Rigobert Günther
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Rigobert Günther (* 18. Mai 1928 in Magdeburg; † 2. April 2000) war ein deutscher Althistoriker.
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[Bearbeiten] Leben
[Bearbeiten] Ausbildung und Assistenzzeit
Rigobert Günther, Kind einer Arbeiterfamilie aus Magdeburg, begann 1944 nach der mittleren Reife eine Lehre zum Buchhalter. Arbeits- und Militärdienst unterbrachen die Ausbildung. Im April 1945 kam Günther in sowjetische Gefangenschaft. Die Kriegszeit und die Gefangenschaft sollten Günther prägen. Nachdem er im August aus der Gefangenschaft entlassen wurde, setzte er seine Lehre fort, die er 1947 beendete. Im selben Jahr trat er auch in die SED ein. Bis 1948 arbeitete er beim Verlag „Freiheit“ als Buchhalter. 1948/49 machte er an der Vorstudienanstalt der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg sein Abitur und studierte anschließend von 1949 bis 1953 Ur- und Frühgeschichte, Geschichte und Latein ebenda.
Daran schloss sich bis 1955 eine Zeit als Assistent am Marx-Engels-Lenin-Stalin-Institut des ZK der SED sowie ab 1955 eine Aspiranz am Institut für Allgemeine Geschichte der Karl-Marx-Universität Leipzig an. Einer seiner prägenden Lehrer war der bedeutende Althistoriker Franz Altheim, der auch Günthers Dissertation betreute. 1957 erfolgte die Promotion mit einer Arbeit zum Thema „Wirtschaft, Sklaverei, und Ständekampf im ältesten Rom“, 1962 die Habilitation zu „Der politisch-weltanschauliche Kampf in der römischen Religion in den beiden letzten Jahrzehnten v. u. Z.“.
[Bearbeiten] Lehrtätigkeit
Ab 1962 war er Dozent für Geschichte des Altertums an der Universität Leipzig, seit 1965 Professor mit Lehrauftrag, 1968 schließlich ordentlicher Professor. Von 1965 bis 1969 war er Leiter der Fachrichtung Geschichte, von 1969 bis 1973 Leiter des Wissenschaftsbereiches Urgeschichte/Alte Geschichte und von 1973 bis 1978 stellvertretender Direktor für Forschung. Außerdem war Günther von 1982 bis 1987 als Direktor der Sektion Geschichte und von 1985 bis zur Emeritierung 1992 Leiter des Wissenschaftsbereiches Urgeschichte/Alte Geschichte in Leipzig.
Neben seiner Lehrtätigkeit war Günther schon früh auch in verschiedenen Institutionen tätig. Er war Mitglied des Präsidiums der Historikergesellschaft der DDR, Vorsitzender der Fachkommission für Alte Geschichte der Historikergesellschaft, seit 1982 Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirates für Altertumswissenschaften und seit 1984 Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates für Geschichtswissenschaften beim Ministerium für Hoch- und Fachschulwesen. Weiterhin war er seit 1982 stellvertretender Vorsitzender des Zentralen Rates für Archäologie und Alte Geschichte an der Akademie der Wissenschaften der DDR und seit 1984 Ordentliches Mitglied der Sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig. 1987 wurde er Mitglied der Eduard-Meyer-Kommission der Akademie der Wissenschaften der DDR.
[Bearbeiten] Publizistische Tätigkeit
Günther war außerdem publizistisch und redaktionell sehr aktiv. Er wirkte bei den Periodika „Zeitschrift für Geschichtswissenschaft“ (ZfG) und „Klio“ bis 1990 in führenden Positionen mit. Er veröffentlichte über 200 Artikel, Rezensionen, Festschriften und Aufsätze. Zu seinen bekanntesten Werken zählen „Die Römer an Rhein und Donau“ (1975), „Der Aufstand des Spartacus“ (1979), das mit Dieter Horst herausgegebene DDR-Hochschullehrbuch „Römische Geschichte bis 476“ (1979), „Vom Untergang Westroms zum Reich der Merowinger“ (1982), „Germanen erobern Rom“ (1986) sowie „Sozialutopien in der Antike“ (1987, mit Reimar Müller). Günther war einer der produktivsten Althistoriker in der DDR.
[Bearbeiten] Zeit nach dem Ende der DDR
Seine exponierte Stellung fällt mit Ende der DDR zusammen. Seine vielfältigen Funktionen in Redaktionen, Verbänden und so weiter waren mit dem Ende der DDR oft hinfällig geworden. Nach seiner Emeritierung schrieb er vor allem Artikel für althistorische Periodka und war für den Schulbuch-Verlag Militzke in Leipzig tätig. Dort publizierte er auch eines seiner letzten größeren Werke, „Römische Kaiserinnen“ (1995).
[Bearbeiten] Forschungsschwerpunkte
Forschungsschwerpunkt Günthers waren die Geschichte der frühen römischen Republik, sozialen Utopien in der Antike, die Geschichte des Christentums und der Spätantike. Dabei war seine Sicht von der sowjetischen Sichtweise auf die Geschichte, insbesondere die Alte Geschichte geprägt. Günther war dabei eine zwiespältige Figur. Zum einen setzte er die marxistisch geprägte Sicht auf das Altertum in der Altertumswissenschaft mit durch, stellte sich aber gegen Liselotte Welskopf-Henrich und deren universellen und verallgemeinernden Sicht vom Altertum. Er vertrat seit 1956, als er mit Gerhart Schrot eine Grundsatzschrift veröffentlichte, die Abkehr von der Periodisierung der Geschichte in Altertum, Mittelalter und Neuzeit. Seiner Auffassung nach sollte die Geschichte in die primitive, die patriarchalische, die antike, die klassische und die späte Periode unterteilt werden (Sidorow-Modell). Die „asiatische“, das heißt die altorientalischen Gesellschaften, wurde der ersten Gruppe zugeordnet. Neben Sidorow prägten ihn auch die sowjetischen Forscher Uttschenko (Klassenkampfforschung) und Maschkin (eine stalinistsch geprägte Sicht auf die Römischen Geschichte).
Den wissenschaftlichen Disput mit bürgerlichen, westlichen, Wissenschaftlern suchte er bewusst. Auf Tagungen im In- und Ausland trat er mit nicht selten ideologisch geprägten Beiträgen auf.
[Bearbeiten] Ehrungen
Günther wurde mit dem „Banner der Arbeit“ II. Klasse und der „Pestalozzi-Medaille“ in Gold ausgezeichnet.
[Bearbeiten] Literatur
- Burkhard Meißner: Die Alte Geschichte an der Karl-Marx-Universität Leipzig: Anmerkungen zum Geschichtsbild von Rigobert Günther, in: Isolde Stark (Hrsg.): Elisabeth Charlotte Welskopf und die Alte Geschichte in der DDR. Beiträge der Konferenz vom 21. bis 23. November 2002 in Halle/Saale. Stuttgart 2005. S. 90-107
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Rigobert Günther im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Dieter, Horst, Günther, Rigobert, Römische Geschichte bis 476, Berlin 1990 (mit Biografie Günthers und Einordnung in die Altertumswissenschaft der DDR)
Personendaten | |
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NAME | Günther, Rigobert |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Althistoriker |
GEBURTSDATUM | 18. Mai 1928 |
GEBURTSORT | Magdeburg |
STERBEDATUM | 2. April 2000 |