Rheinkrise
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Rheinkrise - nach einer diplomatischen Niederlage Frankreichs in der Orientkrise 1839-1841 richtete sich das nationale Interesse Frankreichs auf den Rhein. Erste Forderungen Frankreichs auf Überlassung des gesamten linken Rheinufer (angeblich die "natürliche Grenze") wurden erhoben. Als Reaktion kam es in den deutschen Gebieten zu Ressentiments gegenüber den Franzosen. Es gab erste nationalistische Töne und Anzeichen für die Entstehung eines Nationalismus auf beiden Seiten. Beidseitig des Rheins entstanden in der Folgezeit nationalistische Gedichte und Lieder.
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[Bearbeiten] Vorgeschichte
Durch den Griechischen Unabhängigkeitskrieg und den russisch-türkischen Krieg 1828/29 war das Osmanische Reich weiter geschwächt worden. Nachdem sich der osmanische Sultan Mahmud II. geweigert hatte, Muhammad Ali Pascha, den Vizekönig des zum osmanischen Reich gehörenden Ägypten, auch als Statthalter in Syrien einzusetzen, besetzten ägyptische Truppen 1831 Palästina und Syrien und stießen 1832 bis nach Anatolien vor.
Das Frankreich der Julimonarchie hatte die türkische Niederlage im griechischen Unabhängigkeitskrieg dazu genutzt, 1830 Algerien zu besetzen. Es sah in Mohammed Ali Pascha einen idealen Verbündeten und unterstützte den ägyptischen Vizekönig, sich endgültig aus der Oberhoheit des Sultans Mahmud II. zu lösen. Ziel der französischen Politik war es, das an das Mittelmeer grenzende Afrika über Suez hinaus zu französischem Einflussgebiet zu machen.
Als 1839 der ägyptische Vizekönig einen weiteren Krieg mit dem Sultan für sich entscheiden konnte, führte dies zur orientalischen Krise (1839 – 1841). Die Großmächte Großbritannien, Russland, Preußen und Österreich, die im Erhalt des labilen Osmanischen Reiches eine bessere Garantie ihrer Interessen sahen, als im Zerfall der türkischen Herrschaft, der unkalkulierbare Risiken mit sich gebracht hätte, schlossen am 15. Juli 1840 in London den Viermächtevertrag zur Befriedung der Levante und nötigten Frankreich, die Unterstützung Ägyptens aufzugeben. Gleichzeitig erhielt das Osmanische Reich britische Militärhilfe gegen Ägypten. So war Mohammed Ali Pascha 1841 gezwungen, Syrien und Palästina wieder zu räumen und seine Herrschaft auf Ägypten, das unter osmanischer Oberhoheit blieb, zu beschränken. Ihm wurde aber das Recht zugestanden, die Herrschaft an seine Nachkommen weiterzugeben.
[Bearbeiten] Rheinkrise
[Bearbeiten] Orientkrise und Rheinkrise in Frankreich
Angesichts dieser Neuauflage der Siegerkoalition von 1814 schlug die außenpolitische Krise in eine nationale französische Stimmungskrise um. Die Wirkung auf die französische Öffentlichkeit war ungeheuer. Man fühlte sich übergangen und gedemütigt. Von einem "diplomatischen Waterloo" war die Rede. Damit nun die brodelnde Wut im Volke die neue französische Monarchie nicht schon bei dieser Gelegenheit hinwegfegte, lenkte das Kabinett Adolphe Thiers die wachsende nationale Empörung der Franzosen, die zur innenpolitischen Krise zu werden drohte, vom diplomatischen Feld weg auf das militärische und territorialpolitische. Teile der Öffentlichkeit forderten Krieg gegen die Verträge von 1815, gegen Großbritannien, vor allem aber gegen die deutschen Staaten: An die Stelle der entschwindenden Ziele der orientalischen Frage trat als neues Ziel der Rhein. Man befestigte Paris, drohte dem deutschen Bund offiziell und in der Presse monatelang mit Krieg, rüstete auf, militärisch und geistig. Französische Geistesgrößen, so Edgar Quinet und Victor Hugo und viele andere, schlossen sich der Forderung nach der Rheingrenze an.
[Bearbeiten] Deutsche Reaktionen auf die Rheinkrise
Auf deutscher Seite antwortete man in gleicher national-patriotischer Erregung. Es kam zu einem regelrechten Dichterkrieg zwischen Franzosen und Deutschen. Literaturgeschichtlich entstand damals die "Rheinliedbewegung" mit einer Fülle national begeisterter politischer Gelegenheitslyrik. Nikolaus Becker schrieb sein mehr als siebzig mal vertontes Gedicht "Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein" und in dieser Zeit schrieb auch Max Schneckenburger ein Gedicht mit dem Titel "Die Wacht am Rhein", ein nationalpatriotischer Aufruf zur Verteidigung des Rheinlandes gegen die Ansprüche Frankreichs.
Bevor allerdings die Orient- und Rheinkrise zu einem europäischen Krieg eskalieren konnte, wurde die Regierung Thiers, deren Prestigepolitik die Krise verursacht hatte, abgelöst. Das neue Kabinett mit Außenminister Guizot war um versöhnliche Politik bemüht. Der Dardanellenvertrag von London (13. Juli 1841) beendete den Konflikt vorläufig, indem die Meerengen für alle Kriegsschiffe (außer den türkischen) geschlossen wurden, wodurch der bisherige starke russische Einfluss in der Region ebenfalls zurückgedrängt wurde.
Für Deutschland aber hatte die Rheinkrise eine wesentliche Bedeutung, die von Heinrich Heine so beschrieben wird, dass "damals Thiers unser Vaterland in die große Bewegung hineintrommelte, welche das politische Leben in Deutschland weckte; Thiers brachte uns wieder als Volk auf die Beine."
[Bearbeiten] Literatur
- Gruner, Wolf D.: Der Deutsche Bund, die deutschen Verfassungsstaaten und die Rheinkrise von 1840. Überlegungen zur deutschen Dimension einer europäischen Krise. In: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte Nr. 53 (1990), S. 51-78.
- Püschner, Manfred: Die Rheinkrise von 1840/41 und die antifeudale Oppositionsbewegung. In: Schriften des Zentralinstituts für Geschichte Nr. 50 (1977), S. 102 - 133.