Kündigungsschutz
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Unter Kündigungsschutz versteht man gesetzlich festgelegte Regelungen, die die Kündigung eines Vertrags verhindern oder erschweren.
Kündigungsschutz findet vor allem im Miet-, Versicherungsvertrags- und Arbeitsrecht Anwendung. Des Weiteren kann das Familienrecht (Eherecht) als "Kündigungsschutz" angesehen werden, da auch hier persönliche, verhaltensbedingte und faktische Gründe (Trennung über ein Jahr bzw. über 5 Jahre) die Voraussetzung zur "Kündigung" darstellen.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Kündigungsschutz im deutschen Arbeitsrecht (Gesetzliche Regelungen)
[Bearbeiten] Gesetzliche Regelungen
Der gesetzliche Kündigungsschutz ist vor allem im Kündigungsschutzgesetz (KSchG) geregelt und wird durch zahlreiche tarifvertragliche Regelungen und gegebenenfalls auch einzelvertragliche Bestimmungen ergänzt. Der Kündigungsschutz umfasst Regelungen, die
- für den Ausspruch einer Kündigung bestimmte Formen (Schriftform gem. § 623 BGB) oder Fristen (zwei Wochen nach Kenntnis des Vertragsverstoßes für die fristlose Kündigung gem. § 626 Abs. 2 BGB) verlangen;
- vom Ausspruch der Kündigung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Einhaltung von Mindestfristen vorsehen (vgl. Kündigungsfristen im Arbeitsrecht);
- die grundsätzlich freie Kündigungsmöglichkeit für den Arbeitgeber dadurch einschränken, dass nur bestimmte Gründe eine Kündigung rechtfertigen können (hier vor allem durch die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes);
- in Betrieben mit Betriebsrat (im öffentlichen Dienst: Personalrat, im kirchlichen Bereich: Mitarbeitervertretung) die Kündigung von einer ordnungsgemäßen Beteiligung des Betriebsrats vor Ausspruch einer Kündigung abhängig machen (v. a. § 102 BetrVG [2]);
- eine Kündigung bestimmter Personen oder Arbeitnehmer mit bestimmten Funktionen generell verbieten oder von der Genehmigung einer staatlichen Behörde oder der Zustimmung des Betriebsrats abhängig machen (sogenannter Sonderkündigungsschutz);
- eine Kündigung aus bestimmtem Anlass verbieten (z. B. Kündigung wegen Betriebsübergang, vgl. § 613a BGB) oder wegen eines bestimmten Motivs (z. B. Maßregelungsverbot gemäß § 612a BGB).
- die Auswahl der zu kündigenden Mitarbeiter bei betrieblichen Kündigungen vorschreiben. (die sogenannte Sozialauswahl)
Die Diskriminierungsverbote des europäischen Rechts, insbesondere das Verbot des Altersdiskriminierung treten heute neben die hergebrachten Grundsätze der krankheitsbedingten Kündigung und der Sozialauswahl bei betriebsbedingter Kündigung. Welchen Einfluss diese Diskriminierungsverbote genau haben werden, ist noch nicht absehbar und sorgt zurzeit für eine nicht unerhebliche Rechtsunsicherheit. Erste Gedanken dazu finden sich jedoch in der juristischen Literatur, so insbesondere bei:
- Sprenger, Markus: Das arbeitsrechtliche Verbot der Altersdiskriminierung nach der Richtlinie 2000/78/EG (Konstanzer Schriften zur Rechtswissenschaft, Bd. 229), Hartung-Gorre Verlag, Konstanz 2006, ISBN 3-86628-103-X mit ausführlichem Literatur- und Rechtsprechungsverzeichnis.
[Bearbeiten] Kündigungsschutz im deutschen Mietrecht
- Auch hier müssen persönliche (Bruch des Vertrauensverhältnisses - hier schon durch Bildung eines Mieterrates), verhaltensbedingte Gründe zur außerordentlichen Kündigung und Bedarfsgründe (Eigenbedarf, Verwertung) zur ordentlichen Kündigung vorliegen.
- Weiterhin kann der Mieter sich auf die Sozialklausel berufen, wenn gesundheitliche Gefährdung oder Obdachlosigkeit durch die Kündigung droht, oder durch eine Behinderung geeigneter barrierefreier Ersatzwohnraum nicht beschaffbar ist. Hierbei hat das Vermieterinteresse Vorrang, da das Grundgesetz zwar ein Recht auf Eigentum, nicht aber ein Recht auf Obdach gewährt. Andersartige denkbare Gesetzesänderungen wären somit nicht verfassungskonform und würden vom Bundesverfassungsgericht kassiert.
- Bei Wohnungsknappheit oder Schwierigkeit bei der Ersatzwohnungsbeschaffung kann jeder Mieter - auch nicht sozial schwache - eine Räumungsfrist gemäß § 721 ZPO beantragen. In der Regel werden 3-7 Monate zuzüglich zur Kündigungsfrist nach BGB gewährt. Dies liegt allerdings im freien Ermessen des Richters. Ein Rechtsanspruch auf eine relevante Räumungsfrist besteht nicht.
- Außerdem besteht seit 1999 mit dem Inkrafttreten der Insolvenzordnung ein Kündigungsschutz durch Insolvenz, den es in der alten Konkursordnung nicht gab.
[Bearbeiten] Kündigungsschutz im deutschen Versicherungsrecht
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Hier sind ausschließlich außerordentliche Gründe zur wirksamen Kündigung seitens des Versicherers zugelassen, wie Zahlungsrückstand und versuchter Versicherungsbetrug. Somit ist für den Versicherer in der Regel eine Kündigung des Vertrages nicht möglich, d. h. es liegt hier ein vollständiger Kündigungsschutz vor.
Der vollständige Kündigungsschutz liegt auch bei den Versicherten vor, die sich von der Versicherungspflicht befreien ließen und auf ein günstigeres Angebot auf dem freien Versicherungsmarkt eingegangen sind.
[Bearbeiten] Kündigungsschutz im schweizerischen Arbeitsrecht
Die Kündigung von Arbeitsverträgen ist im Schweizerischen Obligationenrecht (OR) geregelt.
[Bearbeiten] Kündigung bei befristetem Arbeitsverhältnis
Das Arbeitsverhältnis endet ohne Kündigung durch Zeitablauf (OR 334 Abs. 1).
[Bearbeiten] Kündigung bei unbefristetem Arbeitsverhältnis
- während der Probezeit (die Probezeit beträgt mindestens einen, maximal vier Monate) beträgt die Kündigungsfrist 7 Tage (OR Art. 335b)
- im ersten Dienstjahr beträgt die Kündigungsfrist einen Monat
- im zweiten bis neunten Dienstjahr beträgt die Kündigungsfrist zwei Monate
- nachher beträgt die Kündigungsfrist drei Monate (OR 335c Abs. 1)
Grundsätzlich kann schriftlich vereinbart werden, dass die Kündigungsfrist abgeändert wird. Sie muss aber, außer bei Gesamtarbeitsverträgen und im ersten Dienstjahr, mindestens einen Monat betragen (OR 335c Abs. 2). Unterschiedlich lange Kündigungsfristen für den Arbeitgeber oder Arbeitnehmer sind in der Regel nicht zulässig (OR 335a).
Die Kündigung ist an keine spezielle Form gebunden; Schriftform wird jedoch empfohlen. Auf Verlangen ist dem Gekündigten eine schriftliche Begründung der Kündigung auszuhändigen (OR 335 Abs. 2)
[Bearbeiten] Missbräuchliche Kündigung (OR 336)
Eine Kündigung von Arbeitgeber- wie von Arbeitnehmerseite ist missbräuchlich, wenn sie aus folgenden Gründen ausgesprochen wird:
- wegen einer persönlichen Eigenschaft, welche keinen Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis hat (z. B. Hautfarbe)
- wenn die Kündigung nur ausgesprochen wurde, um die Entstehung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis zu vereiteln
- wenn eine Partei nach Treu und Glauben Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis geltend macht
[Bearbeiten] Folgen einer missbräuchlichen Kündigung
Pflicht zur Zahlung eines Schadenersatzes, welcher maximal sechs Monatslöhne beträgt. Die Höhe wird durch das Gericht festgelegt. Für den Arbeitnehmer ist das arbeitsgerichtliche Verfahren kostenlos.
[Bearbeiten] Kündigungsschutz (OR 336c)
Dem Arbeitnehmer darf nicht gekündigt werden
- bei Militärdienst oder Zivildienst sowie vier Wochen vorher und nachher
- während (unverschuldeter) Krankheit oder bei Unfall im ersten Dienstjahr während 30 Tagen, im zweiten bis fünften Dienstjahr während 90 Tagen und ab dem sechsten Dienstjahr während 180 Tagen. Anschließend ist eine Kündigung ohne weiteres möglich.
- während der Schwangerschaft sowie 16 Wochen nach der Geburt
- während der Arbeitnehmer an einer Hilfsleistung im Ausland teilnimmt, sofern diese Hilfsleistung durch eine Bundesbehörde angeordnet wurde und der Arbeitgeber zugestimmt hat.
Eine Kündigung zu diesen Zeiten ist nichtig. Erfolgte die Kündigung vorher, so wird die Kündigungsfrist unterbrochen.
[Bearbeiten] Fristlose Auflösung des Arbeitsverhältnisses
Ein Arbeitsverhältnis kann durch Vereinbarung, d. h. wenn sich beide Parteien einig sind, jederzeit aufgelöst werden (analog OR 115). Im Weiteren wird das Arbeitsverhältnis durch den Tod des Arbeitnehmers beendet. In diesem Fall muss der Arbeitgeber den Hinterbliebenen noch einen Monatslohn, nach fünf Dienstjahren zwei Monatslöhne auszahlen (OR 338). Bei einer (sofortigen) Freistellung wird der Arbeitnehmer von sämtlicher Arbeitspflicht entbunden, erhält aber bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist den vereinbarten Lohn weiterhin ausbezahlt.
Eine fristlose Kündigung ist zulässig bei einem wichtigen Grund, wobei ein wichtiger Grund dann gegeben ist, wenn nach Treu und Glauben das Weiterführen des Arbeitsverhältnis nicht mehr zugemutet werden kann. (OR 337) Die Gerichtspraxis hat folgende Sachverhalte als wichtige Gründe eingestuft: Begehung eines Verbrechens, Illoyalität (z. B. Konkurrenzierung des Arbeitgebers), falschen Angaben bei der Stellenbewerbung, Unkorrektheiten (z. B. wiederholte Unpünktlichkeit trotz Abmahnung), Drohung (z. B. ein Firmengeheimnis zu verraten).
[Bearbeiten] Kommentar
Gewerkschaften können mit den Arbeitgebern Gesamtarbeitsverträge aushandeln, welche den Arbeitnehmern bessere Konditionen einräumen als die gesetzlichen Regelungen. Besondere Bedingungen bestehen auch für Angestellte der Bundesverwaltung (Bundespersonalgesetz). Obwohl bzw. gerade weil der Arbeitnehmerschutz im Vergleich zu umliegenden Staaten eher schwach ausgebildet ist, beträgt die Arbeitslosigkeit im Durchschnitt nur etwa 2 - 3 %. Ebenfalls sind Streiks und Arbeitskämpfe eher selten. Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die so genannten Sozialpartner, sind in den meisten Fällen bemüht, Arbeitskonflikte durch Verhandlungen gütlich beizulegen. Diese Sozialpartnerschaft hat Tradition; sie wurde in den 1930er Jahren als Reaktion auf den bevorstehenden 2. Weltkrieg geschaffen und hat sich bis heute bewährt. Allerdings hat die Gewerkschaft UNIA 2005 und 2006 öfters die Sozialpartnerschaft gebrochen und nach Meinung von Kritikern unnötig Arbeitsplätze und Unternehmen gefährdet. Eine weitere Besonderheit des schweizerischen Arbeitsrechtes ist es, dass bei Massenentlassungen kein gesetzlicher Anspruch auf einen Sozialplan besteht. Wenn ein solcher trotzdem angeboten wird, so geschieht das auf freiwilliger Basis oder (bei solventen Arbeitgebern) auf mehr oder weniger sanften Druck der Gewerkschaften bzw. der öffentlichen Meinung.
[Bearbeiten] Siehe auch
[Bearbeiten] Weblinks
- IABInfoSpezial zum Thema Kündigungsschutz mit Veröffentlichungen, Forschungsprojekten, Institutionen und weiterführenden Links
- Deutsches Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
- BetrVG § 102 Mitbestimmung bei Kündigungen
- Böckler Impuls 5/2005, "Kündigungsschutz: Mythos Beschäftigungsbremse"
- Annahmeverzug und vorläufige Weiterbeschäftigung im Kündigungsrechtsstreit (PDF-Datei)
- Prognoseprinzip und Wiedereinstellung im Kündigungsschutzrecht
- Informationen zum Kündigungsschutz bund.de
[Bearbeiten] Fußnoten
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