassen. Mit der Annahme der Indemnitätsvorlage im September 1866 erkannte der Ministerpräsident das Budgetbewilligungsrecht des Parlaments an. Er gestand damit ein, die Verfassung einseitig ausgelegt zu haben. Im Gegenzug wurde ihm bescheinigt, dass er in dieser Ausnahmesituation nicht anders habe handeln können. Dies war ein Versuch Bismarcks zur Aussöhnung mit den Liberalen. Die Indemnitätsvorlage wurde am 3. September 1866 mit 230 zu 75 Stimmen angenommen, der Verfassungskonflikt war damit beendet.
Die Liberalen spalteten sich an der Indemnitätsvorlage. Aus der Fortschrittspartei entstanden die Nationalliberale Partei und die Deutsche Volkspartei. Die Nationalliberale Partei billigte im Gegensatz zur Fortschrittspartei nachträglich die von Bismarck durchgesetzte Heeresreform und schwenkte auf seinen Kurs einer kleindeutschen Reichseinigung (ohne Österreich) ein. Die Mitglieder der Nationalliberalen setzten darauf, dass die baldige Schaffung eines Nationalstaates geradezu zwingend eine Parlamentarisierung des öffentlichen Lebens nach sich ziehen würde.
Siehe auch: Indemnitätsgesetz, Indemnität, Lückentheorie, Preußischer Verfassungskonflikt