Kriegsschuldlüge
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Der politische Kampfbegriff Kriegsschuldlüge wurde nach dem Ersten Weltkrieg vor allem in Deutschland verwendet, um die im Vertrag von Versailles deklarierte „alleinige Kriegsschuld” als nicht zutreffend darzustellen. Sie war nach dem Ersten Weltkrieg in Deutschland eine beliebte Figur der Propaganda aller damals relevanten Parteien.
Die Pariser Vorortverträge (Vertrag von Versailles mit Deutschland, Vertrag von Saint-Germain mit Österreich und Vertrag von Sevres mit der Türkei) bezeichneten das Deutsche Reich und seine Verbündeten als Alleinschuldige am Krieg. Diese Deklaration diente als juristische Begründung für die Reparationsforderungen der Alliierten. , ihre historische Richtigkeit wurde seinerzeit sowohl von deutschen als auch von englischen Historikern angezweifelt.
Rechtsradikale Parteien in Deutschland, wie die NSDAP und die DNVP, fanden mit ihrer Ablehnung jeglicher (Mit-) Verantwortung Deutschlands am Ausbruch des Krieges Unterstützung aus breiten Teilen der Bevölkerung. Um ihre Position in dieser Frage zuzuspitzen, nutzten sie das pauschale Schlagwort „Kriegsschuldlüge”.[1]
Aber auch die entsprechenden und kritisierten Passagen der Friedensverträge waren recht undifferenziert. Diese beidseitige Propagandatätigkeit trug dazu bei, die notwendige Erkenntnis an der nicht unerheblichen Mitverantwortung Deutschlands zu verdrängen und stärkte damit die Empfänglichkeit für antidemokratische Kräfte in der Weimarer Republik.
In der Geschichtswissenschaft wurde die Kriegsschuldfrage durch die Thesen von Fritz Fischer (Historiker) von 1961 bis in die 1980er Jahre diskutiert. Eine Hauptschuld Deutschlands wird heute anerkannt, aber eine Alleinschuld in Fischers Zuspitzung wird meist abgelehnt.
[Bearbeiten] Referenzen
- ↑ Deutsches Historisches Museum: Zeitdokument Zehn Jahre Versailles - Zehn Jahre Kriegsschuldlüge - Flugblatt des Arbeitsausschusses Deutscher Verbände gegen den Kriegsschuldparagraphen im Versailler Vertrag (Berlin 1929)
[Bearbeiten] siehe auch
[Bearbeiten] Literatur
- Fritz Fischer: Griff nach der Weltmacht. Die Kriegszielpolitik des kaiserlichen Deutschland 1914/18, Kronberg (Athenäum) 1977 - neue Ausgabe bei Droste 2000 ISBN 3770009029 - die erstmals 1961 erschienene Monographie löste die Fischer-Kontroverse aus.
- Fritz Fischer: Weltmacht oder Niedergang. Hamburger Studien zur neueren Geschichte, Heft 1, Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt a. M. 1965
- Ulrich Heinemann: Die verdrängte Niederlage, Kritische Studien zur Geschichtswissenschaft Band 59, Göttingen, 1983, ISBN 3-525-35718-4