Kernkraftwerk Neckarwestheim
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Kernkraftwerk Neckarwestheim | |
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Kernkraftwerk Neckarwestheim |
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Daten | |
Land: | Deutschland |
Eigentümer: | EnBW |
Betreiber: | EnBW |
Projektbeginn: | 1971 |
Betriebsaufnahme: | 26. Mai 1976 |
Aktive Reaktoren: | 2 |
Akt. Bruttogesamtleistung: | 2.235 MW |
Eingespeiste Energie im Jahre 2005: |
16.719 GWh |
Durchschnittlich eingespeiste Energie (5 Jahre): |
16.426 GWh |
Eingespeiste Energie seit Inbetriebnahme: |
337.719 GWh |
Website: | Offizielle Seite |
Stand: | 6. Okt. 2006 |
Das Kernkraftwerk Neckar(westheim) (Gemeinschaftskernkraftwerk Neckar, GKN) ist ein Kernkraftwerk in Neckarwestheim mit zwei Druckwasserreaktoren.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] GKN 1
Die nominelle elektrische Leistung von Block I, der 1976 in Betrieb ging, beträgt 840 Megawatt. Hiervon beträgt die nominelle Drehstromleistung 567 Megawatt und die Bahnstromleistung 174 Megawatt. Der verwendete Bahnstromgenerator ist der weltweit größte Generator für Einphasenwechselstrom. Der Drehstromgenerator von Block 1 liefert hierbei bei einer Spannung von 21.000 Volt einen Strom von 27.000 Ampere und der Bahnstromgenerator bei einer Spannung von 14.500 Volt einen Strom von 12.000 Ampere. Der von den Generatoren erzeugte Strom wird auf 220 kV (Drehstrom) bzw. 110 kV (Bahnstrom) von den Maschinentransformatoren hochtransformiert. Block I ist das einzige Kernkraftwerk, das Bahnstrom erzeugt.
[Bearbeiten] Historie Block 1
Die Planungen für Block 1 gehen bis ins Jahr 1970 zurück. Ursprünglich war das Kraftwerk für eine Leistung von 600 Megawatt konzipiert worden (es lagen ein Entwurf sowohl für einen Siedewasserreaktor als auch einen Druckwasserreaktor vor). Man entschied sich letztendlich für die zweite Variante, da dieser Reaktortyp auch schon in Obrigheim in Betrieb war und so wertvolle Erfahrungen über den Betrieb der Anlage gewonnen werden konnten.
1971 wurden die Planungen geändert und die Leistung auf 840 MW erhöht. Der Grund hierfür war, dass die damalige Deutsche Bundesbahn nur über ein einziges kleines Bahnstromkraftwerk verfügte, welches für die geplante Elektrifizierung des Streckennetzes nicht ausreichen würde. Deswegen ist die Deutsche Bahn AG bis heute einer der Gesellschafter des Kraftwerkes.
Im Januar 1972 begannen die Bauarbeiten, und noch während der Bauphase (1973/74) wurden die Planungen abermals geändert. Anstelle eines 160 Meter hohen Naturzug-Nasskühlturms entschied man sich für die Zellenkühler. Diese waren nicht nur kostengünstiger, es konnte auch eine Verschandelung des Landschaftsbildes vermieden werden. Am 26. Mai 1976 wurde der Reaktor kritisch, und am 1. Dezember 1976 erfolgte die Übergabe an den Betreiber.
[Bearbeiten] GKN 2
Die nominelle elektrische Leistung von Block 2, der 1988 in Betrieb ging, beträgt 1.395 Megawatt. Sie wird von dem Generator als Drehstrom mit einer Spannung von 27.000 Volt und einer Stromstärke von 35.000 Ampere erzeugt. Im Unterschied zu Block I findet keine Bahnstromerzeugung statt, doch kann ein Teil des erzeugten Drehstroms im unmittelbar neben der Schaltanlage des Block II gelegenen Bahnstromumformerwerks in Bahnstrom umgewandelt werden. Die Kopplung erfolgt über den 380-kV-Maschinentransformator des Block II und den 380-kV-Maschinentransformator der Drehstrommaschinen des Umformersatzes. Bei diesem Reaktorblock handelt es sich um ein Kernkraftwerk der Konvoi-Baureihe.
[Bearbeiten] Historie Block 2
Der Reaktor wurde noch während der Bauphase von Block 1 im Juni 1975 von der Betreibergesellschaft beantragt. Ursprünglich sollte GKN 2 ein „Zwillingsbruder“ von GKN 1, also ein zeichnungsgleicher Block, auch mit 840 Megawatt elektrischer Leistung und Zellenkühlern werden. Um die Jahreswende 1979/80 wurden die Pläne geändert und ein Reaktor mit 1.300 Megawatt elektrischer Leistung sowie einem 160 Meter hohen Naturzug-Nasskühlturm konzipiert.
Die Höhe und Ausführung des Kühlturmes wurde – auch aus Gründen des Landschaftsbildes – immer wieder geändert: erst auf 100, dann auf 80 und zuletzt auf 56 Meter und in Ausführung als Hybridkühlturm. Diese Ausführung aus dem Jahre 1981 wurde letztendlich auch realisiert. Im Jahre 1982 war Baubeginn für Block 2, am 29. Dezember 1988 wurde die erste Kritikalität erreicht und am 13. April 1989 wurde das Kraftwerk der Betreibergesellschaft übergeben. GKN 2 ist damit das letzte deutsche Kernkraftwerk überhaupt, welches an Netz ging, und wird infolgedessen auch das letzte deutsche Kernkraftwerk sein, welches im Zuge des Atomausstiegs vom Netz genommen werden soll.
[Bearbeiten] Bauwerke
[Bearbeiten] Abluftkamin
Der Abluftkamin ist 154 Meter hoch und wird von beiden Blöcken gemeinsam benutzt.
[Bearbeiten] Bahnstromumformerwerk
Zum GKN gehört auch noch ein Bahnstromumformerwerk. Das Bahnstromumformerwerk Neckarwestheim, welches sich unmittelbar neben der Schaltanlage von Block II befindet, verfügt über zwei identische Maschinensätze, bestehend aus einem zwölfpoligen Drehstromasynchronmotor und einem vierpoligen Einphasensynchrongenerator. Die Nennspannung der Drehstromasynchronmaschine und der Bahnstrommaschine betragen 12,5 kV. Der Maschinensatz hat eine Länge von 17,5 Metern und ein maximale Breite von sieben Metern. Die nominelle Übertragungsleistung beträgt für jeden Maschinensatz 70 Megawatt, was die höchste Übertragungsleistung aller bisher verwendeten Maschinensätze in Bahnstromumformerwerken darstellt. Das Bahnstromumformerwerk speist den erzeugten Bahnstrom über entsprechende Transformatoren in das 110-kV-Bahnstromnetz und steht mit dem Drehstromnetz über einen 380-kV-Transformator in Verbindung, wobei jede Bahnstrom- und jede Drehstrommaschine über einen eigenen Transformator verfügt. Auch die Kopplung mit dem Generator im Block II ist nur über den Umweg über das 380-kV-Netz möglich.
Technische Daten des in Stahlbetonbauweise ausgeführten Bauwerks
- Höhe 26,80 Meter
- Gesamtbreite 40,4 Meter
- Breite Anbau 12 Meter
- Höhe Anbau 19,25 Meter
- Länge Maschinenhalle 42,40 Meter
- Gesamtlänge 52,40 Meter
[Bearbeiten] Kühltürme
Um eine Überhitzung des Neckarwassers zu vermeiden, besitzen sowohl Block I als auch Block II Kühltürme. Allerdings sind diese von unterschiedlicher Konstruktion und nicht in der üblichen Bauweise ausgeführt.
- Zellenkühler GKN 1
Block I verwendet zwei Reihen Zellenkühltürme. Jede Reihe hat eine Länge von 186,8 Metern und eine Höhe von 18 Metern.
- Hybridkühlturm GKN 2
Block II verwendet einen Hybridkühlturm mit einer Höhe von 51,22 Metern. Beim Bau des Kraftwerkes wurde aus optischen Landschaftsschutzgründen ein niedriger Kühlturm verlangt, weil ein auf Konvektion basierender Naturzugkühlturm unter Umständen zu einer Vernebelung des Neckartals geführt hätte (Inversion). Der Hybridkühlturm besteht aus zwei Ebenen mit jeweils ungefähr 64 elektrisch angetriebenen Lüftern. Der Kühlturm ist somit elektrisch zwangsbelüftet. Die erste Ebene belüftet nur das Rieselwasser unterhalb der Rieselleitungen im Nassteil, die zweite Ebene belüftet nur den aufsteigenden Wasserdampf überhalb der Rieselleitungen, im Trockenteil. Der Hybridkühlturm ist doppelwandig ausgelegt, und so wurden in den Zwischenräumen des Trockenteils sehr große wasserdurchflossene Konvektionskühlkörper in den Luftstrom für die zweite Ebene eingebaut. Durch diesen bautechnischen Kniff wird die Luft innerhalb des Kühlturms vorgewärmt, so dass dieser Luftzug für die zweite Ebene ebenfalls natürlich erzwungen wird. Mit dieser Maßnahme konnte die Bauhöhe in Grenzen gehalten werden, dafür ist der Kühlturm etwas größer im Basisdurchmesser als vergleichbare andere Kühltürme mit gleicher Leistung. Der Trockenteil des Kühlturms ist auch während des Betriebs begehbar. Dafür sorgt auch ein Fahrstuhl, mit dem man die zweite Ebene erreichen kann. Das gekühlte Wasser läuft je nach Bedarf zurück zur Maschine oder in den Neckar.
Technische Daten Hybridkühlturm GKN 2:
- Gesamthöhe 51,22 m
- Gesamthöhe über Beckenniveau 48,0 m
- Basisdurchmesser 160,0 m
- Beckendurchmesser 120,0 m
- Schlothöhe 24,97 m
- Luftaustrittsdurchmesser 73,6 m
- Kühlleistung (des Wassers) 2500 MW
- Nennspannung der Lüftermotoren 660 Volt
[Bearbeiten] Störfälle (Auswahl)
- 1977 kommt es beim Anfahren von Block I zu einem Störfall[1], ein Dampferzeuger des Sekundärkreislaufs dampft aus, dabei gelangt heißer, nicht radioaktiver Dampf ins Freie.
- 27. Juli 2004: Mit zwei Megabecquerel kontaminiertes Wasser wird aus Block II unbemerkt in den Neckar geleitet. Der Vorfall führt erstmals in der Bundesrepublik dazu, dass die Betreibergesellschaft eines Atomkraftwerks ein Ordnungsgeld (25.000 €) zahlen muss. Ein Geschäftsführer wird entlassen.
[Bearbeiten] Stromleitungen
Der im GKN erzeugte Strom wird über eine einzige, kombinierte Bahnstrom- und Drehstromleitung zu dem östlich von Neckarwestheim gelegenen 220-kV-Drehstrom- und dem 110-kV-Bahnstromschaltwerk geleitet. Diese Leitung ist auf Freileitungsmasten ungewöhnlicher Bauart mit fünf Traversen verlegt. Auf der untersten Traverse befinden sich zwei Bahnstromkreise, während die zweite, dritte und vierte Traverse je einen Drehstromkreis tragen. Dieser wird im Fall des GKN 1 mit 220 kV und im Fall des GKN 2 mit 380 kV betrieben. Auf der obersten Traverse sind zwei Erdseile installiert.
Auffallend an dieser Leitung ist, dass die Bahnstromkreise für 220 kV isoliert wurden, obwohl sie nur mit 110 kV betrieben werden. Diese Maßnahme wurde getroffen, da im Fall einer Störung der parallel verlaufenden 380-kV-Leitung Überspannungen auftreten können, denen eine Isolierung für 110 kV nicht gewachsen ist. Die Bahnstromleitungen vom GKN zum Bahnstromschaltwerk Neckarwestheim und von diesem zum zentralen Unterwerk in Stuttgart-Zazenhausen sind die einzigen als Viererbündel ausgeführten Bahnstromleitungen.
Der vom Kernkraftwerk GKN 2 wegführende, mit 380 kV betriebene Drehstromkreis läuft am 220-kV-Drehstromschaltwerk Neckarwestheim vorbei zum Umspannwerk Großgartach bei Heilbronn. Zum GKN führt noch eine einkreisige 110-kV-Leitung, die in der Schaltanlage des Kraftwerks Walheim ihren Ursprung nimmt. Sie dient nicht dem Abtransport von im GKN erzeugter Leistung, sondern im Fall des Stillstands des GKN zu seiner Energieversorgung.
Bemerkenswert ist auch, dass Neckarwestheim und das GKN, mit Ausnahme einer Lorenbahn zum Zementwerk in Lauffen, nie über einen Gleisanschluss an das Eisenbahnnetz verfügt haben.
[Bearbeiten] Daten der Reaktorblöcke [2]
Das Kernkraftwerk Neckarwestheim hat insgesamt zwei Blöcke:
Reaktorblock | Reaktortyp | Netto- leistung |
Brutto- leistung |
Baubeginn | Inbetrieb- nahme |
Netzsyn- chronisation |
Abschal- tung |
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Neckarwestheim - 1 (GKN 1) | Druckwasserreaktor | 785 MW | 840 MW | 01.02.1972 | 03.06.1976 | 01.12.1976 | (2008) |
Neckarwestheim - 2 (GKN 2) | Druckwasserreaktor | 1305 MW | 1395 MW | 09.11.1982 | 03.01.1989 | 15.04.1989 | (2021) |
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ http://www.bfs.de/www/extfs/kerntechnik/ereignisse/berichte/jb_kf_1977_1978.pdf
- ↑ Power Reactor Information System der IAEA
[Bearbeiten] Weblinks
- Website des Betreibers: Kernkraftwerk Neckarwestheim
- BUND Info zum Kernkraftwerk Neckarwestheim
- Website von Atomkraftgegnern um Neckarwestheim
Koordinaten: 49° 2' 28" N, 9° 10' 30" O