Jüdisches Antifaschistisches Komitee
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Das Jüdische Antifaschistische Komitee, kurz JAFK oder JAK, (russisch: Еврейский Антифашистский Kомитет, kurz EAK ) wurde im April des Jahres 1942 mit der offiziellen Unterstützung der sowjetischen Behörden in Kuibyschew, Russland ins Leben gerufen. Es wurde geschaffen, um die internationale öffentliche Meinung zu beeinflussen und die politische sowie materielle Unterstützung für die Sowjetunion im Kampf gegen Nazideutschland zu organisieren, insbesondere des Westens.
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[Bearbeiten] Aktivitäten
Solomon Michoels, ein bekannter Schauspieler und Direktor des Jüdischen Staatstheaters Moskau, wurde zum Vorsitzenden des JAFK ernannt. Die jiddisch-sprachige JAFK-Zeitung wurde „Ejnikeit“ (dt.: „Einigkeit“) benannt.
Das JAFK verbreitete pro-sowjetische Propaganda an ausländisches Publikum, wobei es sein Publikum der Abwesenheit von Antisemitismus in der Sowjetunion versicherte. 1943 begaben sich Michoels und Itzik Feffer, - die ersten offiziellen Repräsentanten der sowjetischen Juden, denen eine Reise in den Westen erlaubt wurde-, auf eine siebenmonatige Reise durch die USA, Mexiko, Kanada und Großbritannien, um für Verstärkung zu werben. In den USA wurden sie von einem Nationalen Empfangskomitee willkommen geheißen, dessen Vorsitzende Albert Einstein und B.Z. Goldberg, Schwiegersohn von Sholom Aleichem, waren, und dem American Jewish Joint Distribution Committee. Die größte pro-sowjetische Versammlung, die es in den Vereinigten Staaten von Amerika jemals gegeben hat, fand statt am 8. Juli in den Polo Grounds, als 50.000 Menschen Michoels, Fefer, Fiorello LaGuardia, Sholem Asch und Rabbi Stephen Wise, dem Vorsitzenden des Internationalen Jüdischen Kongresses, zuhörten. Neben anderen trafen sie Chaim Weizmann, Charlie Chaplin, Marc Chagall, Paul Robeson und Lion Feuchtwanger.
Zusätzlich zu den Kriegsanleihen für den russischen Krieg (16 Millionen Dollar in den USA, 15 Millionen in England, 1 Million in Mexico, 750.000 in Palästina) wurde auch andere Hilfe beigesteuert: Maschinen, medizinische Ausrüstung, Medikamente, Krankenwagen, Kleidung. Am 16. Juli 1943 berichtete die Pravda: „Michoels und Feffer haben eine Nachricht aus Chicago erhalten, wonach eine Sonder-Hilfskonferenz eine Kampagne zur Finanzierung von eintausend Krankenwagen zum Nutzen der Roten Armee ins Leben gerufen hat.“ Der Besuch bewirkte auch ein Wachrütteln der amerikanischen Öffentlichkeit in Bezug auf die Notwendigkeit, sich in den europäischen Krieg einzuschalten.
[Bearbeiten] Verfolgung
Einige Mitglieder des Komitees waren verbale Unterstützer des Staates Israel, der 1948 gegründet wurde, etwas, das Stalin nur kurzfristig unterstützte. Die internationalen Kontakte der jüdischen Diaspora, insbesondere in die USA, ließen sie immer wieder, gerade zu Beginn des Kalten Krieges, zu Opfern von Anschuldigungen werden, die vom Vorwurf der Illoyalität bis zum Verdacht von Spionagetätigkeiten reichten.
Die Kontakte mit jüdischen Organisationen in Amerika resultierten in dem Plan, zeitgleich in den USA und in der Sowjetunion ein Schwarzbuch zu veröffentlichen, in dem der Holocaust und die Teilnahme von Juden am Widerstandskampf dokumentiert würden. Dies lief jedoch der offiziellen Sowjetpolitik zuwider, die den Genozid an den Juden nicht eingestand. Das Schwarzbuch wurde tatsächlich 1946 in New York veröffentlicht, aber eine russische Ausgabe ist niemals erschienen. Das Projekt scheiterte letztlich am Verbot durch Stalin, der argumentierte, das Buch enthalte schwere politische Fehler – Juden seien nicht die einzigen Opfer der deutschen Besatzung gewesen. 1948 wurde der bereits fertige Satz der russischen Ausgabe zerstört, als die politische Situation der Sowjetjuden sich dramatisch verschlechterte.
Im Januar 1948 wurde Michoels bei einem mysteriösen Autounfall in Minsk, UdSSR, getötet. Im November 1948 starteten die sowjetischen Behörden eine Kampagne zur Liquidierung dessen, was von der jüdischen Kultur noch existierte. Die Mitglieder des Jüdischen Antifaschistischen Komitees wurden inhaftiert. Sie wurden der Illoyalität, Bourgeoisie, des Kosmopolitentums und der Planung der Gründung einer jüdischen Republik auf dem Gebiet der Krim im Dienste der US-Interessen angeklagt.
Im Januar 1949 starteten die sowjetischen Massenmedien eine Großkampagne gegen „heimatlose Kosmopoliten“, die unmißverständlich auf Juden abzielte. Markish stellte zu diesem Zeitpunkt fest: „Hitler wollte uns physisch zerstören, Stalin will es geistig tun.“ Am 22. August 1952 wurden mindestens dreizehn prominente jüdische Schriftsteller im Zuge des als „Die Nacht der ermordeten Poeten“ bekanntgewordenen Geschehens exekutiert.
Auch die Ärzteverschwörung 1953, während der hauptsächlich jüdischen Ärzten unterstellt wurde, ein Komplott zur Vergiftung der sowjetischen politischen und militärischen Führung geschmiedet zu haben, trug deutlich antisemitische Züge.
[Bearbeiten] Liste prominenter JAFK-Mitglieder
Im Laufe der Zeit nahm die Größe des JAFK stetig zu. Nach Angaben von Solschenizyn („200 Years Together“) wuchs das JAFK auf ungefähr 70 Mitglieder an.
- Solomon Michoels, Vorsitzender des JAFK, Schauspieler-Direktor des Jüdischen Staatstheaters Moskau
- Solomon Losowski, Sekretär des JAFK, ehemaliger sowjetischer Vizeminister für Außenpolitik und der Leiter des Sowjetischen Informationsbüros
- Itzik Feffer, Dichter (ehemaliges Mitglied des Bund)
- Ilja Ehrenburg, Schriftsteller und internationaler Friedensaktivist
- Solomon Bregman, stellvertretender Minister für Staatskontrolle
- Aaron Katz, General der Stalin-Militär-Akademie
- Boris Schimeljowitsch, Chefchirurg der Roten Armee und Direktor des Krankenhauses Botkin
- Joseph Jussufowitsch, Historiker
- Leib Kwitko, Dichter
- Perez Markisch, Dichter
- David Bergelson, Schriftsteller
- David Hoffstein, Dichter
- Benjamin Zuskin, Künstler
- Ilja Vatenberg, Verleger
- Emilia Teumim, Verlegerin
- Leon Talmy, Journalist und Übersetzer
- ChaJke Watenberg-Ostrowskaja, Übersetzer
- Lina Stern, die einzige Frau, die vollwertiges Mitglied der Sowjetischen Akademie der Wissenschaften war
- Shakne Epshtein, Sekretär und Herausgeber der Zeitung „Ejnikeit“
[Bearbeiten] Literatur
Arno Lustiger: Rotbuch: Stalin und die Juden. Die tragische Geschichte des Jüdischen Antifaschistischen Komitees und der sowjetischen Juden. Aufbau-Verlag, Berlin 1998. ISBN 3-351-02478-9