Griechisch-Türkischer Krieg
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Der Griechisch-Türkische Krieg war ein griechischer Angriffskrieg auf die Türkei in den Jahren 1919-1923. In Griechenland wird die Niederlage gegen die Türken als Kleinasiatische Katastrophe bezeichnet, aus türkischer Sicht handelt es sich dagegen um den Sieg im Türkischen Befreiungskrieg.
Dieser Krieg schloss sich unmittelbar an den Ersten Weltkrieg an, in dem Griechenland seit 1917 auf Seiten der Entente gegen das Osmanische Reich gekämpft hatte. Als sich im Winter 1918/19 der endgültige Zerfall des Osmanischen Reiches abzeichnete, schien für die griechische Regierung der Zeitpunkt gekommen, die Megali Idea in die Tat umzusetzen. Es sollten weite Teile Kleinasiens in denen eine Griechische Minderheit lebte, und auch die europäischen Restgebiete der Türkei inklusive der Hauptstadt Konstantinopel (heute Istanbul), mit militärischen Mitteln für Griechenland erobert werden.
Mit Duldung und teilweiser Unterstützung der Entente konnte Griechenland große Teile der beanspruchten Gebiete, nicht aber Konstantinopel und die Meerengen, tatsächlich besetzen. Später gewann die neu aufgestellte türkische Armee unter Mustafa Kemal Atatürk die Oberhand. Die von ihr geschlagenen griechischen Truppen mussten Kleinasien im Herbst 1922 fluchtartig verlassen.
Der griechische Angriffskrieg und das mit ihm verbundene Trauma haben zusammen mit der anschließenden Befreiung die Schreibtätigkeit von Generationen türkischer Dichter und Schriftsteller in ihrem Werk beeinflusst. So wurde der von Turgut Özakman geschriebene Roman Şu Çilgin Türkler (dt:Diese Verückten Türken) millionenfach in der Türkei verkauft.
Inhaltsverzeichnis |
[Bearbeiten] Vorgeschichte
Mit der Eroberung von Konstantinopel durch die Osmanen unter Mehmed II. herrschten die Osmanen von 1453 bis 1830 über die Griechen. Viele griechisch besiedelte Regionen kamen teilweise erst im Laufe dieser Zeitspanne unter osmanische Herrschaft. Mit der Schwächung des Osmanischen Reiches und dem Erstarken des griechischen Nationalbewusstseins kam es am Anfang des 19. Jahrhunderts zu einer Unabhängigkeitsbewegung auf dem Gebiet des heutigen Griechenlands. Die Aufstände konnten vom Osmanischen Reich niedergeschlagen werden. 1830 setzten die europäischen Großmächte gegenüber dem Osmanischen Reich ein unabhängiges Griechenland durch. Erst im Balkankrieg von 1912/1913 konnte Griechenland gegenüber dem Osmanischen Reich große Landgewinne verzeichnen. Die vorangegangenen Kriege hatte das junge Griechenland verloren.
Siehe auch: Türkisch-Griechischer Krieg
[Bearbeiten] Erster Weltkrieg und Besetzung des Osmanischen Reiches
Hauptartikel: Türkischer Befreiungskrieg
Griechenland schloss sich im Ersten Weltkrieg unter dem Eindruck der Schlacht von Gallipoli erst sehr spät, am 27. Juni 1917, der Entente an. Nach dem Sieg über das Osmanische Reich und seine Verbündeten wurden große Gebiete des Osmanischen Reiches unter den Siegermächten "aufgeteilt". Griechenland erhielt nach dem Vertrag von Sèvres das Völkerbundmandat über Smyrna (heute İzmir) und das östliche Thrakien. Nach den Plänen des Vertrages sollten daneben ein unabhängiger armenischer Staat im Nordosten und ein kurdischer Staat im Südosten entstehen. Die arabischen Besitztümer des Reiches wurden Frankreich und Großbritannien unterstellt. Italien wurde der Süden der Türkei zugesprochen. Letztlich sollte die Türkei auf eine kleine Region um Ankara beschränkt sein.
Dieser Vertrag wurde von der Regierung des Osmanischen Reiches unterzeichnet. Die sich abzeichnende oppositionelle Bewegung unter Mustafa Kemal lehnte die Bedingungen des Vertrages ab. Ziel von Mustafa Kemal war die Gründung eines modernen Nationalstaates, der auf die "Kernregionen" der türkisch besiedelten Gebiete im Osmanischen Reich begrenzt war und damit alle imperialen Gebietsansprüche in Arabien, im Kaukasus und auf dem Balkan aufgab.
In der damaligen Zeit war unter den national gesinnten Griechen die Idee der Megali Idea (Μεγάλη Ιδέα), sehr populär (vergleiche andere nationalistische Ideen wie Panturkismus, Panslawismus). Demnach sollten alle griechisch besiedelten Gebiete in Anatolien und auf dem Balkan in einem großen Nationalstaat vereinigt werden. Die griechische Regierung beschloss daher, gegen das kriegsgeschwächte Osmanische Reich einen Feldzug zu starten. Ziel war die Annexion von Gebieten in Westanatolien und Thrakien mit hohen griechischen Bevölkerungsanteilen. Aber auch Konstantinopel (heute İstanbul) sollte wieder erobert und eventuell später zur neuen Hauptstadt gemacht werden.
Zunächst waren die griechischen Soldaten, die mit Waffen und Material von Großbritannien unterstützt wurden, auch siegreich. Es kam dann zur erbittert geführten Schlacht am Pontos im Nordwesten Anatoliens, bei der die Türken unter Mustafa Kemal den Griechen eine vernichtende Niederlage beibrachten. Die Offensive startete am 24. August 1922 und erreichte am 30. August 1922 ihren Höhepunkt, als die griechischen Linien von den türkischen Truppen durchbrochen wurden. Aufgrund dieser Niederlage mussten sich alle griechischen Truppen aus Anatolien zurückziehen. Seit diesem Tag wird der 30. August in der Türkei als "Zafer Bayrami" ("Tag des Sieges") jedes Jahr gefeiert.
[Bearbeiten] Kleinasiatische Katastrophe
Am 9. September 1922 geschah das, was Griechen die „kleinasiatische Katastrophe“ nennen. Mustafa Kemal Pascha, in Selanik (Thessaloniki) geboren, eroberte mit seinen Truppen Smyrna (heute İzmir). Wie zuvor die türkische Bevölkerung Anatoliens durch die griechische Invasionsarme, wurde nun die griechische Bevölkerung und auch die armenische Bevölkerung, die dem Völkermord an den Armeniern während des Ersten Weltkrieges als einzige in Kleinasien durch die Intervention des deutschen Generals Liman von Sanders entkommen waren, getötet bzw. aus der Stadt vertrieben. Kurz zuvor war noch ein Teil der griechischen Bevölkerungsmehrheit unter z.T. dramatischen Umständen von englischen Schiffen aus der Stadt evakuiert worden; Schriftsteller wie der Literaturnobelpreisträger Giorgos Seferis und Jeffrey Eugenides machten diese Ereignisse zum Gegenstand ihrer Dichtung.
Die Folgen des verlorenen Krieges waren schwerwiegend: Zehntausende von Griechen mussten auch aus dem Pontos fliehen, viele starben auf der Flucht. Das Griechentum in Kleinasien, das eine über 2.500 Jahre alte Geschichte besaß, wurde beendet.
1923 wurde im Vertrag von Lausanne ein Austausch der Bevölkerung der Region durch den forcierten Bevölkerungsaustausch beschlossen. Dadurch wurde die Umsiedlung von ca. 1,25 Millionen Griechen und 500.000 Türken [1] durch das Einverständnis beider Staaten völkerrechtlich legitimiert. Als ausschlaggebendes Kriterium der Volkszugehörigkeit wurde die Religion festgelegt (orthodox = griechisch, muslimisch = türkisch). Durch den Zuzug der Griechen aus dem anatolischen Festland und dem Pontos hatte Griechenland eine Flüchtlingsquote von ca. 25% zu bewältigen, d.h. jeder vierte Grieche war Flüchtling!
Die meisten der 500.000 Türken, die umgesiedelt wurden, siedelten zuvor in Nord-Griechenland, Makedonien und auf den ägäischen Inseln. Ausnahmen wurden nur für die Türken im westlichen Thrakien und für die Griechen in Konstantinopel sowie auf den vorgelagerten Inseln Imbros und Tenedos gemacht. Viele der von der Umsiedlung ausgenommenen Griechen folgten jedoch später ihren vertriebenen Landsleuten, besonders nach den Pogromen an Griechen in der Nacht vom 6. auf den 7. September 1955, so dass die griechische Gemeinde in Istanbul heute auf geschätzte 2.500 Mitglieder geschrumpft ist. Die Einwohneranzahl der türkischen Gemeinden im griechischen Thrakien wird je nach Quelle heute auf 80.000 bis 120.000 geschätzt. Ausländische Schätzungen tendieren dabei eher nach unten, wohingegen paradoxerweise sowohl die Vertreter der türkischen Minderheit als auch die griechische Regierung von bis zu 120.000 sprechen.[2]
Die damaligen Ereignisse bedeuten für viele Griechen bis heute ein Trauma und sind eine Hauptursache für die teils bis heute schwelenden Ressentiments zwischen beiden Völkern, etwa auf Zypern. Tragischerweise wurden auch orthodoxe Türken wie die Karamanlı ihrer 1000jährigen Heimat beraubt. Insbesondere litten unter diesen Ressentiments die Minderheiten in beiden Ländern. Auf die blutigen Übergriffe auf die türkischen Zyprer auf Zypern folgten die Massenausschreitungen vom 6./7. September 1955 gegen die Griechen von Istanbul und eine Diskriminierungspolitik gegen die Griechen Istanbuls, auf die wiederum auch der griechische Staat ab 1955 seine Diskriminierungspolitik gegen die Türken im griechischen Thrakien einleitete.[3]
Siehe auch: Liste der Kriege, Liste von Schlachten
[Bearbeiten] Quellen
- ↑ Human Rights Watch-Dokument 1990, Seite 1
- ↑ Human Rights Watch-Dokument 1999, Seite 2, Fußnote
- ↑ Human Rights Watch-Dokument 1999, Seite 8
[Bearbeiten] Literatur
- Louis de Bernières: "Traum aus Stein und Federn", Frankfurt am Main 2005. ISBN 3-10-007125-5
- Marjorie Housepian Dobkin: "Smyrna 1922: The Destruction of a City", New York (Kent State University Press), 1988 (Neuausgabe). ISBN 0-571-10108-9
- Garabed Hatscherian: Smyrna 1922, hrsg. v. Dora Sakayan, Klagenfurt-Wien, Kitab, 2006, ISBN 3-902005-87-4
- Turgut Özakman: Şu Çilgin Türkler (dt:Diese Verückten Türken), ISBN 975-22-0127-X