Richter
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Ein Richter ist Inhaber eines öffentlichen Amtes bei einem Gericht, der Aufgaben der rechtsprechenden Gewalt wahrnimmt. Er trifft als neutrale Person allein oder zusammen mit anderen Richtern in einem Spruchkörper Entscheidungen über konkrete Sachverhalte, zum Beispiel im Zivilprozess in einem Streit zwischen zwei oder mehr Parteien über privatrechtliche Ansprüche, im Strafprozess über die Verurteilung eines Angeklagten oder im Verwaltungsgerichtsprozess über die Rechtmäßigkeit von Verwaltungshandeln, wie z. B. Verwaltungsakten. Dabei soll er unparteiisch Gerechtigkeit gegen jedermann üben. Der Richter ist bei seiner Entscheidungsfindung an das geltende Recht gebunden.
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Richter in Deutschland
In Deutschland unterscheidet man grundsätzlich zwischen Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern.
Nach Art. 92 GG ist die rechtsprechende Gewalt (ausschließlich) den Richtern anvertraut. Berufsrichter stehen nicht in einem Arbeitsverhältnis, sondern beim Bund oder einem Land in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis eigener Art, dem Richterverhältnis, das in mancher Hinsicht Ähnlichkeiten mit dem Dienstverhältnis eines Beamten hat. Richter unterstehen ähnlich wie Beamte einer Dienstaufsicht, wobei die Dienstaufsicht durch die richterliche Unabhängigkeit jedoch eingeschränkt ist.
Befähigung zum Richteramt
Die Befähigung zum Richteramt (als Berufsrichter) wird in Deutschland durch das Studium der Rechtswissenschaft an einer Universität mit dem ersten Staatsexamen und den Vorbereitungsdienst mit dem zweiten Staatsexamen abgeschlossen (§ 5 DRiG). Die erste Prüfung muss dabei aus der Schwerpunktbereichsprüfung der Hochschule und den Pflichtfachprüfungen durch die zuständige Landesbehörde bestehen. Die Landesbehörde ist in der Regel das Landesjustizprüfungsamt. Diese Juristen bezeichnet man auch als Volljuristen.
Das Studium muss mindestens vier Jahre dauern, davon mindestens zwei Jahre an einer deutschen Universität, außerdem müssen während der vorlesungsfreien Zeit drei Monate an praktischer Ausbildung nach Maßgabe des Landesrechts absolviert werden. Der Vorbereitungsdienst dauert zwei Jahre, er gibt Gelegenheit in verschiedenen Arbeitsfeldern praktische Erfahrung zu sammeln (Zivil-, Straf-, Verwaltungsrecht, Staatsanwaltschaft, Rechtsanwalt und Wahlstation) und schließt mit dem zweiten Staatsexamen ab.
Die Anstellung als Richter erfolgt zunächst auf Probe (§ 12 Abs. 1 DRiG). In der Probezeit kann der Richter in den ersten zwei Jahren ohne besonderen Grund entlassen werden (§ 22 Abs. 1 DRiG). Nach Ablauf des dritten oder vierten Jahres kann der Richter auf Probe entlassen werden, wenn er für das Richteramt nicht geeignet ist oder wenn weitere, im Gesetz geregelte, Gründe vorliegen (§ 22 Abs. 2 und 3 DRiG). Wird der Richter auf Probe nicht entlassen, ist er nach mindestens drei (§ 10 Abs. 1 DRiG) und höchstens fünf Jahren (§ 12 Abs. 2 DRiG) zum Richter auf Lebenszeit zu ernennen.
Faktische Voraussetzung für eine Einstellung als Richter sind gute Noten (derzeit nicht unter 9 Punkten, d.h. "vollbefriedigend") in beiden Staatsexamina, in manchen Bundesländern außerdem noch das erfolgreiche Bestehen eines umfangreichen Einstellungstests (Assessment-Center).
Neben Volljuristen mit der theoretischen Befähigung zum Richteramt, sind alle deutschen Universitätsprofessoren im Fachgebiet Rechtswissenschaft unabhängig von ihrer Vorbildung zum Richteramt befähigt.
Ferner sind zum technischen Richter beim Bundespatentgericht Personen befähigt, die nach dem Abschluss eines naturwissenschaftlichen oder technischen Studiums über eine mindestens fünfjährige praktische Berufserfahrung und über die erforderlichen Rechtskenntnisse (vor allem auf dem Gebiet des Patentrechts) verfügen.
Ehrenamtliche Richter sind Richter, die nicht die Befähigung zum Richteramt haben müssen und nach Maßgabe der jeweiligen Verfahrensordnungen als Repräsentanten der Bevölkerung durch Einbringung des „gesunden Menschenverstandes“ an der Rechtsprechung mitwirken (beispielsweise Schöffen im Strafprozess sowie ehrenamtliche Richter bei den Arbeits- und Sozialgerichten, den Verwaltungs- und Finanzgerichten). Die ehrenamtlichen Richter beteiligen sich an der Rechtfindung durch ihre Lebenserfahrung und Sachnähe. Teilweise wird die Sachnähe vom Gesetz sogar ausdrücklich verlangt: Bei den Arbeitsgerichten werden die ehrenamtlichen Richter je zur Hälfte aus den Kreisen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber entnommen (§ 16 Abs. 1 Satz 2 ArbGG), während die ehrenamtlichen Richters an den Kammern für Handelssachen, die so genannten Handelsrichter, Kaufleute oder verantwortliche Mitarbeiter einer juristischen Person, die Kaufmann ist, sein müssen (§ 109 GVG).
Amtsbezeichnungen
Richter auf Lebenszeit führen, je nach ihrem Amt, die Bezeichnung „Richter“, „Vorsitzender Richter“, „Direktor“, „Vizepräsident“ oder „Präsident“ mit einem Zusatz, der das Gericht bezeichnet (etwa „Richter am Amtsgericht“, „Vorsitzender Richter am Landgericht“, „Direktor des Amtsgerichts“, „Vizepräsident des Landgerichts“, „Präsident des Oberlandesgerichts“) (§ 19a Abs. 1 DRiG). Richter auf Probe führen die Bezeichnung „Richter“ oder, wenn sie als Staatsanwalt verwendet werden, die Bezeichnung „Staatsanwalt“ (§ 19a Abs. 3 DRiG).
Die richterliche Unabhängigkeit
Allgemeines
Richter sind unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen (Art. 97 Abs. 1 GG, § 1 GVG). Einer Dienstaufsicht untersteht der Richter nur, soweit nicht seine Unabhängigkeit beeinträchtigt wird (§ 26 Abs. 1 DRiG). Die richterliche Unabhängigkeit ist grundlegendes Merkmal einer rechtsstaatlichen Rechtspflege. Nur durch die richterliche Unabhängigkeit wird sichergestellt, dass der rechtsunterworfene Bürger sich einem neutralen Richter gegenübersieht. Die richterliche Unabhängigkeit besteht im Interesse der Rechtssuchenden, ist also kein Grundrecht und kein Standesprivileg der Richter.
Man unterscheidet die sachliche Unabhängigkeit und die persönliche Unabhängigkeit. Sachliche Unabhängigkeit bedeutet Freiheit von Weisungen. Dabei ist Weisung im weitesten Sine zu verstehen. So kann weder ein Gerichtspräsident noch ein Justizminister einem Richter eine Anweisung geben, wie er einen bestimmten Fall zu entscheiden habe. Auch Beurteilungen und Maßnahmen der Dienstaufsicht dürfen keine ausdrückliche oder indirekte Anweisung enthalten, wie der Richter in Zukunft zu entscheiden hat. Jede Art von Einflussnahme ist unzulässig. Die sachliche Unabhängigkeit kommt jedem Richter, auch dem Richter auf Probe und dem ehrenamtlichen Richter, zu. Persönliche Unabhängigkeit bedeutet, dass der Richter gegen seinen Willen in der Regel nicht aus seinem Amt entlassen oder versetzt werden kann. Die persönliche Unabhängigkeit dient der Absicherung der sachlichen Unabhängigkeit und soll verhindern, dass ein missliebiger Richter entlassen oder versetzt wird. Entlassungen oder Versetzungen als Disziplinarmaßnahme sind nur durch Richterspruch (also wiederum durch unabhängige Richter) möglich. Persönliche Unabhängigkeit kommt nur den auf Lebenszeit angestellten Richtern zu (Art. 97 Abs. 2 GG). Auch ehrenamtliche Richter können aber gegen ihren Willen nur unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen und nur durch Entscheidung eines Gerichts abberufen werden (§ 44 Abs. 2 DRiG).
Grenzen der richterlichen Unabhängigkeit
Die durch die richterliche Unabhängigkeit garantierte Weisungsfreiheit gilt nur für die richterliche Tätigkeit, also die Rechtsprechung, nicht aber für Aufgaben der Gerichtsverwaltung und der Justizverwaltung. Die richterliche Unabhängigkeit enthebt den Richter auch nicht von der Bindung an das Gesetz. Auch befreit die Weisungsfreiheit den Richter nicht von (allgemein gehaltener) Kritik und von Haftung für Amtspflichtverletzungen. Für Schäden, die Richter bei einem Urteil verursachen, haften sie allerdings gemäß § 839 Abs. 2 BGB nur, wenn die Pflichtverletzung in einer Straftat besteht, und das nach der Rechtsprechung auch nur, wenn die Straftat eine Rechtsbeugung darstellt (so genanntes Richterspruchprivileg, missverständlich auch Spruchrichterprivileg genannt). Auf eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amtes findet diese Vorschrift nach § 839 Absatz 2 Satz 2 BGB allerdings keine Anwendung. Gemäß Art. 34 GG haftet an Stelle des Richters die Körperschaft, bei der er angestellt ist (Bundesland oder Bund).
Die richterliche Unabhängigkeit stellt den Richter auch nicht von einer Dienstaufsicht frei. Er unterliegt der Dienstaufsicht insoweit, als nicht die richterliche Unabhängigkeit betroffen ist. Im Rahmen der Dienstaufsicht kann dem Richter die ordnungswidrige Ausführung der Dienstgeschäfte dann vorgehalten werden, wenn es um die Sicherung des ordnungsgemäßen Geschäftsablaufs, um die äußere Form, den so genannten Bereich der äußeren Ordnung, oder um richterliche Tätigkeiten geht, die dem Kernbereich der Unabhängigkeit so weit entrückt sind, dass für sie die Garantie der richterlichen Unabhängigkeit nicht in Anspruch genommen werden kann. So ist es zulässig, den Richter zur Pünktlichkeit und zu angemessenen Umgangsformen mit anderen Verfahrenbeteiligten anzuhalten. Zulässig sind nach der Rechtsprechung des Dienstgerichts des Bundes auch Geschäftsprüfungen, Vergleiche von Erledigungszahlen, Vorhalt von Rückständen, das Rügen einer gesetzwidrigen Terminierungspraxis und die Anregung, einen weiteren Sitzungstag in der Woche abzuhalten. Auch offensichtliche Fehlgriffe bei einer Entscheidung können dann beanstandet werden, wenn über den Fehler kein Zweifel bestehen kann. Jedoch darf die dienstaufsichtsführende Stelle keine Würdigung der Sach- und Rechtslage vornehmen, die nur den Rechtsmittelgerichten zukommt. Der Inhalt einer Entscheidung ist im übrigen aber der Dienstaufsicht entzogen.
Unzulässig ist eine Dienstaufsicht hingegen im Kernbereich der richterlichen Unabhängigkeit. Hierzu gehören nicht nur die Entscheidungen des Richters selbst, sondern auch alles, was hiermit in Zusammenhang steht, beispielsweise die Vorbereitung und Durchführung der mündlichen Verhandlung. So ist es unzulässig, einem Richter vorzuhalten, seine Verhandlungsführung sei nicht straff genug oder er bemühe sich zu sehr darum, die Parteien zu einem Vergleich zu bewegen.
Literatur
- Schmidt-Räntsch. Kommentar zum Deutschen Richtergesetz, 6. Auflage, München 2007, ISBN 978-3-406-49947-0 (erscheint voraussichtlich im Mai 2007 - letzte veröffentlichte Auflage: 5. Auflage 1995)
Siehe auch
Weblinks
- Informationen über den Beruf des Richters und Staatsanwalts auf der Website des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz
- Informationen über den Beruf des Richters und Staatsanwalts in Österreich
Wiktionary: Richter – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme und Übersetzungen |
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