Leo Katzenberger
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Lehmann "Leo" Katzenberger (* 25. November 1873 in Maßbach; † 3. Juni 1942 in München) war eines von 13 Kindern einer jüdischen Familie aus Unterfranken. Später gründete er mit zwei Brüdern in Nürnberg ein Schuhgeschäft, das schließlich zum "Springmann Schuhwarenhaus" mit mehreren Filialen in Süddeutschland wurde. Dieses betrieb er bis zu den Pogromen von 1938.
Er engagierte sich in der jüdischen Kultusgemeinde Nürnbergs und war erst deren stellvertretender und von 1939 bis 1942 erster Vorsitzender.
In den zu seinem Anwesen gehörenden Mietwohnungen wohnte seit 1932 unter anderem die Tochter eines Geschäftsfreundes, Irene Seiler (geb. Scheffler), mit der er ein väterlich-freundschaftliches Verhältnis pflegte.
Aufgrund von Denunziation wurde der Jude Katzenberger des außerehelichen Verkehrs mit der Arierin Irene Seiler und damit eines Verstoßes gegen das Blutschutzgesetz angeklagt. Der Tatbestand wurde von der Frau eidlich bestritten, worauf der Landgerichtsdirektor Oswald Rothaug das Verfahren an sich zog und das Verfahren gegen beide vor dem berüchtigten Sondergericht Nürnberg eröffnete.
In einem eklatanten Fall von Rechtsbeugung wurde Irene Seiler des Meineids beschuldigt und zu zwei Jahren Zuchthaus verurteilt. Die Anklage gegen Leo Katzenberger wurde kurzerhand auf Verstoß gegen die Volksschädlingsverordnung ausgedehnt, wodurch die Todesstrafe wegen besonders verwerflichen Verhaltens unter Kriegsbedingungen möglich wurde.
In einem reinen Schauprozess vor dem Sondergericht Nürnberg unter Vorsitz von Rothaug wurde der Angeklagte im März 1942 zum Tode verurteilt. Am 3. Juni 1942 wurde Leo Katzenberger hingerichtet.
Oswald Rothaug wurde nach dem Krieg im Nürnberger Juristenprozess wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt und wurde 1956 vorzeitig entlassen. Die beiden Beisitzer wurden in den 60er-Jahren erstinstanzlich verurteilt, nach Revision wurden die Verfahren 1976 aus Alters- bzw. Gesundheitsgründen eingestellt. Im Rahmen des Revisionsverfahrens stellte der Bundesgerichtshof (BGH-NJW 1971, 571-575) aber fest, dass in dem Sondergerichtsverfahren seitens der drei beteiligten Richter Manipulationen begangen wurden, die für die Rechtsprechung selbst während der Zeit der Hitlerdiktatur und des Krieges außergewöhnlich waren. Weiterhin gelangte der BGH zu der Auffassung, dass sich auch die Beisitzer des Sondergerichts, Dr. Karl Josef Ferber und Dr. Heinz Hugo Hoffmann, aus reiner Willkür zum Herrn über Leben und Tod gemacht hatten und somit entgegen dem erstinstanzlichen Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth aus dem Jahre 1969 nicht nur wegen Totschlags, sondern wegen Mordes zu bestrafen waren. In einer Besprechung des BGH-Urteils bezeichnet Prof. Dr. Spendel die Entscheidung des Sondergerichts als Justizmord durch Rechtsbeugung in mittelbarer Täterschaft (Spendel, NJW 1971, 537 ff).
[Bearbeiten] Literatur
- Christiane Kohl: Der Jude und das Mädchen. Spiegel-Buchverlag, Hamburg 1997 ISBN 3-455-15018-7 (Die Autorin schildert nicht nur den Justizmord, sondern auch die Vor- und Nachgeschichte der Beteiligten sowie das allgemeine Umfeld und die Stimmungslage zur Nazizeit.)
[Bearbeiten] Film
- Das Urteil von Nürnberg. US-Spielfilm von 1961, mit Spencer Tracy, Judy Garland u.a.
In diesem Filmdrama über die Nürnberger Juristenprozesse wurde das Thema erstmals filmisch aufgenommen. Die Zeugenaussage von Irene Seiler, gespielt von Judy Garland, in der sie das Unrechtsurteil anprangert, stellt einen dramatischen Höhepunkt des Films dar.
- Leo und Claire. Deutscher Spielfilm von 2002, Regie: Joseph Vilsmaier, mit Michael Degen, Suzanne von Borsody, Jürgen Schornagel, Alexandra Maria Lara u.a.
Nach Anregungen aus dem Buch und unter der Mitarbeit der Autorin Christiane Kohl entstand dieser Film, der sich nicht nur mit dem Prozess, sondern insbesondere mit dem Ehepaar Leo und Claire Katzenberger, den anderen Hausbewohnern und den Zeugen und deren Verhalten beschäftigt.
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Leo Katzenberger im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Juden in Nürnberg zu Leo Katzenberger
- Rechtsgeschichtlicher Beitrag des OLG Nürnberg
Personendaten | |
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NAME | Katzenberger, Leo |
ALTERNATIVNAMEN | Katzenberger, Lehmann |
KURZBESCHREIBUNG | deutsch-jüdischer Geschäftsmann |
GEBURTSDATUM | 25. November 1873 |
GEBURTSORT | Maßbach, Deutschland |
STERBEDATUM | 3. Juni 1942 |
STERBEORT | München, Deutschland |
Kategorien: NS-Opfer | Unternehmer | Deutscher | Geboren 1873 | Gestorben 1942 | Mann