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Transaktionskostentheorie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die Transaktionskostentheorie (oder Transaktionskostenansatz, TKA; engl. transaction cost theory) ist eine Organisationstheorie, die zur Neuen Institutionenökonomik gezählt wird und den Vertrag als Organisationsform im Mittelpunkt ihres Forschungsinteresses hat. Die Transaktionskostentheorie möchte erklären, warum bestimmte Transaktionen in bestimmten institutionellen Arrangements, also Organisationsformen des Tausches, mehr oder weniger effizient abgewickelt und organisiert werden. (vgl. Ebers, Gotsch: Institutionenökonomische Theorien der Organisation, in: Kieser, A., S.225) Sie geht davon aus, dass jegliches Handeln in einer Marktwirtschaft mit Kosten verbunden ist.

Der TKA widerspricht die Annahme eines vollkommenen Marktes und rückt Institutionen in das Blickfeld der neoklassischen Theorie.

Inhaltsverzeichnis

[Bearbeiten] Grundbegriffe

Transaktionen sind die Grundeinheiten der Analyse der Transaktionskostentheorie und bedeuten alle Übertragungen von Verfügungsrechten an Gütern und Dienstleistungen in Austauschbeziehungen zwischen mindestens zwei Vertragspartnern.

Als eine ökonomische Theorie ist die Effizienz der Transaktionen ein wichtiger Treiber. Gemeint ist hier der möglichst sparsame Einsatz von knappen Ressourcen. Knappe Ressourcen werden nach Williamson nicht nur bei Erstellung des Tauschgutes bzw. einer Dienstleistung verbraucht (Aufkommen von Produktionskosten), sondern auch für die Abwicklung und Organisation des Austauschs (Aufkommen von Transaktionskosten).

Williamson (Williamson, 1975) differenziert noch weiter zwischen ex-ante Transaktionskosten, wie etwa Informations-, Verhandlungs- und Vertragskosten, also Kosten, die vor Zustandekommen des Vertrags anfallen und ex-post Transaktionskosten, wie Kosten der Kontrolle, Durchsetzung und nachträglicher Vertragsanpassungen, die nach Vertragsabschluss und Leistungsaustausch anfallen können.

Transaktionen sind dann effizient, wenn die Akteure eine Organisationsform wählen, die in der Summe die geringsten Produktions- und Transaktionskosten aufweisen.

[Bearbeiten] Verhaltensannahmen

Die Transaktionstheorie unterstellt den Vertragspartnern:

  • Begrenzte Rationalität (Simon, 1959): Aufgrund von begrenzter Wahrnehmung und Information wird dem Menschenbild ein nicht vollständig rationales Handeln zugrundegelegt.
  • Opportunismus: Die Partner verhalten sich ihren Interessen folgend und versuchen durch List und Tücke ihren Nutzen zu maximieren.
  • Risikoneutralität: Dies wird im Rahmen der Transaktionskostentheorie zur Vereinfachung angenommen.

[Bearbeiten] Transaktionscharakteristika

In der Transaktionskostentheorie beeinflussen drei Faktoren die Kosten:

  • Transaktionsspezifische Investition (Faktorspezifität): Diese beschreibt die im Rahmen einer Transaktion notwendige Investition in eine unternehmensspezifische Qualifikation oder produktionsspezifische Anlage. Des Weiteren wird ergänzend zwischen Abnehmer und Standortspezifität unterschieden.
  • Unsicherheit: Hier wird unterschieden zwischen der parametrischen Unsicherheit, welche das Eintreten unvorhersehbarer Umwelteinflüsse in der Zukunft beinhaltet, und der Verhaltensunsicherheit, welche auf dem möglichen opportunistischen Verhalten der Vertragspartner basiert.
  • Häufigkeit: Mit zunehmender Anzahl identischer Transaktionen sinken Produktions- wie auch Transaktionskosten. Es kann somit zu Skalen- und Synergieeffekten kommen.

[Bearbeiten] Merkmale institutioneller Arrangements

Williamson unterscheidet drei Arten von Vertragsbeziehungen, die institutionelle Organisationsformen begründen:

  • klassische Verträge - Abwicklung von Transaktionen über den Markt: Als Beispiel hierfür kann ein normaler Kaufvertrag über ein einfaches Produkt herangezogen werden. Die Vertragsbedingungen sind vorab fix festgelegt, die Transaktion ist von kurzer Dauer und keiner der Partner rechnet mit nachträglichen Anpassungen des Vertrags.
  • neoklassische Verträge - Abwicklung über langfristige Verträge: Hier handelt es sich um Transaktionen, bei denen die Vertragspartner nicht vorweg sämtliche Bedingungen in Verträgen festlegen können und deshalb mit Anpassungsbedarf rechnen. Dies erfolgt durch Sicherungs-, Anpassungs- und Garantieklauseln. Als Beispiel können Joint-Ventures oder Franchising genannt werden. Williamson nennt dieses institutionelle Arrangement die hybride Form.
  • relationale Vertragsbeziehungen - Abwicklung in Organisationen: Diese Vertragsbeziehung beschreibt eine komplexe soziale Beziehung, die gemeinsame Entscheidungen der Transaktionspartner und abgestimmte Anpassungen und Entwicklung erfordern. Williamson nennt hier als Beispiel die Abwicklung von Transaktionen in Organisationen selbst, also Leistungserstellung im Unternehmen.

[Bearbeiten] Hauptaussage

Ein Güter- bzw. Leistungsaustausch, der geringe Unsicherheit aufweist und mit keinen transaktionsspezifischen Investitionen verbunden ist, wird über das institutionelle Arrangement Markt abgewickelt werden. Durch die Vielzahl der vorhandenen Konkurrenten und seiner starken Anreizintensität wird opportunistisches Handeln des Vertragspartners eingeschränkt. Zusätzlich ist eine nachträgliche Vertragsanpassung mit geringen Kosten verbunden und kann auch von einem Vertragspartner autonom durchgesetzt werden, indem er sich zum Beispiel einen neuen Anbieter sucht.

Mit zunehmender Abhängigkeit der Vertragspartner durch hohe transaktionsspezifische Investitionen, zum Beispiel in eine neue Fertigungsanlage, steigt der Anreiz der Vertragspartner opportunistisch zu handeln, um sich somit die Quasi-Renten anzueignen. Somit ist eine hybride Organisationsform die geeignetste Form, in der sich die Vertragspartner durch Vereinbarung von Informationspflichten oder Sanktionen bei Nicht-Vertragserfüllung vor opportunistischem Verhalten schützen und mögliche anfallende Nachverhandlungs- oder Anpassungskosten vorwegnehmen.

Eine organisationsinterne Leistungserstellung ist bei sehr großer Unsicherheit und großen transaktionsspezifischen Investitionen das kostengünstigste institutionelle Arrangement. Es können vorweg Transaktionskosten wie Informationsbeschaffung, Verhandlungs- und Vertragskosten eingespart werden und auch spätere Anpassungen sind intern wesentlich leichter abzuwickeln. Durch ein eigenes Steuerungs- und Kontrollsystem in der Organisation kann opportunistisches Verhalten möglicherweise ganz ausgeschaltet werden.

Ziel ist die Wahl der Organisationsform, bei der die Transaktionskosten der Koordination (Information und Kommunikation) minimal sind und die größt mögliche Effizienz des Austausches und die Absicherung der Investitionen gewährleistet ist.

Der Erfolg der Transaktion hängt im Wesentlichen von der Neigung der Akteure zum Opportunismus ab. Je kleiner die Anzahl der Akteure, desto größer ist die Neigung zum Opportunismus (small numbers problem).

Die folgende Grafik zeigt die Zusammenhänge zwischen den möglichen institutionellen Arrangements und der Faktorspezifität. Hier werden interne Leistungserstellung, also die Form der relationalen Vertragsbeziehung, als Hierarchie betitelt und die hybride Organisationsform als Netzwerk.

Markt vs. Hierarchie abhängig von der Spezifität
Markt vs. Hierarchie abhängig von der Spezifität

Nach Williamson sind Transaktionen mit hoher Spezifität besser in der Hierarchieform abzuwickeln, mit niedriger Spezifität hingegen, über den Markt (vgl. Abb.).

Die Einordnung der Unternehmensnetzwerke (eigenständige Organisationsform zwischen Markt und Hierarchie oder eine intermediäre Form) ist aber noch fraglich. Sydow begreift Unternehmensnetzwerke als hybride, intermediäre Organisationsform zwischen Markt und Hierarchie auf der Basis neoklassischer Verträge.

[Bearbeiten] Anwendungsbereiche

  • Make- or Buy-Entscheidungen: Die Transaktionskostentheorie ist oft, im Zusammenhang mit der Entscheidung zwischen Eigen- oder Fremderstellung, empirisch untersucht worden. Vor allem in der Automobilindustrie, wenn es um den Ankauf oder die Integration ganzer Unternehmungen geht.
  • Internationalisierungsstrategien multinationaler Unternehmungen: Hierbei wurde vor allem die institutionelle Gestaltung von internationalen strategischen Allianzen untersucht, wie zum Beispiel Joint-Ventures.
  • Gestaltung von Beschäftigungsverhältnissen: Gemeint sind hier Untersuchungen von Arbeitsverträgen, Mitbestimmungsrechten und Kündigungsschutz im Blickwinkel der Transaktionskostentheorie.

[Bearbeiten] Soziale Kontrollmechanismen

Vertrauen

In den Spielräumen entstehen sowohl Chancen als auch Gefahren der Kooperation. Eine faire Ausfüllung von Spielräumen stellt eine wesentliche Bedingung der Kooperation dar.

Kultur

Gemeinsamkeiten in Präferenzen, Werten, Zielen und Kompetenzen minimieren Koordinationskosten. Dies erleichtert gegenseitige Abstimmung und Lernen. Die Effizienzaspekte dominieren. Bei längerfristigen Beziehungen allerdings kann es in sehr einheitlichen Kulturen zu höheren transaktions-spezifische Investitionen kommen, die Abhängigkeiten erhöhen und es erlauben, die Schwächeren auszunutzen und sich opportunstisch zu verhalten. Dadurch entstehen Koordinationskosten, die die Effizienzvorteile untergraben.

Reputation

Reputation lässt sich als spezifisches Kapital deuten, das es zu verteidigen gilt, je mehr Möglichkeiten zum Opportunismus bestehen. Gute Reputation senkt den Anreiz zum opportunistischen Verhalten. Dadurch verringern sich Informations- und Verhandlungskosten.

[Bearbeiten] Geschichte

Ausgangspunkt der Transaktionskostenökonomik ist die 1937 erschienene Arbeit The Nature of the Firm von Ronald Coase, der 1991 dafür den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt. In diesem Aufsatz leitet Coase aus der Existenz von Transaktionskosten eine Begründung dafür her, dass es Unternehmen gibt und nicht alle zur Erstellung von Gütern notwendigen Transaktionen über den Markt abgewickelt werden.

Weitere wichtige theoretische Arbeiten stammen aus dem Jahre 1969 von Kenneth Arrow, der sich mit den Transaktionen bzw. Transaktionskosten beschäftigte. Anfang der 1970er wird die Institutionenökonomik als Transaktionskosten-Ansatz interpretiert. Schließlich legte Oliver Williamson 1985 mit The Economic Institutions of Capitalism: Firms, Markets, Relational Contracting eine Abhandlung vor, die eine zusammenfassende und detaillierte Beschreibung der Transaktionskostentheorie bildete.

Der Transaktionskosten-Ansatz wurde auch auf die Politikwissenschaft angewandt, wobei die ausgetauschten Güter nicht so klar definierbar sind. Beim Austausch von Wählerstimme gegen Wahlversprechen durch Politiker entstehen etwa Transaktionskosten, wie zum Beispiel Informationskosten.

[Bearbeiten] Vor- und Nachteile

+ Die Transaktionskostentheorie hilft zu erklären warum es überhaupt Organisationen gibt und verdeutlicht, weshalb es in manchen Situationen besser ist, bestimmte Arten von Transaktionen in bestimmten institutionellen Arrangements abzuwickeln und zu organisieren.

+ Sie bietet auch eine Analyse der Organisationsformen, die zwischen Unternehmen ausgestaltet sind. In empirischen Untersuchungen haben sich die Thesen der Transaktionskostentheorie überwiegend bewährt (Shelanski/Klein 1995).

- Wenig Aussage macht die Theorie über äußere relevante Einflussfaktoren, wie zum Beispiel die Machtverteilung der beiden Transaktionspartner. Ebenso stellt sie keinen Zusammenhang zwischen Transaktionen her.

- Die Beschreibung der institutionellen Arrangements stellt sich als sehr einfaches Konzept dar und kann wenig Alternativen abgrenzen.

- Die Opportunismusannahme ist fraglich, da Transaktionen und die Transaktionspartner in sozialen Beziehungen eingebettet sind und solche Beziehungsdimensionen in der Theorie vernachlässigt werden.

[Bearbeiten] Fazit

Die Transaktionskostentheorie ermöglicht die Erklärung des Zusammenwirkens von Unternehmen, Markt und Kooperationen von Unternehmen. Sie gibt Entscheidungshinweise bei der Wahl der Organisationsform und Kooperationsform von Unternehmen. Jedoch sind Transaktionskosten häufig schwer zu operationalisieren.

[Bearbeiten] Literatur

  • Ebers, M./ Gotsch, W. (1995); Institutionenökonomische Theorien der Organisation, in: Kieser, A. (Hg.): Organisationstheorien, 3., überarb. Auflage, Stuttgart u. a. , 1995, S.225-247
  • Simon, H. (1959). Theories of decision making in economics and behavioural science. American Economic Review, Vol. 49, No. 3, S. 253 - 283.
  • Stapleton, Tony (2003) Complexity and the External Environment, Open University Business School, ISBN 0749298324 Seiten 120 ff.
  • Voigt, Stefan (2002): Institutionenökonomik, München.
  • Nienhüser, W. / Jans, M. (2004): Grundbegriffe und Grundideen der Transaktionskostentheorie, Ms. Essen
  • Fritz, Carl-Thomas (2005), Die Transaktionskostentheorie und ihre Kritik sowie ihre Beziehung zum soziologischen Neo-Institutionalismus, Frankfurt am Main [u.a.] : Peter Lang
  • Williamson, Oliver E. (1975), Markets and Hierarchies: Analysis and Antitrust Implications, New York, The Free Press.

[Bearbeiten] Weblinks

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