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Pinge

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Im heutigen Sprachgebrauch bezeichnet das bergmännische Wort Pinge (oder Binge) einen durch Bergbautätigkeiten (häufig den Einsturz alter Tiefbaugruben) entstandenen Einbruchtrichter.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Begriff

mittelalterliche Pinge mit Halde eines Schachtes am Ochsenhügel bei Suhl/Thüringer Wald
mittelalterliche Pinge mit Halde eines Schachtes am Ochsenhügel bei Suhl/Thüringer Wald
Pinge einer Eisenerzgrube nahe Warstein
Pinge einer Eisenerzgrube nahe Warstein

Im ursprünglichen Wortsinne gehen die bergmännischen Bezeichnungen „Pinge“ oder „Binge“ auf die Tätigkeit des „Pingens“ zurück, das mit „Aufschürfen“ vergleichbar ist. Ein „aufgepingter“ Gangzug war eine im oberflächennahen Bereich aufgeschürfte Ganglagerstätte. Die Pinge war also ein Schurf, ein tagebauartiges, primitives Bergwerk.

Danach übertrug sich dieser Begriff auf die trichterförmigen Vertiefungen, die am Ansatz versetzter oder verbrochener Schächte entstanden. Da im Gangbergbau Schächte und Schürfe dem Streichen des Ganges folgend angelegt wurden, hinterließen diese Grubenbaue die typischen Pingenzüge, wie sie vom mittelalterlichen Bergbau zum Beispiel im Thüringer Wald, im Harz, im Erzgebirge und im Eschweiler Raum vielerorts erhalten sind.

Später wurde der Begriff Pinge für vielerlei, auf bergmännische Aktivitäten zurückgehende Hohlformen im Gelände verwendet: Tagebaurestlöcher (oberflächiger Abbau) oder Tagesbrüche auf untertägigen Grubenanlagen. Letztere entstanden entweder als unerwünschte Folge von Einbruchereignissen im aktiven Bergbau (oft mit Unglückkatastrophen verbunden) oder über Altbergbau. Sie wurden zum Teil billigend und bewusst beim Abbau in Kauf genommen (Bruchbau, Pressbau). Kleine Pingen sind noch heute häufig über oberflächennahem Altbergbau zu finden.

[Bearbeiten] Bekannte Pingen (Auswahl)

Blick auf die Pinge in Altenberg.
Blick auf die Pinge in Altenberg.
  • Altenberg (Deutschland): Durch unkontrolliertes Aushöhlen des Altenberger Zinnerz-Zwitterstockes infolge Feuersetzens traten bereits 1545 erste Brüche auf. Danach wurde das Erz sowohl aus dem Festgestein als auch aus der Bruchmasse gewonnen. Durch Fortführung des ungehemmten Feuersetzens im Festgestein entstanden erneut große Weitungsbaue, die dem Druck des Deckgebirges nicht standhielten. 1578, 1583, 1587 und 1619 kam es zu weiteren Brüchen, wobei nicht geklärt ist, ob diese absichtlich herbeigeführt wurden. Der umfangreichste Pingenbruch erfolgte am 24. Januar 1620. Dabei entstand ein an der Oberfläche 2 ha großer Einsturztrichter, der 36 Gruben zerstörte. In den folgenden Jahrhunderten wurde der Bergbau durch Förderung der Bruchmassen „von unten“ bis 1991 fortgeführt. Dabei traten weitere anfangs unkontrollierte, später aber geplante Folgebrüche auf. Somit vergrößerte sich die Altenberger Pinge bis zur Einstellung des Zinnerzbergbaus auf 12 ha Fläche, 150 m Tiefe und 450 m Durchmesser. Heute ist die Große Pinge nicht nur eine der Attraktionen Altenbergs, sie wurde zudem im Mai 2006 von der Akademie der Geowissenschaften zu Hannover als eines der 77 bedeutendsten nationalen Geotope Deutschlands prädikatisiert.
  • Falun (Schweden): Der im Bergwerk von Falun unkontrolliert betriebene Kupferbergbau führte 1687 zum großflächigen Bruch der Grubenbaue. Die dadurch entstandene Pinge Stora Stöten ist heute 95 m tief und 350 m breit.
  • Geyer (Deutschland): Die Geyersche Pinge entstand durch intensiven Raubbau in den Gruben unter dem Geyersberg. Infolge der durch Feuersetzen entstandenen bis zu 35 m hohen und an der Sohle bis zu 40 m breiten Weitungen kam es 1704 zu einem ersten großen Tagesbruch, dem bis 1803 weitere folgten. Der letzte verhängnisvollen Bruch ereignete sich am 11. Mai 1803. Er führte zur Einstellung des Tiefbaus. Ab 1851 gewann ein Steinbruch die Bruchmassen der Pinge. Er stellte 1935 seine Arbeit ein. Im gleichen Jahr wurde die Pinge unter Naturschutz gestellt. Sie ist heute 50–60 m tief und umfasst eine Fläche von etwa 200 m mal 250 m.
  • Lassing (Österreich): Am 17. Juli 1998 entstand in Lassing (Steiermark) durch einen Bergwerkseinsturz eine 50 m breite und 30 m tiefe Pinge, in der auch ein Haus versackte und sich ein See bildete. Es war das schwerste Grubenunglück Österreichs in der Nachkriegszeit. 11 Bergmänner verunglücken beim Einsturz der Grube, nur einer konnte nach 9 Tagen gerettet werden. Die Pinge wurde ca. 2 Jahre nach dem Unglück zugeschüttet.
  • Plattenberg (Tschechien): Am Plattenberg (Blatenský vrch) zeugen zwei bekannte Pingen vom ehemals betriebenen Zinnbergbau. Die Eispinge (Ledová Jáma) entstand durch den Einbruch eines Stollens. Ihren Namen verdankt das heutige Naturdenkmal seiner klammartigen Gestalt. In dem nur etwa 1 m breiten aber 15–20 m tiefen Riss sinkt feuchtkalte (schwere) Luft ganzjährig auf den Boden, warme (leichte) Luft erreicht diesen nicht. Dadurch bleiben Höhleneis und Schnee ganzjährig im Grund der Pinge liegen. Schnee und Eis der Eispinge wurde u. a. 1813 zur Versorgung der Verwundeten der Völkerschlacht bis nach Leipzig transportiert. Die Entstehung der benachbarten Wolfspinge (Vlčí Jáma) geht auf den Einbruch der ehemaligen Grube Wolfgang zurück. Sie ist ca. 200 m lang, bis zu 45 m breit und bis zu 25 m tief.
Tagebruch einer Kleinzeche in Sprockhövel
Tagebruch einer Kleinzeche in Sprockhövel
  • Ruhrgebiet (Deutschland): Pingen und Pingenfelder des Altbergbaus an der Ruhr sind noch heute vor allem südlich der Ruhr in Witten, Sprockhövel, Wetter zu erkennen und durch mehrere Rundwanderwege im Bereich des Ruhrtals erschlossen. Die Kohlenflötze streichen hier in mehreren Faltungen an der Oberfläche aus und sind schon früh (erste Erwähnung: 1302) erst in kleinen Gruben später mit einfachen Schächten erschlossen worden. Davon sieht man heute noch die aufgereihten Pingen, die den Verlauf der Flöze anzeigen. Aber auch durch die Kohlengräberei Anfang der 1950er Jahre, der sogenannten Kleinzechen, sind viele neue Pingen durch Nachlesebergbau entstanden.
  • Seiffen (Deutschland): In Seiffen befinden sich nahe der Kirche zwei benachbarte bis zu 34 m tiefe Einsturztrichter des Zinnbergbaus, die Geyerin und Neuglücker Stockwerkspinge genannt werden. Sie sind wahrscheinlich im 16. Jahrhundert durch Feuersetzen entstanden. Wie in Altenberg wurde auch in Seiffen der Bergbau nach dem Pingensturz weiter betrieben. Allerdings wurden hier die Bruchmassen im Gegensatz zur Altenberg Pinge im Tagebau mittels einer Förderbrücke gefördert. Der Abbau wurde im 19. Jahrhundert eingestellt. In der Pinge Geyerin befindet sich seit 1934 eine Freilichtbühne.
  • Wapno (Polen): 1977 brachte ein unkontrollierter Wassereinbruch ein stillgelegtes Steinsalzbergwerk zum Einsturz. In den bis 1978 andauernden Tagebrüchen versank das gesamte Ortszentrum von Wapno mit 53 Häusern und einer Eisenbahnstation. 1402 Menschen wurden obdachlos.

[Bearbeiten] Siehe auch

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[Bearbeiten] Weblinks

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