Lessepssche Migration
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Die lessepssche Migration ist der Austausch von Organismen zwischen Mittelmeer und Rotem Meer, der durch den Bau des Sueskanals unter Ferdinand de Lesseps möglich wurde. Es handelt sich somit um eine Form der Invasionsbiologie; die Organismen werden in ihrem neuen Lebensgebiet als Neobiota bezeichnet.
Durch den Bau des Sueskanals wurden zwei völlig getrennte Faunengebiete miteinander verbunden. Dies führte zur Wanderung einer Vielzahl von Arten vom Roten Meer ins Mittelmeer; in umgekehrte Richtung war die Wanderung wesentlich geringer. Am besten lässt sich die Migration an den Fischen beobachten, aber auch andere, unauffälligere Organismen wanderten durch den Kanal.
Dass vor allem die Fauna des östlichen Mittelmeeres verändert wurde, liegt daran, dass es in seinen klimatischen Bedingungen und seinem Nahrungsangebot in vielerlei Hinsicht eher einem tropischen nährstoffarmen Meer (wie dem Roten Meer) gleicht, aber vor dem Kanalbau fast ausschließlich vom kälteren Atlantik her besiedelt worden ist.
Während der Eiszeiten sank nämlich mehrmals der Wasserspiegel der Weltmeere um bis zu 200 m ab, was zur Folge hatte, dass das Mittelmeer vom Atlantik abgeschnitten wurde und mehrmals stark zusammen schrumpfte. Dabei kam es jedes Mal zum Aussterben vieler Arten. Eine Wiederbesiedelung nach den Eiszeiten war nur vom Atlantik aus möglich, dessen Organismen aber nicht so gut an die Bedingungen des Mittelmeeres angepasst waren. Auch das Rote Meer schrumpfte mehrmals stark zusammen, wurde aber von den viel besser angepassten Arten aus dem Indischen Ozean wiederbesiedelt. Dies erklärt auch, dass das östliche Mittelmeer nur etwa 550 Fischarten aufweist, gegenüber etwa 800 im Roten Meer.
Leider wurde vor Beginn des Kanalbaus keine genaue Bestandsaufnahme der Organismen beider Meere durchgeführt. Man geht aber davon aus, dass etwa 500 Arten nach Norden ins Mittelmeer wanderten und 50 Arten vom Mittelmeer ins Rote Meer. Zu den Arten, die ins Mittelmeer gelangten, gehört beispielsweise die Schmuck-Languste, die heute auch vor der Küste Israels kommerziell gefangen wird, und die Meerbarbe (Upeneus vittatus), genannt Sultan Ibrahim, die für die Fischer Syriens von wirtschaftlicher Bedeutung ist.
Die achtjährige Sperrung nach dem Sechs-Tage-Krieg, in der der Kanal ruhig und klar war, löste einen deutlichen weiteren Migrationsschub aus. Da die Ausbreitung im Mittelmeer fast nur entlang der Küste stattfindet, verbreiteten sich die Neobiota ursprünglich hauptsächlich nach Osten und Norden, denn der Weg nach Westen war durch die Brackwasserzone vor dem Delta des Nils verlegt. Dies änderte sich mit dem Bau des Assuan-Staudamms, der die Brackwasserzone erheblich reduzierte.