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Jüdischer Friedhof Berlin-Mitte

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Gedenkplatte auf dem Gelände des jüdischen Friedhofs in Berlin-Mitte
Gedenkplatte auf dem Gelände des jüdischen Friedhofs in Berlin-Mitte

Der Jüdische Friedhof in der Großen Hamburger Straße im heutigen Berliner Stadtteil Mitte ist nach dem Judenkiewer Spandau der älteste sicher belegte Begräbnisplatz der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Im Bereich des heutigen Eingangs befand sich seit 1844 ein Altersheim der jüdischen Gemeinde.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Geschichte

[Bearbeiten] Nutzung des Friedhofs

Grabstein für Moses Mendelssohn
Grabstein für Moses Mendelssohn

Nachdem der brandenburgische Kurfürst Friedrich Wilhelm 1671 per Dekret 50 aus Wien vertriebenen jüdischen Familien die Ansiedlung in der Mark Brandenburg erlaubt hatte und damit zum ersten Mal seit hundert Jahren wieder Juden in Berlin ansässig waren, kaufte Mordechai Model (auch Model Riess) das damals noch vor den Toren der Stadt liegende Gelände und übergab es der neu entstandenen Gemeinde als Begräbnisplatz. Der Eingang zum Friedhof befand sich ursprünglich in der Oranienburger Straße. Bis zu seiner Schließung 1827 sollen auf dem 0,59 ha großen Gelände nach älteren Quellen 12.000 Juden beerdigt worden sein. Neuere Forschungen halten diese Zahl aber für zu hoch und gehen teilweise von nur etwa 3.000 Gräbern aus.[1] Der Friedhofsinspektor Leiser Landshuth hatte 1872 ein anhand noch entzifferbarer Grabsteine erstelltes Verzeichnis von 2767 Grabstätten mit ihren Namen erstellt. Ein Beerdigungsregister von 1751–1827 soll 7.063 Begrabene verzeichnen.[2] Als erster wurde hier 1672 Gumpricht Jechiel Aschkenasi beerdigt.

Die Grabsteine auf dem Friedhof waren, damaliger jüdischer Begräbniskultur folgend, relativ einheitlich, meist schlichte oben abgerundete Sandsteinmale, die eng in langen Reihen angeordnet waren, mit der Schrift nach Süden. Es gab allerdings deutlich unterschiedlich große Grabsteine und vermutlich auch eine nicht geringe Anzahl von Holzgrabmalen. Ganz an der Südseite, dem Eingang am nähesten, lag die „Rabbinerreihe“; hier wurden die Rabbiner der Gemeinde beigesetzt. Dicht dabei lagen die ältesten Gräber der Gründer der Gemeinde, der aus Wien eingewanderten Juden. Diese Grabsteine wurden später, vermutlich gegen Ende des 19. Jahrhunderts, in die Südmauer eingelassen und überlebten so unbeschadet die Zeit des Nationalsozialismus.


Das bekannteste Grab des Friedhofs war das des Philosophen Moses Mendelssohn (1729–1786), der als Vorbild für die Figur des Nathan im Drama Nathan der Weise seines Freundes Gotthold Ephraim Lessing diente und der als einer der Vorkämpfer der Aufklärung (Haskala) angesehen wird. Heute ist der Stein, der an Mendelssohn erinnern soll, der einzige noch auf dem Friedhof verbliebene. Dabei handelt es sich allerdings um die mittlerweile dritte Kopie des Originalsteins. Der relativ schlichte Originalstein, dessen Aussehen von einem Kupferstich Wilhelm Chodowieckis (1765–1805), des Sohnes Daniel Chodowieckis, bekannt ist, war 1896 durch ein repräsentatives, eingezäuntes Granitmal mit goldener Inschrift ersetzt worden. Nach der Zerstörung durch die Nationalsozialisten folgte 1962 ein einfacher rechteckiger Grabstein. Der 1990 aufgestellte heutige Stein lehnt sich in der Form wieder an den ursprünglichen an. Da man die genaue Stelle von Mendelssohns Grab nicht kennt, steht der Grabstein nur ungefähr an der Stelle des Grabes.

Weitere auf dem Friedhof begrabene Personen waren unter anderem der Rabbiner und Lehrer Mendelssohns David Fränkel (1707-1762), der Münzunternehmer und Erbauer des Ephraim-Palais Veitel Heine Ephraim (1703-1775) sowie der Leiter des Jüdischen Krankenhauses und Mann von Henriette Herz, Marcus Herz (1747-1803). Der ursprünglich frei liegende Friedhof war später ringsum von Häusern umgeben.

[Bearbeiten] Nach der Schließung des Friedhofs, das Altersheim

Gedenkstein auf dem Gelände des ehemaligen jüdischen Altenheims in Berlin-Mitte
Gedenkstein auf dem Gelände des ehemaligen jüdischen Altenheims in Berlin-Mitte

Das erste Altersheim der jüdischen Gemeinde entstand an der Oranienburger Straße in unmittelbarer Nähe des Friedhofs und wurde am 27. Juli 1829 eröffnet. 1844 wurde dann das endgültige Altenheim an der Großen Hamburger Straße erbaut und nach der Fertigstellung am 28. Juli 1844 bezogen. Zwischen 1867 und 1874 wurden zwei Anbauten errichtet, somit hatte das Heim nach 1874 120 Plätze.

Bereits 1794 wurde in Preußen eine Verordnung erlassen, die Friedhöfe in bewohnten Gegenden untersagte. Nachdem die jüdische Gemeinde mehrfach aufgefordert worden war, einen neuen Friedhof vor den Toren Berlins anzulegen, erwarb sie schließlich ein Gelände in der Schönhauser Allee, wo 1827 der neue Friedhof eröffnet wurde. Auf dem alten Friedhof fanden keine Beerdigungen mehr statt. Der Eingang erfolgte nun durch das Altersheim von der Großen Hamburger Straße aus. Der Friedhof blieb erhalten und diente beispielsweise dem Altersheim als Park. Aber auch die benachbarte jüdische Knabenschule nutzte den Friedhof für den naturkundlichen Unterricht und später für die Anlage eines Schulgartens.

[Bearbeiten] Friedhof und Altersheim in der NS-Zeit

Der Friedhof wurde 1943 während in der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland von der Gestapo zerstört. Auf dem Gelände wurde ein Splittergraben angelegt, der mit Grabsteinen abgesichert wurde, die Gebeine wurden entsorgt. In den letzten Kriegstagen wurden auf dem Friedhof über 2000 Kriegstote in Massengräbern beigesetzt; ein Gedenkstein in der östlichen Umfassungsmauer erinnert daran. Der Verbleib einiger am Kriegsende noch vorhandener Grabsteine ist heute ungeklärt. Als einzige Überreste des jüdischen Friedhofs blieben etwa 20 der ältesten Grabsteine erhalten, die seit etwa 1885 in die südliche Umfassungsmauer eingelassen waren und 1988 zur Restauration auf den Jüdischen Friedhof Berlin-Weißensee gebracht wurden, wo sie zu besichtigen sind und, bis heute unrestauriert, dem allmählichen Verfall preisgegeben sind. 1948 wurde der Friedhof wieder der Jüdischen Gemeinde übergeben, die mit einer noch heute an der Südmauer über den entfernten Grabsteinen angebrachten Gedenktafel an den Friedhof und seine Zerstörung erinnert. Der Friedhof selbst wurde in den 1970er Jahren zu einem Park angelegt, in dem außer der Gedenktafel und dem alleinstehenden Denkstein für Moses Mendelssohn nichts mehr an den Friedhof erinnert. Der heutige Park bedeckt allerdings nur ungefähr die Hälfte des ehemaligen Friedhofs.

Zwischen 1933 und 1942 wirkte Martin Riesenburger im Altenheim. 1942 nahm die Gestapo das Gebäude in Besitz und richtete ein Sammellager in den Gebäuden ein, in dem etwa 55.000 jüdische Bürger Berlins gesammelt und in die Konzentrationslager Auschwitz und Theresienstadt transportiert wurden. Ein Jahr später wurde das Haus zerstört.

Skulptur „Jüdische Opfer des Faschismus“
Skulptur „Jüdische Opfer des Faschismus“

1985 wurde an dieser Stelle neben dem bereits vorhandenen Gedenkstein die Skulptur „Jüdische Opfer des Faschismus“ des Bildhauers Will Lammert aufgestellt, die ursprünglich 1957 für die Gedenkstätte im KZ Ravensbrück erstellt wurde. Es handelt sich dabei um 13 Personenskulpturen, die in Bronze gegossen und gruppiert wurden. Aufgrund von mehreren Anschlägen ist das Denkmal heute zeitweise bewacht, es steht wie der gesamte Friedhof unter Denkmalschutz.

[Bearbeiten] Siehe auch

[Bearbeiten] Einzelnachweise

  1. Etzold u.a., S. 13
  2. Brocke u.a., S. 87

[Bearbeiten] Literatur

  • Alfred Etzold, Joachim Fait, Peter Kirchner, Heinz Knobloch: Die jüdischen Friedhöfe in Berlin. Henschel Verlag Berlin 1991 (ISBN 3-362-00557-8)
  • Michael Brocke, Eckehart Ruthenberg, Kai Uwe Schulenburg: Stein und Name. Die jüdischen Friedhöfe in Ostdeutschland (Neue Bundesländer/DDR und Berlin. Institut Kirche und Judentum Berlin 1994 (ISBN 3-923095-19-8)
  • Klaus Hammer: Friedhofsführer Berlin. Jaron Verlag GmbH 2001 (ISBN 3-89773-081-2)
  • Hans-Jürgen Mende, Kurt Wernicke: Berliner Bezirkslexikon - Mitte. Edition Luisenstadt Berlin 2001 (ISBN 3-89542-111-1)
  • Nathanja Hüttenmeister/Christiane E. Müller: Umstrittene Räume: Jüdische Friedhöfe in Berlin - Große Hamburger Straße und Schönhauser Allee. S. 15-159 = Rekonstruktion des Friedhofs. (443 S.) Metropol Verlag Berlin 2005 (ISBN 3-936411-55-7)

[Bearbeiten] Weblinks

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Koordinaten: 52° 31' 27" N, 13° 24' 1" O

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