Moise Tschombé

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Moïse Kapenda Tschombé, auch Tshombé (* 10. November 1919 in Musumba; † 29. Juni 1969 in Algier) war ein kongolesischer Politiker.

Inhaltsverzeichnis 1 Frühe Jahre 2 Politiker 3 Separatist 4 Exil, Ministerpräsident, Gefangenschaft 4.1 Deutschlandbesuch 4.2 Erneutes Exil 5 Literatur 6 Weblinks

[Bearbeiten] Frühe Jahre

Tschombé wurde in der Provinz Katanga als Sohn eines wohlhabenden Geschäftsmanns geboren, die Familie gehört zum Königshaus des Lunda-Stammes. Nach seiner Schulausbildung bei amerikanischen Methodisten lernte er Buchführung. Als Geschäftsmann machte er dreimal Konkurs und ging in die Politik.

[Bearbeiten] Politiker

In den Jahren 1951 bis 1953 gehörte er dem Provinzrat von Katanga an. Im Juli 1959 war er Mitbegründer der CONAKAT (Conféderation des Associations du Katanga), einer Organisation, die die Interessen des Lunda-Stammes vertrat. Als Präsident dieses Vereins reiste er im Dezember 1959 nach Brüssel, um sich dort für freie Wahlen im belgischen Kongo einzusetzen. Als gemäßigter Politiker hatte er die Unterstützung der belgischen Kolonialverwaltung und der einflussreichen Bergwerksgesellschaft Union Minière du Haut Katanga (Tochter der Société Générale de Belgique, des damals wichtigsten belgischen Konzerns mit umfangreichen Interessen in Zentralafrika). Im Ziel eine föderalistische Ordnung eines künftig unabhängigen Kongo zu erreichen war er sich mit dem Führer der ABAKO, Joseph Kasavubu, einig. Strittig blieben die künftigen Beziehungen zur bisherigen Kolonialmacht Belgien. Tschombé trat für weiterhin enge Beziehungen ein und bereiste Belgien und auf Einladung der amerikanischen Regierung die USA. Bei den ersten gesamtkongolesischen Wahlen im Mai 1960 gewann seine Partei 8 der 137 Sitze auf nationaler Ebene, stellte aber 25 der 60 Abgeordneten im Provinzparlament von Katanga, das ihn zum Präsidenten der Provinz wählte. Die Verhandlungen mit dem neuen Ministerpräsidenten der Zentralregierung Patrice Lumumba über eine Regierungsbeteiligung scheiterten im Juli 1960.

[Bearbeiten] Separatist

Der schnelle Verfall der Autorität der Zentralregierung nach der Unabhängigkeit am 30. Juni 1960 und die Gefahr der Errichtung eines kommunistischen Regimes veranlasste Tschombé mit Unterstützung westlicher Geheimdienste, belgischer Beamter und der Union Minière die Unabhängigkeit Katangas anzustreben. Nach der einseitigen Unabhängigkeitserklärung Katangas am 11. Juli 1960 wurde die Provinz gewaltsam durch einen von der Sowjetunion angeregten Einsatz von UN-Truppen wieder unter die Autorität der Zentralregierung gestellt. In der ersten Phase der kongolesischen Unabhängigkeit gelang es Tschombé, das Übergreifen der Unruhen auf seine Provinz zu verhindern.

Tschombé wurde in dieser Zeit mit mehreren Vorwürfen konfrontiert:

• Mit der Ermordung des Ministerpräsidenten Patrice Lumumba im Januar 1961. Manche Quellen machten die amerikanische CIA für den Mord verantwortlich, andere Quellen sahen in dem belgischen König den Auftraggeber für das Attentat, wiederum andere Quellen schrieben, Lumumba wäre schon fast tot gewesen, als er gegen Tschombés Willen in der Hauptstadt von Katanga, Elisabethville abgeliefert wurde.
• Mit dem Tod des UN-Generalsekretärs Dag Hammarskjöld im September 1961 bei einem Flugzeugabsturz seiner DC-6 auf dem Weg nach Ndola, Nordrhodesien. Neben den üblichen Verdächtigen (der CIA, Belgien, der Union Minière, Anhängern der französischen Organisation de l'armée secrète, dem Mossad, dem KGB etc. - je nach Quelle) wurde auch die kleine Luftwaffe Katangas dafür verantwortlich gemacht (die Luftwaffe bestand aus einer Fouga Magister).
• Beide Themen erfreuten sich auch in späteren Jahrzehnten großer Beliebtheit bei Autoren von Verschwörungstheorien, von Zeit zu Zeit enthüllt die Presse die ganze Wahrheit zu diesen Fällen.

Im Frühjahr 1961 unternahm Tschombé den Versuch, auf einer Konferenz der kongolesischen Konfliktparteien in Coquilhatville eine föderale Ordnung des Kongo durchzusetzten, die seine Macht in Katanga gesichert hätte. Nachdem er auf der Konferenz nichts erreichen konnte, wurde er von Soldaten der Zentralregierung zunächst an der Rückreise nach Katanga gehindert. Nachdem sein Rückflug dann doch erlaubt wurde, konnte er in Katanga bis zur erneuten Intervention der UN-Truppen im Herbst 1961 weiterregieren.

[Bearbeiten] Exil, Ministerpräsident, Gefangenschaft

Nach der Besetzung Elisabethvilles durch UN-Truppen flüchtete Tschombé im Dezember 1961 erst ins benachbarte Nordrhodesien und ging dann ins Exil nach Spanien. In der Ausgabe vom 22. Dezember 1961 war sein Bild auf dem Titel des amerikanischen Time magazine. Nach seiner Rückkehr in den Kongo wurde er am 10. Juli 1964 Ministerpräsident der Zentralregierung in Léopoldville. Nach dieser überraschenden Berufung legte Tschombé am Denkmal seines toten Rivalen Lumumba in Stanleyville einen Kranz nieder, nur wenige Tage danach brach eine Rebellion von Lumumba-Anhängern aus, die im November mit Hilfe belgischer Truppen und einer Söldnertruppe unter Führung von „Mad“ Mike Hoare niedergeschlagen wurde.

[Bearbeiten] Deutschlandbesuch

Bei einem Besuch in der Bundesrepublik Deutschland wurde Tschombé am 16. Dezember 1964 in Bonn von Bundespräsident Heinrich Lübke empfangen. Weitere Gesprächspartner Tschombés waren der bayerische Ministerpräsident Alfons Goppel, der Regierende Bürgermeister von Berlin Willy Brandt, Staatssekretär Karl Carstens vom Auswärtigen Amt und Julius Kardinal Döpfner. Da die Ermordung Lumumbas noch in frischer Erinnerung war, löste sein Besuch in mehreren deutschen Städten Protestkundgebungen mit bis zu einigen hundert Teilnehmern aus. Ein Teilnehmer der Berliner Kundgebung, der Student Rudi Dutschke, nannte den Protest gegen Tschombé später den „Beginn unserer Kulturrevolution“.

[Bearbeiten] Erneutes Exil

Präsident Joseph Kasavubu entließ ihn am 13. November 1965, kurz bevor er selber am 24. November 1965 von Mobutu gestürzt wurde. Tschombé ging wieder nach Spanien ins Exil und wurde 1967 von Mobutu des Hochverrats beschuldigt und in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Hintergrund war ein Aufstandsversuch von Anhängern Tschombés unter dem belgischen Söldner Jean Schramme, der inoffiziell für den belgischen Geheimdienst tätig war, in Kisangani. Die Gruppe konnte von Regierungstruppen in Bukavu eingekesselt werden, von dort gelang ihr die Flucht über die Grenze nach Ruanda. Am 30. Juni 1967 wurde ein Privatflugzeug mit ihm an Bord unterwegs nach Tunis nach Boufarik bei Algier entführt. Vermutet wurde, dass die Entführung vom Geheimdienst des Kongo veranlasst wurde.

Ein Gericht verfügte zuerst seine Auslieferung an den Kongo, er blieb aber in Gefangenschaft bzw. in Hausarrest. Eine weitere Gruppe unter dem französischen Söldner Bob Denard, der seinerseits inoffiziell für den französischen Geheimdienst tätig war, unternahm im Herbst 1967 von Angola aus einen ebenfalls erfolglosen Angriff gegen die Regierung des Kongo. Nach Tschombés überraschendem Tod wollte die algerische Regierung Gerüchten vorbeugen, und ließ den Toten von einem internationalen Ärzteteam untersuchen, das Herzversagen bestätigte. Angeblich hatten Freunde Tschombés eine Gruppe von Söldnern engagiert, um ihn zu befreien. Seine Witwe Ruth überführte ihn nach Brüssel. Die sonderbaren Umstände seines Todes bildeten die Vorlage für den Spielfilm "Die Wildgänse kommen".

Sein Sohn André Tschombé, ebenfalls Politiker, befand sich seit dem 6. Mai 2005 in Kinshasa in Haft. Er soll eine erneute Sezession Katangas beabsichtigt haben. Am 18. August desselben Jahres wurde er wieder freigelassen (Quelle).

[Bearbeiten] Literatur

• Burkard Freiherr von Müllenheim-Rechberg, Entführung und Tod des Moise Tshombe - Das Ende einer Hoffnung für den Kongo, LIT-Verlag 1978, ISBN 3825839400

Hinweis: u.g. Bücher behandeln afrikanische Politik allgemein, der Kongo und Moisé Tschombé werden in einzelnen Kapiteln besprochen

• Ronald Segal, Afrikanische Profile. Prestel 1963
• Karl Breyer, Moskaus Faust in Afrika. Seewald 1979, ISBN 3512005268
• Peter Scholl-Latour, Mord am großen Fluß - Ein Vierteljahrhundert afrikanische Unabhängigkeit. DVA 1986, ISBN 3421063079

[Bearbeiten] Weblinks

• Literatur von und über Moise Tschombé im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
• Fotogalerie 1960-1963 (niederländisch)
• Fotogalerie 1960-1969 (niederländisch)
• Sammlung von Ansprachen kongolesischer Politiker mit drei Aufnahmen Tschombés (MP3) (französisch)
• Die Proteste beim Deutschlandbesuch 1964

Personendaten
NAME	Tschombé, Moïse Kapenda
KURZBESCHREIBUNG	ehemaliger Präsident von Katanga sowie Premierminister der Demokratischen Republik Kongo
GEBURTSDATUM	10. November 1919
GEBURTSORT	Musumba
STERBEDATUM	29. Juni 1969
STERBEORT	Algier