Private Sicherheits- und Militärfirma
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Eine Private Sicherheits- und Militärfirma ist ein Wirtschaftsunternehmen, das von einem Staat oder einem Unternehmen beauftragt wird, an einem Krieg unterstützend teilzunehmen oder in Kriegs- oder Krisengebieten bestimmte riskante Aufgaben (z.B. Personen-, Konvoischutz oder Objektschutz) zu erfüllen. Die gesamte Ausstattung (Waffen, Fahrzeuge, Funktechnik), die Organisation (Nachschub, Befehlskette) und die Ausbildung wird selbst besorgt.
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[Bearbeiten] Allgemeines
Als Private Sicherheits- und Militärfirmen treten meist Unternehmen aus den USA, Großbritannien oder Südafrika auf. Ihre Dienstleistungen umfassen taktisch-operative Beratung, militärisches Training, das Betreiben von Kriegsgefangenenlagern, das Aufklären und Erkunden sowie die technische, logistische und operative Unterstützung von Kampfhandlungen. An Kampfhandlungen sollten sie nicht direkt teilnehmen. Ausnahme war die inzwischen aufgelöste südafrikanische Firma Executive Outcomes.
Sie bieten für ihre Auftraggeber, häufig Staaten oder internationale Konzerne, den Vorteil, keine diplomatischen Verwicklungen zu provozieren, können die eigenen Verluste verschleiern und sind oft kostengünstiger als der Einsatz eigener Streitkräfte.
Die Unternehmen sind nicht direkt in die Befehlsorganisation ihres Auftraggebers eingebunden, sondern nur an ihren Vertrag gebunden. Dies sind die Gefahren, denn es gibt keine Gesetze für dieses Geschäft. Allerdings richten sich seriöse Firmen an geltende ethische Grundsätze. (z.B. IPOA Code of Conduct)
Die Rekrutierung erfolgt durch direkte oder indirekte Anwerbung. Zu einem kleinen Teil werden Zivilisten oder Reservisten verpflichtet. Vor allem wird das Personal jedoch von regulären Armeen, vor allem den Spezialeinheiten, abgeworben. Die Motivation hierfür ist in dem hohen Lohn (Einstiegsgehalt € 100.000 p.a., was mindestens eine Verdopplung des Einkommens bedeutet) zu suchen. Dieser hohe Lohn ist allerdings durch die gefährliche Tätigkeit begründet.
Im Unterschied zur Fremdenlegion sind private Sicherheits- und Militärfirmen kein Militärverband, ihre Mitarbeiter gelten als Zivilisten im Sinne der Genfer Konventionen und ihrer Zusatzprotokolle, solange sie nicht an „Feindseligkeiten“ teilnehmen. Tun sie es dennoch, können sie nach nationalem Strafrecht verurteilt werden. Wenn sie einen Kampfauftrag erhalten, gelten die beteiligten Personen nur dann als Kombattanten, wenn sie unter der organisierten Führung regulärer Streitkräfte stehen, in diese eingegliedert sind und die jeweilige Gegenseite über ihre Kampfbeteiligung offiziell informiert wurde. Ohne diese Eingliederung gelten sie gemäß Zusatzprotokoll I zur III. Genfer Konvention als Söldner, wenn sie an Kampfhandlungen teilnehmen. Allerdings sind die Grenzen zwischen Sicherheitsmission und Kampfgeschehen oft fließend.
[Bearbeiten] Geschichte
Seit etwa ein bis zwei Jahrzehnten entstand ein Überangebot an arbeitslosen ausgebildeten Soldaten. Die USA und Großbritannien verschlankten ihre Streitkräfte, in Rußland wurde ein großes stehendes Heer demoralisiert, in Argentinien und Südafrika wurden Teile der Heere nach politischen Wechseln in der Staatsführung diskreditiert. Private militärische Firmen entstanden vor allem in Russland, den USA, Großbritannien, Südafrika und Israel. Sie wurden zunächst in Afrika für Despoten eingesetzt. Einen Aufschwung erleben diese Firmen seit dem Irakkrieg in den 1990er Jahren. Private und öffentliche Auftraggeber in Drittweltländern (z. B. Kongo 2006) heuern immer häufiger private Dienste an, da man sich davon unbestechliches Personal verspricht. Gerade in Afrika haben sich ortsansässige Firmen häufig als unzuverlässige und bestechliche Partner erwiesen, da sie oft in Konflikte im Land emotional, religiös oder politisch verwickelt waren. Inzwischen reichen die staatlichen Kunden privater militärischer Firmen von Papua Neu-Guinea, Sudan, Sierra Leone und Kolumbien bis zu Kanada, den USA, Frankreich und Australien. Die Vereinigten Staaten von Amerika sind seit 1994 3.601 Vertragsbindungen mit einem Auftragsvolumen von 300 Milliarden US-Dollar mit zwölf US-amerikanischen privaten Militärunternehmen eingegangen.
Private Militärunternehmen unterstützen unter anderem auch Missionen der Vereinten Nationen, insbesondere um Transportleistungen in Drittweltländern zu erbringen. Beispiel hierfür ist der Einsatz von ICI of Oregon 1996 in Haiti im Auftrag des U.S. Außenministeriums.
[Bearbeiten] Debatte um private militärische Firmen
Private Sicherheits- und Militärfirmen stehen immer wieder in der Kritik, da sie im Gegensatz zum Militär keiner staatlichen Kontrolle unterliegen. Im Gegensatz zu den staatlich begrenzten Gewaltpotentialen des konventionellen Militärs ist die Bindung dieser Firmen an Rechenschaftspflichten und Verhaltensnormen ungeregelt. Außerdem haben sie ein wirtschaftliches Interesse an der Weiterführung des Krieges.
Bis in die Gegenwart werden zudem immer wieder kriminelle Aktivitäten, wie Drogen-/Diamantenschmuggel, Waffen- und Frauenhandel bekannt, bei denen private Sicherheits- und Militärfirmen involviert sind. Es wird daher auch eine grundsätzliche Kritik an der Aufstellung solcher Privatarmeen geübt.
Die Mitarbeiter der neueren privaten Militärfirmen entsprechen weder dem klassischen Bild des Söldners als angeheuertem Ausländer, den Gewinnstreben antreibt, noch dem des typischen unbewaffneten Zivilisten. Ihre völkerrechtliche Einordnung nach den Zusatzprotokollen zur Genfer Konvention, besonders ihr Kombattantenstatus, ist daher strittig. Auch die 1989 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedete Konvention gegen die Rekrutierung, Verwendung, Finanzierung und Ausbildung von Söldnern ist nur begrenzt auf diese Firmen anwendbar. Sie geht von einer Unterscheidung aus, die auf der einen Seite den guten freiwilligen Kämpfer kennt, der für seine Sache kämpft, und auf der anderen Seite den unehrenhaften Söldner, der aus materiellen Gründen kämpft. Beide Typisierungen treffen auf die Angestellten dieser Firmen kaum zu, so dass aus völkerrechtlicher Sicht Regulierungslücken bestehen.
[Bearbeiten] Unternehmen
[Bearbeiten] Vereinigte Staaten von Amerika
- Airscan
- Blackwater USA
- Blue Sky Corporation
- California Analysis Center, Inc.
- Combat Support Associates
- Control Risk Group
- Crescent Security Group
- DynCorp
- Global Risk Strategies
- International Charter Incorporated of Oregon (ICI)
- Kellogg, Brown and Root, Unternehmen im Halliburton Konzern
- Military Professional Resources (MPRI)
- Select Armor Inc.
- Titan Corporation
- Triple Canopy
- Vinnell, Firma von Northrop Grumman
- EUBSA BV Inc.
[Bearbeiten] Sonstige
- Executive Outcomes, Südafrika
- Meteoric Tactical Solutions, Südafrika
- Erinys, Südafrika-Großbritannien
- Levdan - Israel
- Secordia PMC, Tschechische Republik
- Barril Securité, Frankreich
- GEOS, Frankreich
- Rubicon International, England
- Spearhead Ltd, Israel-England
- Alpha, Russland
- InterSpy (http://www.interspy.de.tl)
- Sandline International, England
- Aegis Defence Services, England
- EFFACT - Deutschland
- Paladin Risk - Deutschland
[Bearbeiten] Literatur
- Christian Schaller: Private Sicherheits- und Militärfirmen in bewaffneten Konflikten. Völkerrechtliche Einsatzbedingungen und Kontrollmöglichkeiten. In: SWP-Studie. September 2005, ISSN 1611-6372 (PDF; 306 KB)
- Stephan Maninger: Soldiers of Misfortune - The Demise of National Armies as Core Contributing Factor in the Rise of Private Security Companies in Kümmel, Gerhard und Jäger, Thomas (Hrsg.) Private Security and Military Companies: Chances, Problems, Pitfalls and Prospects, VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden, 2006
- Rolf Uesseler: Krieg als Dienstleistung - Private Militärfimen zerstören die Demokratie. Christoph Links Verlag, Berlin; März 2006; ISBN 3-86153-385-5.
- Peter W. Singer: Die Kriegs-AGs - Über den Aufstieg der privaten Militärfirmen. Verlag Zweitausendeins, Frankfurt am Main; Februar 2006. ISBN 3-86150-758-7.
[Bearbeiten] Weblinks
- Privatisierung der Sicherheit - Telepolis-Artikel über die Tätigkeit privater Militär- und Sicherheitsfirmen im Irak (Stand: 2005/2006)
- Tim Spicer and Sandline (engl.)
- Nick Dearden: Controlling the Corporate Mercenaries (ZNet)
- EUBSA/BSG Artikel: Private Military - Beschäftigungspolitik großer internationaler Konzerne ändert sich