Toni Morrison
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Toni Morrison (eigentlich Chloe Anthony Wofford; * 18. Februar 1931 in Lorain, Ohio) ist eine US-amerikanische Schriftstellerin. Sie zählt zu den bedeutendsten Vertreterinnen der afroamerikanischen Literatur und erhielt 1993 den Literaturnobelpreis für ihr Gesamtwerk.
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[Bearbeiten] Leben
Toni Morrison war das zweite von vier Kindern einer afroamerikanischen Arbeiterfamilie. Als Kind las sie sehr viel; ihre Lieblingsautoren waren Jane Austen und Leo Tolstoi. Die afroamerikanische Oralliteratur wurde ihr von ihrem Vater nahegebracht. 1949 begann sie an der Howard University in Washington (D.C.), einer "schwarzen Universität", Anglistik zu studieren. In dieser Zeit änderte sie ihren Rufnamen von Chloe zu Toni (nach ihrem zweiten Vornamen Anthony). 1953 erwarb sie den Bachelor of Arts in Englisch und 1955 an der Cornell University den Master of Arts. Von 1955 bis 1957 unterrichtete sie Englische Literatur an der Texas Southern University in Houston. 1957 kehrte sie als Dozentin an die Howard University zurück. 1958 heiratete sie den jamaikanischen Architekten Howard Morrison, von dem sie zwei Söhne bekam. Nach der Scheidung 1964 begann sie als Lektorin zu arbeiten. Während ihrer sechzehnjährigen Tätigkeit für Random House (1967 bis 1983) spielte sie eine wichtige Rolle bei der Etablierung der afroamerikanischen Literatur und brachte unter anderem Bücher von Toni Cade Bambara und Gayl Jones heraus. 1970 erschien ihr einige Jahre zuvor entstandener erster Roman The Bluest Eye (Sehr blaue Augen). Sowohl dieses Werk als auch Sula, 1974 wurden von der Kritik gut aufgenommen, den Erfolg beim Publikum brachte aber erst Song of Solomon (Solomons Lied), 1977.
Ihre Lehrtätigkeit hatte sie schon während ihrer Arbeit bei Random House wieder aufgenommen. 1989 wurde sie zur Professorin ernannt und hält seitdem einen Lehrstuhl an der Princeton University inne.
[Bearbeiten] Romane
- The Bluest Eye, 1970 (dt. Sehr blaue Augen, 1979) beschreibt den Niedergang der Familie Breedlove aus verschiedenen Perspektiven. Die Ich-Erzählerin, eine unter mehreren Stimmen, ist ein etwa zehnjähriges Mädchen, das von der etwas älteren Pecola Breedlove fasziniert ist, ohne ihr Schicksal wirklich zu verstehen. Der Titel bezieht sich auf Pecolas Vorstellung, alles würde gut werden, wenn sie nur blaue Augen hätte.
- Sula, 1973 (dt. 1980)
- Song of Solomon, 1977 (dt. Solomons Lied, 1979) erzählt die Geschichte einer afroamerikanischen Familie über mehrere Generationen hinweg. Der Protagonist Macon Dead III, genannt Milkman, dringt auf der Suche nach einem Schatz immer tiefer in die Vergangenheit vor. Die lebenden Familienmitglieder sind ohne bewusstes Zutun mit einer Geheimorganisation verstrickt, die Selbstjustiz für von Weißen an Schwarzen begangene Morde übt.
- Tar Baby, 1981, (dt. Teerbaby, 1983)
- Beloved, 1987 (dt. Menschenkind, 1989) basiert lose auf der Geschichte Margaret Garners, die wie die Romanfigur Sethe eines ihrer Kinder tötete, um es vor einem Leben in Sklaverei zu bewahren. Der Roman beleuchtet in beeindruckender Weise die psychologischen Folgen der Sklaverei. In einem komplexen Geflecht aus (unterdrückten) Erinnerungen, realistischen und phantastischen Gegenwartshandlungen wird ein Teil Geschichte rekonstruiert, der vorher weder erzählenswert noch erzählbar schien - aufgrund der herrschenden Machtverhältnisse zum einen, aufgrund psychologischer Barrieren zum anderen. Morrison vermischt hier in für sie typischer Weise europäische und afrikanische/afro-amerikanische Erzähltraditionen. Für den Roman erhielt sie 1988 den Pulitzer-Preis. Später verfasste Morrison auch das Libretto zu der 2005 uraufgeführten Oper "Margaret Garner".
- Jazz, 1992, (dt. 1993) spielt zur Blütezeit des Jazz in den 1920er Jahren in Harlem mit Rückblenden bis in die Zeit kurz nach der endgültigen Abschaffung der Sklaverei.
- Paradise, 1998 (dt. Paradies, 1999)
- Love, 2003 (dt. Liebe, 2004) handelt von patriarchaler Macht und Güte, Verrat, Verlangen, Verlust von Unschuld. Drehpunkt der erzählten Ereignisse, der Erinnerungen und Sehnsüchte der meisten Romanfiguren ist ein Hotel und sein Eigentümer, der es während der Depression der 1930er Jahre erworben und zu einem erfolgreichen, geradezu mythenumwobenen Ferienparadies für Afroamerikaner gemacht hatte.
[Bearbeiten] andere literarische Genres
- Kurzgeschichte: Recitatif, veröffentlicht in Confirmation: An Anthology of African American Women, 1983
- Drama: Dreaming Emmet, 1986 aufgeführt, unveröffentlicht
- Libretto: Margaret Garner, 2005 uraufgeführt
- Kinderbücher (gemeinsam mit ihrem Sohn Slade):
- The Big Box, 1999 (Die Kinderkiste, 2000)
- The Book of Mean People, 2002 (Das Buch der Bösen, 2005)
- Who's Got Game?: The Lion or the Mouse?, 2003
- Who's Got Game?: The Ant the Grasshopper?, 2003
- Who's Got Game?: Poppy or the Snake?, 2004
[Bearbeiten] andere Publikationen (Auswahl)
- Playing in the Dark: Whiteness and the Literary Imagination, 1992 (Im Dunkeln spielen : weiße Kultur und literarische Imagination, 1994)
- Mitherausgeberin von Birth of a Nationhood, Essays über Darstellung und Wahrnehmung des O. J. Simpson-Prozesses, 1996
- Herausgeberin von Race-ing Justice, En-Gendering Power, 1992, über den Fall Anita Hill gegen Clarence Thomas, in dem es um sexuelle Belästigung ging und der wegen politischer Implikationen starke Beachtung in der Öffentlichkeit fand.
[Bearbeiten] Verfilmungen
- 1998 - Menschenkind (Beloved) - Regie: Jonathan Demme
[Bearbeiten] Literatur über Toni Morrison
- Barbara von Bechtolsheim: Wer sich der Luft hingibt, vermag auf ihr zu reiten in Charlotte Kerner (Hrsg): Madame Curie und ihre Schwestern - Frauen, die den Nobelpreis bekamen, Beltz Verlag, Weinheim und Basel 1997, ISBN 3-407-80845-3
- Julia Roth (2005): »Stumm, bedeutungslos, gefrorenes Weiss«. Der Umgang mit Toni Morrisons Essays im weißen deutschen Kontext. In: Maureen Maisha Eggers, Grada Kilomba, Peggy Piesche, Susan Arndt (Hg.) (2005): Mythen, Masken und Subjekte. Kritische Weißseinsforschung in Deutschland. Münster. ISBN 3-89771-440-X
- Heidi Thomann Tewarson: Toni Morrison, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2005, ISBN 3-499-50651-3
Siehe auch: Weißsein
[Bearbeiten] Weblinks
- Literatur von und über Toni Morrison im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Informationen der Nobelstiftung zur Preisverleihung 1993 für Toni Morrison (englisch)
- Toni Morrison in Oesterreich. Reportage von Afrikanet, 27 November 2006
- Bibliographie aller Titel
Personendaten | |
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NAME | Morrison, Toni |
KURZBESCHREIBUNG | US-amerikanische Schriftstellerin und Literaturnobelpreisträgerin |
GEBURTSDATUM | 18. Februar 1931 |
GEBURTSORT | Lorain, Ohio |