Middlesex (Eugenides)
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Middlesex ist ein 2002 erschienener Roman (auf deutsch erschienen 2004, ISBN 3-499-23810-1), für den Jeffrey Eugenides 2003 den Pulitzer-Preis erhalten hat.
Calliope/Cal Stephanides, die (fiktive) hermaphrodite Hauptfigur, erzählt ihre Lebens- und Familiengeschichte.
[Bearbeiten] Inhalt
Die Geschwister Desdemona und Eleutherios "Lefty" Stephanides leben nach dem Tod ihrer Eltern allein auf der Seidenfarm der Familie. Aufgrund ihrer Isolierung entwickelt sich eine inzestuöse Bindung, der sie aber erst nachgeben, als sie 1922 im griechisch-türkischen Krieg flüchten müssen. Sie ergreifen die Gelegenheit, sich fiktive Biographien zuzulegen. Auf der Überfahrt in die Amerika inszenieren sie ein langsames Kennenlernen und heiraten schließlich noch auf dem Schiff.
In Amerika kommen sie bei ihrer Cousine Sourmelina (Lina) in Detroit unter. Desdemona bringt, von Gewissensbissen gepeinigt, zwei gesunde Kinder, Milton und Zoë, zur Welt. Als Heranwachsender verliebt sich Milton in die Tochter Linas, Tessie. Desdemona versucht diese Beziehung zu vereiteln, scheitert aber, da sie ihre wahren Beweggründe, den Inzest, nach wie vor verheimlicht.
Aus der Verbindung von Milton und Tessie entsteht ein Sohn, Pleitegeier ("Chapter Eleven" in der amerikanischen Version - Chapter 11 ist das Gesetz unter dessen Schutz ein vom Bankrott bedrohtes Unternehmen sich unter gerichtlicher Aufsicht sanieren kann. Der Spitzname, der zwar im Buch nie erklärt wird, aber wahrscheinlich daher rührt, dass das Familienunternehmen unter seiner Führung Pleite geht). Die vermeintliche, zweitgeborene Tochter Calliope aber ist aufgrund einer Mutation des Gens der 5-alpha-Reduktase ein Hermaphrodit oder Interesexueller. Als Kind bemerkt sie an sich selbst zwar eine leichte Andersartigkeit, wirkt nach außen hin aber wie ein gut angepasstes Mädchen. Erst in der Pubertät wird diese Andersartigkeit zum Problem. Eine flüchtige sexuelle Erfahrung mit einem Jungen endet, ohne dass er ihr Geheimnis entdeckt. Sie liebt eigentlich seine Schwester, die im Buch als obskures Objekt bezeichnet wird. Mit dieser entspannt sich eine pubertär-lesbische Affäre.
Nach einem Verkehrsunfall bemerkt ein Ambulanzarzt ihr Geheimnis und verweist sie an einen Spezialisten. Kurz vor der Operation, die sie endgültig zur Frau machen soll, erlangt sie zufällig Einblick in ihre Krankenakte. Sie liest dort, dass sie eigentlich die genetischen Anlagen zu einem Jungen hätte. Die Protagonistin flüchtet von zuhause und dem Eingriff, nimmt eine männliche Identität an und nennt sich fortan Cal. Nach Ausreißererfahrungen in San Franzisko findet sie wieder zu ihrer Familie zurück.
Middlesex beschränkt sich aber nicht auf die Geschichte von Calliope. Diese ist vielmehr eingebunden in das Gefüge ihrer Verwandtschaft und Vergangenheit. Aus der Perspektive einer "typischen" Immigrantenfamilie erlebt man Meilensteine der amerikanischen Geschichte, etwa wenn Lefty in einer Ford-Fabrik arbeitet oder während der Prohibition eine illegale Bar betreibt. Jahre später verteidigt Milton sein Lokal während der Rassenunruhen von Detroit und steigt später zum erfolgreichen Geschäftsmann auf.
Eugenides schildert Calliopes Aufwachsen sehr sensibel, lässt den Erwachsenen Cal seine Geschichte erzählen. Calliope spürte zwar, dass etwas an ihr anders war, jedoch kann erst Cal ihre Gefühle richtig interpretieren.
Neben der Geschichte von Cal/Calliope wird der Frage nach der Prägung eines Menschen viel Raum gewidmet. Es wird die darüber nachgedacht, ob der Mensch stärker durch seine vererbten Gene oder durch seine Erziehung geprägt wird. Die Unterscheidung zwischen gender (gesellschaftlich) und sex (biologisch), im Deutschen beides Geschlecht, wird für das Selbstverständnis von Cal wichtig. Dem gender und der Erziehung nach ist Cal ein Mädchen und bleibt das in gewisser Weise ein Leben lang. Den sex wechselt Calliope in der Pubertät und wird zu Cal. Trotz dieser totalen biologischen Veränderung bleibt er/sie jedoch sozial der Mensch, der er/sie für Mutter, Bruder und Großmutter schon immer war. Ihre eigene Identität findet sie, indem sie sich so akzeptiert, wie sie/er ist: als Hermaphrodit.