Nachweise für Anionen
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Nachweise für Anionen nennt man chemische Reaktionen, mit denen ein Anion oder mehrere Anionen in einer Untersuchungssubstanz (Probe) nachgewiesen werden können. Es gibt Anionennachweise, bei denen Anionen wie Carbonat, Sulfid und Acetat direkt aus der Probe nachgewiesen werden können, und weitere Anionennachweise, die nur aus dem so genannten Sodaauszug funktionieren (für die Anionen Sulfat, Nitrat, Phosphat, Chlorid, Bromid, Iodid und Thiosulfat. Der folgende Artikel beschreibt die Durchführung dieser Anionennachweise in der qualitativ-anorganischen Analytik, wie sie an Schulen und Universitäten im Anfangsstudium gelehrt wird, und gibt die hier ablaufenden, für die allgemeine und anorganische Chemie wichtigen Reaktionen in Form von Reaktionsschemen an.
[Bearbeiten] Carbonat-Anionen
Carbonat-Ionen (CO32−) lassen sich durch Zugabe von Salzsäure nachweisen, bei der Kohlenstoffdioxid entsteht:
Kohlenstoffdioxidgas wird in das Nachweisreagenz Kalk- oder Barytwasser geleitet. Dort erzeugt es eine weiße Trübung von Calcium- bzw. Bariumcarbonat:
- Bariumhydroxid und Kohlenstoffdioxid reagieren zu Bariumcarbonat und Wasser
Dabei ist der Störende Einfluss von Sulfit- und Thiosulfationen zu beachten, sie können durch vorheriges zutropfen von Wasserstoffperoxiodlösung entfernt werden.
[Bearbeiten] Halogenid-Anionen
[Bearbeiten] Nachweis mit Silbersalzlösung und Ammoniak
Beim Zutropfen von Silbernitrat-Lösung in die zu prüfende Flüssigkeit bilden sich beim Vorhandensein von Halogenid-Ionen Niederschläge. So zum Beispiel bei Kochsalzlösung:
Dieser Niederschlag ist bei Iodid-Ionen AgI, gelb-grünlich, bei Chlorid- und Bromid-Ionen AgCl, AgBr weißlich. Um diese zu unterscheiden, tropft man nun noch Ammoniumhydroxid-Lösung hinzu, der Chloridniederschlag löst sich in verdünntem Ammoniakwasser nun wieder auf, der Bromidniederschlag nur in konzentriertem, der Iodidniederschlag gar nicht (vgl. Abb. oben, es entstehen Silberdiamminkomplexe, farblos löslich):
[Bearbeiten] Nachweis mit Chlorwasser und Hexan
Eine weitere Unterscheidungsmöglichkeit ist die Zugabe von Chlorwasser und Hexan: Chlor oxidiert Bromid- und Iodidanionen zum Halogen.
Dieses löst sich beim Schütteln in der Hexanphase (Extraktion): Brom in Hexan sieht orangebraun aus, Iod in Hexan rosaviolett (vgl. Abb. oben, Redoxreaktion, Spannungsreihe der Nichtmetalle):
Elementares Chlor setzt bei dieser Redoxreaktion aus Natriumbromid analog elementares Brom frei und es bildet sich Natriumchlorid:
Die Oxidationszahl des Oxidationsmittels Chlor wird hier kleiner (von 0 nach −1), es wird reduziert, das Bromid hingegen wird oxidiert.
[Bearbeiten] Fluorid-Anionen
Etwas Probe wird in den Bleitiegel gegeben, mit gepulverter Kieselsäure oder Natriumsilicat versetzt und gemischt. Anschließend überschichtet man mit Schwefelsäure. Es bildet sich SiF4-Gas:
Man verschließt den Tiegel mit einer PVC-Platte, an deren Unterseite sich ein kleiner Wassertropfen befindet (dieser darf natürlich nicht in die Probe hängen) und lässt ungefähr eine Minute stehen. Das SiF4 reagiert mit dem Wasser wieder zu SiO2, das sich kraterförmig im Tropfen absetzt.
Eine Alternative zur PVC-Platte mit Wassertropfen ist ein schwarzes Filterpapier, das angefeuchtet wird. Das entweichende SiF4-Gas zersetzt sich dort zu SiO2, was an einem weißen Fleck erkennbar ist. (Biltz-Klemm-Fischer, 1966)
Ohne Kieselgel oder Natriumsilicat kommt man aus, wenn man einen Deckel mit Öffnung verwendet, auf der sich Glas befindet (z. B. Objektträger. Man befeuchtet die Probe im Bleitiegel mit Schwefelsäure, der entweichende Fluorwasserstoff ätzt das Glas an.
[Bearbeiten] Sulfid-Anionen
Sulfid-Ionen (S2−) und Anionen mancher Schwefel-Verbindungen lassen sich in schwach salpetersaurer Lösung mit Pb(NO3)2 nachweisen, es entsteht ein schwarzer Niederschlag von Bleisulfid:
Beim Ansäuern von festen, also ungelösten Sulfiden entsteht ein charakteristischer Geruch, nach faulen Eiern (Verdrängungsreaktion, Vorsicht: Das Gas Schwefelwasserstoff ist giftig; Einatmen vermeiden, Abzug!). Das Gas schwärzt Bleiacetatpapier.
[Bearbeiten] Sulfat- und Sulfit-Anionen
[Bearbeiten] Sulfatnachweis
Sulfat-Ionen (SO42−) lassen sich mit Bariumchlorid nachweisen. Bei Zugabe von einer angesäuerten Lösung von BaCl2 entsteht ein weißer Niederschlag von unlöslichem Bariumsulfat (BaSO4):
[Bearbeiten] Sulfitnachweis
Schon die Redoxreaktion mit Kaliumpermanganat als Oxidationsmittel kann einen Hinweis auf Sulfit geben (wie auch auf Eisen(II)-ionen und alle anderen Reduktionsmittel).
Sulfit-Ionen (SO32−) lassen sich zum Nachweis dann per Verdrängungsreaktion mit (konzentrierter) Schwefelsäure nachweisen. Es entsteht ein stechender Geruch von Schwefeldioxid:
[Bearbeiten] Nitrat-Anionen
Nitrationen werden mit der Ringprobe nachgewiesen: Die Probelösung (schwefelsauer, schwermetallfrei) wird mit frischer Eisen(II)-sulfat-Lösung versetzt und mit konzentrierter Schwefelsäure unterschichtet. An der Grenzfläche zwischen beiden Flüssigkeiten werden die Nitrationen zu Stickstoffmonoxid (NO) reduziert. Dieses Radikal bildet in wässriger Lösung mit weiteren Eisenionen einen braunen Komplex, der als „Ring“ an der Phasengrenze im Reagenzglas sichtbar wird:
1. Schritt:
- (Redoxreaktion) und
2. Schritt:
Der Nachweis wird durch Bromid- und Iodidionen gestört, die mit der konz. Schwefelsäure Kontakt bekommen, da die Oxidationsprodukte Brom und Iod ebenfalls die Phasengrenze rotbraun färben können.
Eine weitere Fehlerquelle entsteht durch Nitritionen, welche ebenfalls eine Braunfärbung hervorrufen, allerdings ist diese viel intensiver. Entfernen kann man sie durch Zugabe von Harnstoff in leicht angesäuerte Probenlösung. Weitere Probleme ergeben sich bei Anwesenheit von Sulfit- und Thiosulfationen, welche die Nitrationen zu Nitritionen reduzieren und somit keine hundertprozentige Aussage über die anwesenden stickstoffhaltigen Ionen zulassen.
Eine weitere Möglichkeit ist der Nachweis mittels Lunges-Reagenz: Bei der Reaktion mit Lungereagenz wird Nitrit-Ionen freie Probenlösung verwendet (Abtrennung siehe Ringprobe). Diese wird, wenn sie sauer ist, mit Carbonationen neutralisiert und anschließend mit Eisessig, auf einer Tüpfelplatte, angesäuert. Danach kommen einige Tropfen Sulfanilsäure und ein Kristall β-Naphthol hinzu. Eine bereits an dieser stelle auftretende Rotfärbung des Kristalls weist auf Nitritionen hin und muss weiter vorbehandelt werden. Wenn keine Färbung eintritt wird zum Schluss noch etwas Zinkstaub hinzugegenben, welcher Nitrationen zu Nitritionen reduziert und für eine langsame gelb-orange Färbung der Lösung und eine rote Färbung des Kristalls sorgt.
Probleme ergeben sich bei Anwesenheit von Nitrit-, Sulfit-, Thiosulfat- und Hexacyanoferrat(III)-Ionen.
[Bearbeiten] Phosphat-Anionen
Phosphate weist man mit Ammoniumheptamolybdat in salpetersaurer Lösung oder aber mit ammoniakalischer Magnesiumsalzlösung (pH 8–9) nach.
[Bearbeiten] Nachweis mit Molybdatlösung
Die schwermetallfreie Probelösung wird mit konzentrierter Salpetersäure aufgekocht (Oxidation störender Reduktionsmittel: In Anwesendheit reduzierender Ionen wie Sulfid, Bromid, Iodid, Thiosulfat oder auch Zinn(II)-Kationen entsteht stattdessen Molybdänblau), mit Ammoniummolybdatlösung versetzt und erneut kurz aufgekocht. Dabei weist eine gelbe Trübung auf Phosphate hin, die mit Molybdaten den gelben Ammoniummolybdatophosphatkomplex bilden:
[Bearbeiten] Nachweis mit ammoniakalischer Magnesiumsalzlösung
Die schwermetallfreie, mit Ammoniak und Ammoniumchlorid auf pH 8–9 gepufferte Probelösung wird mit Magnesiumchloridlösung versetzt. Eine weiße Trübung von Magnesiumammoniumphosphat (MgNH4PO4) zeigt ebenfalls Phosphat an (säurelöslich):
[Bearbeiten] Thiosulfat-Anionen
Thiosulfat-Anionen (S2O32−) werden durch Zugabe von Silbernitratlösung im Überschuss bei pH um 7 nachgewiesen („Sonnenuntergang“): Es entsteht ein weißer Niederschlag, der sich langsam von gelb, orange über braun bis hin zum schwarzen Silbersulfid verfärbt (Reaktion in 2 Schritten – Ausfällung mit anschließender Redoxreaktion in Form einer Disproportionierung):
- 1.Schritt: Thiosulfat wird durch Silberionen schnell ausgefällt, es entsteht sofort weißes Silberthiosulfat.
- 2. Schritt: Das Thiosulfat (Oxidationszahl Schwefel: +II) zerfällt langsam in Verbindungen mit günstigerer Oxidationszahl: Sulfide (−II) und Sulfat (+VI).
[Bearbeiten] Cyanid-Anionen
Einer Probelösung, die auf Cyanid-Ionen (CN−) zu untersuchen ist, wird folgendes beigegeben: Zuerst wird die Probelösung mit Alkalihydroxiden auf pH 8–9 gepuffert, anschließend wird Eisen(II)-sulfat-Lösung im Unterschuss zugegeben. Sind Cyanid-Ionen vorhanden, bildet sich nach dem Ansäuern (am besten mit verdünnter Schwefelsäure) das tiefblaue Pigment Berliner Blau. Doch Vorsicht: Es kann beim Ansäuern jederzeit Blausäure entweichen!
[Bearbeiten] Permanganat-Anionen
Um Permangant-Ionen nachzuweisen, gibt es eine Reihe von Experimenten, wobei immer auf die Fähigkeit des MnO4−, Stoffe zu oxidieren, zurückgegriffen wird. Eine Reaktion, bei der man sehr schön erkennen kann, dass es sich um Permangant-Ionen handelt, ist die Oxidation von Iodid-Ionen in einer Kaliumiodid-Lösung: Der Probelösung (schwach violett bis violett, schwefelsauer) wird eine gesättigte Kaliumiodidlösung zugegeben. Eine Gelbfärbung ist erstes Anzeichen für die Oxidation der Iodid-Ionen zu elementarem Iod. Um jedoch sicher zu sein, wird etwas Stärke zu der vermeintlichen Iod-Kaliumiodid-Lösung gegeben: Eine intensive blaue bis schwarze Färbung zeigt elementares Iod an.
- 1. Schritt: Permangant-Ionen, Iodid-Ionen und Wasserstoff-Ionen reagieren zu Iod, Mangan(II)-Ionen und Wasser.
- 2. Schritt: Iod (gelb) und Stärke (weiß) reagieren zu Iodstärke (blau-schwarz), welches in wässriger Lösung ausfällt.
[Bearbeiten] Thiocyanat-Anionen
Thiocyanat-, oder auch Rhodanid-Ionen werden qualitativ mit der „Stierblutprobe“ nachgewiesen. Dabei wird der zu untersuchenden Lösung eine gesättigte Eisen(III)-chlorid-Lösung zugegeben. Erscheint eine intensiv „stierblutrote“ Färbung, so waren Thiocyanat-Ionen vorhanden.
- Reaktion: Thiocyanat-Ionen und Eisen(III)-Ionen reagieren im wässrigen Milieu zum Komplex Pentaaquathiocyanatoferrat(III), welcher blutrot erscheint.
[Bearbeiten] Borat-Anionen
Borat-Ionen (BO33−) werden qualitativ über ihre Methylester nachgewiesen. Dazu wird der zu untersuchenden Lösung Methanol und einige Schwefelsäure-Tropfen als Katalysator zugegeben.
- Reaktion: Borat-Ionen und Methanol reagieren unter dem Katalysator Schwefelsäure zu Trimethylborat und Hydroxid-Ionen.
Die Dämpfe des Methanol/Trimethylborat-Gemisches werden entzündet. Es erscheint eine leuchtend grüne Flamme.
- Reaktion: Beim Verbrennen des Trimethylborats entsteht Kohlenstoffdioxid, Wasser und Bortrioxid, welches die Flamme rauchen lässt.
[Bearbeiten] Acetat-Anionen
Acetat-Ionen (CH3COO−) lassen sich mit Kaliumhydrogensulfat nachweisen, indem man das Salz, von dem man annimmt, dass es ein Acetat ist, mit Kaliumhydrogensulfat im Mörser zerreibt. Dabei wird das Proton (H+) des Hydrogensulfat-Ions auf das Acetation übertragen. Dabei entsteht Essigsäure, die leicht an ihrem typischen Geruch identifiziert werden kann.
- Acetat wird durch Hydrogensulfat protoniert. Es entsteht Essigsäure und Sulfat.
[Bearbeiten] Butyrat-Anionen
Butyrat-Ionen, also die Säurerest-Ionen der Buttersäure, lassen sich über ihren Methylester Buttersäuremethylester, oder kurz Methylbutyrat nachweisen. Dieser besitzt einen intensiven Geruch nach Apfel. Er ist einer von zwei Stoffen, die einen apfelähnlichen Geruch verbreitet. Der zweite wäre Pentylpentanoat, der sich jedoch nicht dirket mit Methanol herstellen lässt, sodass dieses Nachweisverfahren sehr sicher für Butyrat-Ionen ist.
- Butyrat-Ionen und Methanol reagieren zu Methylbutyrat, der sich anhand seines Geruchs schnell identifizieren lässt, und Hydroxid-Ionen.
Eine weitere Möglichkeit Butyrat-Ionen zu untersuchen, ist es, der Probe eine mittelstarke bis starke Säure zuzugeben. Entsteht ein ranziger Geruch nach verdorbener Butter, so waren Butyrat-Ionen in der Probe.
- Butyrat-Ionen und Schwefelsäure reagieren zu Buttersäure, die einen wiederlich, eigenständigen Geruch besitzt, und Sulfat-Ionen.
[Bearbeiten] Tartrat-Anionen
Tartrat-Ionen sind die Säurerest-Ionen der Weinsäure. Sie lassen sich durch eine farbliche Komplexbildungsreaktion nachweisen. Der zu untersuchende Stoff wird, sofern dies noch nicht der Fall ist, in Wasser gelöst. Zu dieser wässrigen Lösung wird etwas frisch gefälltes Kupfer(II)-hyrdoxid gegeben. Entsteht eine tiefblaue Lösung, so sind Tartrat-Ionen nachgewiesen.
- Tartrat-Ionen, Kupfer(II)hydroxid und Wasser reagieren zum Tartratocuprum(II)hydroxid, welcher tiefblau erscheint und Hydroxid-Ionen.
[Bearbeiten] Siehe auch
Weitere Nachweisreaktionen finden sich in den Hauptartikeln:
[Bearbeiten] Literatur
- Gerhart Jander, E. Blasius: Einführung in das anorganisch-chemische Praktikum. S. Hirzel Verlag, Stuttgart 2005 (in 15. Aufl.), ISBN 3-7776-1364-9
- Michael Wächter: Stoffe, Teilchen, Reaktionen. Verlag Handwerk und Technik, Hamburg 2000, S. 154-169 ISBN 3-582-01235-2
- Bertram Schmidkonz: Praktikum Anorganische Analyse. Verlag Harri Deutsch, Frankfurt 2002, ISBN 3-8171-1671-3