Rechtspfleger
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[Bearbeiten] Deutschland
Rechtspfleger sind in Deutschland Beamte des gehobenen Justizdienstes an Gerichten und Staatsanwaltschaften, die die durch das Rechtspflegergesetz übertragenen Aufgaben wahrnehmen. Die meisten dieser Aufgaben waren früher von Richtern zu erledigen und wurden nach dem Zweiten Weltkrieg in immer größerem Umfang auf Rechtspfleger übertragen.
Ebenso wie Richter sind Rechtspfleger grundsätzlich in ihren Entscheidungen nicht von Weisungen eines Vorgesetzten abhängig und nur an Recht und Gesetz gebunden ("sachliche Unabhängigkeit"). Im Gegensatz zu Richtern sind Rechtspfleger nicht "persönlich" unabhängig. So ist beispielsweise die Versetzung an ein anderes Gericht auch ohne Zustimmung des Rechtspflegers möglich, wenn die beamtenrechtlichen Voraussetzungen vorliegen.
Mit dem Rechtspflegerrecht befasst sich die Fachzeitschrift Der Deutsche Rechtspfleger. Es existiert als Fachgewerkschaft der Bund Deutscher Rechtspfleger.
Mit den Aufgaben eines Rechtspflegers kann ein Beamter des Justizdienstes betraut werden, der einen Vorbereitungsdienst von drei Jahren abgeleistet und die Rechtspflegerprüfung bestanden hat (§ 2 Abs. 1 RpflG). Mit den Aufgaben eines Rechtspflegers kann auf seinen Antrag auch betraut werden, wer die Befähigung zum Richteramt besitzt (§ 2 Abs. 3 RpflG). Referendare können mit der zeitweiligen Wahrnehmung der Geschäfte eines Rechtspflegers beauftragt werden (§ 2 Abs. 5 RpflG).
[Bearbeiten] Aufgaben
Ein Schwerpunkt der rechtspflegerischen Tätigkeit stellt die freiwillige Gerichtsbarkeit dar, in der - von Ausnahmen abgesehen - Richter nur noch in der Rechtsmittelinstanz tätig werden, die Aufgaben ergeben sich aus dem Rechtspflegergesetz.
Zur freiwilligen Gerichtsbarkeit gehören beispielsweise:
- Nachlassrecht
- Betreuungsrecht
- Vormundschaftsrecht
- Grundbuchrecht
- Registerrecht:
Darüber hinaus werden Rechtspfleger unter anderem mit folgenden Aufgaben befasst:
- Mahnverfahren
- Zwangsvollstreckung
- Zwangsversteigerung
- Zwangsverwaltung
- Insolvenzverfahren
- Kostenfestsetzung
- Strafvollstreckung
- Rechtsantragstelle
- Familiensachen
Beamte des gehobenen Justizdienstes, die in der Gerichtsverwaltung in Bereichen wie Geschäftsleitung, Personalverwaltung, Haushalt, Informationstechnik und Planung/Organisation oder ähnlichem beschäftigt werden, sind nicht als Rechtspfleger tätig. Als Verwaltungsbeamte sind sie nicht unabhängig, sondern an Weisungen Vorgesetzter gebunden.
[Bearbeiten] Ausbildung
Voraussetzung ist die Einstellung durch eine Einstellungsbehörde, in den meisten Bundesländern die Oberlandesgerichte (in Berlin: Kammergericht). Rechtspfleger absolvieren ein dreijähriges Studium an einer landeseigenen Fachhochschule mit berufspraktischen Ausbildungsabschnitten bei Gerichten und Staatsanwaltschaften. Sie haben dabei den Status eines Beamten auf Widerruf.
Das Studium wird mit der Rechtspflegerprüfung abgeschlossen. Es wird der akademische Grad "Diplom-Rechtspfleger (FH)" verliehen.
Im Falle der Übernahme wird man zum Justizinspektor z.A. (zur Anstellung) ernannt. Nach Ablauf der üblichen zweijährigen Probezeit erfolgt die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit. Unter Umständen kann die Probezeit auch auf 1 1/2 Jahr verkürzt werden.
Folgende Dienstbezeichnungen gibt es: Justizinspektor/in (Besoldungsgruppe A9 = Eingangsamt) Justizoberinspektor/in (Besoldungssgruppe A10) Justizamtmann/frau (Besoldungssgruppe A11) Justizamtsrat/rätin (Besoldungssgruppe A12) Justizoberamtsrat/rätin (Besoldungssgruppe A13)
Fachhochschulen:
- Fachhochschule für Rechtspflege Nordrhein-Westfalen in Bad Münstereifel
- Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege in Bayern, Fachbereich Rechtspflege, in Starnberg
- Fachhochschule Schwetzingen, Hochschule für Rechtspflege, in Schwetzingen, Baden-Württemberg
- Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege in Güstrow, Mecklenburg-Vorpommern
- Niedersächsische Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege, Hochschule für den öffentlichen Dienst, in Hildesheim
- Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege Berlin
- Fachhochschule der sächsischen Verwaltung Meißen, Fachbereich Rechtspflege,
- Verwaltungsfachhochschule, Fachbereich Rechtspflege, in Rotenburg a.d. Fulda, Hessen (Studienzentrum Rotenburg)
[Bearbeiten] Österreich
In Österreich sind Rechtspfleger Gerichtsbeamte, denen als Organen des Bundes auf Grund der Bestimmungen des Art 87a B-VG und des Rechtspflegergesetzes die Besorgung von Geschäften der Gerichtsbarkeit übertragen ist. Sie fassen Beschlüsse und erledigen die ihnen übertragenen Agenden der Rechtsprechung eigenverantwortlich und sind bei der Ausübung ihrer Tätigkeit nur an die Weisung des nach der Geschäftsverteilung zuständigen Richters gebunden. Das im Rechtspflegergesetz geregelte Weisungsrecht des zuständigen Richters hat in der gerichtlichen Praxis jedoch keine Bedeutung.
[Bearbeiten] Aufgabengebiete
Der Rechtspfleger kann für eines oder mehrere der folgenden Arbeitsgebiete bestellt werden:
- Zivilprozess-, Exekutions- und Insolvenzsachen
- Verlassenschafts- und Pflegschaftssachen sowie Angelegenheiten des Gerichtserlages und der Einziehung gerichtlicher Verwahrnisse
- Grundbuchs- und Schiffsregistersachen
- Sachen des Firmenbuchs
[Bearbeiten] Ausbildung
Zum Rechtspfleger zugelassen werden können Gerichtsbedienstete, die die Erfordernisse für die Ernennung auf eine Planstelle der Verwendungsgruppe B (Gehobener Dienst) erfüllen und die Gerichtskanzleiprüfung sowie die Prüfung für den Fachdienst bei Gericht erfolgreich abgelegt haben.
Die Ausbildung des Gerichtsbediensteten zum Rechtspfleger umfasst die Verwendung bei einem oder mehreren Gerichten mit der Vorbereitung von Erledigungen auf dem angestrebten Arbeitsgebiet, die Teilnahme am Grundlehrgang sowie am Lehrgang für das angestrebte Arbeitsgebiet (Arbeitsgebietslehrgang) und die erfolgreiche Ablegung der Prüfung über die Stoffgebiete des Grundlehrganges sowie die Prüfung über das Arbeitsgebiet.
Die Dauer der Ausbildung beträgt drei Jahre. Der Arbeitsgebietslehrgang und die Prüfung über das Arbeitsgebiet können auch noch innerhalb eines Jahres nach Ablauf der Ausbildungsdauer absolviert werden.
[Bearbeiten] Verweise
[Bearbeiten] Literatur
- Deutschland
- Arnold/Meyer-Stolte/Hermann/Hansens/Rellermeyer, Rechtspflegergesetz, 6. Auflage 2002
[Bearbeiten] Weblinks
- Deutschland
- Text des Rechtspflegergesetzes
- Informationen des Justizministeriums Nordrhein-Westfalen zur Rechtspflegerausbildung
- Niedersächsische Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege
- Die Bundesagentur für Arbeit zu Aufgaben und Tätigkeiten des Rechtspflegers
- Die Seite von, für und über Rechtspfleger
- Fachforum für und über Rechtspfleger
- Verband der Rechtspfleger e.V.
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