Messe (Musik)
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Messe (Missa) heißt eine Gattung musikalischer Kompositionen, denen die Texte der Messe, des katholischen Gottesdienstes, zugrundeliegen. Neben den allsonntäglich gleich bleibenden (Ordinarium) Texten werden öfters auch die im Laufe des Kirchenjahres sich verändernden Texte (Proprium) vertont.
Da die lutherische Liturgie das Ordinarium beibehalten hat, gibt es auch Messkompositionen von Johann Sebastian Bach und vielen anderen nicht katholischen Komponisten.
Während die einzelnen Teile der Messe nach ihren Anfangsworten benannt sind, heißt die Messe selbst nach ihrem Schlusswort: „Ite, missa est“.
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[Bearbeiten] Geschichte
Der ursprüngliche abendländische Kirchengesang, aus dem sich die mehrstimmigen und orchestralen Messen entwickelten, ist im Messbuch, dem Kyriale und Antiphonarium enthalten. Er wird Gregorianischer Choral genannt, da ihn Papst Gregor I. ordnete.
Bis zum Ende des 18. Jahrhunderts waren Messkompositionen fast ausschließlich für die liturgische Verwendung im Hochamt geschaffen worden. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Gattung der Konzertmessen, die durch ihren Umfang und ihre Aufführungsvoraussetzungen den gottesdienstlichen Rahmen sprengen (z. B. Beethovens Missa solemnis; ein einzigartiger Fall ist Bachs h-Moll-Messe). Bis in die Gegenwart entstehen aber weiterhin Neukompositionen des Textes für den Gottesdienst.
Die klassische Messkomposition verwendete den lateinischen Text, der in der katholischen Liturgie bis zum letzten Konzil der einzig zugelassene war. Daneben gab und gibt es aber auch vermehrt landessprachliche Messen wie schon Schuberts Deutsche Messe oder Janáčeks „Glagolitische Messe“.
[Bearbeiten] Die frühe Messe
Ausgehend vom Gregorianischen Choral wurden in der Karolingerzeit v.a. die Propriumsteile erweitert. Dazu bediente man sich zweier Kompositionsmittel: des Tropus und der Sequenz. Noch werden aber keine Messen als in sich geschlossenes Ganzes komponiert, sondern nur einzelne Teile. So finden sich in den Überliegeferungen auch nur Sammlungen einzelner Stücke entsprechend ihrer liturgischen Funktion, also Kyrie, Gloria usw. Ein erster Schritt in Richtung einer mehrteiligen Komposition wird im 13. und 14. Jh. gegangen, wo man z. B. Gloria und Credo oder Sanctus und Agnus Dei als Paare zusammenfasst.
Ein Wendepunkt ist die „Messe de nostre dame“ von Guillaume de Machaut 1360. Dies ist die erste als Ganzes erhaltene Messe, d. h. Ordinarium. Die einzelnen Teile werden durch kompositorische Mittel wie Form und Motive zu einem einheitlichen Ganzen verbunden. Besonderes musikalisches Mittel ist in dieser Komposition die Isorhythmie.
In der Renaissence, insbesondere der Franko-flämischen Vokalpolyphonie, ist die Komposition zusammenhängender Messen, gemeint ist damit seit dieser Zeit das Ordinarium, die Regel. Meist liegt der Komposition ein Cantus firmus zugrunde, wobei sich hier „L'homme armé“ besonderer Beliebtheit erfreut. (Zu Kompositionsmitteln vgl. Kontrapunkt.)
Um 1500 erreicht diese Musik mit Josquin Desprez ihren ersten Höhepunkt. Er entwickelt u. a. die Parodiemesse, bei der eine Vorlage, z. B. eine Motette, aufgegriffen wird und in Teilen für die Messe Verwendung findet. Dabei können auch längere mehrstimmige Passagen parodiert werden.
Das Konzil von Trient ab 1545 fordert von der Kirchenmusik dann wieder eine Rückkehr zu einfachen Formen. Man meinte, das Wort wäre zu unverständlich in den komplizierten polyphonen Kompositionen. Auch der starke Einfluss weltlicher Musik als Vorlage sei der liturgischen Verwendung unangemessen. Einige Stimmen wollen gar die Rückkehr zum einstimmigen gregorianischen Choral. In diesem Zusammenhang steht dann die legendäre (jedoch anzuzweifelnde) Rettung der modernen Kirchenmusik durch Giovanni Pierluigi da Palestrinas „Missa Papae Marcelli“.
[Bearbeiten] Abfolge
Die Messe besteht aus folgenden festen Bestandteilen (Ordinarium), benannt nach den Anfangsworten des Textes:
Dazu können noch einige weitere Teile vorkommen, die zum Proprium gehören, da sie dem Anlass entsprechend wechseln. Es sind:
Ursprünglich war der Begriff Missa brevis dafür gebraucht, eine (komplette) Messe von kürzerer Dauer oder auch ohne Gloria, Credo und die Propriumteile zu bezeichnen. Das Gegenteil in der katholischen Tradition ist die Missa solemnis, die nicht unbedingt länger dauern musste, aber mit größerem Aufwand versehen war. In der protestantischen Tradition ist die Missa brevis eine Komposition bestehend aus Kyrie und Gloria, das Gegenstück dazu ist die Missa tota, die allerdings nicht allzu häufig vorkommt und in Bachs h-Moll-Messe wohl ihren Höhepunkt findet.
[Bearbeiten] Bedeutende Kompositionen
Bedeutende Messkompositionen der Renaissance stammen von Palestrina („Missa papae Marcelli“) und Orlando di Lasso in Italien, in Frankreich von Guillaume de Machaut („Messe de nostre dame“), in Flandern von Guillaume Du Fay („Missa Sancti Jacobi“) und Josquin Desprez und in Deutschland von Hans Leo Haßler.
Ab dem 17. Jahrhundert schwand die ursprüngliche Geschlossenheit des Gesanges zugunsten der zusätzlichen Verwendung von Instrumenten und Vokalsolisten. Solche Messen komponierten: Johann Sebastian Bach (h-Moll-Messe), Jan Dismas Zelenka, Joseph Haydn, Michael Haydn, Wolfgang Amadeus Mozart, Ludwig van Beethoven, Franz Schubert („Deutsche Messe“), Johann Gottlieb Naumann, Georg Joseph Vogler, Peter von Winter, Luigi Cherubini, Rossini, Johann Nepomuk Hummel, Ignaz Xaver von Seyfried, Joseph von Eybler, Johann Wenzel Tomaschek, Friedrich Schneider, Moritz Hauptmann, Friedrich Kiel, Albert Becker, Anton Bruckner, Felix Draeseke, u. v. a.
[Bearbeiten] Literatur
- MGG - Die Musik in Geschichte und Gegenwart
- Musik im Gottesdienst, Musch